5433/AB XX.GP
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Mag. Cordula Frieser und
Kollegen vom 15. Februar 1999, Nr. 5723/J, betreffend Praxis des Rechtsmittelverfahrens im
Abgabenrecht, beehre ich mich folgendes mitzuteilen:
Zu 1.:
Der Verlauf der Beratungen und die Abstimmung der Berufungssenate unterliegt gemäß
§ 48a Abs. 2 lit. c Bundesabgabenordnung (BAO) der abgabenrechtlichen Geheim -
haltungspflicht. Aus diesem Grund wird das Abstimmungsverhalten der Senatsmitglieder
lediglich in den gemäß § 287 Abs. 3 erster Satz BAO zu erstellenden Niederschriften - deren
Inhalt gegenüber der Dienstbehörde geheim ist - festgehalten und darf auch nicht aus den
Akten ersichtlich sein. Dies wird nicht zuletzt deshalb als äußerst wichtig angesehen, weil
sonst Senatsmitglieder befürchten könnten, aufgrund ihres Abstimmungsverhaltens
dienstrechtliche Nachteile zu erleiden. Die Geheimhaltung (ebenso wie die Pragmatisierung)
erleichtert es daher den Senatsmitgliedern, ausschließlich dem Gesetz verpflichtet, nach
bestem Wissen und Gewissen (und unbeeinflußt von allfälligen Interventionen und
„Wünschen“ der Oberbehörde) zu entscheiden.
Aufgrund dieser Gegebenheiten ist es dem Bundesministerium für Finanzen nicht bekannt,
in wievielen Fällen die beiden ernannten Mitglieder des Berufungssenates unterschiedlich
abgestimmt haben.
Zu 2. bis 5.:
Nach den Verfassungsbestimmungen des § 271 Abs. 1 BAO sind die Mitglieder der Be -
rufungssenate in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden. Diese Weisungs -
ungebundenheit gilt auch für den Vorsitzenden des Berufungssenates bei seiner Ent -
scheidung über die Zusammensetzung des erkennenden Berufungssenates nach § 270
Abs. 3 BAO. Ich möchte hier beispielweise auch auf Wanke: „Das Verfahren vor den
weisungsfreien Berufungssenaten“, Wien 1994, Seite 22 hinweisen.
Es existieren weder Weisungen noch Erlässe oder Aufzeichnungen des Bundesministeriums
für Finanzen, die auf diese, den Vorsitzenden eigenverantwortlich obliegende Aufgabe Ein -
fluß nehmen bzw. zu nehmen versuchen oder sie dokumentieren.
Zu 6. und 7.:
Seitens des Bundesministeriums für Finanzen gibt es keine Erlässe oder Weisungen an die
Rechtsmittelbehörden, diesbezügliche Aufzeichnungen zu führen. Da eine österreichweite
händische Erhebung der Daten mit einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand
verbunden wäre, ersuche ich um Verständnis, daß ich diese Fragen nicht beantworte.
In diesem Zusammenhang möchte ich allerdings darauf hinweisen, daß es aufgrund des
elektronischen Kanzleiinformationssystems, das erst ab dem Jahr 1999 besteht, in Hinkunft
grundsätzlich möglich sein wird, derartiges Zahlenmaterial zu erstellen.