5477/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Pollet - Kammerlander, Freundinnen

und Freunde haben am 18. Februar 1999 unter der Nr. 5775/J an mich eine

schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Verbleib der Projektgüter nach

Albanien im Rahmen der Osthilfe gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu Frage 1:

 

Die Sachverhaltsdarstellung in der gegenständlichen parlamentarischen

Anfrage ist unkorrekt und unvollständig:

 

Das vom Bundeskanzleramt mit rund 2,9 Millionen Schilling finanzierte Projekt

zur Förderung von Kleinbauern des albanischen Bezirkes Skrapar und der

Tierzuchtstation von Corovode, mit dessen Abwicklung die Firma Austrovieh -

Biomerx (bzw. ihre Rechtsnachfolgerin „Austroprojekt") beauftragt wurde,

wurde im Juni 1994 mit einer geplanten einjährigen Laufzeit begonnen. Es

hatte die Rehabilitierung und Ausstattung einer staatlichen Tierzuchtstation

sowie die Einrichtung eines Ausbildungszentrums zum Inhalt. Weiters waren

die Organisation und Durchführung von Beratungsprogrammen für lokale

Bauern beauftragt.

 

Von Anbeginn stellte sich die Kooperation mit der Firma Austrovieh - Biomerx als

konfliktreich heraus. In der Phase der Projektkonzeption 1993 waren seitens

eines Mitarbeiters der Firma gegenüber der albanischen Seite Versprechungen

über Fördermiffel in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrags gemacht

worden, die nie zur Diskussion gestanden waren; dies ging so weit, daß der

Firmenvertreter mit dem albanischen Landwirtschaftsministerium eigenmächtig

einen Fördervertrag unterzeichnete. Dieses Vorgehen, das auf albanischer

Seite zweifelsfrei falsche Hoffnungen geweckt hatte, wurde seitens des

Bundeskanzleramtes energisch zurückgewiesen und die Firma Austrovieh -

Biomerx trennte sich in Folge von diesem Mitarbeiter. Im Mai 1994 erfolgte die

Unterzeichnung des vom Bundeskanzleramt erstellten Fördervertrages, aus

dem klar ein Eigentumsvorbehalt der Republik Österreich an allen im Rahmen

des Projektes anzukaufenden Sachgütern hervorging. Schon bald nach Beginn

der Projektimplementierung stellte sich heraus, daß die Firma Austrovieh -

Biomerx ihrer Berichtspflicht nicht in der vertraglich vereinbarten Art und Weise

nach kam, indem sie weder über ihre Projektaktivitäten noch über wichtige

Veränderungen der Rahmenbedingungen berichtete. So stellte sich im Zuge

eines Kontrollbesuchs des Bundeskanzleramtes in Corovode Ende 1994

heraus, daß der albanische Förderungsempfänger, das Landwirtschafts -

ministerium, nicht mehr in der Lage war, den laufenden Betrieb der Tierzucht -

station zu finanzieren. Die Tiere der Zuchtstation waren knapp am Verhungern,

Teile der Liegenschaften der Station (Weide -  und Anbauflächen) mit mehr oder

weniger gesetzlicher Grundlage in Privateigentum überführt worden, etc. Die

Sinnhaftigkeit des Gesamtprojektes wurde durch die ungewisse Zukunft der

Tierzuchtstation derart in Frage gestellt, daß das Projekt vorerst gestoppt

werden mußte.

Im Jahr 1995 stabilisierte sich die Lage einigermaßen und das Projekt wurde

fortgeführt. Auf Ersuchen des Bundeskanzleramtes wurde dem Projektleiter der

Firma Austrovieh - Biomerx eine Verstärkung durch einen erfahrenen Experten

der Firma gewährt, um die komplexen Aufgaben gut erfüllen zu können. Sohin

konnte ein Großteil der gestellten Aufgaben 1995 durchgeführt werden. Ende

1995 wurde zur Beurteilung des Projekterfolges sowie zur Erarbeitung von

Leitlinien für eine allfällige Folgephase eine Evaluierung durchgeführt. Dabei

wurde eine Reihe von Mängeln in der Projektkonzeption und - durchführung

festgestellt: So war die Existenz der Tierzuchtstation als staatlicher Betrieb nur

dank des österreichischen Engagements perpetuiert worden, während andere

albanische Tierzuchtstationen zwischenzeitlich privatisiert worden waren. Die

Kapazität des gelieferten Maschinenparks wurde als zum Teil überproportional

bewertet. Die Station und die dort eingerichtete Ausbildungsklasse waren nicht

organisch ins Beratungswesen eingebunden. Zum Beratungsprogramm wurde

festgestellt, daß die Wissensvermittlung an die Spezialisten wenig effektiv und

kaum praxisbezogen gewesen war. Die Effektivität für die eigentliche Ziel -

gruppe, die Bauern, war gering. Die Berichtslegung über die Durchführung des

Beratungsprogramms seitens der Firma Austrovieh - Biomerx wurde als äußerst

dürftig beurteilt. Im Interesse der Nachhaltigkeit des Projekts wurde jedoch der

Abschluß des laufenden Projekts und die Durchführung einer Folgephase

empfohlen, die vor allem eine Vertiefung des Beratungsprogramms in

angepaßter Form zum Inhalt haben sollte.

 

Nachdem die Firma Austrovieh - Biomerx ihre Bereitschaft gegenüber dem

Bundeskanzleramt glaubhaft versichert hatte, die bisherigen Mängel im Projekt

zu beheben, wurden 1996 die noch aus dem damaligen Vertrag ausständigen

Maßnahmen durchgeführt sowie seitens der Firma im April dieses Jahres ein

Antrag auf ein Folgeprojekt gestellt. Der Antrag wurde vom Bundeskanzleramt

geprüft, jedoch nicht für förderbar beurteilt. Dies deshalb, weil trotz der bereits

gesammelten Erfahrungen der Firma vor Ort und des Ausarbeitungszeitraums

von mehr als drei Monaten der Antrag nur eine grobe Idee erkennen ließ, die

kaum über den im Evaluierungsbericht skizzierten Vorschlag hinausging. Von

einem ausgereiften Projektvorschlag konnte nicht die Rede sein. Die Fort -

führung des Projekts in Form einer Folgephase wurde ob des offensichtlichen

Unwillens, die Anforderungen des Bundeskanzleramts hinsichtlich eines

ordentlichen und vollständigen Antrags zu erfüllen, sohin für nicht zweckmäßig

befunden. Im Zuge der Sektor - Prioritätensetzung mit Albanien wurde durch

Änderung der Schwerpunktsetzung der Bereich Landwirtschaft überdies ab

1997 nicht mehr berücksichtigt; als künftige Schwerpunkte wurden vielmehr

Wasserversorgung und Energiewirtschaft identifiziert.

 

Im Hinblick auf die Endabrechnung der Projektmittel war das zweite Halbjahr

1996 durch zahlreiche Korrespondenz mit der Firma geprägt, um entsprechen -

de Unterlagen über die angeschafften Sachgüter zu erhalten. Erst nach mehr -

maliger Urgenz wurden Inventarlisten vorgelegt, die Aufschluß über den Ver -

bleib der Geräte gaben. Basierend auf diesen Listen wurde dem albanischen

Landwirtschaftsminister, Bamir Topi, im Dezember 1996 seitens des Bundes -

kanzleramts ein schriftlicher Vorschlag über die weitere Verwendung unter -

breitet. Die für die Station in Corovode angeschafften Ausrüstungen sollten ihr

verbleiben, das Mobiliar des Schulungsraums einer örtlichen Schule zugute

kommen. Über einige sich noch im Besitz des Projektleiters der Firma Austro -

projekt befindlichen Ausrüstungen, die vorerst dem Österreichischen Büro für

Technische Zusammenarbeit an der Österreichischen Botschaft in Tirana

(ÖBTZ) ausgefolgt werden sollten, wurden Vorschläge über ihre weitere Ver -

wendung in anderen österreichischen Projekten in Albanien unterbreitet. Anläß -

lich dieses Schreibens wurde der Landwirtschaftsminister überdies darauf auf -

merksam gemacht, daß die Republik Österreich gemäß Fördervertrag einen

Eigentumsvorbehalt an allen im Rahmen des Projekts gelieferten Gegen -

ständen habe und eine Eigentumsübertragung erst im Zuge des

rechnungsmäßigen Abschlusses des Projekts in schriftlicher Form

vorzunehmen sei. Der Firma wurde dieser Sachverhalt ebenfalls schriftlich

mitgeteilt. Das Schreiben blieb seitens des albanischen Landwirtschafts -

ministeriums trotz mehrerer Nachfragen des ÖBTZ unbeantwortet.

Anfang 1997 erfolgte die Abrechnung der Projektmittel seitens der Firma

"Austroprojekt". Da die Ausfolgung der noch im Besitz des Projektleiters dieser

Firma befindlichen Güter an das ÖBTZ trotz mehrmaliger Aufforderung

(beginnend mit Dezember 1996) nicht erfolgt war, wurde dies als Vertrags -

verletzung konstatiert und S 116.000,- von der ausständigen Restrate in Abzug

gebracht (Zeitwert der betreffenden Güter: ein Geländewagen, diverse Büro -

geräte). Im April 1997 teilte die Firma daraufhin mit, diese Güter im Zuge der

bürgerkriegsähnlichen Unruhen in Albanien erst im Frühjahr 1997 beim

albanischen Landwirtschaftsministerium einstweilig hinterlegt zu haben. Im

September 1997 erfolgte schließlich die Übergabe durch die Firma an das

ÖBTZ in Tirana, woraufhin im Dezember 1997 die Endabrechnung erfolgte und

der aushaftende Betrag von S 116.000,- an die Firma überwiesen wurde.

Der nunmehrige albanische Landwirtschaftsminister, Dr. Lufter XHUVELI wurde

im Zuge eines Gesprächs mit dem österreichischen Botschafter, Dr. CALICE,

Anfang September 1997 persönlich durch eine Vertreterin des Bundeskanzler -

amtes im Beisein seiner leitenden Beamten, Sali METANI und Ismail BEKA,

neuerlich ersucht, seitens des Ministeriums innerhalb einer angemessenen

Frist einen Vorschlag über die Verwendung der im ÖBTZ hinterlegten Güter

beizubringen. Da wieder kein Vorschlag einlangte, beschloß das Bundeskanz -

leramt im November 1997 ihre anderwärtige Verwendung. Das Geländefahr -

zeug wurde der österreichisch - albanischen Stiftung „Austria per Albania“

überlassen, die mit der Umsetzung eines Förderprogrammes für albanische

Klein - und Mittelbetriebe betraut worden war. Die Bürogeräte wurden dem

albanischen Ministerium für Öffentliche Arbeiten und Verkehr überlassen, um

die Logistik des seit 1994 fortlaufend aus Mitteln des Bundeskanzieramtes

geförderten Projektes der Rehabilitierung der Wasserver - und Abwasserent -

sorgungsanlage von Shkodra zu verstärken. Dem albanischen Landwirtschafts -

minister wurde dies schriftlich mitgeteilt.

 

Im Frühjahr 1998 erlangte das Bundeskanzleramt Kenntnis über einen Artikel

in der albanischen Presse, in dem der Leiterin des ÖBTZ in Tirana die Unter -

schlagung der im September 1997 durch ,,Austroprojekt“ an sie ausgefolgten

Projektgüter (Geländewagen, Bürogeräte) unterstellt und Beamte des Land -

wirtschaftsministeriums als Komplizen bezeichnet wurden. Dem Bundes -

kanzleramt wurde ferner unterstellt, für das gegenständliche Projekt zugesagte

Gelder nicht in Albanien ausgegeben sondern in andere Länder transferiert zu

haben. Das Bundeskanzleramt wies die erhobenen Vorwürfe und Unter -

stellungen entschieden zurück und ersuchte die Österreichische Botschaft

Tirana, dies den Journalisten des Artikels sowie dem albanischen

Landwirtschaftsminister in geeigneter Form zu vermitteln.

 

Zu Frage 2:

 

Der Verbleib der fraglichen Projektgüter (Geländewagen, Bürogeräte) ist mit

obigen Erläuterungen dargelegt: Das Geländefahrzeug wurde der Stiftung

,,Austria per Albania" überlassen, die Bürogeräte dem Ministerium für

Öffentliche Arbeiten, Generaldirektion für Wasser und Abwasser. Diese

Güter sind sohin einer sinnhaften weiteren Verwendung zugeführt worden. Die

Güter, die an der Tierzuchtstation in Corovode, also im Ressortbereich des

albanischen Landwirtschaftsministeriums verblieben sind, sind hingegen nach

Auskunft dieses Ministeriums allesamt während der Unruhen in Albanien im

Jahre 1997 gestohlen worden. Anfragen des Bundeskanzleramts an das

albanische Landwirtschaftsministerium um Aufklärung des Diebstahls und um

Bekanntgabe der zu ihrer Wiederauffindung von den albanischen Behörden

unternommenen Schritte sind leider bisher unbeantwortet geblieben.

 

Zu Frage 3:

 

Zu dem zwischen dem Bundeskanzleramt und dem albanischen Landwirt -

schaftsministerium geschlossenen Fördervertrag bleibt, wie bereits erwähnt,

nochmals klarzustellen, daß eine Eigentumsübertragung von Projektgütern an

den Förderungsempfänger erst nach ordnungsgemäßer Abrechnung des

Projekts und in schriftlicher Form durch das Bundeskanzleramt vorgesehen

war. Der Auftragnehmer "Austroprojekt“ hatte zu keiner Zeit die Kompetenz,

Eigentumsübertragungen durchzuführen. Die Güter befanden sich zum

Zeitpunkt der Ausfolgung an das ÖBTZ nicht im Eigentum des albanischen

Landwirtschaftsministeriums, sondern des Bundeskanzleramts. Vielmehr war

das Landwirtschaftsministerium seitens des Bundeskanzleramts aufgefordert

worden, innerhalb einer angemessenen mehrwöchigen Frist einen Vorschlag

für die weitere Verwendung zu unterbreiten. Dies entspricht generell der um -

sichtigen Praxis des Bundeskanzleramts, Eigentumsübertragungen nur dann

vorzunehmen, wenn die weitere Verwendung eines im Projektrahmen ange -

schafften Gutes zwischen den Förderpartnern eindeutig geklärt ist und eine

mißbräuchliche Verwendung durch den Förderungsempfänger ausgeschlossen

werden kann.

 

Zu Frage 4:

 

Zu den in der Anfrage mehrfach erwähnten albanischen Beamten Sali METANI

und Ismail BEKA wird nochmals darauf hingewiesen, daß sie und viele andere

Experten des Landwirtschaftsministeriums als Beauftragte des albanischen

Landwirtschaftsministeriums in der Abwicklung gegenständlichen Projektes

über alle Aktivitäten informiert waren. Es kann davon ausgegangen werden,

daß sie als direkt dem Minister unterstellte leitende Beamte auch sämtliche,

seitens des Bundeskanzleramtes an den jeweilig im Amt befindlichen Minister

persönlich gerichteten obig zitierten Schreiben kannten, in denen die weitere

Verwendung und der Verbleib von Projektgütern erörtert wurden. Es ist dem

Bundeskanzleramt sohin nicht nachvollziehbar, weshalb sich die beiden

Beamten als uninformiert zeigen sollten.

 

Zu den Fragen 5 bis 7:

 

Die Fragestellungen bzw. unterschwelligen Unterstellungen bezüglich der

Mentalität österreichischer Mitarbeiter der Ostzusammenarbeit sowie allfälliger

Auswirkungen auf die Beziehungen mit Albanien bzw. die Verwaltungs -

strukturen in den MOEL sind dem Bundeskanzleramt nicht nachvollziehbar.

Würde das Bundeskanzleramt nicht in allen Projekten mit den MOEL die

gleiche Umsicht und Korrektheit walten lassen, wie in gegenständlichem

Projekt, so wäre eine erfolgreiche Kooperation in Ländern mit instabilem

politischen, wirtschaftlichen und sozialen Hintergrund und komplexen An -

forderungen an die Zusammenarbeit, wie sie z.B. Albanien aufweist, nicht

möglich. Nur so war es dem Bundeskanzleramt möglich, in Albanien seit 1991

mehr als 40 Projekte mit einem Gesamtvolumen von rund 250 Millionen

Schilling erfolgreich durchzuführen.