5478/AB XX.GP

 

Beantwortung

 

der Anfrage der Abgeordneten Dr. Rasinger und Kollegen

betreffend Stärkung ambulanter, niedergelassener Strukturen

(Nr. 5756/J)

 

Zur gegenständlichen Anfrage führe ich folgendes aus:

 

Vorweg muß betont werden, daß der überwiegende Teil der sozialversicherungsrechtli -

chen Belange dieser Anfrage nur durch die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung

beantwortet werden kann. Ich habe daher vorweg den Hauptverband der Österreichischen

Sozialversicherungsträger um Stellungnahme aus seiner Sicht ersucht. Eine Kopie der

vom Hauptverband erstatteten Äußerung liegt der Beantwortung bei.

 

Zu den Fragen 1, 6 und 10:

 

Diesbezüglich wird auf die Stellungnahme des Hauptverbandes der Österreichischen So -

zialversicherungsträger verwiesen.

 

Zu Frage 2:

 

Aufgrund der in den letzten Jahren gesetzten Reformschritte und der nun vorliegenden

ersten Ergebnisse sind keine massiven Kostensteigerungen in den nächsten Jahren zu

erwarten.

 

So zeigt sich bei einem Vergleich der Spitalsdaten mit den Daten über die ambulante

ärztliche Versorgung eine klare Trendwende in der Kostenstruktur des Gesundheitswe -

sens. Die Kostensteigerungsrate im Krankenanstaltenbereich konnte in den letzten Jah -

ren laufend reduziert werden und lag 1997 bei knapp 1,8 Prozent. Im Vergleich dazu lag

die Steigerung der Ausgaben für ärztliche Hilfe (u.a. niedergelassene Ärztinnen) 1997 bei

rund 3,3 Prozent, was eine Zunahme der Steigerungsrate gegenüber 1996 bedeutet.

Der ambulante Bereich ist somit seit Inkrafttreten der Gesundheitsreform gegenüber dem

Spitalssektor finanziell gestärkt worden. Dies zeigt sich auch darin, daß im ersten Jahr

der Gesundheitsreform österreichweit 200 zusätzliche Kassenverträge für niedergelasse -

ne ÄrztInnen vergeben wurden. Die Zahl der Spitalsbetten konnte hingegen im selben

Zeitraum um 840 reduziert werden.

 

Zu den Fragen 3 und 5:

 

Die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung in Österreich sind (wie alle Sozialversi -

cherungsträger) Körperschaften des öffentlichen Rechtes und als solche den Geboten der

Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit unterworfen. In diesem Sinne hat ihnen der Gesetzge -

ber aufgetragen, zur Sicherstellung der gesetzlichen und satzungsmäßigen Leistungen

der Krankenversicherung so viele Verträge mit Ärztinnen, abzuschließen, als für eine aus -

reichende Versorgung der Versicherten und ihrer anspruchsberechtigten Angehörigen

erforderlich ist. Für darüber hinausgehende Überlegungen läßt dieser Gesetzesauftrag

keinen Platz. Es ist somit nicht Aufgabe der sozialen Krankenversicherung, mit den Bei -

trägen der Versicherten eine, über den gesetzlichen Auftrag hinausgehende Beschäfti -

gungspolitik für Ärzte zu forcieren.

 

Zu Frage 4:

 

Ich möchte darauf hinweisen, daß aus berufsrechtlicher Sicht der Zusammenschluß von

Personen, die freiberuflich in Gesundheitsberufen tätig sind, jedenfalls in Form von Wirt -

schaftsgesellschaften derzeit bereits möglich ist. Diese Gesellschaften können nach au -

ßen in Erscheinung treten und beziehen sich v.a. auf Ordinations - bzw. Apparategemein -

schaften. Dadurch sollen etwa günstigere Konditionen beim gemeinsamen Einkauf der

apparativen Ausstattung (z.B. Laboreinrichtungen), bei der Anmietung gemeinsamer Or -

dinationsräume etc. erreicht werden. Eine allfällige Einbindung dieser Wirtschaftsgesell -

schaften in das System der sozialen Krankenversicherung wird wohl auch voraussetzen,

daß die Erzielung wirtschaftlicher Vorteile im Rahmen einer Finanzierung in Form von

Kassenverträgen an den Vertragspartner zumindest angemessen weitergegeben wird.

 

Die in der Stellungnahme des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungs -

träger zum Ausdruck kommende Auffassung, wonach die Schaffung von Gruppenpraxen

keinesfalls mit finanziellen oder sonstigen Nachteilen für die gesetzliche Sozialversiche -

rung verbunden sein darf, wird von mir voll und ganz geteilt.

 

Zu Frage 7:

 

Der Zugang der Patienten zum ambulanten Gesundheitssystem ist ebenso ungehindert

wie jener zum stationären Bereich. Es ist jedoch festzustellen, daß die Ordinationsöff -

nungszeiten der niedergelassenen Ärzte oft wenig patientenfreundlich und schlecht auf -

einander abgestimmt sind.

 

Selbstverständlich bin auch ich der Auffassung, daß alle medizinischen Leistungen, die

im ambulanten und stationären Bereich in gleicher Qualität und gleicher Serviceorientie -

rung für die Patienten erbracht werden können, letztlich dorthin verschoben werden soll -

ten, wo sie volkswirtschaftlich am günstigsten zu erbringen sind. Zur Erreichung dieses

Zieles habe ich unter anderem Maßnahmen zur Verbesserung des Aufnahme - und Ent -

lassungsmanagements in Krankenanstalten gesetzt, den Österreichischen Krankenanstal -

tenplan weiterentwickelt, Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz des Leistungsge -

schehens in Spitalsambulanzen eingeleitet und ein umfassendes Informationsangebot

über mobile und stationäre Pflegedienste aufgebaut.

 

Zu Frage 8:

 

Wie sich aus den Ausführungen des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversi -

cherungsträger ergibt, ist ein direkter Vergleich hinsichtlich der Zahl der Fachärztinnen,

die direkt mit einem Krankenversicherungsträger abrechnen, zwischen Österreich und der

Bundesrepublik Deutschland nur bedingt möglich. Dessen ungeachtet sei der Vollstän -

digkeit halber bemerkt, daß auch das Österreichische Bundesinstitut für Gesundheitswe -

sen (ÖBIG) die Behauptung der anfragenden Abgeordneten als unrichtig zurückgewiesen

hat. Weiters hebt das ÖBIG hervor, daß das Thema „Überversorgung mit (Vertrags)Ärzt -

Innen“ in der BRD sehr wohl zu einem Problem geworden ist, das entsprechende Maß-

nahmen (Bedarfsplanung) nach sich gezogen hat. Die deutsche Bundesregierung hat im

kürzlich vorgelegtem Konzept ,,Eckpunkte zur Gesundheitsreform 2000" zu der gegen -

ständlichen Frage sogar einen eigenen Reformpunkt mit dem Titel „Abbau der ambulan -

ten Überversorgung“ vorgesehen.

 

Zu Frage 9:

 

Im Regelfall wird man davon ausgehen können, daß ein Patient, der einem Arzt/Ärztin

einmal in Anspruch nimmt, diese/n auch in künftigen Fällen gleicher Art wieder konsultie -

ren möchte (Aufbau eines Vertrauensverhältnisses). Diesem Wunsch wird aber gerade

durch verlängerte Ordinationszeiten des/der jeweiligen Arztes/Ärztin Rechnung getragen

und nicht dadurch, daß mehrere ÄrztInnen mit kurzen Ordinationszeiten zur Verfügung

stehen, die der Patient gar nicht frequentieren möchte.

 

Zu Frage 11:

 

Ergänzend zur Stellungnahme des Hauptverbandes muß betont werden, daß für die Ein -

schätzung der Versorgungssituation die möglichst wohnortnahe Versorgung der Versi -

cherten durch ÄrztInnen sämtlicher Fachrichtungen ein maßgebliches Kriterium ist. Auf -

grund dieser Tatsache haben jene Versicherungsträger, deren Versichertenstock sich

über ganz Österreich erstreckt, ein entsprechend gesteigertes Bedürfnis zum Abschluß

von Verträgen mit der Ärzteschaft.

 

Zu Frage 12:

 

Im Zentrum gesundheitspolitischer Überlegungen sollte die optimale Versorgung der Pa -

tientInnen stehen, daran hat sich das Gesundheitsversorgungssystem in seiner Gesamt -

heit zu orientieren. Meine Bemühungen richten sich daher ganz besonders darauf, die

einzelnen Bereiche der Gesundheitsversorgung so zu vernetzen, daß die Schnittstellen

der Gesundheitsbereiche für die PatientInnen überhaupt nicht merkbar werden.

So habe ich in meinem Bereich einige Initiativen gesetzt, um die Kooperation und Koordi -

nation zwischen intra- und extramuralen Leistungsanbietern zu unterstützen und auszu -

bauen. Im Rahmen eines von der Strukturkommission getragenen Modellkrankenhauspro -

Iekts liegt ein wesentlicher Schwerpunkt in der Verbesserung des Aufnahme- und Entlas -

sungsmanagements in Krankenanstalten, wobei im Rahmen dieses Projekts unter Einbe -

ziehung aller Beteiligten Wege zur besseren Integration aller Gesundheitsbereiche erar -

beitet und erprobt werden.

Zur Unterstützung der Kommunikation zwischen den Spitälern und den niedergelassenen

Ärztinnen wurde von meinem Ressort weiters die Entwicklung von elektronischen

Arztbriefen und Überweisungen initiiert. Die Umsetzung dieses innovativen Ansatzes wird

bereits in mehreren Regionen getestet.

 

Zur besseren Beobachtung und Planung der Entwicklungen im spitalsambulanten Bereich

wird derzeit basierend auf den bisherigen Entwicklungsarbeiten ein Dokumentationssy -

stem in diesem Bereich in zahlreichen Krankenanstalten Österreichs erprobt. Dieses Do -

kumentationssystem wird eine zusätzliche Informationsgrundlage für den Übergang in den

niedergelassenen Bereich bieten. Inwieweit im stationären Bereich erprobte Modelle der

Dokumentation und insbesondere der Qualitätssicherung übernommen werden, liegt im

niedergelassenen Bereich selbst. Eine aktive Unterstützung in Form von Pilotprojekten,

soweit sie vom niedergelassenen Bereich gewünscht und angenommen werden, ist be -

absichtigt.

 

Zur Frage 13:

 

Wie bereits in den einleitenden Ausführungen zu dieser Anfrage hervorgehoben, fällt die

Beantwortung der überwiegenden Anzahl der gestellten Fragen in die Kompetenz der

Träger der Krankenversicherung als Einrichtungen der Selbstverwaltung. Diese Frage

ist ein typisches Beispiel dafür. Die Krankenversicherungsträger haben dafür Sorge zu

tragen, daß die erforderliche Anzahl von § 2 Kassenplanstellen vorhanden ist um dem

Gesetzesauftrag (siehe auch die Beantwortung der Fragen 3 und 5) zu entsprechen.

Dabei sind nicht nur die vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträ -

ger aufgezählten Kriterien maßgeblich, sondern es muß auch betont werden, daß die

nach privatrechtlichen Grundsätzen zu schließenden Vereinbarungen einer Willensüber -

einstimmung der (potentiellen) Vertragspartner bedürfen. Es besteht jedenfalls derzeit

kein Anlaß zur Vermutung oder Behauptung, daß die Versorgung mit ärztlichen Leistun -

gen durch die Krankenversicherungsträger insgesamt (abgesehen von etwaigen regiona -

len Lücken) nicht zufriedenstellend gewährleistet wäre.

 

Zu Frage 14:

 

Gruppenpraxen können unter bestimmten Rahmenbedingungen eine Bereicherung der

Angebotsformen des Gesundheitswesens darstellen. Ihre Realisierung sollte Vorteile für

Patienten, Arzte und Kassen bringen und einem Bedarf der Bevölkerung entsprechen.

 

Eine Angabe von Zahlen ist schon im Hinblick auf die unterschiedlichsten Varianten

(Zusammenschlüsse von Ärztinnen mit nichtärztlichen Gesundheitsberufen, Zusammen -

schlüsse von Angehörigen verschiedener nichtärztlicher Gesundheitsberufe, Zusammen -

schlüsse von Ärztinnen der gleichen oder verschiedener Disziplinen usw.) nicht möglich.

Im übrigen wird sehr stark auf den Versorgungsstand in einzelnen Regionen abzustellen

sein, sodaß auch aus dieser Sicht eine auf ganz Osterreich bezogene Beantwortung nicht

möglich ist.

 

Zu Frage 15:

 

Ergänzend zur Stellungnahme des Hauptverbandes wird darauf hingewiesen, daß die

Bei ziehung eines/r weiteren Arztes/Ärztin das Einverständnis der Patienten voraussetzt,

zumal nicht automatisch davon ausgegangen werden kann, daß die Patienten der Be -

kanntgabe ihrer persönlichen Daten an einem anderem Arzt/Ärztin zustimmen.

Zu Frage 16:

 

Für arbeitslose Jungärztinnen, die vor ihrer Turnusausbildung stehen, ist der Einsatz von

Dienstleistungen des Arbeitsmarktservice zur Unterbringung auf einem Arbeitsplatz vor -

gesehen wie Information, Beratung und Betreuung bei der Arbeitssuche. Sofern die Ärz -

tinnen Leistungen nach dem AIVG beziehen, müssen sie bereit sein, auch andere, zu -

mutbare Beschäftigungsangebote anzunehmen und sich auch eigeninitiativ um solche

bemühen.

 

Zu Frage 17:

 

Grundsätzlich besteht für ÄrztInnen das gleiche Dienstleistungsangebot wie für andere

Arbeitslose auch. Die dafür geltenden Kriterien lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Förderungen von beruflicher Aus- und Weiterbildung werden aus Mitteln der Arbeits -

markiförderung immer einzelfallbezogen und nur dann gewährt, wenn dadurch die Be -

schäftigungs - und Vermittlungschancen der/des Arbeitslosen in der relevanten Berufs -

sparte wesentlich gesteigert oder ein akut gefährdeter Arbeitsplatz gesichert werden

kann. Überdies darf es sich nicht um schulische Ausbildungen handeln, die zu staatlich

anerkannten Lehrzielen führen. Wenn die vorhandene Qualifikation am Arbeitsmarkt aus -

reichend verwertbar ist, hat das Arbeitsmarktservice den gesetzlichen Auftrag, die Beruf -

spalette für die Vermittlung auf andere, zumutbare Berufsbereiche auszudehnen und dies

auch auf Basis der Eigeninitiative von den Arbeitslosen selbst zu verlangen. Auf Beihilfen

gemäß Arbeitsmarktservicegesetz besteht kein Rechtsanspruch.

 

Darüber hinaus gibt es aufgrund des massiven Ärztemangels in Norwegen eine bilaterale

Zusammenarbeit zwischen dem Arbeitsdirektorat Norwegen und dem Arbeitsmarktservice

Österreich, um Ärztinnen aus Österreich die Arbeitsaufnahme in Norwegen zu ermögli -

chen. Für ausgebildete österreichische ÄrztInnen besteht in Norwegen die Möglichkeit,

als praktischer Arzt oder Ärztin in einer Landpraxis oder als FacharztiFachärztin im Spital

tätig zu werden. Die Ausbildung in norwegischer Sprache wurde bisher vom Arbeits -

marktservice organisiert und ist für die Ärztinnen kostenlos. Die Österreichische Ärzte -

kammer ist am Projekt beteiligt und informiert ihre Mitglieder.

 

Zu Frage 18:

 

Derzeit sind seitens des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales insge -

samt 1.699 Lehrpraxen für die Ausbildung von Ärztinnen zum/zur Arzt/Ärztin für Allge -

meinmedizin oder zum/zur Facharzt/ärztin bewilligt und in das Verzeichnis der Lehrpra -

xisinhaber aufgenommen. Hiebei entfallen 696 Lehrpraxen auf die Ausbildung zum/zur

Facharzt/ärztin und 1.003 Lehrpraxen auf die Ausbildung zum/zur Arzt/Ärztin für Allge -

meinmedizin. Die Anzahl der zugelassenen Lehrpraxen ist gemeinsam mit den sonstigen

nach dem Ärztegesetz 1998 vorgesehenen Ausbildungseinrichtungen, insbesondere de -

nen, die der medizinischen Erstversorgung dienen, als für die postpromotionelle Ausbil -

dung bereits ausreichend anzusehen.

 

Zu Frage 19:

 

In Lehrpraxen sehe ich jedenfalls primär eine besondere Bedeutung für die ärztliche

Ausbildung mit dem Ziel einer Vorbereitung auf eine spätere freiberufliche Tätigkeit im

niedergelassenen Bereich. Ein beschäftigungspolitischer Effekt ist darin zu sehen, als die

Absolvierung von Ausbildungszeiten in Lehrpraxen zu einem entsprechend früheren Frei -

werden der Ausbildungsstellen in den Krankenanstalten führt.

Zu Frage 20:

 

Die derzeitige Förderung für eine Zeitspanne von sechs Monaten in der Höhe von

ATS 111.000,-- aus Mitteln meines Ressorts halte ich für angemessen. Insgesamt sind für

derartige Förderungen im BVA 1999 grundsätzlich ATS 10,000.000,-- vorgesehen.

 

Beilage

Anlage                 

 

Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger

 

Betr.: Parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Dr. Ra -

           singer und Kollegen an die Frau Bundesministerin für

           Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Stärkung

            ambulanter, niedergelassener Strukturen

Bezug:. Ihr Schreiben vom 2. März 1999,

             GZ: 21.89/137 - 5/99

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

      

                Der Hauptverband nimmt aus seinem Zuständigkeitsbereich zur parla -

mentarischen Anfrage Stellung wie folgt:

      

                Zu den Ausführungen in der Einleitung

 

                Die Behauptung, daß in Österreich viele Bürger oft monatelang auf einen

Facharzttermin warten, ist durch keine Erhebung nachvollziehbar, Der Regelfall

ist, daß Akutfälle sofort behandelt und im vorhinein planbare Behandlung en im

Sinne einer ökonomischen Ressourcennutzung terminisiert werden. Im übrigen

sind Wartezeiten häufig nicht auf eine (vertrags)ärztliche Unterversorgung einer

Region zurückzuführen. Ein wesentliches Faktum in der Versorgung steilen näm -

lich die Öffnungszeiten der Praxen dar. So kommt es häufig vor (Beispiel Wien),

daß es in statistisch gesehen stark überversorgten Regionen zu langen Warte -

zeiten kommt. Eine Sanierung dieser unerfreulichen Situation ist keineswegs

durch eine Aufstockung der Arztzahl vorzunehmen, sondern naheliegenderweise

durch eine Verhaltensänderung der niedergelassenen Ärzteschaft. Ferner ist in

diesem Zusammenhang das Praxismanagement der niedergelassenen Ärzte an -

gesprochen. Eine Verbesserung der ärztlichen Verfügbarkeit könnte auch durch

moderne Informationssysteme herbeigeführt werden, wo zum Beispiel im

INTERNET oder im Teletext über freie Arztkapazitäten, insbesondere im Fach -

arztbereich, informiert werden könnte.

                Der Hauptverband geht davon aus, daß der Bedarf nach § 2 Vertrags -

ärzten weitgehend abgedeckt ist und in nächster Zeit nur geringfügig anwächst. Zu

der in der Anfrage angesprochenen Untersuchung des ÖBIG ist folgendes auszu -

führen: Das ÖBIG nahm routinemäßig statistische Berechnungen vor, die ohne

Einbezug der Spitalsambulanzen theoretische Abweichungsgrößen auswiesen.

Erwartungsgemäß lag bei dieser Durchschnittsberechnung Wien weit über und la -

gen einige politische Bezirke der übrigen Bundesländer unter dem Mittelwert. Den

Niederlassungsplänen für Vertragsärzte, für die laut Gesetz die Krankenversiche -

rungstrager und Ärztekammem zuständig sind (§ 342 Abs.1 Z.1 ASVG), liegen.

komplexe Rechenmodelle zugrunde, die alle ambulanten Leistungserbringer, de -

ren Arbeitsleistung, das Alter der Bevölkerung, die Mobilität der Bevölkerung und

eine Anzahl anderer Einflußgrößen berücksichtigen.

               

                Generell ist zu betonen, daß Ärztearbeitslosigkeit - laut Anfrage wollen

2.000 Ärzte behandeln -  gesellschafts - und sozialpolitisch bedauerlich ist. Die

Zulassung von zusätzlichen Ärzten zu Kassenverträgen über die Bedarfsdeckung

hinaus würde aber eine insgesamt nachfragesteigernde Wirkung haben, da dem

Gesundheitssystem das Phänomen der angebotsinduzierten Nachfrage immanent

ist. Das  sozialversicherungs - bzw. Gesundheitssystem würde somit verteuert

werden. Beschäftigungspolitik für Ärzte auf Kosten der Beitragszahler ist aber für

die Versichertengemeinschaft nicht zumutbar. In diesem Zusammenhang ist auch

zu betonen, daß Planstellen von Kassen nicht besetzt werden können - bei -

spielsweise 20 Facharztstellen in Niederösterreich.

               

                Die hohe Spitalsfrequenz resultiert nicht aus der zu geringen Ärztedichte

im niedergelassenen Bereich; wenn dies so wäre, müßte Wen eine sehr niedrige

Spitalsrate haben. Maßgebend ist das Einweisungsverhalten der niedergelasse -

nen Arzte und die immer noch zu hohe Bettenzahl im stationären Bereich, die zu

einer angebotsinduzierten Nachfrage führt.

               

Hinsichtlich des Bereiches Psychiatrie/Neurologie ist festzuhalten, daß

es im § 2 - Bereich Österreichweit mehr als 170 Kassenverträge gibt. Ferner ist

auch die Zahl der in Spitalsambulanzen tätigen versorgungswirksamen Ärzte (ca.

125) zu berücksichtigen. Bei Ambulantisierung“ der psychiatrischen Versorgung

fehlen somit weit weniger als die in der Anfrage genannten 270 Psychiater.

 

                Hinsichtlich der in der Anfrage angeführten langen Wartezeiten auf Au -

genarzttermine in den Bezirken Tulln und Neunkirchen ist zu betonen, daß in Nie -

derösterreich für Vertragsfachärzte Ordinationszeiten von 12 Stunden wöchentlich

vereinbart sind und sich die Ärztekammer für Niederösterreich weigert, die Ordi -

nationszeiten vertraglich auszuweiten.

Das Bestreben der Kärntner Gebietskrankenkasse, Arzststellen von über -

versorgten Ballungszentren in neue Siedlungsgebiete zu verlegen (Stellenplanpo -

litik) ist nachvollziehbar und zu unterstützen.

 

                Zum Vergleich der Vertragsfacharztdichte in Österreich und Deutschland

ist folgendes anzuführen:

                a) In Deutschland besteht ein völlig unterschiedliches Vertragsarztsy -

                      stern. Jeder Arzt, der die allgemeinen Voraussetzungen erfüllt, hat

                      den Anspruch, sich als Kassenarzt (Sachleistungsanspruch des Ver -

                      sicherten) niederzulassen. Lediglich überversorgte Regionen sind für

                      eine Niederlassung gesperrt. Ein mit dem österreichischen System

                        vergleichbares Wahlarztsystem existiert in der Bundesrepublik

                        Deutschland nicht.

                   

        Demgegenüber kann in Österreich jeder niedergelassene Arzt ohne

                        Kassenvertrag als Wahlarzt in Anspruch genommen werden. Da der

                        Patient Kostenerstattung erhält, sind auch Wahlärzte im Kassensy -

                        stem tätig. Auch Wahlärzte wären daher in den Vergleich Österreich:

                        Deutschland einzubeziehen.

               

                b)    Ferner wären in Österreich die versorgungswirksam tätigen Ärzte in

                      Spitalsambulanzen, Ambulatorien und Instituten in Ansatz zu brin -

                        gen. Die Kapazität dieser Einrichtungen erhöht die Facharztquote um

                        ca. 25 %, das sind rund 1.700 ärztliche Versorgungseinheiten.

 

                Die Spitalsaufnahmen nahmen erwartungsgemäß 1997 mit Einführung

des LKF - System zu, da einerseits statistische Effekte wie „Null - Tages - Fälle“ stark

zunahmen und andererseits wegen der Verkürzung der Verweildauer bei gleicher

Bettenzahl angebotsinduzierte Effekte aufgetreten sind.

 

                Der Kostenvergleich einer dreimonatigen Betreuung bei einem prakti -

schen Arzt bzw. Facharzt, in einer Spitalsambulanz und während eines Spitals -

aufenthaltes ist gänzlich verfehlt, da völlig unterschiedliche Leistungsspektren er -

faßt sind. Im übrigen werden Tarife bzw. Honorare mit Kosten vermengt

               

Der Zusammenhang zwischen medizinischem Niveau und Fach -

arztdichte erklärt nur einen geringen Teil der Niveauhöhe. Ein weit höherer Anteil

wird durch zeitgemäße Ausbildung, Wissenstransfer, Weiterbildung, Qualitätssi -

cherung und Organisationsqualität der Leistungserbringer definiert.

                Zu den einzelnen Punkten der Anfrage

                Ergänzend zu den Ausführungen in der Einleitung wird zu den einzelnen

Punkten der Anfrage folgendes angemerkt.

 

                Zu Punkt 1 - siehe zu den Ausführungen in der Einleitung weiter oben.

 

                Zu Punkt 2:

 

                Die Kostenstrukturen der Leistungserbringer, die Ökonomisch gesehen

als Betriebe zu betrachten sind, liegen in deren Verantwortung. Es ist Aufgabe je -

des Betriebes, die eigenen Kostenstrukturen zu optimieren (z.B. Einführungen der

EDV). Erst bei exorbitanten Tarifforderungen, die mit Kostensteigerungen begrün -

det werden, ist es Aufgabe der Zahler, Analysen zu erstellen. Hinsichtlich des Be -

reiches der niedergelassenen Ärzte sind keine von den Leistungserbringem nicht

zu beeinflussende Größen bekannt, die massive Steigerungen in den kommenden

Jahren begründen könnten.

 

                Zu Punkt 3. und 5 - siehe zu den Ausführungen in der Einleitung weiter

oben.

 

                Zu Punkt 4.

 

                Der Hauptverband hat intensiv mit der Österreichischen Ärztekammer

über eine Österreichweite Gruppenpraxenregelung verhandelt. Diese Verhandlun -

gen sind bisher an den bestehenden prinzipiell unterschiedlichen Sichtweisen ge -

scheitert:

 

                Die Sozialversicherung geht von gleichgewichteten Vorteilen für Patient,

Arzt und Kasse aus.

 

                Die Ärztekammer tendiert primär zu Modellen, die vornehmlich Ärzten

Vorteile bringen: Praxisnachfolgemodell, Zusammenarbeit von Ehegatten auf ei -

nem Kassenvertrag, zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeit für Jungärzte.

 

                Von der Frau Bundesministerin wurden mehrmals Gespräche mit Haupt -

verband und Österreichischer Ärztekammer geführt, wobei von der Frau Bundes -

ministerin das Ersuchen zum Ausdruck gebracht wurde, rasch eine Gruppenpra -

xenregelung zu finalisieren.

               

                inzwischen haben einige Krankenversicherungsträger Modellversuche

hinsichtlich Gruppenpraxenregelungen initiiert. Zu nennen ist beispielsweise das

Projekt der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse in Stadl Paura sowie das

Projekt der Tiroler Gebietskrankenkasse in Stumm/Zillertal.

 

                Zu Punkt 6.

 

                Entsprechende Modelle sind als Übergangslösungen für den Hauptver -

band denkbar. Zusätzlich bieten sich Job - Sharingmodelle als Ausformungen von

Gruppenpraxen an.

                Zu Punkt 7.

 

                Die Frage ist für uns nicht verständlich. Generell ist anzumerken, daß ei -

ne Entlastung der Spitäler in erster Linie durch Qualitätsmanagement zu erreichen

sein wird. Hier ist der Aufnahmevorgang der Spitäler und die Kommunikation die -

ser mit den Einweisem entscheidend zu verbessern. Die Krankenversicherungs -

träger werden mit einem eigenen Standardprodukt (FOKO) die Entwicklung verfol -

gen und behandlungsökonomische Maßnahmen veranlassen können.

 

                Zu Punkt 8.

               

                Es wird auf die Bemerkungen zu den Ausführungen in der Einleitung

weiter oben verwiesen. Hinzuzufügen ist, daß man in Deutschland massiv mit dem

Problem der angebotsinduzierten Nachfrage konfrontiert ist. Die neuesten gesetz -

lichen Regelungen sehen Budgetierungen vor und es werden komplexe Mengen

und Strukturanalysen angestellt. Die deutsche Situation läßt sich auch wegen der

anders gearteten Spitalsambulanzversorgung nicht mit der Österreichischen ver -

gleichen.

 

                Zu Punkt 9.

 

                Die Forderung eines Krankenversicherungsträgers die derzeit vertraglich

fixierten Ordinationszeiten von 12 Stunden wöchentlich auszudehnen, kann si -

cherlich nicht als (unzumutbare) Belastung der Ärzte gesehen werden. Ein we -

sentliches Element der Servicequalität für den Patienten bzw. der Patientenzufrie -

denheit ist die Erreichbarkeit bzw. Verfügbarkeit des behandelnden Arztes. In der

Strategie der Krankenkassen, für die Ärzteschaft zumutbare Mindestordinations -

zeiten zu vereinbaren wobei auch die Erreichbarkeit des Vertragsarztes an

Nachmitagen gewährleistet sein soll, ist Sinn im Sinne der Servicequalitat für den

Patienten zu sehen. Im übrigen verweisen wir darauf, daß ein Wahlarzt durch die

Kostenerstattung an seinen Patienten nicht von der allgemeinen Versorgung aus -

geschlossen ist.

 

                Zu Punkt 10.

 

                Die Vorstellungen der Krankenkassen hinsichtlich der Mindestordinati -

onszeiten bewegen sich nicht über 30 Wochenstunden. Im Vergleich zur wöchent -

hoben Arbeitszeit von unselbständigen Beschäftigten kann man somit nicht von

unzumutbarem Leistungsdruck auf ältere Vertragsärzte sprechen. Im übrigen ist

auf die Ausführungen zu Punkt 9 zu verweisen.

 

                Zu Punkt 11.

 

                Die In der Anfrage ausgewiesene Anzahl der Vertragsärzte der Sonder -

versicherungsträger (kleinen Kassen) - etwa 1.300 Kassenvertragsärzte - ist nicht

nachvollziehbar. Zum Stichtag 31. Dezember 1997 bewegte sich die Anzahl dieser

Vertragsärzte zwischen 6.541 (Sozialversicherungsanstalt der Bauern) und 7.654

(Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft). Demgegenüber standen

6.793 Ärzte in Vertragsverhältnissen zu § 2 - Kassen. Diese Zahlen weisen auf ein

ausgeglichenes Versorgungsniveau hin.

                Im übrigen ist nochmals darauf hinzuweisen, daß nach Ansicht des

Hauptverbandes die Versorgung der Bevölkerung mit § 2 - Vertragsärzten weitge -

hend abgedeckt ist. Regionale Versorgungslücken sind nicht zu vermelden - es

kann kein Arzt gezwungen werden, sich als Vertragsarzt auf einer freien Planstelle

niederzulassen.

 

                Zu Punkt 13.

 

                Wie bereits ausgeführt wurde, sind für die Niederlassungspläne für Ver -

tragsärzte (Stellenpläne) die Krankenversicherungsträger und die Ärztekammern

zuständig (§ 342 Abs. 1 Z.1  ASVG). Es ist davon auszugehen, daß die Stellenplä -

ne das gesetzliche Erfordernis, die Zahl und die örtliche Verteilung der Vertrags -

ärzte mit dem Ziel festzusetzen, daß unter Berücksichtigung der örtlichen und

Verkehrsverhältnisse sowie der Bevölkerungsdichte und - struktur eine ausrei -

chende ärztliche Versorgung in der gesetzlichen Kankenversicherung unter Aus -

wahl zwischen mindestens zwei in angemessener Zeit erreichbarer Vertragsärzte

gesichert ist, erfüllen.

 

                Die Anzahl der § 2 Vertragsarztplanstellen richtet sich nach der Versor -

gungsstruktur und Bevölkerungsstruktur eines Landes. Parameter der Versor -

gungsstruktur sind neben den niedergelassenen Ärzte auch Ambulanzen, Ambu -

latorien und Institute. Außerdem sind für die Versorgung auch die Anzahl der Arz -

teInnen in bestimmten Fächerkombinationen (z.B. Praktiker, Internisten, Kinder -

ärzte) und geographische Gegebenheiten heranzuziehen. Bei der Bevölkerungs -

struktur sind Größen wie Alter und Arbeitsort in Ansatz zu bringen.

 

                Durch Berücksichtigung dieser Parameter ergeben sich die Vertrags -

arztplanstellen, die pro regionaler Ärztekammer und Gebietskrankenkasse gemäß

§ 342 Abs. 1 ASVG vertraglich zu regeln sind.

 

                Zu Punkt 14.

 

                Wir sehen keine absolute Versorgungsnotwendigkeit durch Gruppen -

praxen. Wir sehen aber in dieser Versorgungsform eine positive Weiterentwick -

lungsmöglichkeit und wünschen uns eine entsprechende Forderung. Allerdings

können mit der Zusammenarbeitsform Gruppenpraxis Vorteile für alle drei Betel -

ligten, das sind Patienten, Ärzte und Krankenversicherungsträger, erreicht werden:

 

                - Serviceverbesserung für den Patienten.

                - Verbesserung der Arbeits - und Wirtschaftsbedingungen für Ärzte.

                - wirtschaftlichkeitsvorteile teilweise auch für Krankenkassen.

                Kassenverträge an Gruppenpraxen sollten jedenfalls nur bei Bedarf ver -

geben werden. In Anbetracht der unterschiedlichsten möglichen Zusammenset -

zungen von Gruppenpraxen und der unterschiedlichsten Intentionen eines Zu -

sammenschlusses können konkrete Bedarfszahlen nicht genannt werden. Anzu -

merken ist jedenfalls, das sich Gruppenpraxen auch durch Zusammenschlüsse

von bisherigen Vertragsärzten (daher keine zusätzliche Versorgungseinheit) bilden

können.

                Zu Punkt 15.

 

                Die Nachfolgepraxis stellt ein mögliches Modell einer Gruppenpraxis dar,

das primär im Interesse der Ärzteschaft liegt. Eine kontinuierliche Praxisübergabe

wird jedenfalls auch dem Patienten zugute kommen

               

                Praxisübergabemodelle dürfen jedenfalls nicht dazu führen, daß Jung -

ärzte mit überhöhten Einstiegspramien In die Praxis bzw. erhöhten Übergabefor -

derungen belastet werden. Auch ist das Mitspracherecht von Kasse und Ärzte -

kammer hinsichtlich des Praxisnachfolgers zu gewährleisten.

 

                Zu Punkt 16 bzw. 17.

 

                Hiezu ist grundsätzlich anzumerken, daß mit der Novellierung des Ar -

- beitnehmerInnenschutzgesetzes neue Beschäftigungsmöglichkeiten für Ärzte er -

  öffnet werden. Im Vordergrund sollte dabei die Schaffung neuer Jobs und nicht die

  Nebenbeschäftigung für etablierte Mediziner stehen.

 

                Im Sinne der Artikel 15a - Vereinbarung wäre auch die Nebenbeschäfti -

gung von Spitalsärzten zu hinterfragen.

 

                Schlußendlich wird darauf verwiesen, daß ca. 400 Vertragsärzte bereits

die Altersgrenze von 65 Jahren überschritten haben.