5535/AB XX.GP

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 5849/J der Abgeordneten

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen vom 25. Februar 1999, betreffend Umsetzung der

Ankündigungen aus der Regierungserklärung des Bundeskanzlers, dem Mangel an

Eigenkapital österreichischer Unternehmen durch Reformen des Kapitalmarktes und För -

derungen entgegenzuwirken, beehre ich mich folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

• Die Errichtung einer eigenen außerhalb der Behördenorganisation stehenden Bundes -

  wertpapieraufsicht wurde mit dem Wertpapieraufsichtsgesetz ermöglicht. Es wurde eine

  Einrichtung geschaffen, die eigens für die Bekämpfung des Insiderhandels und für die

  Börse - Marktaufsicht zuständig ist und die Einhaltung von Wohlverhaltensregeln durch

  berufsmäßige Wertpapierhändler überwacht.

 

• Durch die große Börsegesetznovelle wurde die Leitung und Verwaltung der Wiener

  Börse neu strukturiert und die Übernahme dieser Funktionen durch eine konzessio -

  nierte, private Aktiengesellschaft ermöglicht. Die Konzession für die Leitung und Ver -

  waltung der Wiener Börse erhielt die Wiener Börse AG. Für die Startphase sieht das

  Börsefondsüberleitungsgesetz vor, daß die Wiener Börse AG als Gesellschafterzuschuß

  des Bundes insgesamt 150 Mio. S erhält, der einen wirtschaftlichen Ausgleich für den

  heimgefallenen Börsefonds darstellt.

 

• Die organisatorische Vereinigung des Kassa - und Derivativmarktes sowie der zuge -

  hörigen dearing- und Settlementsysteme wurde durch die Fusion von Wiener Börse AG

und ÖTOB AG durchgeführt.

 

 ·  Der Zugang für ausländische Handelsteiehmer (sog. Remote Members) zum Handel

   an der Wiener Börse wurde erleichtert und damit eine weitere Voraussetzung für eine

   größere Liquidität des Wiener Aktienmarktes geschaffen.

 

·   Die Deckungsstockwerte für Pfand - und Kommunabriefe wurden mittels Novellen zum

   Pfand - und zum Hypothekenbankengesetz durch die Ausdehnung auf Grundpfand -

   rechte und kommunaldarlehen im EWR - Ausland und in der Schweiz erweitert.

   Die mit der sogenannten dritten Bankwesengesetz - Novelle bewirkte Abschaffung der An -

   onymität auf Wertpapierdepots beendete die nationale und internationale Kritik wegen der

   seinerzeitigen faktischen Behinderung von Verfolgungshandlungen durch die Behörden

   wegen Insiderstraftaten infolge der Möglichkeit von Bankkunden, anonyme Wertpapier -

   depots zu unterhalten.

 

Zu 2.:

 ·  Über die oben genannten Maßnahmen hinaus möchte ich auch die Einrichtung einer

   Aniegerentschädigung erwähnen. Diese wurde mit einer Novelle zum Bankwesengesetz

   umgesetzt. Ein ähnliches System wie bei der Einlagensicherung soll gewährleisten, daß

   Anleger für den Verlust von Wertpapierdepots auch dann bis zu einem Höchstbetrag

   (20.000 Euro) entschädigt werden, wenn das Wertpapiervermögen veruntreut wurde

   und die Bank (die Wertpapierfirma) infolge Zahlungsunfähigkeit selbst nicht mehr Ersatz

   leisten kann. Es wird damit die Einlagensicherung auf ein Entschädigungssystem er -

   weitert, das auch Wertpapiergläubiger im Konkurs von Banken und Wertpapierfirmen

   schützt.

 

·   Das unter der Federführung des Justizministeriums erarbeitete Übernahmegesetz sieht

   vor daß im Falle des Kontroliwechsels von börsenotierten Unternehmen den übrigen

   Aktionären ein Pflichtangebot zu legen ist. Der anzubietende Kaufpreis darf dabei nicht

   wesentlich unter dem Übernahmepreis liegen. Eine Übernahmekommission soll die Ein -

   haltung dieser Verpflichtung kontrollieren. Im Europäischen Rat wird ebenfalls über eine

   Richtlinie mit gleicher bzw. ähnlicher Zielsetzung beraten. Die österreichische Initiative

   entspricht einer Entschließung des Nationalrates vom Jänner 1997. Das Erfordernis

   hiefür ergibt sich aus der Notwendigkeit, das Vertrauen der Anleger in den österreichi -

   schen Finanzmarkt zu stärken.

• Außerdem habe ich Kommittees ins Leben gerufen, die weitere Maßnahmen zur Ver -

  besserung des Kapitalmarktes überlegen. Grundsätzlich ist aber festzuhalten, daß die

  wesentlichen Reformen bereits in den dben genannten Gesetzen ihren Niederschlag

  gefunden haben.

 

Zu 3.:

Derzeit steht die Erweiterung der Möglichkeit von Aktiengesellschaften zum Erwerb eigener

Aktien in Diskussion. Diese Regelung ist allerdings gesellschaftsrechtlicher Natur und wird

daher federführend durch das Bundesministerium für Justiz erarbeitet.

 

Zu 4. bis 12.:

Eine als „Aktiensteuer“ bezeichnete Besteuerung von Substanzgewinnen, die bei der Ver -

äußerung von Aktien lukriert werden, wird im Rahmen der Steuerreform 2000 nicht ver -

wirklicht. Die Koalitionspartner haben sich vielmehr darauf geeinigt, daß die Spekulations -

frist bei Aktien von einem Jahr auf zwei Jahre verlängert wird. Der Steuerpflichtige hat

dabei die Möglichkeit, sich einer Meldepflicht zu unterwerfen. Unterwirft er sich dieser

Meldepflicht nicht, dann wird die depotführende Bank verpflichtet, vom Spekulationsgewinn

eine Pauschalsteuer von 25% einzu behalten und an das Finanzamt abzuführen.

 

Zu 13., 14., 15. und 18.:

Die Koalitionspartner haben sich darüber geeinigt, die Börsen Umsatzsteuer abzuschaffen.

Grund dafür war, daß durch die Börsenumsatzsteuer der Marktzutritt erschwert und die

Transaktionskosten erhöht werden. Darüber hinaus erschwert die Börsenumsatzsteuer

einen wirkungsvollen Sekundärmarkt und führt dazu, daß der Handel teilweise in jene

Länder verlagert wird, in denen diese Besteuerung nicht existiert.

 

Der Nachteil der Abschaffung der Börsenumsatzsteuer liegt im Entfall eines Aufkommens

in der Höhe von über 700 Mio. S pro Jahr.

Zu 16.:

Die Reformkommission hat erkannt, daß die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der

Wiener Börse eine Neustrukturierung ihrer Verwaltung und Leitung erfordert, die in der

Form der Börsekammer als einer Körperschaft öffentlichen Rechts nicht mehr zeitgemäß

war. Mit der Einführung des Euro wird nach und nach das nationale Währungsgebiet als

wichtiger Fragmentierungsfaktor des EU - Kapitalmarktes wegfallen. Das „Quasi - Monopol“

der EU - Börsen und damit auch der Wiener Börse wird dadurch entscheidend einge -

schränkt und der Wettbewerb zwischen den Börsen wird sich deutlich verstärken. Diese

Erkenntnis wurde mit der Novelle des Börsegesetzes dahingehend umgesetzt, daß die

Börseleitung und Verwaltung durch eine privatrechtliche Kapitalgesellschaft im Wege des

Konzessionssystems zu erfolgen hat.

Die Erkenntnisse der Reformkommission führten weiters dazu, daß die meisten börsege -

setzlichen Aufgaben der mittlerweile aufgelösten Börsekammer auf das konzessionierte

Börseunternehmen übertragen wurden. Das Verhältnis zwischen Börsemitgliedern und

Börsebesuchern einerseits und Börseunternehmen andererseits ist - im Gegensatz zum

seinerzeitigen, hoheitlich geregelten Verhältnis zur Börsekammer - privatrechtlich organi -

siert. Wesentliche behördliche Aufgaben, die bislang von der Börsekammer vollzogen

wurden, wurden der Bundeswertpapieraufsicht übertragen.

 

Zu 17.:

Das Halten von Aktien ist immer mit einem bestimmten Kursrisiko verbunden. Auch wenn

es aus der Sicht der Wirtschaft sicher wünschenswert wäre, daß sich weitere Kreise der

Bevölkerung zum Aktienkauf entschließen, so sehe ich noch keinen Grund, ein solches Ziel

durch steuerliche Begünstigungen zu fördern.

 

Zu 19.:

Eine zusätzliche Nachfrage nach österreichischen Anlageprodukten am Kapitalmarkt im

Rahmen der Eigenvorsorge ist sicherlich auch geeignet, Eigenkapital österreichischer

Unternehmen zu vermehren. Als Maßnahmen zur Förderung der Eigenvorsorge wurden in

dieser Legislaturperiode etwa Pensionsinvestmentfonds ermöglicht. Überdies haben sich

die Koalitionspartner im Rahmen der Verhandlungen zur Steuerreform darauf geeinigt,

neben der unverändert gegebenen Möglichkeit der Geltendmachung von Sonderausgaben

für die Beiträge zu Rentenversicherungsverträgen als Alternative eine zweite Möglichkeit

der steuerlichen Begünstigung der Altersvorsorge nach dem Modell der Förderung der

Bausparprämie einzuführen.

Zu 20.:

Index - Aktien sind im Bundesministerium für Finanzen als Begriff nicht bekannt. Derzeit gibt

es zwar bestimmte Veranlagungsprodukte (Optionen, Futures), die eine Spekulation auf

Indices ermöglichen, diese sind aber keine Aktien. Denkbar wäre auch die Schaffung eines

Investmenffonds, der in einem Index befindliche Aktien beinhaltet und so gemanagt wird,

daß die Entwicklung des Fonds exakt den Index abbildet. Falls nach Einschätzung des

Marktes ein solcher Fonds attraktiv wäre und eine entsprechende Nachfrage entsteht,

werden die Anbieter, also die Kapitalanlagegesellschaften, einen solchen wohl auflegen.

 

Zu 21.:

In dieser Frage wird auf die Beantwortung zu Punkt 14 der zum selben Thema ergangenen

parlamentarischen Anfrage Nr. 5850/J durch den Bundeskanzler verwiesen.