5592/AB XX.GP
Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Wabl, Freundinnen und Freunde vom 18. März
1999, Nr. 5915/J, betreffend geplante Novelle des Flurverfassungs - Grundsatzgesetzes, be -
ehre ich mich folgendes mitzuteilen:
Zu Frage 1:
Das Bundesministerium für Land - und Forstwirtschaft geht davon aus, dass die beiden
Richtlinien 79/409/EWG (Vogelschutzrichtlinie) und 92/43/EWG (Fauna - Flora - Habitat -
Richtlinie) entsprechend der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung in Österreich in
den Naturschutzgesetzen bzw. in den Jagd - und Fischereigesetzen der Länder umgesetzt
werden, da diese Kompetenztatbestände gemäß Art. 15 B - VG in den Zuständigkeitsbereich
der Länder fallen. Demzufolge sind in den vom Bundesministerium für Land - und Forstwirt -
schaft legistisch betreuten Materien keine diese beiden Richtlinien betreffenden Umset -
zungsakte
beabsichtigt.
Soweit jedoch wie bei der vorliegenden Umsetzung der UVP - Richtlinie bei Zusammenle -
gungsverfahren und Flurbereinigungen durch die UVP - Richtlinie die Berücksichtigung von
Schutzgebieten der Vogelschutzrichtlinie und der Fauna - Flora - Habitat - Richtlinie vorge -
schrieben ist, wurde diesem Berücksichtigungsgebot seitens des Bundesministeriums für
Land - und Forstwirtschaft durch die Formulierung des Kriteriums in § 34a Abs. 2 Z 4 der Re -
gierungsvorlage, 1647 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates,
XX. Gesetzgebungsperiode Rechnung getragen.
Zu Frage 2:
In Angelegenheiten der Bodenreform (somit auch bei Zusammenlegungsverfahren und Flur -
bereinigungen) ist gemäß Art. 12 Abs. 1 Z 3 B - VG Bundessache die Gesetzgebung über die
Grundsätze, Landessache die Erlassung von Ausführungsgesetzen und die Vollziehung.
Grundsatzgesetze des Bundes nach Art. 12 Abs. 1 B - VG haben sich an den Landesgesetz -
geber zu richten (VfSlg 5921, 8833) und diesem gegenüber bindende Determinanten zu
normieren; in VfSlg 3853 hat der Verfassungsgerichtshof die Grundsatzkompetenz mit dem
Erfordernis bundeseinheitlicher Regelung umschrieben. Ausführungsgesetze müssen eine
dem Art. 18 Abs. 1 B - VG entsprechende Bestimmtheit aufweisen (VfSlg 8833, 8890, 9587);
sie dürfen dem Bundesgrundsatzgesetz bei sonstiger Verfassungswidrigkeit nicht widerspre -
chen.
Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen kommt die bestehende Gesetzeslage bei den
Flurverfassungsgesetzen (Flurverfassungs - Grundsatzgesetz und Flurverfassungs -
Landesgesetze) nach. Die Flurverfassungs - Landesgesetze sind grundsatzgesetzeskonform.
Innerhalb dieses grundsatzgesetzlich vorgeschriebenen Rahmens muss den Ländern ein
gewisser Gestaltungsspielraum erhalten bleiben. Eine bundesgesetzlich aufgezwungene
völlige Angleichung der Flurverfassungs - Landesgesetze wäre aufgrund der beschriebenen
Verfassungsrechtslage
verfassungswidrig.
Zu Frage 3:
Im Zusammenhang mit der Vogelschutzrichtlinie und der Fauna - Flora - Habitat - Richtlinie ist
auf die Ausführungen zu Frage 1 zu verweisen.
Die Richtlinie 97/11/EG des Rates zur Änderung der Richtlinie 85/337/EWG über die Um -
weltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP -
Richtlinie) wäre bis 14. 3. 1999 umzusetzen gewesen. Im Zusammenhang mit der daraus re -
sultierenden unmittelbaren Anwendbarkeit der UVP - Richtlinie für Flurbereinigungsprojekte ist
auf das Rundschreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie vom 10.
März 1999, GZ 11 4751/63-I/1/98, zu verweisen. Als Orientierungshilfe, ab welcher Größen -
ordnung mit erheblichen Umweltauswirkungen zu rechnen ist und demzufolge eine UVP
durchzuführen wäre, empfiehlt das gegenständliche Rundschreiben für den Bereich der Bo -
denreform die Regierungsvorlage 1647 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen
des Nationalrates, XX. Gesetzgebungsperiode, heranzuziehen.
An den Ländern liegt es, Schutzgebiete nach der Vogelschutzrichtlinie und der Fauna - Flora -
Habitat - Richtlinie auszuweisen. Wird durch eine Zusammenlegung oder Flurbereinigung der
Schutzzweck dieser Gebiete gefährdet, ist eine UVP nach § 34a Abs. 2 Z 4 der Regierungs -
vorlage, 1647 der Beilagen durchzuführen.
Zu Frage 4:
Aus verfahrenstechnischen Erwägungen erweist sich als einzig sinnvoll, dass die Agrarbe -
hörde zugleich UVP - Behörde ist. Das Zusammenlegungsverfahren ist ein mehrstufiges Ver -
fahren, dessen einzelne Stufen jeweils mit Bescheid abgeschlossen werden. Hinsichtlich des
gesamten Zusammenlegungsverfahrens besteht eine Kompetenzkonzentration, die soge -
nannte Generalzuständigkeit zugunsten der Agrarbehörde. Zusammenlegungsverfahren sind
somit in ihrem Ablauf bei einer Behörde konzentriert (,,one - stop - shop“).
Umweltrelevante Auswirkungen im Zusammenlegungsverfahren sind nur in einem Teilab -
schnitt des bei
der Agrarbehörde gesamthaft konzentrierten Zusammenlegungsverfahrens
denkbar, nämlich dem Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen. Das UVP -
Verfahren wird nun verfahrenstechnisch in das einzig umweltrelevante Verfahren zur Erlas -
sung des Plans der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen als Teilabschnitt des mehrstufig
ablaufenden Zusammenlegungsverfahrens integriert.
Das Zusammenlegungsverfahren ist ein amtswegiges Verfahren, dem auch das Agrarverfah -
rensgesetz als Sonderverfahrensrecht Rechnung trägt. Verfahrenstechnisch lässt sich somit
die UVP nur auf diese Weise in das Agrarverfahren einbauen. Dies bedeutet jedoch nicht,
dass die Agrarbehörde gleichsam unter Ausschluss der Öffentlichkeit über ihre „eigene UVP“
entscheidet. In der Regierungsvorlage, 1647 der Beilagen, ist nämlich allen Erfordernissen,
die die UVP - Richtlinie an die Öffentlichkeitsbeteiligung stellt, Rechnung getragen. Darüber
hinaus bilden die Rechte der Parteien im UVP - Verfahren ein zusätzliches Korrektiv.
Zu Frage 5:
Der Behauptung, dass ein länderspezifischer Ansatz gewählt worden sei, kann nicht beige -
pflichtet werden.
Sowohl die materiellen als auch die verfahrensrechtlichen Bestimmungen der Regierungs -
vorlage sind äußerst detailliert. Lediglich die Festsetzung des Schwellenwertes im § 34a
Abs. 2 Z 3 der Regierungsvorlage wird der Landesausführungsgesetzgebung vorbehalten.
Bundeseinheitlich kann ein solcher Schwellenwert sinnvollerweise nicht festgesetzt werden,
da ansonsten geographische Besonderheiten der einzelnen Bundesländer nicht entspre -
chend berücksichtigt würden. So stehen etwa Zusammenlegungen im Waldviertel ganz an -
deren geländetypischen Erscheinungsformen gegenüber als solche in Tirol. Ein bundesein -
heitlicher Schwellenwert würde diesen besonderen Erscheinungsformen der Zusammenle -
gungen in den einzelnen Bundesländern nicht gerecht. Abgesehen von dieser einzigen Aus -
nahme bleibt den Ländern im Zusammenhang mit den eine UVP auslösenden Schwellen -
werten bzw. Kriterien und dem verfahrenstechnischen Ablauf der UVP kein Spielraum.