5601/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier und Genossen haben an
mich eine schriftliche Anfrage, betreffend „Wohungseigentumsgesetz und der antei -
ligen Haftung der Miteigentümer“, gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 und 2:
Für die Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft haftet gemäß
§ 13c Abs. 1 letzter Satz WEG 1975 primär die Wohnungseigentümergemeinschaft
selbst. Ein gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft ergangener Exekutionstitel
kann gemäß § 13c Abs. 2 erster Satz WEG 1975 nur in die Rücklage oder in die
vom Verwalter eingehobenen Vorauszahlungen der Miteigentümer, also in Gemein -
schaftsvermögen, vollstreckt werden. Gegen die einzelnen Miteigentümer können
Forderungen gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft nur nach Maßgabe des
§ 13c Abs. 2 zweiter Satz WEG 1975, also nur soweit geltend gemacht werden, als
die Rücklage und die eingehobenen Vorauszahlungen keine ausreichende Deckung
bieten. In diesem Ausmaß haften die Miteigentümer für den Ausfall eines Gläubigers
im Zweifel - vorbehaltlich anderer Vereinbarung - im Verhältnis ihrer Miteigen -
tumsanteile, also jeweils nur anteilig nach ihrer Miteigentumsquote. Es handelt sich
also um eine subsidiäre Ausfallhaftung der Wohnungseigentümer (Tades / Stabent -
heiner; ÖJZ 1994/1A, 29), die das Bestehen einer Gemeinschaftsschuld und das
Verbleiben eines Ausfalls des Gläubigers bei der zwingend vorgelagerten Exekuti -
onsführung gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft voraussetzt. Für die Gel -
tendmachung dieser Haftung gegen einen Wohnungseigentümer bedarf es einer ei -
genen, gegen
diesen gerichteten Klage. Erst mit einem daraus erfließenden Exeku -
tionstitel kann im Vollstreckungsweg gegen den einzelnen Wohnungseigentümer
vorgegangen werden; der Titel gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft reicht
zur Exekution gegen einen Wohnungseigentümer in der Regel nicht aus (vgl. Lök -
ker; Die Wohnungseigentümergemeinschaft 394 ff.).
Soweit für das Bundesministerium für Justiz aus Rechtsdatensammlungen, Fach -
zeitschriften und literarischen Berichten überblickbar, sind seit dem Inkrafttreten die -
ser Haftungsregelung am 1. 1. 1994 noch keine rechtskräftigen gerichtlichen Ent -
scheidungen ergangen, in denen die Haftung eines Wohnungseigentümers für den
Ausfall eines Gläubigers aus der (teilweisen) Nichtzahlung von Gemeinschaftsschul -
den ausgesprochen worden wäre.
Zu 3:
Dem Bundesministerium für Justiz liegen keine Daten zu solchen Fallkonstellationen
vor; insbesondere steht statistisches Material zur allfälligen Übernahme von Zah -
lungsrückständen anderer Wohnungseigentümer nicht zur Verfügung. In der Fachli -
teratur wurde von einem derartigen (allerdings zum Publikationszeitpunkt noch nicht
abgeschlossenen) Fall berichtet (Barta / Mentschl, immolex 1997, 249 ff.).
Zu 4:
Die zu den Fragen 1 und 2 im Grundsätzlichen dargestellte subsidiäre Ausfallhaf -
tung des einzelnen Wohnungseigentümers besteht ebenso für sogenannte „Misch -
häuser“ (darunter werden im Wohnrecht solche Gebäude verstanden, in denen
Wohnungseigentum begründet ist, aber noch vor Wohnungseigentumsbegründung
abgeschlossene Hauptmietverhältnisse weiterbestehen, die zur Gänze dem
Mietrechtsgesetz unterliegen; vgl. die Regierungsvorlage zur Wohnrechtsnovelle
1997, 555 BlgNR 20. GP 15; Stabentheiner / Wais, ÖJZ 1997/6 A, 13). Auch hier ha -
ben - grundsätzlich ungeachtet der „Altmietverhältnisse“ - in letzter Konsequenz die
Wohnungseigentümer anteilig für unbefriedigt gebliebene Verbindlichkeiten der
Wohnungseigentümergemeinschaft einzustehen.
Ein Spezifikum des „Mischhauses“ liegt allerdings darin, dass dafür seit der Wohn -
rechtsnovelle 1997, BGBl. I Nr.22/1997, eine besondere gesetzliche Regelung über
den Aufteilungsschlüssel für die Aufwendungen gilt. Gemäß § 19 Abs. 1 zweiter
Satz WEG 1975 sind in einem „Mischhaus“ die Beiträge zur Rücklage sowie die Ko -
sten für die Erhaltung und Verbesserung von den Miteigentümern nach dem Ver -
hältnis ihrer Miteigentumsanteile (in der Regel also nach Nutzwerten) zu tragen, die
übrigen
Aufwendungen hingegen nach dem Aufteilungsschlüssel zu verteilen, der
für die vor der Wohnungseigentumsbegründung abgeschlossenen Hauptmietver -
hältnisse maßgeblich ist (in der Regel also nach Nutzflächen; vgl. Stabenthei -
ner / Wais, ÖJZ 1997/6 A, 13 f.). Es könnte nun fraglich sein, ob sich bei solchen For -
derungen gegen die „Mischhaus - Wohnungseigentümergemeinschaft“, die nach die -
ser Regelung unter den Nutzflächenschlüssel fallen (wie zum Beispiel Betriebsko -
sten im mietrechtlichen Sinn), auch die Anteile, mit denen die Wohnungseigentümer
subsidiär in Anspruch genommen werden, entgegen dem Wortlaut des § 13c Abs. 2
zweiter Satz WEG ebenfalls nach dem Verhältnis der Nutzflächen richten. Abgese -
hen von dieser Detailfrage gelten aber für das „Mischhaus“ in Ansehung der Ausfall -
haftung der Wohnungseigentümer keine Besonderheiten.
Zu 5 und 6:
Für eine rechtspolitische Würdigung der seit Jahresbeginn 1994 geltenden Rege -
lung ist es erforderlich, die frühere Rechtslage in Erinnerung zu rufen:
Während heute die Wohnungseigentümergemeinschaft als juristische Person
Schuldnerin der Verbindlichkeiten ist, die aus der Verwaltung der im Wohnungsei -
gentum stehenden Liegenschaft entstehen, waren früher die einzelnen Woh -
nungseigentümer unmittelbar aus solchen Verbindlichkeiten verpflichtet. Art und
Ausmaß dieser Verpflichtung richteten sich grundsätzlich nach den allgemeinen zi -
vilrechtlichen Regeln über die Schuldnermehrheit (§§ 888 ff. ABGB). Demnach war
in erster Linie die Vereinbarung zwischen den Wohnungseigentümern (bzw. dem
von diesen bestellten Verwalter) und dem Gläubiger maßgebend. Als Zweifelsregel
außerhalb solcher Vereinbarungen wurde jedenfalls seit den Achtzigerjahren in
ständiger Rechtsprechung zu Grunde gelegt, dass die Wohnungseigentümer für die
Aufwendungen gegenüber den Gläubigern nicht solidarisch, sondern nur entspre -
chend ihrem Miteigentumsanteil haften (vgl. Dittrich / Tades, ABGB35 E 7 ff. zu § 891).
Allerdings kam es trotz dieses Grundsatzes durchaus häufig zu einer Solidarver -
pflichtung der Wohnungseigentümer, sei es durch ausdrückliche Vereinbarung oder
die Geltung allgemeiner Geschäftsbedingungen, sei es durch öffentlich - rechtliche
Regelungen, die eine Solidarhaftung einer Schuldnermehrheit vorsehen (zum Bei -
spiel im Abgabenrecht).
Gerade in diesen Fällen erbrächte eine Beseitigung der seit 1. 1. 1994 geltenden Haf -
tungsregelung des § 13c WEG 1975 keine Besserstellung für den einzelnen Woh -
nungseigentümer. Schon aus diesem Grund wird eine solche Änderung derzeit nicht
erwogen. Doch wird
zur Stärkung der rechtlichen Position der Wohnungseigentümer
im Schrifttum schon seit einiger Zeit die Schaffung eines gesetzlichen Vorzugs -
pfandrechts zu Gunsten der Forderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft
gegen einen Miteigentümer sowie zu Gunsten von Rückgriffsforderungen von Woh -
nungseigentümern aus der Inanspruchnahme ihrer Ausfallhaftung gefordert, durch
das die Befriedigung solcher Forderungen aus dem Liegenschaftsanteil des zah -
lungssäumigen Miteigentümers sichergestellt sein soll. Im Zuge der zur Zeit auf
Ebene der Regierungsparteien geführten Beratungen zu verschiedenen wohnrechtli -
chen Gesetzesprojekten wurde dieser Vorschlag schon sehr weitgehend diskutiert
und in das intendierte Regelungsprogramm aufgenommen. Auch aus Sicht des Bun -
desministeriums für Justiz, das in diese Beratungen eingebunden ist, handelt es sich
dabei um eine sehr effiziente Maßnahme zum Schutz der berechtigten vermögens -
rechtlichen Interessen der Wohnungseigentümer.