5643/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Susanne Preisinger, Dr. Martin Graf,

Dipl. - Ing. Leopold Schöggl und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage,

betreffend „die Abnahme der Rechtsanwaltsprüfung durch einzelne bevorzugte Prü -

fungskommissäre aus dem Kreis der Rechtsanwälte und aus dem der Richter in den

Oberlandesgerichtssprengeln Wien und Innsbruck", gerichtet.

 

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

 

Zu 1:

Die der Anfrage zu Grunde gelegten Behauptungen waren mir nicht bekannt; sie

sind nach den mir vorliegenden Berichten auch nicht richtig.

 

Zu 2:

Den bei den Oberlandesgerichten eingerichteten Rechtsanwaltsprüfungskommissio -

nen gehören gemäß § 3 Rechtsanwaltsprüfungsgesetz der Präsident des Oberlan -

desgerichts als Präses, der Vizepräsident des Oberlandesgerichts als sein Stellver -

treter und als weitere Mitglieder (Prüfungskommissäre) die erforderliche Anzahl von

Richtern und die gleiche Anzahl von Rechtsanwälten an. Nach § 9 RAPG hat der

Präses der Rechtsanwaltsprüfungskommission grundsätzlich für jede Prüfung die

Prüfungskommissäre in gleichbleibender alphabetischer Reihenfolge zu bestimmen

und gemäß § 10 RAPG in begründeten Verhinderungsfällen den in der alphabeti -

schen Reihenfolge nächsten Prüfungskommissär heranzuziehen. In der Praxis er -

gibt sich öfters die Notwendigkeit, für einen unvorhergesehen verhinderten Prü -

fungskommissär kurzfristig einen Ersatz suchen zu müssen, um den Prüfungstermin

aufrecht erhalten zu können. Es liegt auf der Hand, dass als Ersatzprüfer oft nicht

der nächstgereihte Prüfungskommissär erreicht und eingeteilt werden kann.

 

Die der Frage zu Grunde gelegte Behauptung ist eine durch Nichts begründete Un -

terstellung, die sowohl vom Präses der Rechtsanwaltsprüfungskommission für den

Oberlandesgerichtssprengel Wien als auch vom Präses der Rechtsanwaltsprüfungs -

kommission für den Oberlandesgerichtssprengel Innsbruck nachdrücklich zurückge -

wiesen wird.

 

Zu 3:

Im Sprengel des Oberlandesgerichtes Wien ergeben sich auf Grund des großen An -

drangs an Prüfungskandidaten immer wieder Schwierigkeiten, Prüfungskommissäre

zu finden, die zu den vorgesehenen Terminen Zeit haben. Grundsätzlich wird auch

in diesem Sprengel jeder Prüfungskommissär nach der Reihenfolge der Liste ge -

fragt, ob er zum vorgesehenen Termin für die Abnahme der Prüfung zur Verfügung

steht. Allein schon die unterschiedliche Häufigkeit anderweitiger Termine führt

zwangsläufig zu einem ungleichmäßigen Einsatz der einzelnen Prüfungskommissä -

re. Bei den Prüfungskommissären aus dem Kreis der Richter ist die unterschiedliche

Heranziehung auch auf die geringere Zahl der in Strafsachen tätigen Richter zurück -

zuführen. Im Oberlandesgerichtssprengel Innsbruck wird zudem die häufigere Her -

anziehung von Richtern des Oberlandesgerichtes damit begründet, dass sie zeitlich

flexibler sind als Landesgerichtsrichter, die auf Grund der vielen erstinstanzlichen

Verhandlungen über weniger freie Termine verfügen. Im Oberlandesgerichtsspren -

gel Wien sind von vornherein weit überwiegend Richter des Oberlandesgerichtes in

die Liste der Prüfungskommissäre eingetragen.

 

Zu 4 und 5:

Wie sich bereits aus den vorigen Antworten ergibt, kann von einer „auffällig - einsei -

tig" Prüferauswahl keine Rede sein.

 

Der in der Anfrage genannte Prüfungskommissär aus dem Kreis der Richter des

Oberlandesgerichtes Innsbruck wurde in den Jahren 1997 und 1998 je zweimal zu

Rechtsanwaltsprüfungen herangezogen. Er ist nicht der Sohn eines ehemaligen

Präsidenten des Oberlandesgerichtes Innsbruck, sondern der Neffe eines ehemali -

gen Vizepräsidenten, der jedoch bereits mit Ablauf des 31. Juli 1992 in den Ruhe -

stand getreten ist. Der Neffe ist erst mit 1. Februar 1996 zum Oberlandesgericht

Innsbruck ernannt worden, und gehört der Rechtsanwaltsprüfungskommission erst

seit 1. Juli 1996 an.

 

Die in der Anfrage genannte Prüfungskommissärin aus dem Kreis der Rechtsanwäl -

te wurde im Jahr 1997 für drei Prüfungen und im Jahr 1998 für zwei Prüfungen her -

angezogen.

 

Der ehemalige Vizepräsident und nunmehrige Präsident des Oberlandesgerichtes

Wien hat im Jahr 1997 45 und im Jahr 1998 65 Kandidaten geprüft. Zum Vergleich:

die Zahl der Kandidaten betrug im Jahr 1997 152 und im Jahr 1998 148. Ursache

für seine häufige Befassung mit Rechtsanwaltsprüfungen ist schlicht die Tatsache,

dass gemäß §§ 3 und 11 RAPG der Präsident des Oberlandesgerichts und im Fall

seiner Verhinderung der Vizepräsident Vorsitzender des Prüfungssenats zu sein

hat. Nur dann, wenn auch der Vizepräsident des Oberlandesgerichts als Stellvertre -

ter des Präses der Rechtsanwaltsprüfungskommission verhindert ist, hat der an Le -

bensjahren älteste Prüfungskommissär aus dem Kreis der Richter den Vorsitz zu

führen.

 

Zu 6:

Die Prüfungsentschädigungen wurden entsprechend der Verordnung BGBl. Nr.

619/1993 idF BGBl. Nr. 962/1994 über die Vergütungen und Gebühren für die

Rechtsanwaltsprüfung und die Notariatsprüfung bemessen und ausbezahlt.

 

Zu 7 und 8:

Aus den bereits dargestellten Gründen - und nicht um einzelne Prüfungskommissä -

re zu bevorzugen - haben sich bei der Heranziehung der Prüfungskommissäre un -

terschiedliche Häufigkeiten ergeben. Am häufigsten ist aus dem Kreis der Rechtsan -

wälte ein Prüfungskommissär für 19 Kandidaten und aus dem Kreis der Richter ein

Prüfungskommissär für 38 Kandidaten, jeweils bezogen auf ein Kalenderjahr, heran -

gezogen worden.