570/AB

 

 

            An den

            Herrn Präsidenten

            des Nationalrates

            Dr. Heinz Fischer

            Parlament

            1017 W i e n

 

 

Auf die - aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie bei­geschlossene - schriftliche Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Kollegen vom 07.  Mai 1996, Nr. 568/J, betreffend Gülle-Ausbringungen und bodennahes Ozon, beehre ich mich folgendes mitzuteilen:

 

 

Zu Frage 1:

 

a) NOx-N-Emissionen-.

 

Während der Gülleausbringung kann es theoretisch nicht zu einer NOx-N-Freisetzung kommen (Hinweis auf das "Leckagell-Modell der No­und N20 - Freisetzung bei der Nitrifizierung und Denitrifizierüng nach FIRESTONE & DAVISON 1989).  NOx-N-Emissionen entstehen als Leckstrom während der mikrobiologischen Nitrifikation und Denitri­fikation.  Beide Prozesse finden nicht während der Gülleausbringung,

 

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sondern im Boden statt, wenn leicht lösliche Stickstoffverbindungen nicht durch Pflanzen aufgenommen werden.

Aus den dem Parlament 1994 zur Verfügung gestellten Unterlagen wird kurz folgendes zusammengefaßt: Das Bundesamt und Forschungszentrum für Landwirtschaft hat auf der Grundlage der Studie "Beitrag der Landwirtschaft und landwirtschaftlich genutzter Böden zum troposphärischen Ozonproblema eine ergänzende Stellungnahme über die Entwicklung der ozonvorläufersubstanzen aus der Landwirtschaft im Zeitraum der letzten 40 Jahre erarbeitet.

Der Anteil der Landwirtschaft an der gesamten NOx-N-Emission be­trägt - realistisch geschätzt - 18,6 %. In den letzten 40 Jahren hat sich der Beitrag der Landwirtschaft von Nox kaum geändert.  Der Anteil des NOx-N-Ausstoßes aus dem Straßenverkehr hat im gleichen Zeitraum um 37.043 t (d.s. 1.316 %) zugenommen.

Aus dem Anteil der NOx-N-Emissionen aus der Landwirtschaft (13.922 t, d.s. 18,6 %; Quelle: Bundesamt und Forschungszentrum für Landwirtschaft) entfallen rund 6.500 t auf Wirtschaftsdünger.  Eine Differenzierung nach Festmist, iauche und Gülle ist nicht möglich.

b) Methan-Emissionen:

Speziell zur Methan-Emission während der Gülleausbringung ist aus der Literatur nichts bekannt.

 

Der 38 %-Anteil der Landwirtschaft an der Gesamt-Methan-Emission in Österreich wird zu 86 % durch die Tierhaltung verursacht.  Von den 265.000 t Methan-Emissionen (Quelle: Bundesamt und Forschungszen­trum für Landwirtschaft, 1991) entfällt der überwiegende Anteil auf die Verdauung der Tiere und ein Anteil von ca. 48.000 t auf die Mist- und Güllelagerstätten sowie auf die Emission des Bodens von ca. 38.000 t.

 

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Die Methanemission aus der Landwirtschaft hat vergleichsweise zwischen 1950 und 1991 trotz Verdoppelung der Milchleistung (von 1.895 1 auf 3.907 1 je Kuh und Jahr), Verdreifachung der Milchlie­ferleistung an die Molkereien (von 732.804 t auf 2,205.491 t/Jahr) und Vervierfachung der Schlachtleistung nur um 35.500 t Methan bzw. 15 % zugenommen.  Da die Steigerung des Milch- und Fleischangebotes aus der heimischen Landwirtschaft nicht oder nur unwesentlich durch eine Veränderung in den Tierbestandszahlen pro Jahr erreicht worden ist (Zunahme des jährlichen Rinderbestandes nur von 2,28 Mio (1950) auf 2,40 Mio (1992) bzw.  Abnahme des Kuhbestandes von 1,13 Mio auf 0,90 Mio, hat sich die Methanemission (bezogen auf das Kilogramm Fleisch oder auf den Liter Milch) beträchtlich verringert, z.B. von 50,7 Gramm pro kg Milch (1950) auf 27,7 Gramm (1992). zwischen 1985 und 1992 ist die Methanemission aus der Landwirtschaft um ca. 14 000 t oder 5 % zurückgegangen.

 

c) Nicht-Methan-Kohlenwasserstoffverbindunaen (NMVOC):

 

Im Bericht der Studie "Beitrag der Landwirtschaft und landwirt­schaftlich genutzter Böden zum troposphärischen Ozonproblemm wird ein Anteil der Landwirtschaft von 6,7 % ausgewiesen.  Dieser Anteil entfällt zu zwei Drittel auf den Boden und seinen Bewuchs und ist einer Reduktion nahezu unzugänglich.

 

Zu Frage 2:

 

Gülle ist ein Wirtschaftsdünger und dazu bestimmt, während der Wachstumsphase der Pflanzen,die benötigten Nährstoffe bereit zu stellen.  Wird Gülle in den wachsenden Bestand (innerhalb der Vegetationsperiode) ausgebracht, so werden die leicht lösliche Stickstoffverbindungen sofort durch die Pflanzen aufgenommen.

 

Die Einschränkung der Gülleausbringung in den Sommermonaten würde den möglichen Ausbringungszeitraum während der Vegetationszäit ein­engen und damit zu einer unerwünschten Konzentration in der ver-

 

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bliebenen Zeit führen.  Maßnahmen für eine Reduzierung der Gülleaus­bringung im Sommer sind daher nicht sinnvoll.

Seitens des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft werden alle anderen Maßnahmen, die mit einer effizienten Lagerung der Gül­le, Nutzung über Biogas und Ausbringung am Feld in Zusammenhang stehen, begrüßt.

Bei der Ausbringung von Wirtschaftsdüngern werden im Hinblick auf eine verlustarme und damit effiziente Verwertung unter anderem empfohlen:

·           Applikation kleinerer Teilmengen;

·           Verdünnung von Gülle mit Wasser;

 

·           Ausbringung bei bedecktem, regnerischem, kühlem Wetter und Windstille.

 

Auf das Baumerkblatt Nr. 57/1996 des Österreichischen Kuratoriums für Landtechnik zur "Gülleanwendung im Grünland" darf in diesem Zusammenhang besonders hingewiesen werden.

 

Techniken der bestmöglichen Ausbringung der Gülle durch Schlepp­schläuche, Gülledrill (direkte Einarbeitung in den Boden) und der überbetriebliche Einsatz von solchen Geräten werden in der Förderung und in der Beratung des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft unterstützt.

 

Im Rahmen der Investitionsförderung des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft wird seit 1987 die Sanierung und Errich­tung von Düngesammelanlagen mittels AIK, ab 1990 auch mittels In­vestitionszuschuß gefördert.  Gemäß der Förderungsrichtlinie ist jeweils ein Düngelagerraum für mindestens 4 Monate vorgesehen, um die Vegetationsruhezeit überbrücken zu können.

 

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Zu Frage 3:

Ein Verbot der Gülle-Ausbringung bei Ozonvorwarnstufe bzw. bei Ozonalarm wird - im Gegensatz zu einem Verbot der Benutzung von Privat-PKWs - vor allem hinsichtlich des damit verbundenen Aufwan­des und der erzielbaren Effekte für nicht sinnvoll erachtet.  Auf die Beantwortung zur Frage 1 betreffend NOx bei der Gülleaus­bringung darf verwiesen werden.

 

 

Zu den Fragen 4 und 5:

 

Aufgrund der natürlichen Stickstoff-Ausgasung des Bodens und des relativ niedrigen Handelsdüngerstickstoffeinsatzes in Österreich von 37,5 kg/ha (gegenüber 99,2 kg in der BRD; 84,4 kg in Frank­reich; 75,6 kg in Großbritannien; 185,8 kg in den Niederlanden) be­trägt der Beitragsspielraum der Landwirtschaft zur Absenkung der Gesamt-NOx-Emissionen in Österreich nur ca. 1 %. Die Rückgänge der landwirtschaftlichen NOx-Emissionen seit 1970 bzw. 1980 zeigen die positiven Auswirkungen der durchgeführten Extensivierungsmaßnahmen.

 

wie bereits erwähnt, entstammt die Methan-Emission aus der Land­wirtschaft überwiegend aus der Tierhaltung und hat seit 1950 trotz Verdreifachung der Milchlieferleistung und trotz Vervielfachung der Schlachtleistung nur um 35.500 t Methan (15 %) zugenommen.  Im Zeit­raum von 1985 bis 1992 sank die landwirtschaftliche Methanemission jedoch wieder um 14.000 t (5 %).

 

Flüchtige Nicht-Methan-Kohlenwasserstoffverbindungen stammen nur zu 6,7 % aus der Landwirtschaft und sind seit 1980 ebenfalls rückläufig.  Auf die Beantwortung der Frage 2 darf in diesem Zusammenhang bezug genommen werden.

 

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Die Errichtung von landwirtschaftlichen Biogasanlagen wird seit 1988 im Rahmen der Innovationsförderung des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft durch die Gewährung von Investitionszu­schüssen und AIK unterstützt.

In Österreich werden mit Ende 1996 ca. 50 Biogasanlagen in Betrieb sein.  Eine Arbeitsgruppe im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft hat alle interessierten und aktiv befaßten Stellen zum Thema Biogas eingebunden.  Beratungsaktivitäten und die Ausarbeitung weiterer Maßnahmen laufen. Über die Einbindung des Österreichischen Kuratoriums für Landtechnik (ÖKL) in ein EU-Forschungsprojekt ist auch der internationale Kontakt zu Aktivitäten im Bereich Biogas gewährleistet.

Auf die Maßnahmen, Empfehlungen des Fachbeirates für Bodenfrucht­barkeit und Bodenschutz, die ÖKL-Baumerkblätter, die Arbeitsgruppe Biogas im Rahmen der Beratung und die Einbeziehung dieser Vorstel­lungen im Rahmen der Umsetzung des Bodenschutzkonzeptes für öster­reich wird verwiesen.