5752/AB XX.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 6061/J - NR/1999, betreffend Österreichische
Bahntunnelsysteme und offene Sicherheitsfragen, die die Abgeordneten Mag. Maier und
Genossen am 8. April 1999 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Einleitend ist festzustellen, daß im Vergleich Eisenbahntunnel und Straßentunnel insbesondere
aufgrund der örtlichen Gegebenheiten und der Betriebsführung die Eintrittswahrscheinlichkeit
und Unfallhäufigkeit bei Eisenbahntunnel geringer ist.
Zu den Aussagen von Vertretern der zuständigen Einsatzkräfte ist zu bemerken, daß Einsätze
zur Rettung von Menschen aus Gefahrensituationen fraglos an Grenzen stoßen können. Bei
alten Tunnelbauwerken, wie dem Tauerntunnel, werden solche Grenzen in extremen Gefahren -
situationen möglicherweise früher erreicht, als bei modernen Neubautunnels. Daher gelangen
bei diesen Tunnels eigene Sicherheitskonzepte zur Anwendung. Darüberhinaus wurde die
Nachrüstung des Tauerntunnels mit Maßnahmen zur Erleichterung der Selbstrettung (Handlauf,
Randweg mit Fluchtwegbeschilderung, Orientierungsbeleuchtung) sowie Vorsorgen zur
Erleichterung der Fremdrettung (Funksysteme, Löschwasserleitung) bereits eingeleitet. Die
Umsetzung wird in den nächsten vier Jahren mit einer Reihe anderer Vorkehrungen, ins -
besondere der “Festen Fahrbahn”
unter Betrieb durchgeführt.
Zu den Fragen 1 und 2:
Für das gesamte ÖBB - Streckennetz sind entsprechende Einsatzpläne vorhanden. Für Tunnel -
strecken sind zusätzlich Sicherheits - und Alarmpläne vorgesehen. Diese Pläne sind in den
Einsatzorganisationen bekannt bzw. werden mit diesen abgestimmt. Bei Neubautunnels ist die
Akkordierung auch eine Voraussetzung für die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baugeneh -
migung, wobei eine endgültige Abstimmung im Rahmen der Betriebsbewiiligung erfolgt.
Zu den Fragen 3 und 4:
Grundsätzlich hat das Eisenbahnunternehmen in Abstimmung mit den Einsatzorganisationen
vor Inbetriebnahme des Tunnels sowie in regelmäßig einvernehmlich festzulegenden Abständen
Übungen mit den Einsatzorganisationen durchzuführen.
Darüberhinaus werden bei Neubautunnel in den eisenbahnrechtlichen Genehmigungsbeschei -
den Aussagen über die durchzuführenden Übungen getroffen.
Die Übungen finden grundsätzlich gemeinsam mit den Einsatzkräften (z.B. Feuerwehr) statt.
Zu den Fragen 5 und 6:
In Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Bundesfeuerwehrverband, der Brenner Eisen -
bahngesellschaft mbH, der Eisenbahn - Hochleistungsstrecken AG und den Österreichischen
Bundesbahnen wurde die Richtlinie “Bau und Betrieb von neuen Eisenbahntunneln bei Haupt -
und Nebenbahnen; Anforderungen des Brand - und Katastrophenschutzes” erarbeitet, welche
mit dem Österreichischen Bundesfeuerwehrverband noch nicht endgültig abgestimmt werden
konnte. Seitens der betroffenen Unternehmen Brenner Eisenbahngesellschaft mbH, Eisenbahn -
Hochleistungsstrecken AG und Österreichische Bundesbahnen wird diese Richtlinie in der
vorliegenden Fassung jedoch bereits als Grundlage für die Ausgestaltung von Tunnelbauwerken
und die Ausarbeitung bezughabender Sicherheitskonzepte herangezogen, wobei im Einzelfall
eine Abstimmung mit dem jeweiligen Landesfeuerwehrverband erfolgt, bei der insbesondere
auch auf die örtlichen Besonderheiten Bedacht genommen wird.
Zu Frage 7:
Die ÖBB haben diese Regeln einzuhalten; die Überwachung erfolgt durch die Oberste Eisen -
bahnbehörde des Bundesministeriums
für Wissenschaft und Verkehr.
Frage 8:
Derzeit bestehen für Eisenbahntunnel weder aus gesamteuropäischer Sicht noch im Rahmen der
Europäischen Union einheitliche Sicherheitsvorschriften. In trilateraler Zusammenarbeit
zwischen Deutschland, der Schweiz und Österreich wurden jedoch bereits vor längerer Zeit
Anforderungskriterien für sehr lange Eisenbahntunnel (ab 25 km) erarbeitet und zwischen den
Ländern abgestimmt um die Sicherheitsstandards der Planungen zu gewährleisten.
Zu den Fragen 9, 10 und 11:
Für Neubautunnel werden bereits in der Planungsphase infrastrukturelle Maßnahmen zur
Erleichterung der Selbstrettung (wie z.B. Orientierungsbeleuchtung, Fluchtweg mit Handlauf
und entsprechender Kennzeichnung, Notrufeinrichtungen, Festlegung sicherer Bereiche)
vorgesehen.
Bei bestehenden Tunneln wurden bzw. werden die Möglichkeiten von infrastrukturellen
Maßnahmen einzeln geprüft und darauf aufbauend entsprechende Vorsorgen getroffen.
Zu Frage 12:
Ja, solche Züge sind vorhanden.
Zu Frage 13:
Die ÖBB halten Rettungszüge mit Auffahrwagen zum Befördern von Feuerwehrfahrzeugen vor.
Je nach Ausrüstung des Tunnels werden die Auffahrwagen mit Wasserwagen und Personenwa -
gen ergänzt. Vorgesehen sind insbesondere die Befreiung von Menschen aus Zwangslagen nach
mechanischen Ereignissen und die Menschenrettung bei Brandgefahr.
Zu Frage 14:
Bei allen Tunnels mit einer Länge von über 1500 m sind Auffahrwagen und, soweit erforder -
lich, auch Wasserwagen stationiert.
Zu den Fragen 15 und 16:
In den genannten Beobachtungszeiträumen ereigneten sich im Bereich der Österreichischen
Bundesbahnen in Tunneln keine Unfälle,
bei denen Reisende verletzt oder getötet wurden.
Zu Frage 17:
Bei Neubautunnels wird generell ein hoher Sicherheitsmaßstab angelegt. Bestandtunnels
werden auf die Notwendigkeit zusätzlicher Maßnahmen überprüft. Beispielsweise ist die
Nachrüstung des Tauerntunnels bereits fixiert und werden die Anforderungen an eine Nachrü -
stung des Arlbergtunnels derzeit festgelegt.
Zu Frage 18:
Gefahrguttransporte unterliegen generell strengen Bestimmungen, die auf die besonderen
Gefahren des jeweiligen Gutes abgestimmt sind. Spezielle Maßnahmen für Tunnelstrecken
bestehen nicht.
Zu Frage 19:
Für jeden Tunnel, für den ein Sicherheitsplan festgelegt ist, gibt es auch Portalfeuerwehren. Die
Ausrüstung wird in Abstimmung mit den Feuerwehren auf der Basis des jeweiligen Sicherheits -
konzeptes festgelegt. Sollte bei Neubautunnels zusätzliche Ausrüstung benötigt werden, so wird
vom zuständigen Planer und Errichter (HL - AG, BEG, ÖBB) mit den Feuerwehren ein ent -
sprechender zusätzlicher Ausstattungsumfang vertraglich vereinbart.
Zu Frage 20:
Bereits in der Vergangenheit wurden längere Tunnel hinsichtlich der Sicherheitsanforderungen
einer umfassenden Überprüfung unterzogen. Zusätzlich habe ich die zuständige Organisations -
einheit in meinem Ressort angewiesen, in Zusammenarbeit mit den Österreichischen Bundes -
bahnen eine nochmalige Überprüfung der vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen und
erforderlichenfalls notwendige Anpassungen vorzunehmen.