5800/AB XX.GP
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 6088/J betreffend
Maßnahmen zur beschleunigten Markteinführung von Ökostrom, welche die Abgeordneten
Langthaler, Freundinnen und Freunde am 20. April 1999 an mich richteten, stelle ich
grundsätzlich fest, daß gemäß Art. 52 Abs. 1 B-VG der Nationalrat und der Bundesrat
lediglich belügt sind, die Geschäfistührung der Bundesregierung zu überprüfen, deren
Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen
Auskünfte zu verlangen. Das Fragerecht der Nationalratsabgeordneten umfaßt somit nicht
zukünftig geplante oder beabsichtigte Maßnahmen. Ungeachtet dessen nehme ich zu den an
mich gerichteten Fragen wie folgt Stellung:
Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:
Ein Markt, im konkreten Fall ein Sekundärmarkt tür elektrische Energie aus neuen
erneuerbaren Energieträgern, ist nicht allein mit staatlichen Maßnahmen zu erzwingen, es
können
lediglich die Rahmenbedingungen tür die Entwicklung und das Funktionieren
eines
solchen Marktes geschaffen werden. Es liegt primär an den Teilnehmern eines Marktes,
Anbietern und Nachfragern von elektrischer Energie aus diesen neuen erneuerbaren
Energieträgern, eine Marktsituation zu entwickeln. Die rechtlichen Rahmenbedingungen zur
Umsetzung meiner Initiative, im Rahmen der Neuordnung der Elektrizitätswirtschaft
elektrische Energie aus bestimmten erneuerbaren Energieträgern für jeden, auch vorerst noch
nicht „zugelassenen“ Stromkunden zugänglich zu machen und rechtlich einwandfrei zu
verankern („Sekundärmarkt“)‘ bestehen nunmehr durch die Verordnung vom
18. Februar 1999 betreffend die Festsetzung der Tarife für die Nutzung der Elektrizitätsnetze.
Seitens der Netzbetreiber sind jedoch noch Detailfragen im organisatorischen und
technischen Bereich zu klären.
Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:
Es wurden die rechtlich fundierten Regelungen und Bedingungen zur Realisierung dieses
Sekundärmarktes zur Direktvermarktung geschaffen.
Weiters besteht die Verpflichtung der Länder zur Erreichung von 3 % der Abgabe an
Endverbraucher aus erneuerbaren Energieträgern und die gesetzliche Möglichkeit der
Festlegung von Einspeisetarifen. Es ist daher im wesentlichen die Aufgabe der Länder, diese
Vorgaben anhand der bereitgestellten Instrumente umzusetzen, wobei die Länder hinsichtlich
Finanzierung, Förderung und Festlegung von Einspeisetarifen über weitestgehenden
Spielraum bei der Ausgestaltung ihrer Lösungssätze verfüfen.
Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:
Die Abwicklung von Lieferungen von Erzeugern an Verbraucher erfolgte bisher in der
Hauptsache zwischen Netzbetreibern aufgrund von Vereinbarungen im Rahmen der Union
für die Koordinierung der Erzeugung und des Transportes elektrischer Energie (UCPTE)
bzw. auf bilateraler Basis. Aufgrund von physikalischen Gegebenheiten muß in einem
Elcktrizitätssystem
immer gleich viel elektrische Energie erzeugt werden als verbraucht wird.
Dies gilt auch für eine Erzeuger/verbraucher - Relation in einem vermaschten Netz, wobei
dies nur durch eine regelungstechnische Maßnahme (Ist - Wert - Aufschaltung) erreichbar ist,
die jedoch aufgrund hoher Komplexität und Kosten nur für Großverbraucher in Frage kommt.
Für kleinere Verbraucher d.s. neben Kunden von Erzeugern aus neuen erneuerbaren
Energieträgern auch Konzernunternehmen sowie Eigenerzeuger, die eigene Betriebsstätten
versorgen - wurden in bereits liberalisierten Elektrizitätssystemen Abrechnungsverfahren
entwickelt, die auf der Zusammenfassung von Verbraucherkollektiven und somit auf
statistischen Verfahren beruhen. Aufgrund des abnehmerseitigen Punkttarifs und der dazu als
Festpreise bestimmten Systemnutzungstarife sind die Bedingungen/Preise für die Nutzung
des Netzes unabhängig von der Art des Lieferanten. Dies entspricht auch dem Gebot der
Nichtdiskriminierung.
Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:
Im Elektrizitätswirtschafts - und -organisationsgesetz (E1WOG), den
Landesausführungsgesetzen sowie in den Verordnungen zum Systemnutzungstarif sind eine
Reihe von Bestimmungen enthalten, die den ElektrizitätsunternehmenfNetzbetreibern die
Verpflichtung auferlegen, gegen Entgelt die Nutzung ihrer Netze zu gewähren. Dabei müssen
alle Netznutzer, sofern ausreichende Netzkapazitäten vorhanden sind, gleich behandelt
werden. Die Ausarbeitung der in Zukunft notwendigen Regelungen betreffend
technische/organisatorische Gegebenheiten, die gemäß §§ 18, 23 und 29 E1WOG (und den
darauf basierenden Bestimmungen der Ausführungsgesetze) zu erarbeiten sind, sowie des
Systems für Ausgleichsenergie ist derzeit in Vorbereitung.
Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:
Es ist davon auszugehen, daß die Allgemeinen Vertragsbedingungen rechtmäßig sind. Die
Genehmigung der AVB obliegt gemäß der geltenden Gesetzeslage den Ländern, wobei ein
Weisungsrecht seitens des Bundes nicht besteht. Ausgenommen davon ist gemäß § 24
El
WOG die Verbundgesel 1 schaft (ID bertragungsnetz über mehrere Länder
hinweg).
Antwort zu den Punkten 6 und 7 der Anfrage:
Die Komponenten des Systemnutzungstarifs sind in den Verordnungen zum
Systemnutzungstarif und zuni Netzbereitstellungstarif taxativ aufgezählt. Diese Verordnungen
sind im Amtsblatt zur Wiener Zeitung am 18. Februar 1999 veröffentlicht
worden. Die darin enthaltenen Tarife sind als Festpreise von den Netzbetreibern zu
verrechnen. Von den Erzeugern sind dabei das Systemdienstleistungsentgelt (von jenen mit
mehr als 1 MW Leistung), das Netzzutrittsentgelt und das Entgelt flir Meßleistungen zu
entrichten. Von den Verbrauchern sind das Netzzutrittsentgelt, das Netzbereitstellungsentgelt,
das Entgelt ftir die Ausgleichsversorgung, das Netznutzungsentgelt, das Netzverlustentgelt
und das Entgelt für Meßleistungen zu entrichten. Tariflich festgesetzt sind das
Netznutwngsentgelt, das Netzbereitstellungsentgelt, das Netzverlustentgelt sowie das
Systemdienstleistungsentgelt.
In Bezug auf das Verhältnis Leistungs-/Arbeitsanteil wurde den Netzbetreibern ein
Gestaltungsspielraum eingeräumt, um die Netznutzungstarife an die bestehenden
Tarifstrukturen anpassen zu können.
Antwort zu Punkt 8 der Anfrage:
Durch diese Tarifverordnungen, die auf §§ 25 und 34 EIWOG sowie der
Grundsatzverordnung vom 18. Februar 1999 zu den Systemnutzungstarifen beruhen, wurden
Festpreise bestimmt, um jegliche Diskriminierungen von vorneherein zu vermeiden. Diese
Preise müssen daher im Sinne der Minimierung der Transaktionskosten seitens der
Netzbetreiber verrechnet werden. Es besteht kein Freiraum Rabatte, Ermäßigungen etc. zu
gewähren.
Antwort zu Punkt 9 der Anfrage:
Bei nicht gemessener Leistung ist zur Bestimmung der w verrechnenden Leistung eines
Netznutzers ein statistisches Verfahren anzuwenden, mit welchem die zu verrechnende
Leistung ermittelt wird. Die von Wienstrom im konkreten Fall beabsichtigte
Verrechnungsmethode, die im Hinblick auf die bestehende Tarifstruktur auch für die
Berechnung der Netznutzungsentgelte herangezogen werden sollte, entspricht durchaus dieser
in der Verordnung bestimmten Methode.
Antwort zu Punkt 10 der Anfrage:
Die für die Nutzung des Elektrizitätsnetzes eines Netzbetreibers verrechenbaren Entgelte sind
in der Grundsatzverordnung zu den Systemnutzungstarifen taxativ aufgezählt. Es ist davon
auszugehen, daß die Entgelte, speziell fur Messung, Abrechnung etc. bei
Niederspannungskunden sich an den bisherigen, in den jeweiligen Preisbescheiden enthaltenen
Tarifen zu orientieren haben. Diese Entgelte sind jedenfalls kostenorientiert (direkt
zuordenbar) zu berechnen und gegebenenfalls auch getrennt auszuweisen.
Antwort zu Punkt 11 der Anfrage:
Die Tarife für die Netznutzung in den angefuhrten Ländern sind aufgrund der doch sehr
unterschiedlichen Struktur dieser Elektrizitätssysteme nicht direkt mit der Situation in
Österreich vergleichbar. Zieht man jedoch vervügbare Zahlen aus Deutschland, Holland und
Dänemark heran, so ist die Bandbreite der Höhe fur Entgelte zur Netznutzung in etwa gleich.
Auch innerhalb Österreichs sind bekanntlich wesentliche Unterschiede vorhanden. Die Tarife
fur die Nutzung des Elektrizitätsnetzes beruhen auf den Kosten fur Errichtung,
Instandhaltung, Ausbau und Betrieb der Netze. Diese Kosten, welche sich auf Basis der
„Entflechtung“ der Geschäftsbereiche errechnen, wurden unter Einschaltung externer
Gutachter überprüft und daraus die Tarife abgeleitet. Von den, von der Elektrizitätswirtschaft
beauftragten
Tarifansätzen wurden Produktivitätsabschläge bis zu 10 %
vorgenommen. Um
auch weiterhin Rationalisierungspotentiale ausschöpfen zu können, wird dieses Instrument
auch in Zukunft in entsprechender Weise angewendet werden. Es ist jedoch allein schon
aufgrund der Veröffentlichung der Tarife in einer Verordnung ein nicht unbeträchtlicher Druck
auf die Elektrizitätswirtschaft gegeben, da nunmehr erstmals mit geringem Aufwand alle Tarife
- und somit die Kosten für die Nutzung des Netzes - vergleichbar sind.
Antwort zu Punkt 12 der Anfrage:
Die Frage der Ausgleichsversorgung ist in der Grundsatzverordnung zu den
Systemnutzungstarifen dahingehend geregelt, daß die Beschaffung von Ausgleichsenergie dem
wirtschaftlichen Vorrang entsprechen muß. Da die Realisierung eines wettbewerblich
orientierten Systems der Ausgleichsversorgung - ähnlich dem bereits in Skandinavien
installierten einen entsprechenden Aufwand an Meßeinrichtungen und Datenübermittlungs -
und verarbeitung erfordert, wird in der Übergangszeit eine möglichst einfach zu handhabende
Praxis der Verrechnung dieser Ausgleichslieferungen anzuwenden sein. Jedenfalls ist jedoch
auch jetzt schon eine Bilanzierung dahingehend erforderlich, daß die von einem Erzeuger
gelieferte Menge von Energie mit der von diesem verkauften Energie übereinstimmt.
Antwort zu Punkt 13 der Anfrage:
Wie schon in der Antwort zu Punkt 12 der Anfrage ausgeführt, ist bis zur Einführung eines
Ausgleichssystems eine möglichst einfache Administrierung der Ausgleichsenergie
anzustreben. Die Frage, ob dazu Methoden über typische Lastkurven etc. für die doch noch
geringen Mengen im Bereich der erneuerbaren Energieträger erforderlich sind, wäre einer
genauen Prüfung vorbehalten Es darf jedenfalls seitens der Netzbetreiber kein Netznutzer
diskriminiert werden. Um die angesprochenen Probleme zu vermeiden, halte ich ein
transparentes und nichtdiskriminierendes Regime der Ausgleichsversorgung für unbedingt
notwendig
und habe schon mehrfach auf eine rasche Einfuhrung eines solchen gedrängt
Antwort zu Punkt 14 der Anfrage:
Die Verträge zwischen Erzeugern und Verbrauchern (zugelassenen Kunden) in einem
liberalisierten Elektrizitätsrnarkt sind privatwirtschaftlicher Natur. Dem Netzbetreiber obliegt
es, die Entgelte für die Nutzung des Elektrizitätsnetzes in Rechnung zu stellen.
Vereinbarungen über Inkasso tür Lieferungen durch den Netzbetreiber obliegen dem
Privatrecht und es kann - sofern entsprechende Verträge abgeschlossen werden ein Inkasso
durchgeführt werden. Für eine Verpflichtung des Netzbetreibers zur Abrechnung fehlt die
rechtliche Grundlage. Es ware ledoch durchaus im Sinne der Förderung erneuerbarer
Energieträger, die Abwicklung der Verrechnung der Lieferungen durch die Netzbetreiber
durchführen zu lassen, wobei es primär Sache der Länder ist, darauf hinzuwirken.
Antwort zu den Punkten 15 und 16 der Anfrage:
Angelegenheiten der Elektrizitätsabgabe liegen ausschließlich im Kompetenzbereich des
Bundesministers für Finanzen.
Antwort zu Punkt 17a) der Anfrage:
Es ist Sinn eines Marktes, somit auch eines Sekundärmarktes für neue erneuerbare
Energieträger, daß die Marktteilnehmer Chancen und Risiken abzuwägen haben und danach
handeln. Ob die konkret angesprochene Bestimmung die in der Anfrage unterstellte
Auswirkung hat, wird aufgrund von Erfahrungswerten zu prüfen sein.
Antwort zu Punkt 17b) der Anfrage:
Im Verfahren gemäß Art. 98 BVG bestand kein Grund, gegen die gegenständlichen
Bestimmungen
des Ausführungsgesetzes Bedenken geltend zu machen.
Antwort zu Punkt 17c) der Anfrage:
Die Ausarbeitung, Erlassung und allfällige Änderung von Landesgesetzen obliegt auch bei
Materien, die dem Bereich des Artikel 12 BVG zuzuordnen sind, ausschließlich den Ländern.
Antwort zu Punkt 18 der Anfrage:
Gegenstand des Punktes 18 der Anfrage sind offensichtlich die §§ 45 und 54 des Tiroler
Ausfiihrungsgesetzes. Im Verfahren gemäß Art. 98 BVG bestand auch bei diesen
Bestimmungen kein Grund, Bedenken geltend zu machen.
Antwort zu Punkt 19 der Anfrage:
Gemäß § 31 El WOG sowie den in den jeweiligen Aus fiihrungsgesetzen enthaltenen, darauf
basierenden Bestimmungen betreffend den Zielanteil von 3 % erneuerbaren Energieträgern an
der für die Abgabe an Endverbraucher erforderlichen Strommenge geht hervor, daß darin alle
Lieferungen an die Netzbetreiber selbst einzurechnen sind. Lieferungen mittels
Direktvermarktung, die nicht an Netzbetreiber als solche erfolgen, sind gemäß ElWOG nicht
zu berücksichtigen.
Antwort zu Punkt 20 der Anfrage:
Die technischen Regeln für die Netze sind in die Allgemeinen Bedingungen gemäß §§ 23 und
29 ElWOG (bzw. den in den jeweiligen Ausfiihrungsgesetzen enthaltenen, darauf
basierenden Bestimmungen) aufzunehmen und zu veröffentlichen.