5885/AB XX.GP

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 6212/J betreffend politische

Konsequenzen aus der Entwicklung der Einkommensverteilung in Österreich (Darstellungen

des Sozialberichtes), welche die Abgeordneten Moser, Freundinnen und Freunde am

5. Mai 1999 an mich richteten, stelle ich fest:

 

Antwort zu den Punkten 1 bis 4 der Anfrage:

 

Zur gegenständlichen Anfrage darf ich einleitend bemerken, daß die Anfrage auf den

Darstellungen über die Einkommensverteilung aus dem Bericht über die soziale Lage 1997,

der in der Verantwortlichkeit des BMAGS erstellt wurde, sowie auf WIFO - Erhebungen aus

1997 basiert. Diese Daten sind inzwischen längst überholt und stehen zudem unter den

Auswirkungen der Anstrengungen zur Budgetkonsolidierung.

In der Anfrage wird ein Rückgang der Nettomasseneinkommen aus 1997 um 3,1 % angeführt

(richtigerweise aufgrund Budgetkonsolidierungsanstrengungen), jedoch lagen bereits zum

Zeitpunkt der Anfrage (vgl. z.B. WIFO Monatsheft 4/1999) Daten für das Jahr 1998 vor, für

das ein Plus von 1,9 % ausgewiesen wird. Weiters wird einhellig konstatiert, daß bereits 1998

eine spürbare Belebung des privaten Konsums stattgefunden hat.

 

Nicht mehr aktuelle Daten finden sich auch in den Ausführungen über die negative Lohndrift:

Diese ist für 1998 gesamtwirtschaftlich positiv (Tariflohn 1997 zu 1998 annähernd gleich bei

2,2 %; Effektivverdienste 1997 zu 1998: 1,1 % zu 3,6 %), nur in den Bereichen Industrie und

Bauwirtschaft noch negativ.

 

Da es nicht zulässig ist, aus dem Niveau der Nettolohnquote, als ein Indikator unter vielen,

Rückschlüsse auf die Verteilung des Volkseinkommens, die gesamtwirtschaftliche

Entwicklung oder das Wohlstandsniveau zu ziehen, gibt es seitens der Bundesregierung kein

Ziel für die Höhe der Nettolohnquote.

 

Für die Erhöhung der Nettolohnquote als Anteil der Löhne und Gehälter am

Bruttosozialprodukt stünden prinzipiell zwei Möglichkeiten zur Verfügung:

 

.   Die Senkung der Steuern und Abgaben bei gleichbleibenden Bruttolöhnen mit den

    bekannten Effekten der nachfrageseitigen Wirtschaftspolitik: Die gesamtwirtschaftliche

    Nachfrage könnte steigen und ein positiver Anstoß für Wachstum und Beschäftigung

    erzielt werden. Die Finanzierung einer solchen Vorgangsweise wäre jedoch problematisch,

    weil entweder eine Erhöhung der Staatsschulden folgen würde, damit der Staat seinen

    bestehenden Aufgaben nachkommen könnte, oder aber die Staatsausgaben und damit die

    Transferleistungen mit ihren massiven Umverteilungseffekten müßten gesenkt werden.

    Unter Einhaltung der Stabilitätskriterien von Maastricht ist daher eine markante Erhöhung

    der Nettolohnquote auf diesem Wege sicher nicht durchführbar.

•   Ein zweites Szenarium basiert auf höheren Lohnabschlüssen. In diesem Fall wurden die

    Kapitalgewinne (und Investitionen) zwar sinken, primär wurde jedoch weniger Arbeit

    nachgefragt und somit die Arbeitslosigkeit steigen. Diese Vorgangsweise wäre daher

    kontraproduktiv zu den Bemühungen der Bundesregierung im Rahmen des Nationalen

    Aktionsplans für Beschäftigung, die Arbeitslosigkeit massiv zu reduzieren.

 

Steuerliche Maßnahmen zur Erhöhung der Nettolohnquote fallen in den Zuständigkeitsbereich

des Bundesministeriums für Finanzen, weshalb ich diesbezüglich auch auf dessen

Beantwortung der Anfrage 6211/ J verweise.

 

Mit dem kürzlich vom Parlament beschlossenen Steuerreformgesetz versucht die

Bundesregierung möglichst umfassend den Bedürfnissen der Bevölkerung, der Arbeitnehmer

und Arbeitgeber gerecht zu werden. Die Senkung der Einkommenssteuersätze und die

Anhebung des Allgemeinen Absetzbetrages wird entsprechende positive Auswirkungen auf die

Lohnquote und das Volkseinkommen haben. Die Ziele, eine Entlastung kleinerer und mittlerer

Einkommen zu verwirklichen, das Masseneinkommen und den privaten Konsum zu stärken

(im Bereich der Transferleistungen durch Erhöhung der Kinderbeihilfe), konnten erreicht

werden. Mit der Steuerreform 2000 wird damit ein weiterer Schritt zur Festigung des

Wirtschaftsstandorts Österreichs und seiner Wettbewerbsposition in Europa gesetzt und damit

der Sicherung und Erhaltung unserer Arbeitsplätze gedient

 

Mit dem Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung 1999 setzt die Bundesregierung weitere

wichtige Maßnahmen zur Erhöhung der Beschäftigung. Ein besonderer Schwerpunkt des

Aktionsplanes, die Säule 1, widmet sich u.a. den Aus -  und Fortbildungsmaßnahmen und der

Erhöhung der Qualifikation und damit der Vermittelbarkeit. Dies wiederum hat zur Folge, daß

das Einkommen steigt und damit höhere Nettolohnquoten erzielt werden können.

 

Weiters ist zu bemerken, daß eine weitere Nivellierung der Einkommensverteilung auch

Anreizprobleme aufwerfen kann. Darüber hinaus müßten hohe Mindestlöhne von

Arbeitnehmern am Markt erst verdient werden, soll ein Arbeitsplatz nicht unrentabel und

daher eingespart werden.

 

Eine nachhaltige Anhebung des Masseneinkommens kann lediglich über angebotsseitige

Maßnahmen erfolgen. Das heißt, man muß den Bürgern die Möglichkeit geben, ein besseres

Einkommen durch z.B. Innovation und vor allem Bildung zu erzielen. Die Erhöhung der

Produktivität und damit höhere (durchsetzbare) Löhne sind dabei ebenfalls wichtige Kriterien.

 

Abschließend möchte ich auf den wesentlichen Beitrag hinweisen, den die öffentliche Hand bei

der gerechten Verteilung des Einkommens leistet.