5894/AB XX.GP
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer
und Genossen vom 6.5.1999, Nr. 6213/J, betreffend Steuerreform 2000 - Verlängerung der
Spekulationsfrist bei Aktien, beehre ich mich folgendes mitzuteilen:
Zu 1. und 2.:
Die Ausweitung der Spekulationsfrist in Kombination mit den Maßnahmen zur Sicherung des
Steueraufkommens soll vor allem zu einer gerechteren Besteuerung beitragen. Es ist nicht
nachvollziehbar, daß Arbeitnehmer und Unternehmer für das von ihnen erzielte Einkommen
Steuer zahlen, hingegen Gewinne aus einem relativ kurzfristigen Umschlag von Wert -
papieren unbesteuert bleiben sollen. Aus diesem Grund sehe ich auch keine Nachteile, die
mit einer solchen Maßnahme verbunden wären.
Zu 3.:
Eine exakte Einschätzung der Verwaltungskosten ist derzeit schon deshalb nicht möglich,
weil seriöserweise nicht vorhergesagt werden kann, in welchem Umfang die Kapitalanleger
die Verwaltungskosten sparende Endbesteuerung annehmen bzw. in welchem Umfang sie
für eine Einkommensteuerveranlagung optieren werden. Selbst bei nicht zu erwartender
hoher Inanspruchnahme des Veranlagungsverfahrens sind die Kosten eher gering zu
veranschlagen, zumal viele Kapitalanleger aus anderen Gründen einer Einkommensteuer -
veranlagung
unterliegen.
Zu 4. und 5.:
Die Schätzungen gehen dahin, daß das Aufkommen aus der Ausweitung der Spekulations -
frist einschließlich der Maßnahmen zur Sicherung des Steueraufkommens sowie jener im
Bereich der Besteuerung von Spekulationserträgen bei Investmentfonds nach etwa vier
Jahren ab Einführung 700 Mio. 5 erreichen wird. In der Übergangsphase wird das
Aufkommen jährlich ansteigend zwischen 200 und 500 Mio. 5 betragen.
Sollte unter Frage 4 gemeint sein, wieviel das gesamte Aufkommen aus Spekulations -
einkünften nach Einführung der Spekulationssteuer betragen wird, so kann dieser Betrag mit
etwa 1,7 Mrd. S jährlich angenommen werden.
Zu 6.:
Die Spekulationssteuer wird folgendermaßen eingehoben:
. Handelt es sich um Spekulationsgeschäfte mit Wertpapieren im Sinne des § 1 Abs. 1 des
Depotgesetzes (also insbesondere um Aktien, Genußscheine, Anleihen), die sich auf dem
inländischen Depot eines in - oder ausländischen Kreditinstituts befinden, kommt es zur
Einhebung der Spekulationsertragsteuer. Diese beträgt 25% des Spekulationsgewinnes.
Spekulationsgewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen Anschaffungskosten und
Veräußerungserlös ohne Abzug von Werbungskosten. Die Spekulationsertragsteuer wird
im Wege des Steuerabzugs durch das depotführende Kreditinstitut eingehoben und an
das Betriebsstättenfinanzamt des Kreditinstituts abgeführt.
. Bei anderen Spekulationsgeschäften (insbesondere bei Wertpapieren aus ausländischen
Depots, nicht in Wertpapieren verbrieften Beteiligungen sowie derivativen Produkten)
kann der Anleger, und zwar bis zur Veranlagung für das betreffende Kalenderjahr, die
Spekulationsertragsteuer von 25% selbst berechnen und beim Finanzamt einbezahlen.
Beläßt es der Anleger in diesen Fällen bei der Spekulationsertragsteuer, ist damit die
Besteuerung im Wege der Endbesteuerung erledigt. Es steht dem Steuerpflichtigen aber
frei, die Spekulationseinkünfte in seine Einkommensteuerveranlagung miteinzubeziehen.
Eine vom Kreditinstitut einbehaltene bzw. selbst berechnete Spekulationsertragsteuer wird
dann auf die zum Einkommensteuertarif berechnete Einkommensteuer angerechnet. Im
Zuge der Veranlagung können Werbungskosten abgezogen und es können Spekulations -
gewinne
mit Spekulationsverlusten ausgeglichen werden.
Zu 7.:
Die im Begutachtungsentwurf vorgesehene Möglichkeit, daß die Kreditinstitute keine
Spekulationsertragsteuer abziehen, wenn sich der Anleger einer Meldung an das Finanzamt
unterwirft, wurde auf Wunsch des Kreditapparates zur Minderung des Verwaltungs -
aufwandes fallen gelassen. Es ist nunmehr vorgesehen, daß die Spekulationsertragsteuer
jedenfalls abgezogen wird, sodann aber die Möglichkeit einer traditionellen Besteuerung im
Wege einer Einkommensteuerveranlagung besteht.
Mir sind die Schätzungen der Kreditwirtschaft bekannt, wonach die Einführung der
Spekulationsertragsteuer einen einmaligen Aufwand von 1,5 Mrd. S und im weiteren laufend
Kosten in Höhe von 500 Mio. S verursachen soll. Eine genaue Darstellung, auf welche
Kostenpositionen des Kreditapparates sich diese Beträge verteilen, liegt mir jedoch nicht vor.
Auch eine „Stellungnahme zur Plausibilität der geschätzten Kosten der Kreditwirtschaft aus
einer Einführung der geplanten Spekulationsertragsteuer“ weist lediglich auf die Nachvoll -
ziehbarkeit und Plausibilität der Kostenangaben hin, macht aber keine konkreten Angaben
über die Kostenverteilung. Es findet sich lediglich der nicht sehr aussagekräftige Hinweis,
„daß voraussichtlich mehr als die Hälfte der Umstellungsaufwendungen auf EDV - Adap -
tierungen entfallen wird.“
In manchen Medien wurden Vertreter der Kreditwirtschaft zitiert, wonach die durch die
Spekulationsertragsteuer verursachten Kosten an die Kunden weitergegeben werden sollen.
Ich kommentiere diese Aussagen nicht weiter. Als Kunde einer Bank würde ich allerdings
erwarten, daß die jährliche Kostenersparnis aus dem Wegfall der Börsenumsatzsteuer von
etwa 700 Mio. S, ebenfalls den Kunden zugute kommt.
Zu 8.:
Derartige Änderungen bei Angebot und Nachfrage können nicht berechnet, sondern nur
geschätzt werden. Nach meiner Einschätzung werden sich aus der Einführung der
Spekulationsertragsteuer auf die Entwicklung des Börseplatzes Wien praktisch keine Aus -
wirkungen ergeben. Wesentlich für die Zukunft sind nach wie vor die institutionellen Anleger,
deren Kapitalgewinne seit jeher steuerpflichtig sind. Bei den institutionellen Anlegern ist im
Hinblick auf den Kapitalaufbau im Rahmen des neuen Pensionsvorsorgemodelles sogar eine
Steigerung ihrer Handelstätigkeit zu erwarten. Im übrigen sind für die Entwicklung des
Börseplatzes Wien sicherlich primär jene Anleger von Bedeutung, die eine längerfristige und
nicht bloß eine maximal zweijährige Kapitalveranlagung in Aktien vornehmen.