599/AB
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 644/J betreffend Dumping-Angebote von Leiharbeitsfirmen aus dem EU-Raum, welche die Abgeordneten Peter Marizzi und Genossen am 22. Mai 1996 an mich richteten und aus Gründen der besseren über-
sichtlichkeit in Kopie beigelegt ist, stelle ich zunächst generell fest:
Soll die Arbeitskräfteüberlassung durch einen ausländischen Überlasser mit Sitz bzw. Niederlassung in Österreich erfolgen, ist hiefür die Erteilung einer Bewilligung für das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften erforderlich. Vor der Erteilung der Bewilligung ist die gewerberechtliche Zuverlässigkeit ..des Bewilligungswerbers zu prüfen. Diese ist vor allem dann nicht gegeben, wenn das bisherige Verhalten des Bewilligungswerbers die Annahme rechtfertigt, daß das Gewerbe in einer den Schutz und die Rechte der Arbeitskräfte nicht gewährleistenden Art ausgeübt werden wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Bewilligungswerber gegen die Vorschriften des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG) verstoßen hat, unzulässige Arbeitsvermittlung betrieben hat oder Verpflichtungen eines Arbeitgebers, die sich aus dem Arbeitsrecht einschließlich des Arbeitnehmerschutzes oder des Sozialversicherungsrechtes ergeben, erheblich verletzt hat (vgl. § 258 Abs. 2 GewO 1994). Die Zuverlässigkeit muß in jedem Stadium der Gewerbeausübung vorliegen. Bei Verlust der Zuverlässigkeit nach Erteilung der Bewilligung hat die Behörde die Bewilligung zu entziehen (vgl. §§ 87 Abs. 1 Z 3 und 258 Abs. 3 GewO 1994). Die durch die Gewerbeordnung zur Verfügung stehenden Instrumentarien stellen somit sicher, daß eine weitere Teilnahme von Personen am geschäftlichen Verkehr, die arbeits- und sozialrechtliche Bestimmungen nachhaltig verletzt haben, unterbunden wird.
Für den Fall der grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung aus einem EU(EWR)-Vertragsstaat nach Österreich ist das AÜG mit der Maßgabe anzuwenden, daß die - auch für österreichische Arbeitskräfteüberlasser maßgeblichen - Bestimmungen für die Dauer der Überlassung nach Österreich einzuhalten sind. Dies bezieht sich sowohl auf den gewerberechtlichen Bereich als auch auf die Schutzbestimmungen zugunsten der überlassenen Arbeitnehmer. Wird ein Arbeitnehmer von einem Überlasser ohne Sitz in Österreich im Rahmen der Arbeitskräfteüberlassung nach Österreich entsandt, hat er gemäß § 10 AÜG Anspruch auf ein angemessenes ortsübliches Entgelt, welches vergleichbaren Arbeitnehmern in Österreich gebührt.
Mit der Vollziehung des Arbeits- und Arbeitsvertragsrechts sowie der genannten Bestimmung des AÜG - so auch mit der Überprüfung ihrer Einhaltung - ist allerdings der Bundesminister für Arbeit und Soziales betraut, sodaß diesbezüglich seitens des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten keinerlei Maßnahmen ergriffen werden können.
Darüber hinaus stelle ich fest:
Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:
Nein.
Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:
Im Bereich meines Zuständigkeitsbereiches: Ja.
Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:
Entsprechend meiner allgemeinen Ausführungen ist der Ressortbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten erst in weiterer Folge durch die Bauaufträge im Staatlichen Hochbau und in der Bundesstraßenverwaltung betroffen. Gemäß § 22 Abs. 10 Bundesvergabegesetz (BVergG) sind die in Österreich geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften bei der Erstellung eines Angebotes zu berücksichtigen. Dies ist bei der Angebotsprüfung nach § 34 BVergG entsprechend zu würdigen und, im Falle von Dumpingpreisen, sind derartige Angebote nach den Bestimmungen des § 39 Z 3 und Z 8 auszuscheiden.
Im übrigen kann die Einhaltung dieser Bestimmungen, soferne begründete Zweifel bestehen, im Schlichtungsverfahren vor der "Bundes-Vergabekontrollkommission nach § 87 BVergG durch Konkurrenten oder durch die zuständigen Interessenvertretungen geltend gemacht werden bzw. ist nach Zuschlagserteilung eine Befassung des Bundesvergabeamtes nach § 92 BVergG, allerdings nur binnen einer einwöchigen Frist, durch einen Bieter, der reelle Chancen auf Zuschlagserteilung bei Beachtung angemessener Preise gehabt hätte, möglich.