6008/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Kier und Kollegen haben am 17.5.1999 unter der
Nr.6265/3 eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Dienstvorschriften
und Praxis bei Schubhaft und Abschiebungen“ an mich gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 und 2:
Entgegen Ihrer Ansicht sah § 5 der Polizeigefangenenhaus - Hausordnung‘ BGBl. Nr.
566/1988, der gem. § 8 der Fremdengesetz - Durchführungsverordnung 1994, BGBl Nr.
121/1995, im Wesentlichen auch für die Durchführung der Schubhaft anzuwenden
war, durchaus auch Fälle vor, in denen ein Schubhäftling auch ohne seinen Wunsch in
Einzelhaft angehalten werden konnte.
Nach § 5 der nun seit 1.5.1999 anstelle der Polizeigefangenenhaus - Hausordnung gel -
tenden Anhalteordnung, BGBl. Teil II, Nr.128/1999, gilt gleiches.
Die
Frage muss ich aus diesem Grund verneinen.
Zu Frage 3:
Neben Handwaschbecken in den Gemeinschaftszellen (kaltes und warmes Wasser)
stehen im PGH - Hernalser Gürtel auch Gemeinschaftsbäder in jedem Stockwerk zur
Verfügung. Die Warmwasserversorgung erfolgt mittels drei Boilern, die durch Fern -
wärme erhitzt werden. Im Jahr 1995 kam es tatsächlich wegen erhöhten Warmwasser -
verbrauchs zu Engpässen. Aus diesem Grund musste eine zeitweilige Sperre der
Warmwasserzufuhr in den Zellen erfolgen, um Kapazitäten für die Gemeinschaftsbä -
der zu sichern. Zum derzeitigen Zeitpunkt ist allerdings sichergestellt, dass jeder Häft -
ling zumindest zweimal in der Woche eine Körperreinigung mittels Brausebad durch -
führen kann.
Zu Frage 4:
Das Reinigen der eigenen Wäsche wird den Häftlingen nach Wunsch und Bedarf er -
möglicht, nötigenfalls wird saubere Wäsche beigestellt.
Ein Wechsel der Bettwäsche erfolgt nach den gegebenen Möglichkeiten in den Poli -
zeigefangenenhäusern unterschiedlich in ein - bis dreiwöchigen Intervallen, im Regel -
fall 14 - tägig. Bei Notwendigkeit erfolgt ein solcher Wechsel auch in kürzeren Abstän -
den.
Zu Frage 5:
Folgende durchschnittliche Schubhaftdauer in Tagen ist mir, gegliedert nach den ein -
zelnen Polizeigefangenenhäusem, berichtet worden:
BPD Wien 21
BPD St. Pölten 18
BPD Wr. Neustadt 9
BPD Schwechat 18
BPD Eisenstadt 75
BPD Linz 20
BPD Steyr 42
BPD Wels 18
BPD Graz 14
HPD Leoben 33
BPD Klagenfurt 31
BPD Villach 28
BPD Salzburg 21
BPD Innsbruck 34
SD
Vorarlberg 21
Zu Frage 6:
Die Belagskapazität der Zellen des PGH - Hernalser Gürtel an sich ist auf einen Durch -
schnittswert von 5 m2 pro Häftling ausgelegt.
Zu Frage 7:
Ja. Zum derzeitigen Zeitpunkt ist allerdings gerade eine Arbeitsgruppe des Bundesmi -
nisteriums für Inneres unter Beteiligung von Vertretern der Bundespolizeidirektion
Wien damit befasst, eine im Bereich des Justizministenums entwickelte Applikation
(integrierte Vollzugsverwaltung) für den Bereich der Polizeigefangenenhäuser zu ad -
aptieren.
Zu Frage 8:
Der Maximalbelag ist mit 270 Häftlingen in Gemeinschaftshaft, verteilt auf 4 Stock -
werke, festgelegt. Bei diesem Belag beträgt der Personal - Mindeststand am Tag zwei
dienstführende und 16 eingeteilte (w)SWB im Gruppendienst und 5 SWB im Tag -
dienst, in der Nacht ein dienstführender und acht eingeteilte (w)SWB im Gruppen -
dienst.
Zu Frage 9:
Nach meiner Einschätzung kann mit dieser Personalstärke der Großteil der möglichen
Vorfälle abgedeckt und bewältigt werden. In Ausnahmesituationen müssten allenfalls
zusätzliche Einsatzkräfte dem Polizeigefangenenhaus Unterstützung leisten.
Zu Frage 10:
Im Rahmen der berufsbegleitenden Fortbildung wurden zuletzt die Bediensteten des
Polizeigefangenenhauses in einer Seminarwoche auch mit der Thematik angewandter
Psychologie bzw. entsprechenden Schwerpunkten konfrontiert; eine Fortsetzung dieser
Seminarwoche ist in Planung.
Zu Frage 11:
Jede(r) (w)SWB hat grundsätzlich 40 Wochenstunden Hauptdienstleistung zu verse -
hen. Die maximale Überstundenleistung ist mit 100 Stunden pro Monat beschränkt.
Bei tatsächlicher maximaler Überstundenleistung ergäbe dies eine durchschnittliche
Wochenstundenbelastung
von ca. 63 Stunden.
Zu Frage 12:
Folgende Zahlen von Ausbruchsversuchen bzw. Ausbrüchen in den Jahren 1996 bis
1998 liegen mir, gegliedert nach den einzelnen Polizeigefangenenhäusem, vor:
Ausbruchsversuche - davon gelungen
BPD Wien - Roßauer Lände 1 -
Hernalser Gürtel 10 5
BPD St. Pölten 1 -
BPD Eisenstadt 5 4
BPD Linz 5 1
BPD Klagentürt 5 2
BPD Villach 1 1
BPD Innsbruck 2 2
SD Vorarlberg 1 -
Zu den Fragen 13 bis 15:
Hier darf ich auf die detaillierte Darstellung in der Beantwortung der parlamentari -
schen Anfrage Nr. 5940/J verweisen.
Der dort ausgewiesene Selbstmord fand im Polizeigefangenenhaus der Bundespolizei -
direktion Linz statt.
Zu Frage 16:
Folgende Zahlen von Hungerstreikfällen bzw. daran anknüpfenden Entlassungen in -
folge Haftfähigkeit in den Jahren 1996 bis 1998 liegen mir, gegliedert nach den einzel -
nen Polizeigefangenenhäusern, vor:
Hungerstreiks - davon entlassen
BPD Wien 5787 2423
BPD St. Pölten 231 60
BPD Wr. Neustadt 22 6
BPD Schwechat 27 19
BPD Eisenstadt 86 4
BPD Linz 172 -
BPD
Steyr 56
45
BPD Wels 118 46
BPD Graz 66 9
BPD Leoben 46 11
BPD Klagenfurt 93 10
BPD Villach 30 12
BPD Salzburg 209 40
BPD Innsbruck 57 3
SD Vorarlberg 83 8
Zu Frage 17:
Über die tatsächlichen Anwesenheitszeiten der Amtsärzte im PGH - Hernalser Gürtel
werden seitens der Bundespolizeidirektion Wien keine Statistiken geführt. Jedenfalls
ist dort verpflichtend ein Amtsarzt von Montag bis Freitag (ausgenommen Feiertag) in
der Zeit von 08.00 bis 11.00 Uhr anwesend. Darüber hinaus erfolgt die nötige Betreu -
ung der Häftlinge durch den Journaldienst der so genannten Äskulapärzte.
Zu Frage 18:
Diese werden behördenspezifisch unterschiedlich von verschiedenen Einheiten der
Sicherheitswache, des Kriminalbeamtenkorps oder der Gendarmerie durchgeführt.
Zu Frage 19:
Nein.
Zu Fragen 20 und 21:
Nein. Ich darf hier auf meine Beantwortung der dringlichen parlamentarischen Anfrage
Nr. 6217/J verweisen.
Zu Frage 22:
Ausdrückliche gesetzliche Regelungen befassen sich weder mit der Durchsuchung von
Körperöffnungen noch mit dem Verkleben von Atemöffnungen angehaltener Personen.
All diese Maßnahmen sind daher aus der Gesamtheit der hier zum Tragen kommenden
Rechtsvorschriften zu sehen und aus dieser Sicht heraus zu beurteilen.
Das Verkleben von Atemöffnungen angehaltener Personen wurde nun von mir mit
Weisung
ausdrücklich untersagt.
Zu Frage 23:
Diese Aussage wurde nicht zum Anlass genommen, gezielte Weisungen zu erteilen.
Zu Frage 24:
Nach allen mir vorliegenden Berichten ist dies auszuschließen.
Zu Frage 25:
Nein.
Zu Frage 26:
Im Rahmen der allgemeinen Fürsorgepflicht für festgenommene Personen trägt diese
Verantwortung, die neben der des Häftlings selbst zu sehen ist, die zuständige Anhal -
tebehörde bzw. die konkret mit der Aufsicht über Häftling und Haftraum betrauten
Bediensteten.
Einen gesetzlichen Rahmen stecken hier das BVG vom 29. November 1988 über den
Schutz der persönlichen Freiheit, die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und
Grundfreiheiten und konkret das Fremdengesetz 1997 ab.
Daneben ist allgemein auch die Anhalteordnung, BGBl Teil II, Nr.128/1999, zu er -
wähnen.
Zu Frage 27:
Ab dem Verschließen der Außentüren bis zu deren Öffnen nach der Landung trägt da -
neben nach dem Luftfahrtgesetz 1957, BGBl. Nr.253/1957, und dem Tokyoter Ab -
kommen, BGBl. Nr.247/1974, der Luftfahrzeugkommandant die Verantwortung im
Rahmen der ihm obliegenden Bordpolizei.