6036/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Kier, Partnerinnen und Partner haben am 20. Mai 1999
unter der Nr. 6309/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend "neue
Erkenntnisse im Zusammenhang mit den Tod des Nigerianers Marcus Omofuma und
Versäumnissen des Bundesministeriums für Inneres" gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 bis 3:
Die in seinem Bericht aus 1995 vom CPT eingeforderten Maßnahmen wurden soweit dies bis
dahin umsetzbar war - in den österreichischen Stellungnahmen vom 28. Juni 1996 und vom 3,
Feber 1997 dargestellt. Da diese Stellungnahmen veröffentlicht worden sind, erübrigt sich eine
Darstellung der einzelnen Maßnahmen.
Darüber hinaus hat mittlerweile eine Neufassung der für Anhaltungen in
sicherheitsbehördlichem Gewahrsam maßgeblichen Vorschrift stattgefunden. Diese ist unter
der Kurzbezeichnung "Anhalteordnung" im BGBl II Nr. 128/1999 kundgemacht worden und
setzt in § 3 Abs. 2 die Verantwortlichkeit der für die Anhaltung von Menschen
verantwortlichen Aufsichtsorgane fest. Hiebei wurde die Konsequenz aus dem Urteil des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall Ribitsch gegen Österreich gezogen.
Schließlich habe ich zur Verwirklichung des vom CPT geforderten unabhängigen
"Haftkontrollorgans" schon im vergangenen Jahr die Schaffung eines Menschenrechtsbeirates
vorgeschlagen, die auf Gesetzesebene leider erst mit Beschlußfassung des Nationalrates über
die SPG - Novelle 1999 am 16. Juli 1999 bewirkt werden konnte. Im übrigen verweise ich hiezu
auf die Beantwortung der Anfrage Nr. 6356/J.
Da ich im Rahmen der gegebenen Umstände nicht auf das Inkrafttreten einer gesetzlichen
Regelung für den Menschenrechtsbeirat warten wollte, habe ich schon vorher eine Regelung
auf Verordnungsebene getroffen (BGBl. II Nr. 202/1999). Der Menschenrechtsbeirat hat sich
dementsprechend am 5. Juli 1999 konstituiert und wird heute seine 2. Sitzung abhalten. Hiebei
wird ihm mein Ersuchen vorliegen zu klären, wie die Sicherheitsexekutive
Problemabschiebungen durchsetzen kann ohne unverhältnismäßige Mittel anwenden zu müssen
und wie sie hiebei den Eindruck der Voreingenommenheit gegenüber den Betroffenen
vermeiden kann.
Zu den Fragen 4 und 7:
Eine explizite Umsetzung dieser Empfehlung kann nur im Rahmen der Schulung erfolgen.
Hiezu verweise ich auf die Ausführungen zu den Absätzen 21 und 23 des CPT - Berichtes in der
Stellungnahme der Republik Österreich.
Darüber hinaus wurde im Feber 1998 eine Woche der Menschenrechte abgehalten, in der 30
leitende Beamte der Polizei und Gendarmerie, begleitend zu ihrer laufenden Berufsfortbildung,
für den Bereich der Menschenrechte sensibilisiert wurden. Diese Beamten erarbeiteten
teilweise eigene Konzepte zur Thematisierung der Menschenrechte im Alltag der Dienststellen
und entwarfen Schulungen für ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Diese Konzepte sind zum
Großteil auch schon umgesetzt worden, sodaß auf diesem Wege im Schneeballsystem weitere
Mitarbeiter der Polizei und Gendarmerie unabhängig von ihrer sonstigen Aus - und
Weiterbildung - in den Sensibilisierungsprozeß im Bereich der Menschenrechte einbezogen
werden konnten. Ein Follow - up zu dieser Projektwoche hat bereits im April 1999
stattgefunden und die Ausbildungsverantwortlichen von Bundespolizei und
Bundesgendarmerie werden diese Veranstaltungen weiterhin unterstützen und fördern.
Zu den Fragen 5, 6, 15 und 17 bis 20:
Ich ersuche um Verständnis, wenn ich die Beantwortung dieser Fragen den Instanzen der
Strafjustiz überlasse.
Zu den Fragen 8 bis 12:
Die in diesen Fragen angesprochene Feststellung findet sich in Absatz 29 des CPT - Berichtes
aus dem Jahre 1995. Hiebei hat das CPT die Frage der bei Abschiebungen angewandten
Methoden aufgeworfen, den konkreten Sachverhalt einer im Jänner 1995 im Transitraum des
Flughafens Schwechat durchgeführten
Amtshandlung geschildert, bei der es zu Mißhandlungen
gekommen sei, und schließlich noch darauf verwiesen, daß der Delegation (des CPT) Angaben
über - im Jahr 1993 vorgefallene - Mißhandlungen von Ausländern bei deren Eskortierung zu
Flugzeugen zur Kenntnis gelangt seien, Das CPT ersuchte "um eine Stellungnahme über die
oben stehenden Angaben" sowie "um Übermittlung einer Kopie jeglicher Weisung/Richtlinie,
die über die erlaubten Mittel der Gewaltanwendung bei Ausweisungs - bzw.
Abschiebungsverfahren verabschiedet wurde".
Diesem Ersuchen entsprechend wurde in der Stellungnahme zu dem konkret erhobenen
Mißhandlungsvorwurf Stellung genommen und darüber hinaus die Rechtslage, wie sie sich
damals auf Grund des § 40 des Fremdengesetzes 1991 ergab, dargestellt. Da in den
Ausführungen des CPT in Bezug auf die Vorfälle aus dem Jahre 1993 jegliche Konkretisierung
fehlte, bestand keinerlei Ansatz für eine Ermittlungstätigkeit. Dies war derart evident, daß in
der Stellungnahme auf diese Ausführungen mangels entsprechender Anhaltspunkte nicht Bezug
genommen wurde. Dementsprechend konnten diese Ausführungen auch nicht Ansatzpunkt für
irgendwelche Maßnahmen der jeweiligen beamteten oder politischen Ressortverantwortlichen
sein.
Zu Frage 13:
Hiezu verweise ich auf die von den Bundesministern für Inneres und für Justiz getragenen
Feststellungen in der Stellungnahme der Republik Österreich. Da es sich bei Schubhäftlingen
um Menschen handelt, die sich in einem Verwaltungsverfahren befinden, gelten für sie
selbstverständlich die Möglichkeiten des § 10 AVG über die Betrauung eines Rechtsanwaltes
mit ihrer Vertretung. Im übrigen verweise ich auf § 21 der Anhalteordnung.
Zu Frage 14:
Hiezu verweise ich auf die beiliegende Information betreffend die in den Jahren 1995 bis 2000
in Bezug auf Polizeigefangenenhäuser getätigten oder beabsichtigten Investitionen.
Zu Frage 16:
Von einer derartigen Intervention ist mir nichts bekannt.
Zu Frage 21:
Ich war - wie mittlerweile allgemein bekannt - über die Verwendung von Klebebändern zur
Verklebung des Mundes nicht informiert. Daran
ändert die kolportierte Äußerung des Herrn
Josef Kleindienst nichts. Im übrigen verweise ich auf meine Beantwortung der Fragen 29 und
30 der dringlichen Anfrage Nr. 6217/J vom 10. Mai 1999.
Zu Frage 22:
Ich verweise auf die Antwort zu Frage 6 der dringlichen parlamentarischen Anfrage
Nr.6217/J.
Der gesamte Sachverhalt wurde der Staatsanwaltschaft Steyr angezeigt. P.A. wurde vom
Gericht wegen der Vergehen nach den §§ 84, 125 und 269 StGB verurteilt. Die von den
Beamten ausgeübte Zwangsgewalt wurde weder von der Staatsanwaltschaft noch vom Gericht
hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit in Frage gestellt.
Zu Frage 23:
Der Umstand, daß A.P. im Zuge seiner Abschiebung vorübergehend der Mund zugeklebt
wurde, gelangte mir damals nicht zur Kenntnis.
Zu Frage 24:
Ich verweise auf meine schriftliche Beantwortung der Frage 6 der dringlichen Anfrage Nr.
6217/J.
Zu Frage 25:
Nein.
Zu Frage 26:
Die im Standard vom 11. Mai 1999 angesprochene Studie ist mir noch nicht bekannt, da meine
Bemühungen sie zu erhalten bislang noch nicht erfolgreich waren.
Zu den Fragen 27 und 28:
Die Disziplinarkommissionen sind gesetzlich als weisungsfreie Organe eingerichtet. Meine
persönliche Meinung hinsichtlich der Notwendigkeit einer Suspendierung im Fall Omofuma ist
allseits bekannt.
Zu Frage 29:
War anfänglich der entscheidungsrelevanten Sachverhalt durch die schwierige Kommunikation
mit dem Ausland für eine derart
einschneidende Maßnahme noch nicht genügend geklärt, so
schien dem Polizeipräsidenten danach die Zuweisung zu einer anderen innerbehördlichen
Verwendung ausreichend.
Zu Frage 30:
Meinungen zu Aussagen von Bediensteten stellen keinen Gegenstand des parlamentarischen
Fragerechts dar. Ich ersuche daher um Verständnis, wenn ich von einer Beantwortung dieser
Frage absehe.
Zu Frage 31:
Verbesserungen sind in den meisten Verfahrensbereichen - so auch hier - möglich, bei
konsequenter Handhabung der vorhandenen Mittel des Disziplinarrechts können Verstöße
gegen die Dienstpflichten allerdings auch jetzt schon angemessen geahndet werden.
Zu den Fragen 32 und 33:
Folgende Zahlen wurden mir berichtet:
|
|
Suspendierungen |
Nachtragsanzeigen |
|
1997 |
31 |
12 |
|
1998 |
22 |
6 |
|
1999 (bislang) |
23 |
5 |
Folgende Verdachtsmomente waren Grundlage für die erfolgten Suspendierungen:
Im Jahr 1997:
Alkoholisierung im und außer Dienst, Lenken eines Kfz in alkoholisiertem Zustand,
Sachbeschädigung, Diebstahl, Betrug, Amtsmissbrauch, fahrlässige Körperverletzung,
Körperverletzung, Gefährdung der körperlichen Sicherheit, gefährliche Drohung, unbefugter
Gebrauch von Kraftfahrzeugen, Missachtung von Weisungen, unerlaubter Waffenbesitz,
Suchtgiftbesitz, versuchter Einbruchsdiebstahl, Fundunterschlagung, Ansammeln von
Kampfmitteln, Geschenkannahme, Verletzung des Amtsgeheimnisses, Raub, Verletzung
sonstiger Dienstpflichten.
Im Jahr 1998:
Alkoholisierung im und außer Dienst, Verwaltungsübertretungen nach dem KFG und dem
Waffengesetz, Körperverletzung, sexuelle Belästigung, Vergewaltigung, Unzucht mit
Unmündigen, Diebstahl, Amtsmissbrauch, Missachtung von Weisungen, fahrlässige Verletzung
der Freiheit einer Person, Nötigung, Verletzung des Amtsgeheimnisses, Schlepperei.
Im Jahr 1999:
Alkoholisierung in und außer Dienst, Lenken eines Kfz in alkoholisiertem Zustand, Verletzung
des Amtsgeheimnisses, Amtsmissbrauch, gefährliche Drohung, Körperverletzung, Diebstahl,
versuchte Vergewaltigung, Sachbeschädigung, Betrug, Urkundenfälschung, Suchtmittelhandel,
Menschenhandel, Raub, Fundunterschlagung, Kriminelle Organisation, unerlaubter
Waffenbesitz, Verletzung sonstiger Dienstpflichten und die Suspendierung im Zusammenhang
mit dem Tod des Schubhäftlings Marcus Omofuma.
Zu Frage 34:
Formell erfolgte diese Maßnahme durch die Bundespolizeidirektion Wien als Dienstbehörde
dieser Beamten. Die zu Grunde liegende Weisung habe ich, gestützt auf Artikel 20 der
Bundesverfassung, zur Vermeidung einer weiteren Beeinträchtigung des Ansehens der
Exekutive im Allgemeinen gegeben.
Zu Frage 35:
Angelegenheiten des BDG fallen nicht in meinen Vollziehungsbereich, weshalb ich von einer
inhaltlichen Beantwortung dieser Frage absehe. Im übrigen verweise ich auf die Beantwortung
zu Frage 31.
Zu Frage 36:
Nein.
Zu Frage 37:
Mit Erlaß vom 1. Juni 1999, ZI. 31 .200/28 - III/16/99, wurden die Behörden angewiesen, die
maßgeblichen Tatsachen und Verfahrensschritte mittels einer Art Checkliste zu dokumentieren
und unmittelbar vor der Durchführung der Ab - oder Zurückschiebung neuerlich zu prüfen, ob
diese zulässig ist, ob und gegebenenfalls
mit welcher Qualifikation eine Begleitung erforderlich
ist und ob alle erforderlichen Unterlagen vorliegen. Überdies wurde sichergestellt, daß den am
Verfahren beteiligten Behörden alle relevanten Unterlagen zur Verfügung stehen.
Im übrigen verweise ich auf die Beantwortung der Fragen 39 und 40 der Anfrage Nr. 6264/J.
Beilage
Beilage zur Anfrage Nr. 6309/J
Information
Betreff: Polizeigefangenenhäuser
Investitionen (1995 - 2000)
Bundespolizeidirektion Wien:
1995 bis 1996
Errichtung einer Besucherzone mit getrennten Bereichen für Besucher und Häftlinge.
Adaptierung der Sanitärgruppe für Besucher in behindertengerechter Ausführung.
Adaptierung der Häftlingsbäder vom Hochparterre bis in das vierte Obergeschoß,
durch Schaffung einer Duschanlage mit sechs Duschen und eines Waschraumes.
Schaffung der Stockwerkabwäschen. Errichtung von zwei Krankenrevieren in jedem
Stockwerk. Erneuerung der Heizungssteigleitung und der Heizungsinstallation in den
Zellen. Erneuerung von Elektroinstallationen. Deckenverstärkung in den Zellen,
Erneuerung der Holzfenster in den Zellen durch stabile Metallkonstruktionen mit
schlagfester Verglasung. Austausch der Zellentüren gegen Türen in
Metallausführung, mit Speise - bzw. Sprechklappen.
1997
Adaptierung der Aufnahmekanzlei durch Errichtung von acht Anhaltezellen, eines
Häftlingsbades, die Sanierung der Aufnahmeräume und des Spazierhofes und die
Schaffung von Depositenräumen. Errichtung eines Zubaues im Spazierhof zur
Unterbringung eines Sozialraumes und einer Garderobe sowie einer Sanitärgruppe.
Generalsanierung von je vier Gemeinschaftszellen in jedem Stockwerk. Erneuerung
der Schließanlage. Erneuerung der Fenster im Gangbereich.
1998 und 1999
Polizeigefangenenhaus Roßauer Lände 5 - 9:
Zubau und Generalsanierung Küche und Kücheneinrichtung, Fortsetzung der
Generalsanierung der Gemeinschaftszellen, Sanierung des Umkleidebereiches für
weibl. SWB im EG. Erneuerung der Zellenrufanlage, Umbau der Abteilungskanzlei
Polizeigefangenenhaus Hernalser Gürtel 6 - 12:
Verwirklichung des Wettbewerbsprojektes der Generalsanierung und
Zweckadaptierung (S 150.000.000,--
Gesamtkosten)
Baubeginn ab Herbst 1999. Auf Grund der Sanierung bei laufendem Betrieb ist es
erforderlich, einzelne Sanierungsabschnitte in zeitlich aufeinander abgestimmten
Etappen zu verwirklichen. Die Bauarbeiten können demnach bis 2003
abgeschlossen werden.
ab 2000
Polizeigefangenenhaus Roßauer Lände 5 - 9:
Generalsanierung "Lauf" und Zubau zum Polizeigefangenenhaus (S 50.000.000,--
geschätzte Gesamtkosten)
Polizeigefangenenhaus Hernalser Gürtel 6 - 12:
1996 - Standardanhebung, Erneuerung der Duschen (S 4.000.000,-- Mio.)
1996 - Erneuerung der Heizung in 6 Zellen (S 200.000,--)
1996 - Sanierungs - und Adaptierungsarbeiten (S 2.200.000,-- Mio.)
1996 - Neubau (S 30.000.000,-- Mio.)
1998 - Dachbodenausbau, Belagserhöhung, Standardanhebung (S 6.000.000,--
Mio.)
1998 - Aufstockung, Belagserhöhung, Standardanhebung, Errichtung einer
Krankenstation (S 44.000.000. – Mio.)
1998 - (S 8.000.000,-- Mio. Landeskredite)
1998 und 1999 - Generalsanierung, Erneuerung der Sicherheitstechnik
1998 und 1999 - Generalsanierung, Standardanhebung (S 15.500.000,-- Mio.)