6050/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Moser, Freundinnen und Freunde haben

am 2. Juni 1999 unter der Nr. 6380/J an mich eine schriftliche parlamentarische

Anfrage betreffend Atomtransitverbot, Aktionspaket Baustopp des Atom -

kraftwerks Temelin und Stillegung des Atomkraftwerks Bohunice gerichtet.

 

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Einleitend weise ich darauf hin, daß Österreich mit dem Beschluß des Aktions -

plans „Österreichische Anti - Atom - Politik im europäischen Zusammenhang"

durch die Bundesregierung am 6. Juli 1999 und mit der Verabschiedung des

Bundesverfassungsgesetzes für ein atomfreies Österreich durch den National -

rat am 13. Juli 1999 weithin sichtbare und vielbeachtete Zeichen der Einigkeit

im Widerstand gegen die Kernenergie setzt.

 

Zu Frage 1:

Es ist festzuhalten, daß die zahlreichen Aktivitäten der österreichischen

Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Bau des AKW Temelin schon

                                                              

 

 

von allen Anfang an unter der koordinierenden Tätigkeit des Bundeskanzler -

amtes erfolgten. Die damaligen Bemühungen österreichischerseits waren vor

allem darauf gerichtet, der tschechischen Seite die Unwirtschaftlichkeit des

Baus vor Augen zu führen. Die Entscheidung der Regierung der Tschechischen

Republik vom 12. Mai 1999, der Fertigstellung des AKWs Temelin zuzustim-

men, ließ es zweckdienlich erscheinen, die nunmehr erforderliche neue

Strategie in einem Aktionsplan zusammenzufassen. Der Zeitpunkt wurde vor

allem im Hinblick auf die auf europäischer Ebene anstehenden erweiterungs -

relevanten Entscheidungen festgelegt. Bezüglich der konkreten Maßnahmen

des Aktionsplans verweise ich auf den Vortrag an den Ministerrat der Bundes -

ministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz und des Bundes-

ministers für Umwelt, Jugend und Familie, der in der Anlage beigeschlossen ist.

 

 

Zu den Fragen 2 und 3:

Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, daß sich in zahlreichen EU - Staaten

AKWs in Betrieb befinden. Einen Temelin - Baustopp als unabdingbare EU -

Beitrittsvoraussetzung zu fixieren hieße, von einem Beitrittswerber die Unter -

lassung einer Aktivität zu fordern, die in zahlreichen Mitgliedstaaten der EU

Selbstverständlichkeit ist. Diese Forderung, die ja eine dezidierte Ungleich -

behandlung von Sachverhalten zum Inhalt hätte, kann daher sinnvollerweise

nicht Gegenstand der österreichischen Anti - Atompolitik sein und zwar auch

dann nicht, wenn die österreichische Bundesregierung an ihrem langfristigen

Ziel eines AKW - freien Mitteleuropas weiterhin festhält.

 

Österreich hat daher initiiert, daß die Europäische Union klare Bedingungen im

Bereich der nuklearen Sicherheit für die beitrittswilligen Staaten formuliert hat.

Ich habe wiederholt klargestellt, daß diese Bedingungen erfüllt werden müssen.

Die österreichische Haltung in dieser Frage wurde der tschechischen Regie-

rung mehrmals, u.a. auch in einem Telefonat von mir mit dem tschechischen

Ministerpräsidenten, mitgeteilt.

 

 

Zu Frage 4:

Die Landeshauptleute von Niederösterreich und Oberösterreich haben auf

meine Einladung hin am ersten der beiden Gipfelgespräche zur österreichi-

schen Kernenergiepolitik am 10. Juni teilgenommen. Bei diesem ersten

Gipfelgespräch wurde vereinbart, den bereits erwähnten Aktionsplan gemein -

sam mit den Ländern und Umweltorganisationen zu erarbeiten. Ich bin über -

zeugt, daß der von der Bundesregierung verabschiedete Aktionsplan den

berechtigten Interessen aller Österreicherinnen und Österreicher in angemes -

sener und ausgewogener Weise Rechnung trägt.

 

 

Zu Frage 5:

Das ,,acquis - screening“ bezieht sich ausschließlich auf den ,,acquis - com -

munautaire“ der Europäischen Union. Politische Forderungen sind nicht

Bestandteil des ,,acquis - screenings“, sondern gegebenenfalls der auf dem

,,acquis - screening“ aufbauenden konkreten Beitrittsverhandlungen. Unbe -

schadet dessen waren und sind die Interventionen Österreichs in diesem

Screening - Prozeß deutlich von der Kernenergiepolitik der Bundesregierung

geprägt.

 

 

Zu Frage 6:

Auch diesbezüglich handelt es sich um einen dynamischen und fortlaufenden

Prozeß. Österreich tritt seit Jahren in den einschlägigen Gremien der Europäi -

schen Union und in diesbezüglichen Verhandlungen für angemessene Unter -

stützungs - und Kooperationsmaßnahmen auf dem Energiesektor, insbesondere

bezüglich der Steigerung der Effizienz der Energienutzung und der stärkeren

Nutzung erneuerbarer Energieträger, ein.

 

 

Zu Frage 7:

Einzelne Kernkraftwerke sind nicht Thema eines Europäischen Rates, dessen

Aufgabe die Erörterung politischer Grundsatzentscheidungen ist. Der Europäi -

sche Rat von Köln hat jedoch auf meine Initiative hin erneut „die Bedeutung

hoher Sicherheitsstandards im Nuklearbereich in Mittel - und Osteuropa“ betont.

Die Schlußfolgerungen des Vorsitzes verweisen auch „auf die Bedeutung

dieser Angelegenheit im Zusammenhang mit der Erweiterung der Union“ und

rufen die Kommission dazu auf, „diese Angelegenheit in ihren nächsten

regelmäßigen Berichten über die von den beitrittswilligen Ländern erzielten

Fortschritte, die im Herbst 1999 vorzulegen sind, eingehend zu prüfen.“

 

 

Zu Frage 8:

Ich habe mich bereits Anfang April d.J. schriftlich an den Bundeskanzler der

Bundesrepublik Deutschland gewandt, wobei ich auf alle aktuellen kernenergie -

politischen Fragen eingegangen bin. In diesem Zusammenhang darf ich darauf

hinweisen, daß Deutschland nunmehr bezüglich der Fertigstellung der

Kernkraftwerke Khmelnitsky - 2 und Rivne - 4 in der Ukraine eine wesentlich

distanziertere Position einnimmt.

 

 

Zu Frage 9:

Diese Frage impliziert eine mangelhafte Koordination der österreichischen

Kernenergiepolitik, die ich, soweit es die Bundesregierung betrifft, nicht zu

erkennen vermag. Unbeschadet der Tatsache, daß Verbesserungsmöglich -

keiten im Detail laufend wahrzunehmen sind, wird die Koordination der

Kernenergiepolitik der Bundesregierung weiterhin durch die Bundesministerin

für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf politischer Ebene sowie

durch das Bundeskanzleramt auf administrativer Ebene erfolgen.

VORTRAG AN DEN MINISTERRAT

 

 

Aktionsplan

 

Österreichische Anti - Atom - Politik im europäischen Zusammenhang

 

 

Für die Bundesregierung hat die Sicherheit der Bevölkerung oberste Priorität. In

diesem Zusammenhang ist besonders die Sicherheit grenznaher Kernkraftwerke für

Österreich von vitalem Interesse. Daher hat Österreich nukleare Sicherheit im

Rahmen der Erweiterung der Europäischen Union zu einem vorrangigen Thema

gemacht.

Bereits in den Erklärungen der Europäischen Union zur Eröffnung der Beitritts -

verhandlungen am 31. März 1998 wurden die beitrittswilligen Länder darauf hin -

gewiesen, daß ihre Fortschritte bei der Vorbereitung auf den Beitritt zum Fort -

schreiten der Verhandlungen beitragen werden. Dazu zählen auch Fortschritte

hinsichtlich des „angestrebten hohen Niveaus der atomaren Sicherheit."

 

Die bezüglich aller beitrittswilligen Staaten rechtsgültig verabschiedeten ‚,Beitritts -

partnerschaften“ verpflichten Bulgarien, Litauen und die Slowakische Republik,

mittelfristig umfassende Energiestrategien - einschließlich der Schließung der

Reaktoren der ersten Generation in Kosloduj, lgnalina und Bohunice - umzusetzen.

Die ,,Beitrittspartnerschaft“ mit Slowenien fordert, die slowenische Kernenergiepolitik

an den Ergebnissen seismischer Untersuchungen des Standorts des KKW Krsko

auszurichten.

 

Im Hinblick auf die Erweiterung der Europäischen Union wurden unter der österrei -

chischen EU - Präsidentschaft mit der Verabschiedung der „Schlußfolgerungen des

Rates zu den Beitrittsstrategien für die Umwelt" und der „Schlußfolgerungen des

Rates zur Nuklearen Sicherheit im Zusammenhang mit der Erweiterung der Euro -

päischen Union“ sowie der Bekräftigung dieser Schlußfolgerungen durch den Euro -

päischen Rat von Wien deutliche Signale gesetzt.

 

Diese Schlußfolgerungen betonen unter anderem, dass nicht nachrüstbare Kern -

kraftwerke - worunter jedenfalls die Reaktoren der ersten Generation in lgnalina,

Bohunice und Kosloduj zu verstehen sind - ehestmöglich stillgelegt werden müssen.

Weiters wurden die beitrittswilligen Staaten aufgefordert, die nukleare Sicherheit zu

verbessern, „so dass ein Niveau erreicht wird, das dem Stand in der Union hinsicht -

lich der Technologie und der Vorschriften sowie in operativer Hinsicht entspricht.“

Der Europäische Rat von Köln hat erneut „die Bedeutung hoher Sicherheits -

standards im Nuklearbereich in Mittel - und Osteuropa" betont. Er verwies „auf die

Bedeutung dieser Angelegenheit im Zusammenhang mit der Erweiterung der Union"

und rief die Kommission dazu auf, „diese Angelegenheit in ihren nächsten regel -

mäßigen Berichten über die von den beitrittswilligen Ländern erzielten Fortschritte,

die im Herbst 1999 vorzulegen sind, eingehend zu prüfen."

 

Am 21. April 1999 hat die Regierung der Slowakischen Republik beschlossen, einen

Regierungsbeschluß aus dem Jahre 1994, mit dem seinerzeit die Laufzeit des KKW

Bohunice V - 1 (ein Reaktor der ersten Generation vom Typ WWER 440/230) läng -

stens mit dem Jahre 2000 befristet worden war, aufzuheben, die laufenden Sicher -

heitsverbesserungen bis 2000 abzuschließen, anschließend eine Sicherheitsbewer -

tung durch die IAEO vornehmen zu lassen und diese Reaktoren gegebenenfalls

weiterzubetreiben. Dieser Beschluss nimmt weder Bezug auf die erwähnten Schluss -

folgerungen des Rates noch trägt er der Beitrittspartnerschaft mit der Europäischen

Union Rechnung, der zu Folge die Slowakische Republik mittelfristig eine „auf

Effizienz und Diversifizierung basierende umfassende und langfristig angelegte

Energiestrategie", einschließlich der „Umsetzung eines realistischen Programms für

die Abschaltung des Atomkraftwerks von Bohunice“ implementieren muss.

 

Auch Bulgarien und Litauen haben bislang keine Pläne zur kurzfristigen Stillegung

der Reaktoren der ersten Generation vorgelegt.

 

Neben diesem vordringlichen Problem der alten Reaktoren geben aus österreichi -

scher Sicht auch jene neuerer Bauart, die sich in Betrieb oder im Bau befinden,

Anlaß zur Sorge.

 

So hat die Regierung der Tschechischen Republik mit Beschluß vom 12. Mai 1999

der Fertigstellung des KKW Temelin zugestimmt. Diese Entscheidung ist aus

österreichischer Sicht eine Fehlentscheidung, da die Argumente, die für einen

sofortigen Baustopp sprechen, jene für eine Fertigstellung bei weitem überwiegen.

Aus diesem Grund wird die österreichische Bundesregierung ihre Aktivitäten mit

großer Entschlossenheit fortsetzen.

 

 

Vor diesem Hintergrund wurde nachstehender

                                                              

Aktionsplan

 

erarbeitet, der die europäische wie die bilaterale Ebene betrifft und insgesamt 7

Punkte umfaßt.

 

1.        Nukleare Sicherheit

 

    Die Bundesregierung wird bei allen Interventionen und Kontakten, sei es auf

    bilateraler oder europäischer Ebene, darauf verweisen, dass es Österreich ein

    wichtiges Anliegen ist, den beitrittswilligen Staaten rechtzeitig und unmißver -

ständlich klarzumachen, was die Europäische Union von ihnen erwartet, da

Österreich eine Situation vermeiden will, in der offene Fragen im Zusammenhang

mit der nuklearen Sicherheit den Beitrittsprozess nachhaltig beeinträchtigen

könnten. Österreich muß darauf aufmerksam machen, daß die Erfüllung der

einschlägigen Schlußfolgerungen des Rates als Voraussetzung für einen Beitritt

gesehen wird.

 

Dies impliziert,

 

a) dass die beitrittswilligen Staaten nicht nachrüstbare Kernkraftwerke - worunter,

    wie erwähnt, jedenfalls die Reaktoren der ersten Generation in lgnalina,

    Bohunice und Kosloduj zu verstehen sind - ehebaldigst schließen. Dies -

    bezügliche Schließungspläne sowie deren Rechtsverbindlichkeit werden von

   Österreich bei der Vorbereitung des Europäischen Rates von Helsinki sowie in

   Helsinki selbst mit Nachdruck thematisiert werden. Österreich wird daher um -

   gehend seine europäischen Partner und die beitrittswilligen Staaten darauf

   aufmerksam machen, daß die Vorlage umfassender und überzeugender

   Schließungspläne ein unverzichtbarer Bestandteil des Beitrittsprozesses ist und

   daher erwartet, daß diese Pläne rechtzeitig vor dem Gipfel in Helsinki vorliegen.

   Das Vorliegen von Schließungsplänen ist Grundlage für die beitrittsrelevanten

   Entscheidungen Österreichs in Helsinki. Liegen umfassende und überzeugen -

   de Schließungspläne nicht rechtzeitig vor, wird Österreich von seinen euro -

   päischen Partnern die sofortige Diskussion über die Konsequenzen der Union

   im Rahmen des Beitrittsprozesses dieser Länder verlangen. Österreich wird

   sich in dieser Diskussion an den in der Agenda 2000 genannten Daten orien -

   tieren. In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, daß die „Bei -

   trittspartnerschaften" mit den betroffenen Staaten zur mittelfristigen Umsetzung

   umfassender Energiestrategien - einschließlich der Schließung der genannten

   Anlagen verpflichten (gemäß Agenda 2000: Bohunice V1 im Jahre 2000;

   Kozloduy 1 und 2 im Jahre 2001; Kozloduy 3 und 4 im Jahre 2001/2002; bei

   lgnalina 1 dürfen die technischen Vorarbeiten zur Betriebsführung

   (rechanelling) nicht durchgeführt werden; lgnalina 2 im Jahre 2002 gemäß des

   NSA-Agreements).

 

b) dass Österreich für eine kontinuierliche Überprüfung der Fortschritte der bei -

    trittswilligen Staaten hinsichtlich der Erfüllung der erwähnten Schlußfolgerun -

    gen des Rates eintreten und unabhängige und umfassende Analysen einfor -

    dem wird. Grundsätzlich liegt es an den beitrittswilligen Staaten, nachzuweisen,

    dass den Forderungen der Europäischen Union Genüge getan wird. Ebenso ist

    es Aufgabe der Europäischen Kommission, in den regelmäßig vorzulegenden

    Fortschrittsberichten die Fortschritte der beitrittswilligen Staaten zu bewerten.

    Österreich behält sich jedoch vor, auch in Zusammenarbeit mit anderen

    Mitgliedsstaaten entsprechende Analysen vorzunehmen. In diesbezügliche

    Bewertungen ist auch die Bereitschaft der beitrittswilligen Staaten, ausreichen -

    de und aussagekräftige Informationen zur Verfügung zu stellen, einzubeziehen.

c) dass Österreich weiterhin im Rahmen der vorhandenen Mittel selbst auch finan -

    zielle Unterstützung für die Erarbeitung und Umsetzung umfassender und zu -

    kunftsverträglicher Energiestrategien der beitrittswilligen Staaten bereitstellen

    und für eine derartige Unterstützung aus dem Gemeinschaftsbudget eintreten

    wird.

 

Auf Basis der bisher der Bundesregierung zugänglichen Unterlagen entspricht das

aktuelle Projekt Temelin nicht dem „Stand der Technik“ in der Union. Da Deutsch -

land über eines der modernsten Atomgesetze verfügt, werden die Bundesminister

für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz und der Bundesminister für

Umwelt, Jugend und Familie Deutschland einladen, gemeinsam ein fiktives Ge -

nehmigungsverfahren für das KKW Temelin als Modellfall für den vom Rat der

Europäischen Union geforderten „Stand der Technik" durchzuführen und so alle

noch bestehenden Defizite klar und eindeutig aufzulisten. Unter einem wird die

Regierung der Tschechischen Republik ersucht werden, diese Analyse durch die

dafür erforderlichen Unterlagen und Informationen zu unterstützen. Es sei daran

erinnert, dass Deutschland nach der Wiedervereinigung den Bau von Kernkraft -

werken gleichen Typs in Stendal umgehend eingestellt hat, weil die Nachrüstung

auf westdeutsches Niveau bereits damals bis zu 2,2 Mrd. DM verschlungen hätte.

Sollte bei dieser Überprüfung nicht nachgewiesen werden können, daß Temelin

diesem „Stand der Technik“ entspricht, wird Österreich unverzüglich bilateral und

auch im Rahmen der Europäischen Union die tschechische Regierung darauf hin -

weisen, daß der Stand der Technik eine Voraussetzung für eine Mitgliedschaft zur

Europäischen Union ist. Dasselbe gilt auch analog für andere in den beitritts -

willigen Staaten im Bau befindliche Reaktoren.

 

2. EURATOM - Initiative

In diesem Zusammenhang wird - nicht zuletzt um die Ernsthaftigkeit der österrei -

chischen Haltung zu unterstreichen und den beitrittswilligen Staaten zu signalisie -

ren, dass Österreich innerhalb und außerhalb der Europäischen Union die glei -

chen Maßstäbe anlegt - eine Initiative zur Änderung des EURATOM - Vertrags

unter dem Motto „Einstieg in den Ausstieg“ und mit den Schwerpunkten

 

• der Euratom - Vertrag als ,,Sicherheitsvertrag",

 

• Stärkung der Rechte des Europäischen Parlaments und

 

• Beseitigung der Sonderrolle des Nuklearsektors

 

mit Nachdruck weiter zu verfolgen sein. Die österreichische Bundesregierung wird

auf europäischer Ebene dafür eintreten, dass einheitliche Sicherheitsstandards

entwickelt werden. Ist eine Nachrüstung auf den Stand der Technik nicht möglich,

sollen verbindliche und unverrückbare Stillegungsdaten vereinbart werden, wobei

die geplante Lebensdauer (design lifetime) nicht überschritten werden darf. Das

gilt für derzeitige und zukünftige Mitglieder der Europäischen Union in gleicher

Weise.

 

Die günstigere energiepolitische Konstellation in Europa darf nicht ungenützt ver-

streichen. Unter der Federführung des Bundeskanzleramtes wird eine intermini -

sterielle Arbeitsgruppe in einem breitangelegten Diskussionsprozess, insbeson -

dere unter Einbeziehung des Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten,

des Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr und des Bundesministerium

für Umwelt, Jugend und Familie, rasch ein Diskussionspapier ausarbeiten. Auf

Basis dieses Diskussionspapieres wird die Bundesregierung die Regierungen der

Mitgliedstaaten der EU um Unterstützung dieser Initiative ersuchen und einen

diesbezüglichen Beschluß beim Europäischen Rat von Helsinki anstreben.

 

3. Wettbewerbs - und Beihilfenrecht

Da die beitrittswilligen Staaten durch die Europaabkommen mit der Europäischen

Union bereits heute an die Gemeinschaftsgesetzgebung in Hinblick auf Staats -

subventionen gebunden sind, werden vor allem die Europäische Kommission -

aber auch andere Mitgliedsstaaten - zu ersuchen sein, dieser Frage besondere

Aufmerksamkeit zu widmen.

Im Falle Temelins werden die bereits bestehenden Staatshaftungen für von der

CEZ AG aufgenommene Kredite auf ihre EU - Konformität zu überprüfen sein. Die

Bundesregierung wird diesen Aspekt sowohl im Rahmen der Gremien zum Euro -

paabkommen als auch im Rahmen der Beitrittsverhandlungen zum Kapitel „Wett -

bewerb“ konsequent relevieren.

 

4. Elektrizitätsbinnenmarkt

Angesichts der offenkundigen Absicht von Drittstaaten, Strom aus Kernkraftwer -

ken in die Europäische Union zu exportieren, wird vor allem der Bundesminister

für wirtschaftliche Angelegenheiten beim Vollzug der einschlägigen Bestimmun -

gen des Elektrizitätswirtschaftsorganisationsgesetzes (EIWOG) strenge Maßstäbe

anlegen. Darüber hinaus wird vor allem der Bundesminister für wirtschaftliche An -

gelegenheiten die einschlägigen Regelungen der anderen Mitgliedstaaten der EU

analysieren und nötigenfalls für effektive gesamteuropäische  Anti - Dumping - Re -

gelungen eintreten. In diesem Zusammenhang sei auf den zweiten Bericht der

Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament über den Stand der

Liberalisierung der Energiemärkte, KOM(1999) 198 endg., sowie auf den zweiten

Bericht an den Rat und an das Europäische Parlament über den Harmonisie -

rungsbedarf, KOM(1999) 164 endg., verwiesen, die die Notwendigkeit einer ge -

meinsamen Handelspolitik gegenüber Drittstaaten in den Raum stellen.

 

5. Umweltverträglichkeit

Vor allem der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird die beitrittswil -

ligen Staaten auffordern, soweit dies noch nicht erfolgt ist, die ESPOO - Konvention

über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen

ehestmöglich zu ratifizieren, und insbesondere die Tschechische Republik an ihre

Zusage erinnern, dies im ersten Halbjahr 1999 vorzunehmen.

 

Unbeschadet dessen wird - in Analogie zu den UVP - Verfahren für geplante Anla -

gen zur Zwischenlagerung abgebrannter Brennelemente in der Tschechischen

Republik eine österreichische Beteiligung entsprechend der Bestimmungen der

ESPOO - Konvention an den zu erwartenden UVP - Verfahren für Temelin einge -

fordert werden.

6. Energiepartnerschaften

    Da die ,,Energiepartnerschaften“ mit Reformstaaten Mittel - und Osteuropas lang -

    fristig, im gemeinsamen Interesse und zum beiderseitigen Nutzen angelegt sind,

    werden sie konsequent fortzusetzen sein. Der raschen Umsetzung bereits identi -

    fizierter bzw. in Ausarbeitung befindlicher Projekte kommt nicht zuletzt in Hinblick

    darauf große Bedeutung zu, dass damit Österreichs Bereitschaft, eine zukunfts -

    verträgliche energiewirtschaftliche Entwicklung der Reformstaaten zu unter -

    stützen, zum Ausdruck kommt. Die involvierten Bundesministerien werden ihre

    diesbezüglichen Anstrengungen daher, auch unter Einbindung bewährter externer

    Experten und der Länder, konsequent fortsetzen.

 

7. Wahlfreiheit des Konsumenten

    Im Wege einer Novellierung des EIWOG soll sichergestellt werden, daß in den All -

    gemeinen Bedingungen der Elektrizitätsversorgungsunternehmen ein Rechtsan -

    spruch der Kunden vorzusehen ist, die Quelle der Elektrizität, mit der sie beliefert

    werden, selbst zu bestimmen, um zu verhindern, daß Österreich, obwohl es eine

    konsequente Anti - Atom - Politik betreibt, dennoch große Mengen an Strom aus

    Kernkraftwerken importiert.

 

    Gleichzeitig ist zu gewährleisten, daß jene Konsumenten, die Atomstrom nicht

    beziehen wollen, eine allenfalls entstehende finanzielle Mehrbelastung nicht

    überwiegend selbst zu tragen haben.

 

 

Der Aktionsplan zielt u.a. darauf ab, eine Gefährdung der Erweiterung der Euro -

päischen Union durch ungelöste Fragen der nuklearen Sicherheit hintanzuhalten.

Im Sinne einer transparenten und berechenbaren Politik werden die Europäische

Kommission, das Europäische Parlament, die Mitgliedsstaaten der Europäischen

Union und die beitrittswilligen Staaten von diesem Aktionsplan in Kenntnis gesetzt

werden.

 

Die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz und der

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie stellen den

                                                              

ANTRAG

 

die Bundesregierung wolle diesen Bericht zustimmend zur Kenntnis nehmen.