6093/AB XX.GP

 

B E A N T W O R T U N G

 

der Anfrage der Abgeordneten G. Moser, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend

Reform der Lehrlingsausbildung

Nr. 6393/J

 

Einleitend möchte ich festhalten, dass die Situation am Lehrstellenmarkt durch die

vielfältigen Maßnahmen der Bundesregierung keineswegs kritisch ist, sondern sich

im Gegenteil wesentlich entspannt hat und darf dazu auf meine Ausführungen zu

Frage 8 verweisen.

 

Weiters möchte ich darauf hinweisen, dass die in der Einleitung aufgestellte Behaup -

tung, Jugendliche ohne österreichische Staatsbürgerschaft würden nicht in der Sta -

tistik der Lehrstellensuchenden aufscheinen, nicht den Tatsachen entspricht. Diese

Jugendlichen sind in den entsprechenden Statistiken sehr wohl enthalten, sie wer -

den aber nicht gesondert angeführt, wozu meiner Ansicht nach auch keine Veranlas -

sung besteht.

 

 

zu Frage 1:

 

Hinsichtlich der Beantwortung dieser Frage verweise ich auf die Beantwortung der

gleichlautenden Anfrage 6392/J an den Herrn Bundeskanzler.

zu Frage 2:

 

Die Bundesregierung und im speziellen auch mein Ressort hat in den letzten beiden

Jahren eine Fülle an Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildung und der Erhö -

hung der Ausbildungsbereitschaft der Betriebe umgesetzt:

 

• Verstärkte Berufs -  und Bildungsinformation in der Schule

• Zusätzliche Angebote zur Nachholung des Pflichtschulabschlusses

• Einführung der Berufsreifeprüfung zur Erhöhung der Durchlässigkeit und Vermei -

   dung der vielstrapazierten ,,Bildungssackgasse“ Lehre

• Schaffung neuer, zukunftsorientierter Lehrberufe

• Aktive Akquisition von Lehrstellen in neuen Berufen, persönliche Beratung in Form

   von Betriebsbesuchen

• Erleichterungen beim Zugang zur Lehrlingsausbildung für Betriebe

• Verstärkte Information für potentielle Ausbildungsbetriebe und Einrichtung einer

   Lehrlingshotline

• Erleichterungen für die betriebliche Ausbildung durch Novellierung des Kinder -

   und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes und Überarbeitung der bestehenden

   Beschäftigungsverbote und  - beschränkungen

• Entfall der Beiträge zur Krankenversicherung für Lehrlinge

• Sistierung der Beiträge zur Unfallversicherung für Lehranfänger

• Steuerfreibetrag für Betriebe, die Lehrlinge ausbilden

• Einrichtung der Vorlehre als neue betriebliche Ausbildungsform für Jugendliche

   mit unterschiedlichen Problemen.

• Förderung der Weiterbildung für Lehrlinge und Lehrabsolventen, auch durch ver -

   stärkte Nutzung von EU - Programmen

• Schaffung des Jugendausbildungs - Sicherungsgesetzes. Dadurch können für Ju -

   gendliche, die kein betriebliches Lehrverhältnis finden, in den Jahren 1998 und

   1999 jeweils 4000 Ausbildungsplätze in Lehrlingsstiftungen und in Lehrgängen zur

   Berufsbildung angeboten werden.

  

 

Für alle Lehrstellensuchenden, die kein betriebliches Lehrverhältnis gefunden haben,

wurden durch das Jugendausbildungs - Sicherungsgesetz (JASG) alternative

Ausbildungsmöglichkeilen in Berufslehrgängen und Lehrlingsstiftungen eröffnet. All

diese Maßnahmen, ergänzt durch das bewährte Instrumentarium des Arbeits -

marktservice, haben in Summe zu einer grundlegenden Verbesserung am Ju -

gendarbeits -  und  - ausbildungsmarkt geführt. Am Ende des Ausbildungsjahres

1998/99 war der Lehrstellenmarkt praktisch ausgeglichen: 2.116 Lehrstellen -

suchenden standen 1.980 offene Lehrstellen gegenüber (Ende Juni 1999).

Trotzdem wird die Bundesregierung auch weiterhin das Ausbildungssystem an sich

ändernde Gegebenheiten anpassen und modernisieren, bei der Entwicklung neuer

Lehrberufe wird ein besonderer Schwerpunkt auf die Qualitätssicherung und auf die

Arbeitsmarktrelevanz der Ausbildung gelegt und es wird auch weiterhin nötig sein,

alternative Ausbildungsmöglichkeiten zu entwickeln und bei Bedarf anzubieten.

Zum Konzept eines flächendeckenden Netzes von „Berufsfachschulen“ darf ich auf

die Zuständigkeit der Frau Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegen -

heiten verweisen.

 

 

zu Frage 3:

 

Es gibt in Österreich eine ganze Reihe von Berufsausbildungsmaßnahmen für Ju -

gendliche mit unterschiedlichen Problemen am Arbeitsmarkt. So wurden auch für

diesen Personenkreis zum Ausgleich von Disparitäten auf dem Lehrstellenmarkt die

sogenannten Besonderen selbständigen Ausbildungseinrichtungen, aufgrund ihrer

Verankerung im Berufsausbildungsgesetz auch § 30 - Einrichtungen genannt, ins Le -

ben gerufen, in denen Jugendliche eine vollständige Lehrausbildung inklusive der

Lehrabschlußprüfung absolvieren können. Diese Einrichtungen werden in überwie -

gendem Ausmaß vom Arbeitsmarktservice gefördert. Für Jugendliche mit unter -

schiedlichen Problemen wurde zudem im Vorjahr die Vorlehre eingeführt und damit

auch Jugendlichen mit Lerndefiziten ein Weg in das duale System geebnet. Darüber

hinaus wurden zusätzliche Angebote zur Nachholung des Pflichtschulabschlusses

eingerichtet.

Auch in den bereits angesprochenen Lehrgängen und Stiftungen gemäß JASG wer -

den Jugendliche mit unterschiedlichen persönlichen Problemen ausgebildet.

Schließlich bietet noch das Arbeitsmarktservice eine ganze Reihe zusätzlicher In -

strumente, von der Berufsorientierung über verschiedenste Qualifizierungsmaß -

nahmen bis hin zur Förderung der Lehrlingsausbildung, inklusive der Vorlehre, an.

 

 

zu Frage 4:

 

Durch die finanzielle Entlastung der Ausbildungsbetriebe - Entfall der Beiträge zur

Krankenversicherung für Lehrlinge, Sistierung der Beiträge zur Unfallversicherung für

Lehranfänger, Steuerfreibetrag für Betriebe, die Lehrlinge ausbilden - wurden bereits

erste Schritte in Richtung eines Lastenausgleichs zwischen ausbildenden und nicht -

ausbildenden Betrieben gesetzt. Darüber hinaus gehende Schritte sollten jedenfalls

nach Auswertung und Evaluierung der letzt gesetzten Maßnahmen einer Überprü -

fung unterzogen werden.

 

zu Frage 5:

 

Die Anzahl der am Jahresende noch lehrstellensuchenden ausländischen Jugend -

lichen der letzten 4 Jahre wurde in einer Sonderauswertung erhoben und ist der An -

lage 1 zu entnehmen.

Ausländischen Jugendlichen, die keine Lehrstelle erhalten, stehen selbstverständlich

alle Möglichkeiten, die auch österreichischen Jugendlichen zur Verfügung stehen,

offen, sofern sie über einen Befreiungsschein verfügen. Aber auch ausländischen

Jugendlichen, die die Anspruchsvoraussetzungen für einen Befreiungsschein (halbe

Pflichtschul -  oder Lebenszeit in Österreich) nicht erfüllen, ist der Zugang zum Ar -

beitsmarkt nicht verwehrt. Für solche Jugendlichen kann einem Dienstgeber eine

Beschäftigungsbewilligung erteilt werden, wenn sie das letzte Pflichtschuljahr in

Österreich absolviert haben und ein Elternteil schon drei Jahre in Österreich er -

werbstätig war. In der Praxis wird diese Regelung immer im Interesse der Jugend -

lichen umgesetzt.

Schulungsmaßnahmen des Arbeitsmarktservice stehen derzeit zwar nur Jugend -

lichen mit Befreiungsschein offen, ich werde jedoch veranlassen, dass künftig auch

Jugendliche, für die eine Beschäftigungsbewilligung in Betracht kommt, an solchen

Schulungsmaßnahmen teilnehmen können.

Hinsichtlich der in der Einleitung geäußerten Gefahr einer drohenden Abschiebung

ist festzuhalten, dass es aufgrund der Rechtslage nur in besonderen Ausnahme -

fällen möglich ist, volljährig gewordene jugendliche Ausländer, deren Familienan -

gehörige in Österreich leben, abzuschieben.

 

zu Frage 6:

 

Dabei kann es sich nur um Einzelfälle handeln, die bei generellen Regelungen leider

nicht zu vermeiden sind. Mit dem Fremdengesetz 1997 wurde jedoch sichergestellt,

daß jugendliche Ausländer nur dann zu ihren Eltern nach Österreich ziehen dürfen,

wenn für sie auch eine Beschäftigungsbewilligung erteilt werden kann. Nach der

neuen Rechtslage sind solche Härtefälle somit von vornherein nicht mehr möglich.

Da sich die Härtefälle, die noch auf die alte Rechtslage zurückzuführen sind, quanti -

tativ in Grenzen halten, habe ich das Arbeitsmarktservice angewiesen, Anträge auf

Beschäftigungsbewilligung für solche Jugendlichen dennoch zu bewilligen.

 

 

zu Frage 7:

 

Dazu wird auf Anlage 2a - c (Lehrstellensuchende 1995 bis 1998) verwiesen.

 

zu Frage 8:

 

Nach Jahren des Abwärtstrends beim Lehrstellenangebot konnte dieser Trend durch

die Lehrlingsinitiativen 1997 und 1998 durchbrochen werden.

Rund 40 % der Schulabgänger absolvieren eine Lehre und werden zu Facharbeitern

ausgebildet. 1996 war diese Zahl bereits auf 38,7 % gesunken. 1997 lag sie wieder

bei 40,7 %.

1996 gab es nur 37.079 neue Lehrverträge, 1997 waren es bereits 40.175.

1998 waren insgesamt ca. 125.500 junge Menschen im dualen System. In diesem

Jahr kamen zu den 39.052 Lehranfängern 1998 - mit Stand Ende Dezember 1998 -

3.602 Jugendliche in Maßnahmen gemäß Jugendausbildungs - Sicherungsgesetz. Die

Jugendlichen in Stiftungen und Lehrgängen erhalten eine qualitativ hochwertige

Ausbildung in einem Lehrberuf und können jederzeit in einen Betrieb wechseln.

Mit Stand Dezember 1998 haben insgesamt mehr als 42.600 Jugendliche eine Lehr -

ausbildung begonnen.

 

Insgesamt wurden in den letzten beiden Jahren 48 Berufsbilder neu entwickelt oder

modernisiert, allein im Jahr 1998 wurden in neu geschaffenen Lehrberufen 1.781

neue Lehrverträge abgeschlossen.

 

Daraus geht eindeutig hervor, dass die Lehrlingsoffensive der Bundesregierung ei -

nen umfassenden Erfolg gebracht hat. Vor allem auch, wenn man sich vergegen -

wärtigt, wie sich die Situation auf dem Jugendarbeitsmarkt darstellen würde, hätte

man diese Maßnahmen nicht gesetzt. Dann hätten ungefähr 10.000 junge Menschen

keinen Ausbildungsplatz erhalten und wären ohne jede Perspektive geblieben.

 

Der Erfolg ist auch durch statistische Arbeitsmarktdaten zu belegen.

1. im Vergleich zu 1996 stellte sich 1997 eine spürbare Verbesserung am Jugendar -

     beitsmarkt ein. Gegenüber 1996 sank die Jugendarbeitslosigkeit im Jahresschnitt

     um 2,6 Prozentpunkte oder 1.016 Personen ab.

2. ein jahrzehntelanger Trend, nämlich ein jährliches Absinken der Zahlen der

     Lehranfänger wurde gebrochen, gegenüber 1996 war 1997 ein Anstieg um 8,3%

     oder 3.096 mehr Lehrlinge zu verzeichnen. 1997 waren 40.175 Lehrverträge im

     ersten Lehrjahr abgeschlossen worden.

3. nachdem die Lücke zwischen angebotenen Lehrstellen und Lehrstellensuchenden

     zwischen Juni und September 1997 größer als im Vorjahr war, begannen die

     Maßnahmen ab Oktober zu wirken und im Dezember konnte die Lücke zwischen

     Angebot und Nachfrage von 3.032 um 1.189 Personen gegenüber 1996 auf 1.843

     gesenkt werden.

4. im Vergleich zu 1997 stellte sich 1998 eine weitere Verbesserung der Perfor -

     mance am Jugendarbeitsmarkt ein. Gegenüber 1997 sank die Jugendarbeits -

     losigkeit im Jahresschnitt um 3,9 Prozentpunkte oder 1.475 Personen ab.

5. insgesamt war 1998 ein weiterer Anstieg der Gesamtlehrlingszahl festzustellen.

6. wie im Vorjahr mußte man zwischen Juli und Oktober eine beträchtliche Lücke

     zwischen angebotenen Lehrstellen und Lehrstellensuchenden konstatieren, die

     aber leicht unter der Vorjahresentwicklung lag. Allerdings konnte mit Wirkung der

     Maßnahmen im November und Dezember die positive Tendenz des Vorjahres

     weiter fortgesetzt und die Lücke weiter verringert werden. Im November konnte

     die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage um 1.373 Personen und im

     Dezember um 887 Personen gegenüber 1997 auf 956 gesenkt werden.

7. Aktuell (Stand Ende Juni 1999) sind 2.116 sofort verfügbare Lehrstellensuchende

     beim Arbeitsmarktservice gemeldet, das sind um rund 21% weniger als im Vor -

     jahr.

8. Die international vergleichbare durchschnittliche Jugendarbeitslosenquote (EU -

     Quote der 15 - 24jährigen) lag 1998 bei 6,6% und hat damit gegenüber dem ausge -

      zeichneten Wert des Jahres 1997 nochmals um 0,1 Prozentpunkte abgenommen.

      Damit liegt Österreich im EU - Vergleich, aber auch im Vergleich mit den USA oder

      Japan an erster Stelle!

 


 

Ausländische Lehrstellensuchende 1995 bis 1998

die am Jahresende noch keine Lehrstelle gefunden hatten

 

Insgesamt

 

 

 

 

 

 

1995

1996

1997

1998

Burgenland

13

18

12

8

Kärnten

47

39

40

30

Niederösterreich

68

104

119

71

Oberösterreich

130

189

122

53

Salzburg

41

66

46

26

Steiermark

55

113

72

39

Tirol

41

75

45

52

Vorarlberg

48

83

82

50

Wien

244

258

249

82

Österreich

687

945

787

411

 

 

Anlage "Lehrstellensuchende 1995 bis 1998 - insgesamt", "Lehrstellensuchende 1995 - 1998 - Männer"

und "Lehrstellensuchende 1995 - 1998 - Frauen" konnte nicht gescannt werden !!!