6097/AB XX.GP
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 6395/J betreffend
Reform der Lehrlingsausbildung, welche die Abgeordneten Moser, Freundinnen und
Freunde am 2.6.1999 an mich richteten, stelle ich fest:
Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:
Hiezu verweise ich auf die Beantwortung der Anfrage Nr. 6392/J durch den Herrn
Bundeskanzler.
Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:
Um im Bereich der Lehrlingsausbildung auf geänderte Ausbildungserfordernisse zu
reagieren und auf eine Anhebung der Ausbildungsbereitschaft der Lehrbetriebe
hinzuwirken, wurden im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche
Angelegenheiten
beziehungsweise auf Initiative des Wirtschaftsministeriums in den
Jahren 1997 und 1998 gesetzgeberische Maßnahmenpakete ausgearbeitet, die Änderungen
des Berufsausbildungsgesetzes, des Kinder - und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes
sowie Kostenentlastungen im Bereich von Steuern und Abgaben für die Lehrbetriebe
beinhalten.
So wurden Erleichterungen, Flexibilisierungen und Vereinfachungen durch die
Berufsausbildungsgesetznovelle 1997 und 1998 und im Bereich der Schutzbestimmungen
für Jugendliche geschaffen.
Durch die nachfolgend aufgezählten Maßnahmen konnte den seit Ende der 90er - Jahre
ständig gestiegenen Kosten in der Lehrlingsausbildung (zunehmendes Mißverhältnis
zwischen Ausbildungskosten und Erträgen aus der fachlichen Verwendung des Lehrlings
wegen der durch die stetigen Berufsschulzeitausweitungen abnehmenden
Anwesenheitszeiten des Lehrlings im Lehrbetrieb) entgegengewirkt werden;
- Schaffung eines Steuerfreibetrages für die Lehrlingsausbildung
- Lebensbegleitendes Lernen - Sicherung hoher beruflicher Qualifikation
- Finanzielle Entlastung der Lehrbetriebe bei der Krankenversicherung
- Entfall der Arbeitgeberbeiträge zur Unfallversicherung
Neben der wesentlichen Modernisierung von 26 Lehrberufen wurden ebensoviele neue
Lehrberufe geschaffen, um neue Wirtschaftsbereiche für die Lehrlingsausbildung zu
erschließen und damit auch einen Beitrag zur Beibehaltung der hohen
Jugendbeschäftigung zu leisten.
Zur Frage betreffend Berufsfachschulen ist zu bemerken, daß durch die Einführung neuer
Ausbildungswege
das erfolgreiche und die im internationalen Vergleich sehr niedrige
Jugendarbeitslosenrate in Österreich gewährleistende System der überwiegend betrieblich
orientierten Lehrlingsausbildung nicht in Frage gestellt werden darf.
Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:
Durch die Berufsausbildungsgesetz - Novelle 1998 wurde die rechtliche Grundlage für die
Vorlehre getroffen, die der Verbesserung der Eingliederung von benachteiligten
Jugendlichen mit persönlichen Vermittlungshindernissen in das Berufsleben dient. Im
Rahmen der Vorlehre können die Bildungsinhalte des ersten Lehrjahres eines Lehrberufes
in einem Zeitraum von bis zu zwei Jahren vermittelt werden. Dadurch soll für den
genannten Personenkreis der Antritt eines in der Lehrberufsliste angeführten Lehrberufs
oder der Übertritt in einen Lehrberuf erleichtert werden. In eine Vorlehre kann bis
einschließlich 31.12.2000 eingetreten werden. Die Definition des Personenkreises von
Jugendlichen für die Vorlehre erfolgt durch Richtlinien des AMS unter Beiziehung von
Berufsausbildungsexperten der Sozialpartner.
Derzeit werden in der Ausbildungsform der Vorlehre ca. 15 Vorlehrlinge ausgebildet.
Diese Zurückhaltung der Betriebe bei der Einstellung von Vorlehrlingen ist vor allem auf
die bis vor kurzem bestandene Unsicherheit betreffend die analoge Geltung der
Weiterverwendungspflicht für Personen nach Beendigung des Vorlehrverhältnisses gem.
§ 18 Abs. 1 BAG zurückzuführen. Nachdem nun der OGH entschieden hat, daß nach
Absolvierung der Vorlehre die Weiterverwendungspflicht nicht zur Anwendung kommt,
ist zu hoffen, daß diese Entscheidung eine vermehrte Bereitstellung von
Ausbildungsplätzen für Vorlehrlinge zur Folge haben wird.
Eine seriöse Beurteilung des Ausbildungsweges „Vorlehre“ wird allerdings erst ab Mitte
des
Jahres 2000 möglich sein.
Als geeignete Ausbildungsmaßnahmen für benachteiligte Jugendliche erweisen sich unter
anderem auch Besondere Selbständige Ausbildungseinrichtungen gem. § 30 BAG, in
denen teilweise auch Jugendliche mit physischen, intellektuellen oder psychosozialen
Benachteiligungen durch karitative Trägerorganisationen unter zusätzlicher Anwendung
von psychosozialen Betreuungsmaßnahmen zum Bildungsziel des Lehrabschlusses geführt
werden.
Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:
Die Entscheidung darüber, ob und wie viele Lehrlinge ein Unternehmen ausbilden will,
muß jedenfalls in der freien Gestion der einzelnen Wirtschaftsunternehmen bleiben. Die
Ausbildungsmotivation der Betriebe ist durch Maßnahmen sicherzustellen, die die
Lehrlingsausbildung per se attraktiv machen.
Die Einrichtung eines Ausbildungsfonds würde außerdem einen erheblichen
bürokratischen Aufwand verursachen, da ein eigener behördlicher Apparat zur
Organisation der Einhebung und Verteilung der Ausgleichstaxen eingerichtet werden
müßte.
Antwort zu den Punkten 5 bis 7 der Anfrage:
Da das AMS über das entsprechende Datenmaterial verfügt, verweise ich auf die
Beantwortung der Anfrage Nr. 6393/J durch die Frau Bundesministerin für Arbeit,
Gesundheit
und Soziales.
Antwort zu Punkt 8 der Anfrage:
Die positiven Auswirkungen der bereits dargestellten Maßnahmen zur Anpassung der
gesetzlichen Rahmenbedingungen im Bereich der Lehrlingsausbildung, der Schaffung
neuer Lehrberufe und im Rahmen des nationalen Aktionsplans für Beschäftigung zeigen
sich insbesondere an der Entwicklung der Lehrlingszahlen und in der Entwicklung der
Zahl der Lehrbetriebe im Aktionszeitraum der Lehrlingsinitiative seit dem Jahr 1996:
Entwicklung der Lehrlingszahlen nach Geschlecht
|
Jahr |
Gesamt |
Männlich |
Weiblich |
Anteil: |
|
|
|
|
|
Weiblich |
|
1996 |
119.932 |
82.757 |
37.175 |
31 % |
|
1997 |
121.629 |
83.423 |
38.206 |
31 % |
|
1998 |
125.499 |
85.203 |
40.296 |
32 % |
Lehrbetriebe nach Sektionen, 1996 - 1998
|
Sektion |
1996 |
1997 |
1998 |
Veränderung |
|
|
|
|
|
1997-1998: |
|
|
|
|
|
absolut: |
|
Gewerbe und Handwerk |
25.025 |
25.272 |
25.517 |
245 |
|
Industrie |
1.638 |
1.667 |
1.701 |
34 |
|
Handel |
7.497 |
7.402 |
7.387 |
- 15 |
|
Tourismus und Freizeit - |
|
|
|
|
|
wirtschaft |
3.827 |
4.045 |
4.344 |
299 |
|
Verkehr |
271 |
284 |
316 |
32 |
|
Geld - , Kredit - und Ver - |
|
|
|
|
|
sicherungswesen |
192 |
174 |
178 |
4 |
|
Nichtkammerbereich |
1.213 |
1.509 |
1.908 |
399 |
|
Nichtkammerbereich §§ 29 |
|
|
|
|
|
und 30 BAG |
- |
- |
30 |
30 |
|
Gesamt |
39.663 |
40.353 |
41.381 |
1.028 |