6098/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Partik - Pable, Dr. Höbinger - Lehrer, Jung, Lafer und
Kollegen haben am 10. Juni 1999 unter der Nr. 6403/3 an mich eine schriftliche
parlamentarische Anfrage betreffend „Freipressungen aus der Schubhaft“ gerichtet.
Einleitend halte ich neuerlich fest, daß detaillierte Statistiken, wie sie für die Beantwortung
auch dieser Anfrage notwendig wären, von mir als dem für das gesamte Ressort
Verantwortlichen nicht in jedem Detail kontrollierbar sind, zumal sie auf Grund der Anfrage
unter großem Zeitdruck erstellt werden mußten. Ich kann mich daher nur auf die mir
vorgelegten Zahlen stützen, die nur so detailliert sein können, wie bei den jeweiligen Behörden
Unterlagen vorhanden waren oder deren Aufbereitung ohne gravierende Beeinträchtigung des
Dienstbetriebes möglich war.
Die einzelnen Fragen beantworte ich nach den mir vorliegenden Zahlen wie folgt:
Zu Frage 1:
Im Jahr 1998 wurden von den Fremdenpolizeibehörden
in Wien: 5.204,
im Burgenland: 1.348,
in Niederösterreich: 3.732,
in Oberösterreich: 1.068,
in Salzburg: 1.434,
in
der Steiermark: 582,
in Kärnten: 901
in Tirol: 492
und in Vorarlberg: 331
Fremde in Schubhaft genommen.
Von diesen wurden
in Wien: 688,
im Burgenland: 217,
in Niederösterreich: 140,
in Oberösterreich: 18,
in Salzburg: 92,
in der Steiermark : 18,
in Kärnten: 4,
inTirol: 3
und in Vorarlberg: 4
Fremde wegen Haftunfähigkeit - einschließlich der durch Hungerstreik herbeigeführten -
entlassen.
Im Zeitraum vom 1. Jänner 1999 bis zum 31. Mai 1999 wurden von den
Fremdenpolizeibehörden
in Wien: 1.716,
im Burgenland: 726,
in Niederösterreich: 1.715,
in Oberösterreich: 383,
in Salzburg: 463,
in der Steiermark: 288,
in Kärnten: 414,
in Tirol: 213,
und in Vorarlberg: 70
Fremde
in Schubhaft genommen.
Von diesen wurden in Vorarlberg kein Fremder, jedoch
in Wien: 138,
im Burgenland: 45,
in Niederösterreich: 46,
in Oberösterreich: 7,
in Salzburg: 62,
in der Steiermark: 2,
in Kärnten: 2,
in Tirol: 5
Fremde wegen Haftunfähigkeit - einschließlich der durch Hungerstreik herbeigeführten -
entlassen.
Zu Frage 2:
Die privaten Hilfsorganisationen geben den Behörden nur sehr sporadisch Auskunft über ihre
Tätigkeit. Ich kann daher die Frage nur teilweise beantworten. Nach den mir vorliegenden
Berichten wurde in den Jahren 1998 und 1999 folgender Anzahl von Fremden, die infolge eines
Hungerstreiks aus der Schubhaft entlassen wurden, von karitativen Organisationen
Hilfestellung geleistet:
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1998 |
1999 |
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Wien |
Es liegen keine Zahlen vor |
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Burgenland |
Es liegen keine Zahlen vor |
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Niederösterreich |
Es liegen keine Zahlen vor |
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Oberösterreich |
9 |
3 |
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Salzburg |
allen |
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Steiermark |
3 |
Es liegen keine Zahlen vor |
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Kärnten |
Es liegen keine Zahlen vor |
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Tirol |
-- |
1 |
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Vorarlberg |
allen |
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Die Anzahl der zunächst wegen Haftunfähigkeit entlassenen Fremden, die nicht freiwillig
ausgereist sind und daher weiterhin im Bundesgebiet angetroffen wurden, sodaß neuerlich
fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen gesetzt werden, beläuft sich in den Jahren 1998 und
1999 - soweit bekannt - auf folgende Zahlen:
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1998 |
1999 |
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Wien |
112 |
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Burgenland |
Es liegen keine Zahlen vor |
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Niederösterreich |
Es liegen keine Zahlen vor |
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Oberösterreich |
1 |
keine |
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Salzburg |
keine |
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|
Steiermark |
1 |
Es liegen keine Zahlen vor |
|
Kärnten |
Es liegen keine Zahlen vor |
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Tirol |
10 |
|
|
Vorarlberg |
keine |
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Zu Frage 3:
Mangels zielgerichteter Fahndung ist ein Aufwand nicht entstanden.
Zu Frage 4:
Ich verweise auf meine Beantwortung der Anfrage Nr.3905/J vom 19. Mai 1998 mit dem
Zusatz, daß anstelle des § 7 der aufgehobenen Polizeigefangenenhaus - Hausordnung nunmehr
§ 7 der Anhalteordnung, BGBl. II Nr. 128/1999 anzuwenden ist.
Zu den Fragen 5 und 6:
Um dem Problem des Hungerstreiks während der Schubhaft entgegenzuwirken, wurden mit
mehreren gemeinnützigen Einrichtungen Verträge abgeschlossen. Ziel dieser Vereinbarungen
ist die Gewährleistung einer regelmäßigen Beratung und Betreuung von Schubhäftlingen zur
Verbesserung der sozialen, humanitären und rechtlichen Standards in der Schubhaft sowie zur
Minimierung des Konfliktpotentials in den Haftanstalten.
Zu den in diesen Verträgen angeführten Aufgaben der Betreuer zahlen unter anderem die
Information
der Behörden über Umstände, die zu einer gesundheitlichen
Beeinträchtigung von
Schubhäftlingen, zu Gefährdungen oder zu Konflikten, wie beispielsweise Hungerstreiks führen
können.
Diese Schubhaftbetreuung soll somit dazu beitragen, daß durch Verbesserung der allgemeinen
Situation dieser Fremden bereits der Entstehung von Hungerstreiks entgegengewirkt wird.
Auf legistischer Ebene wurde durch die am 1. Mai 1999 in Kraft getretene Anhalteordnung die
Möglichkeit geschaffen, auf Hungerstreiks von Häftlingen zu reagieren. So sind zum Beispiel
solche Personen ohne unnötigen Aufschub dem Arzt vorzuführen, welcher das medizinisch
Gebotene festzustellen und zu entscheiden hat, ob der Häftling haftfähig ist, allenfalls in eine
Krankenanstalt überstellt werden muß oder während der Dauer des Hungerstreiks in einer
Krankenzelle in Einzelhaft angehalten werden bzw. einem Rauchverbot unterliegen soll. Als
weitere Maßnahmen sind u.a. die Verhängung der Einzelhaft sowie eines Einkaufs - bzw.
Besuchsverbots vorgesehen.
Aus den mir nunmehr vorliegenden Berichten ergibt sich im Vergleichszeitraum ein leichter
prozentueller Rückgang gegenüber dem Vorjahr. Es kann somit davon ausgegangen werden,
daß die im Zusammenhang mit Hungerstreiks gesetzten Maßnahmen das angestrebte Ziel,
nämlich einen Rückgang von Häftlingen, die wegen Haftunfähigkeit aus der Schubhaft
entlassen werden mußten, erreichbar erscheinen lassen.
Auf Grund dieser bisherigen positiven Entwicklung besteht aus meiner Sicht derzeit kein
Bedarf an neuen Initiativen, sondern an der Verbesserung und Verfeinerung der bestehenden
Maßnahmen.
Zu Frage 7:
Ich verweise auf meine Beantwortung der Anfrage Nr 3905/J vom 19. Mai 1998.
Zu Frage 8:
Anläßlich der Inbetriebnahme des neuen Polizeigefangenenhauses bei der
Bundespolizeidirektion Villach im September 1996 wurde der Versuch gestartet, das Bemalen
der
Wände durch die Insassen einzudämmen.
In jeder Zelle wurde eine Kunststofftafel angebracht, die teilweise bunte Motive (ausgeführt
von Kindern) und zur weiteren Gestaltung animierende freie Flächen (weißer Hintergrund)
aufweisen. Die Freiflächen können jederzeit feucht gereinigt werden und stehen somit wieder
zur Beschriftung oder Bemalung zur Verfügung.
Diese Einrichtung wurde von den verschiedenen Insassen, großteils Schubhäftlingen, genützt.
Die Wände sind anfänglich nicht bemalt worden. Erst gegen November 1998 wurde
festgestellt, dass nach und nach die Wände doch wieder bemalt und nunmehr großflächig mit
Zeichnungen, hauptsächlich mittels Bleistift, versehen wurden. Im Laufe des heurigen Jahres
wird nun wieder eine Neuausmalung der Zellen notwendig sein.
Im Anschluß an diesen Versuch ist nun geplant, in einer einzigen Zelle eine Wandfläche
zusätzlich mit einer abwaschbaren Tafel (ohne vorgegebene Motive) auszustatten und die
Reaktionen der Insassen auf ein weiteres halbes Jahr zu beobachten. Sollte dies zu einer
deutlichen Verbesserung führen, ist eine entsprechende Ausstattung der übrigen Zellen
möglich.
Die weitere Vorgangsweise in diesem Zusammenhang - auch im Hinblick auf eine mögliche
Ausweitung über den Bereich des Polizeigefangenenhauses der BPD Villach hinaus - wird
nach Vorliegen der Erkenntnisse aus dem modifizierten Pilotversuch entschieden werden.