6157/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Kier, Gredler, Partnerinnen und Partner haben am 7.

Juli 1999 unter der Nr. 6531/J - NR/1999 an mich eine schriftliche parlamentarische Anfra -

ge betreffend Haltung der österreichischen Bundesregierung zum Genozid an der armeni -

schen Bevölkerung gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu Frage 1:

 

Die Ereignisse, die während des Ersten Weltkrieges eine ungeheure Zahl von Opfern un -

ter der armenischen Bevölkerung gefordert haben, gehören zweifellos zu den tragischsten

unseres Jahrhunderts.

 

Zu Frage 2:

 

Österreich hat im Zusammenhang mit der 50. Jahresfeier der VN - Konvention gegen Völ -

kermord bei der VN - Generalversammlung Im Dezember 1998 einen von der armenischen

Regierung initiierten Resolutionsentwurf unterstützt, in dem die Rolle der Konvention ge -

würdigt wird. Eine Resolution zum selben Gegenstand wurde von Österreich bei der VN -

Menschenrechtskommission im vergangenen April unterstützt. Eine eigene Erklärung der

österreichischen Bundesregierung zu diesen historischen Ereignissen erscheint nicht als

zielführender Beitrag zur Versöhnung zwischen dem armenischen und dem türkischen

Volk.

Zu Frage 3:

 

Nein. Österreichs Mitgefühl und Solidarität gehören jedoch allen Völkern, die Opfer von

Vertreibung und Verfolgung waren und sind. Deshalb muß alles nur Mögliche unternom-

men werden, damit sich solche Ereignisse nicht wiederholen. Dazu dienen alle Formen

der Zusammenarbeit zwischen den Staaten unseres Kontinents und darüber hinaus alle

Initiativen zur Völkerverständigung und Vertiefung des gegenseitigen Vertrauens, insbe -

sondere unter der Jugend.

 

Zu Frage 4:

 

Die Beantwortung dieser Frage fällt nicht in den Bereich der Vollziehung des Bundesmini -

steriums für auswärtige Angelegenheiten.

 

Zu Frage 5:

 

Der Dialog der EU mit der Türkei zum Menschenrechtsbereich wurde von der Türkei im

Gefolge des Europäischen Rats von Luxemburg im Dezember 1997 unterbrochen. Im

Rahmen der bilateralen Gespräche Österreichs mit der Türkei nehmen indessen auch

Fragen der Menschenrechte und des Minderheitenschutzes einen zentralen Platz ein,

wobei insbesondere auf die Gegenwart bzw. auf Zukunftsperspektiven abgestellt wird.

 

Zu Frage 6:

 

Aus Kenntnis der bisherigen Haltung der EU - Mitgliedstaaten in dieser Frage ist ein Kon -

sens über eine solche Erklärung auszuschließen. Informelle Kontaktnahmen mit der EU -

Präsidentschaft sowie mehreren anderen EU - Mitgliedstaaten haben bestätigt, daß sich an

dieser Einstellung nichts geändert hat.

 

Die EU hat jedoch im Zusammenhang mit der 50. Jahresfeier der VN - Konvention gegen

Völkermord bei der VN - Generalversammlung im Dezember 1998 unter österreichischer

Präsidentschaft in einer Erklärung die historische Rolle und zukünftige Bedeutung der

Konvention gewürdigt.

 

Zu Frage 7:

 

Ich hege keinen Zweifel am wachen historischen Gedächtnis des armenischen Volkes. Es

mangelt auch nicht an wissenschaftlichen und literarischen Werken1 welche die damaligen

tragischen Ereignisse zum Gegenstand haben und dadurch nachhaltiger als manches

offizielle Dokument dazu beitragen, das geschehene Leid nicht dem Vergessen preiszu - 

geben.