6217/AB XX.GP
Die aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigeschlossene schriftliche Anfrage
der Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Volker Kier, Partnerinnen und Partner an den Herrn
Bundesminister für Inneres vom 15. Juli 1999, Zahl 6645/J, betreffend „die Beurteilung der
aufenthaltsrechtlichen Situation von Prostituierten durch das Bundesministerium für Inneres“
beantworte ich wie folgt:
zu Frage 1.
Vorab möchte ich festhalten, daß das zitierte Rundschreiben den Zweck verfolgte,
aufgetretene Auslegungsschwierigkeiten und unterschiedliche Vollzugspraktiken zu beheben.
Weiters darf ich anmerken, daß die Ausführungen in dem Rundschreiben grundsätzlich vor
dem Hintergrund der Tatsache erfolgten, daß es sich bei der Tätigkeit von Prostituierten um
eine selbständige handelt, und daher lediglich auf die besonderen Umstände Bedacht
genommen wurde bzw. diese in Erinnerung gebracht wurden.
Zur Frage selbst darf ich ausführen, daß weder Anträge nicht entgegengenommen werden
dürfen, noch daß diese grundsätzlich abzulehnen seien. Vielmehr sollte klargestellt werden,
daß es sich bei Anträgen von Prostituierten um „gewöhnliche“ Fälle von selbständig
Erwerbstätigen handelt, wobei die Frage der Art des Titels, vom jeweiligen
Niederlassungswillen abhängig ist.
zu Frage 2.
Grundsätzlich ist zu dieser Frage zu bemerken, daß sie in sich widersprüchlich und somit
unbeantwortbar ist: Tatsachenfeststellungen ergeben sich aus Tatsachen und nicht aus
„gesetzlichen Grundlagen“.
zu Frage 3.
Die Erteilung oder Versagung eines Aufenthaltstitels erfolgt unter Berücksichtigung der zur
Anwendung gelangenden bundes - aber auch
landesgesetzlichen Regelungen. Eine sich
dadurch allenfalls ergebende Ungleichbehandlung ist daher möglich und es kann auch die
Vollziehung an diesem Umstand nichts ändern, da dies einen unzulässigen Eingriff in die
Gesetzgebungskompetenz der Länder darstellen würde.
zu Frage 4.
Jeder Erst - Aufenthaltstitel nach dem Fremdengesetz beinhaltet eine Prognose über den
beantragten Aufenthalt des Fremden, die auf Grundlage der der Behörde vorgelegten
Unterlagen zu treffen ist. Nach § 10 Abs. 2 Z 1 Fremdengesetz kann der Aufenthaltstitel
versagt werden, wenn der Antragswerber nicht über ausreichende eigene Mittel zu seinem
Unterhalt verfügt. Nach der ständigen Judikatur der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen
Rechtes sind hiebei die Sozialhilferichtsätze der Länder grundsätzlich als Minimum
anerkannt. Der angesprochene wirtschaftliche Erfolg dieser selbständigen Erwerbstätigkeit ist
daher an diesen Richtsätzen zu messen, der aus der Steuerleistung erkennbar wird, und stellt
dies eine grundsätzlich übliche Vorgangsweise bei allen Anträgen von Selbständigen dar, den
„wirtschaftlichen Erfolg“ zu beurteilen.
zu Frage 5.
Aus den bezughabenden Bestimmungen des Fremdengesetzes (§ 8 Abs. 1 und 3) ergibt sich
bei der Festlegung der Dauer der Aufenthaltstitel ein Ermessensspielraum, bei dem auf Zweck
und Dauer in bezug auf weiter normierte Umstände Bedacht zu nehmen ist. Eine gesetzliche
Anordnung, Aufenthaltstitel an Prostituierte nur mit 6 - monatiger Gültigkeitsdauer
auszustellen, gibt es nicht.
Eine diesbezügliche Praxis besteht auch nicht im Bereich des Fremdenpolizeilichen Büros der
Bundespolizeidirektion Wien, wie aus Anlaß der gegenständlichen Anfrage berichtet wurde.
der Abgeordneten Kier, Partnerinnen und Partner
an den Bundesminister für Inneres
betreffend die Beurteilung der aufenthaltsrechtlichen Situation von Prostituierten
durch das Bundesministerium für Inneres
Im Rundschreiben mit der GZ 71.641/37-III/11/98 vom 21.9.1998, gerichtet an alle
Ämter der Landesregierungen, Sicherheitsdirektionen, die BPD Wien und das
Fremdenpolizeiliche Büro, wird die Vollziehung des Fremdengesetzes im
Zusammenhang mit Anträgen Prostituierter auf Niederlassungsbewilligungen oder
Aufenthaltserlaubnisse österreichweit geregelt.
In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgende
an den Herrn Bundesminister für Inneres:
1. Wörtlich heißt es im zitierten Rundschreiben: "Die Beobachtungen aus der
Vergangenheit haben gezeigt, daß gerade bei dem angesprochenen
Personenkreis (gemeint sind Prostituierte, Anm.) aus der Tätigkeit, den
augenscheinlich ist, daß eine Niederlassung im Sinne des Fremdengesetzes nicht
gegeben sein kann." Ist aus dieser Formulierung zu schließen, daß Anträge von
Prostituierten, die sich in Österreich auf Dauer niederlassen wollen, nicht
entgegengenommen oder grundsätzlich abgelehnt werden?
2. Auf welcher gesetzlichen Grundlage beruht diese generelle Feststellung, daß
ausländische Prostituierte in Österreich keinen Wohnsitz haben (können)?
3. In dem Rundschreiben heißt es weiter: ,,Bei der Ausübung der Prostitution handelt
es sich naturgemäß um eine selbständige Erwerbstätigkeit, da das Vorhandensein
eines ‚Arbeitgebers‘ im Konflikt zu §§ 214 ff StGB steht." Während jedoch die
Gewerbeordnung ein Bundesgesetz ist, unterliegt die Prostitution je nach dem
Land der Ausübung neun verschiedenen Landesgesetzen. In Vorarlberg verbietet
etwa das Prostitutionsgesetz die "Ausübung gewerbsmäßiger Unzucht und das
Anbieten hiezu (..)". Durch welche Maßnahmen wird sichergestellt, daß
Prostituierte bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 4 Z. 4 FrG
nicht aufgrund des Ausübungsortes, also des Bundeslandes, in dem die
Prostitution ausgeübt
werden soll, ungleich behandelt werden?
4. In dem BMI - Rundschreiben wird weiters wörtlich festgehalten: "Hinsichtlich der
Unterhaltsmittel scheint es aus Sicht des BM für Inneres erforderlich, daß bei
Einkommensteuer vorhanden ist und eine entsprechende Befristung (ca. 2
Monate) dieser Erst - Aufenthaltserlaubnis dahingehend durchzuführen sein wird,
um seitens der Fremdenbehörden ‚wirtschaftlichen Erfolg‘ feststellen zu
können.“ Nach welchen einheitlichen, nachvollziehbaren Kriterien stellen die
Ämter der Landesregierungen in den fremdenrechtlichen Verfahren den
"wirtschaftlichen Erfolg" von Prostituierten fest?
5. Aus welchem gesetzlichen Grund werden derzeit Aufenthaltstitel für Prostituierte
von der Wiener Fremdenbehörde nur für die Dauer von maximal sechs Monaten
vergeben?