6220/AB XX.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 6525/J - NR/1999 betreffend Anrechnung von
Ruhegenussvordienstzeiten für aus dem Ausland berufene Universitätsprofessoren, die die
Abgeordneten Dr. BRAUNEDER und Kollegen am 30. Juni 1999 an mich gerichtet haben,
beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Zu Fragen 1 und 2:
In den jahren 1994 bis einschließlich 1998 wurden insgesamt 292 Wissenschafterinnen und
Wissenschafter zu Ordentlichen Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren an
den österreichischen Universitäten ernannt. Darunter befanden sich 120 Ausländerinnen und
Ausländer.
Zu Frage 3:
Eine detaillierte Darstellung welche Ruhegenussvordienstzeiten im Einzelfall jeweils ange -
rechnet wurden, würde den Grundsätzen des Datenschutzes widersprechen. Ich darf jedoch
darauf verweisen, dass die Praxis der beitragsfreien Anrechnung von Ruhegenussvordienst -
zeiten bis zum Jahre 1996 äußerst großzügig war. Die Gesamtsummen der angerechneten
Vordienstzeiten beliefen sich in der Regel auf 20 bis 30 Jahre, in einigen Fällen wurden auch
mehr als 30 Jahre beitragsfrei berücksichtigt. Der § 10 des Pensionsgesetzes 1965 ließ eine
derartige Verwaltungspraxis zu.
Im Zuge der Budgetkonsolidierung, deren erster wesentlicher Schritt im Jahre 1996 gesetzt
worden ist, wurde von diesen weitreichenden Anrechnungen Abstand genommen. Das damals
zuständige Bundeskanzleramt, dessen Zustimmung zur Besetzung von Planstellen der Or -
dentlichen Universitätsprofessoren einzuholen war, stimmte beitragsfreien Anrechnungen
grundsätzlich nicht mehr zu.
Mein Amtsvorgänger hat mehrfach darauf hingewiesen, dass durch den generellen Wegfall
der Anwendung des § 10 des Pensionsgesetzes erhebliche Probleme bei der Berufung von
Wissenschafterinnen und Wissenschaftern aus dem Ausland zu befürchten wären. Die vom
Wissenschaftsminister geltend gemachten Einwände gegen eine völlige Abkehr von der bis -
herigen Anrechnungspraxis führten schließlich dazu, dass dem § 56 PG 1965 die Absätze 9
und 10 über Sonderregelungen bei der Ernennung von Universitätsprofessoren angefügt
wurden. Unter besonders berücksichtigungswürdigen Gründen sollte eine beitragsfreie An -
rechnung von Ruhegenussvordienstzeiten möglich sein. Eine bedingte Anrechnung für den
Fall des Eintrittes der dauernden Dienstunfähigkeit in den ersten fünf Jahren des Dienstver -
hältnisses wurde gleichfalls vorgesehen, um eine pensionsrechtliche Mindestabsicherung zu
bieten.
Zu Frage 4:
In fünf Berufungsfällen war die Ablehnung einer beitragsfreien Anrechnung von Ruhege -
nussvordienstzeiten der alleinige bzw. primäre Grund für eine Absage. Es handelte sich dabei
um drei Berufungsfälle an der Universität Klagenfurt („Angewandte Mathematik“, „Alte
Geschichte und Altertumskunde“ sowie „Zeitgeschichte mit besonderer Berücksichtigung der
Didaktik“), um einen Fall an der Universität Graz (,,Betriebswirtschaftslehre IV“) sowie um
einen Fall an der Universität Salzburg („Praktische Informatik und Software - Technologie“).
In sämtlichen Fällen handelte es sich um Wissenschafterinnen bzw. Wissenschafter aus der
Bundesrepublik Deutschland.
Neben den erwähnten Fällen, in denen die Frage der Ruhegenussvordienstzeiten eine ganz
entscheidende Rolle spielte, gab es eine Reihe
anderer Berufungsverfahren, die letztlich mit
einer Absagc endeten, weil neben anderen wesentlicheren Forderungen (Personal, Sachaus -
stattung, Gehalt ctc.) auch der Wunsch nach beitragsfreier Anrechnung nicht erfüllbar war.
Zu Frage 5:
Der im § 56 Abs. 9 Pensionsgesetz 1965 verwendete Begriff, “besonders berücksichtigungs -
würdige Gründe“ lässt nach Auffassung des Bundesministeriums für Finanzen nur eine re -
striktive Auslegung in dem Sinne zu, dass die Höhe der zu entrichtenden Pensionsbeiträge an
sich nicht als ein derartiger Grund für eine Abstandnahme von der Entrichtung eines beson -
deren Pensionsbeitrages gewertet werden könne. Ein Verzicht auf eine Nachzahlung von
Pensionsbeiträgen sei nur dann gerechtfertigt, wenn ein Vergleich der Lebensverdienstsum -
men zu Ungunsten des Berufungswerbers ausfallen würde.
Zu Frage 6:
Ich bin zwar nicht der Auffassung, dass man bei fünf Berufungen, die aus dem erwähnten
Grund oder hauptsächlich wegen dieses Grundes gescheitert sind, einen „intellektuellen
Inzest“ befürchten müsste, es ist aber nicht zu bestreiten, dass die Abkehr von der ehemals
großzügigen Anrechnungspraxis ein zusätzliches Hemmnis für eine erfolgreiche Interna -
tionalisierung der Universitäten darstellt.
Zu Frage 7:
Die am wenigsten problematische Lösung, die überdies das Budget des Bundes nicht belasten
würde, wäre eine Anwendung der EU - Verordnung 1408/71 in der Fassung 1606/98. Da nach
dieser Verordnung Pensionsbeitragszeiten im EU - Raum nicht mehr verloren gehen“ können,
würde sich die Frage einer beitragsfreien Anrechnung bei Berufungen aus dem EU/EWR -
Raum nicht mehr stellen. Im Falle einer solchen Berufung wären die in anderen EU/EWR -
Ländern erworbenen Pensionszeiten anteilig zu berücksichtigen. Aufgrund dieser Verordnung
käme es zu einer Stückelung der Altersversorgung aus jenen Ländern, in denen Pensions -
zeilen erworben wurden. Der Bezug mehrerer
Pensionen für denselben Anspruchszeitraum,
wie dies im Fall der beitragsfreien Anrechnungen früher der Fall war, wären allerdings aus -
geschlossen, was im Sinne der sozialen Gerechtigkeit auch wünschenswert wäre. Die Anwen -
dung der zitierten Verordnung ist gegenwärtig noch nicht möglich, da Richtlinien für die
innerstaatliche Umsetzung noch nicht erlassen worden sind. Da die weitaus überwiegende
Zahl der Berufungen von Ausländern dem EU/EWR - Raum zuzuordnen ist, könnte die ehe -
baldige Umsetzung dieser Verordnung zu einer nicht unwesentlichen Verbesserung der Chan -
cen Österreichs, Ausländerinnen und Ausländer für die Universitäten zu gewinnen, führen.