626/AB

 

 

An den

Herrn Präsident des Nationalrates

Parlament

1017 Wien

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Peter Schieder und Genossen haben am 22.  Mai 1996 unter No. 645/i-NR/1996 an mich eine schriftliche Anfrage betreffend meines offiziellen Besuches am

 

10.        Mai 1996 in Albanien gerichtet, welche folgenden Wortlaut

 

hat:

 

111.        Stimmen die erwähnten Berichte in den albanischen Zeitungen?  Haben Sie diese Äußerungen tatsächlich getan, wenn ja, warum, wenn nein, was werden Sie noch in den nächsten Tagen unternehmen, um diese falsche Berichterstattung, die eindeutig das Wahlverhalten beeinflussen könnte, zu korrigieren?

 

2.            Warum wurden Sie bloß von einem Abgeordneten begleitet?

Geschah dies im Einvernehmen mit der Präsidiale des Nationalrates und warum haben Sie nicht den Weg gewählt, Vertreter mehrerer Parteien oder den zuständigen Vorsitzenden des Außenpolitischen Ausschusses einzuladen, sondern den Klubobmann Ihrer eigenen Partei?

 

3.     Warum haben Sie bloß das Hauptquartier der mit der ÖVP befreundeten PD besucht und keinerlei Kontakte mit anderen Parteien, insbesondere mit den Vertretern der Opposition in Albanien hergestellt?

 

4.       Haben Sie bei Ihrer Würdigung der Vorbereitung der Parlamentswahlen am 26.  Mai übersehen, daß die Wahllisten (Artikel 21 des albanischen Wahlgesetzes) von den Behörden nicht zeitgerecht veröffentlicht wurden, daß nicht alle Wahlkommissionen,(Artikel 39 des Wahlgesetzes) rechtzeitig zusammengesetzt wurden und daß in den Wahlkommissionen, die ein bestimmtes Anwesenheitsquorum für Beschlüsse vorsehen (Artikel 44 des Wahlgesetzes), diese nur in Anwesenheit der Regierungspartei und ohne Erreichung dieses Quorums gefaßt wurden?  Sind Ihnen keine Berichte vorgelegen, daß

 

Veranstaltungen der Oppositionsparteien von lokalen Behörden verboten wurden, daß z.B. in den Tagen Ihres Besuches in Albanien die Hauptstraße zwischen Tirana und der Hafenstadt Durres von Angehörigen der regierenden Demokratischen Partei und der Polizei blockiert wurden, damit Oppositionspolitiker eine dort geplante Wahlveranstaltung nicht rechtzeitig erreichen konnten?  Sind Ihnen je Berichte zugekommen, daß es sogar zu Mißhandlungen von Kandidaten gekommen sein soll und auch die Oppositionsparteien entgegen-dem Artikel 58 des Wahlgesetzes finanziell ausgehungert werden?

 

5.       Ist Ihnen bei der Vorbereitung Ihres Besuches von Ihren Mitarbeitern im Außenamt die APA vom 3. Mai vorgelegt worden, in der der albanische Journalistenverband aus Anlaß des Internationalen Tages der Pressefreiheit sich über den massiven Druck auf die Journalisten des Landes beklagt?

 

6.       Haben Sie während Ihres Besuches auch die vom Europarat monierten Fragen, wie die Unabhängigkeit der Justiz, die Verletzung des passiven Wahlrechtes durch das Gesetz vom

22.9.1995 und den Fall Fatos Nano angesprochen?"

 

Ich beehre mich, diese Anfrage wie folgt zu beantworten:

 

ad 1: In meinen Gesprächen mit Medienvertretern in Tirana bekräftigte ich meine Unterstützung für die Bemühungen Albaniens auf dem Wege der Demokratisierung nach über 40 Jahren der Herrschaft des kommunistischen Totalitarismus und gab meiner Hoffnung Ausdruck, daß die von der albanischen Regierung begonnene wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung auch nach den Wahlen erfolgreich fortgesetzt werden könnte.

 

Dies geht auch im wesentlichen aus der zitierten APA-Meldung vom 10.5. hervor.  Ich sehe keinen Anlaß, dieser Berichterstattung entgegenzutreten.

 

ad 2: Eine Befassung der Präsidiale des Nationalrates oder des Bundesrates war nicht erforderlich, weil nicht an die Einbeziehung einer Parlamentarierdelegation gedacht war.  KO Dr. Khol ist ein Albanienkenner, hat das Land mehrmals besucht und verfügt durch seine unterstützenden Bemühungen um die Demokratisierung in Albanien über gute persönliche Beziehungen im Land; er hat seine Reise selbst bezahlt.

 

ad 3: Neben dem straffen Besuchsprogramm kam es auch deswegen zu keinen Kontakten mit anderen Parteien, weil diese keine Wünsche nach Zusammentreffen geäußert hatten.

 

ad 4: Dem BMAA lagen zum Zeitpunkt meines Albanienbesuches keine derartigen schriftlichen Berichte vor.

 

Gegenüber meinen Gesprächspartnern habe ich auf die Notwendigkeit der Einhaltung demokratischer Standards bei den Wahlen hingewiesen.

 

ad 6: In meinen Gesprächen in Albanien habe ich den

 

Demokratisierungsprozeß und die damit zusammenhängenden Maßnahmen angeschnitten und mich auch für die baldmögliche Freilassung von Fatos NANO eingesetzt.

 

Wien, am 12.  Juli 1996

Der Bundesminister: