6321/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dipl. - Ing. Maximilian Hofmann und Kollegen ha -
ben an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend „Unternehmensreorganisationsge -
setz“, gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 und 2:
Die Zahl der zivilgerichtlichen Insolvenzverfahren im Jahr 1998 ergibt sich aus der
folgenden Tabelle, wobei die Spalte 5 die Geschäftsgattung „Konkursverfahren“, die
Spalte Sa die Geschäftsgattung „Ausgleichsverfahren“ und die Spalte Se die Ge -
schäftsgattung „Konkurseröffnungsverfahren über Gläubigerantrag“ umfassen.
|
|
S |
Sa |
Se
|
|
Handelsgericht Wien |
1.049 |
108 |
2.772 |
|
Landesgericht Korneuburg |
122 |
13 |
314 |
|
Landesgericht Krems |
51 |
6 |
100 |
|
Landesgericht St. Pölten |
135 |
24 |
218 |
|
Landesgericht Wr. Neustadt |
172 |
21 |
421 |
|
Landesgericht Eisenstadt |
108 |
4 |
159 |
|
Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz |
262 |
4 |
606 |
|
Landesgericht Leoben |
123 |
4 |
261 |
|
Landesgericht Klagenfurt |
239 |
4 |
398 |
|
Landesgericht Linz |
150 |
4 |
370 |
|
Landesgericht Salzburg |
192 |
8 |
658 |
|
Landesgericht Ried im Innkreis |
60 |
4 |
156 |
|
Landesgericht Steyr |
75 |
2 |
155 |
|
Landesgericht Wels |
180 |
2 |
359 |
|
Landesgericht Innsbruck |
217 |
13 |
889 |
|
Landesgericht Feldkirch |
123 |
7 |
277 |
|
Bundessumme |
3.258 |
228 |
8.113 |
Ich ersuche um Verständnis, dass von einer Aufschlüsselung nach Branchen, die
nur nach Einsicht in jeden einzelnen Akt möglich ist, im Hinblick auf den damit ver -
bundenen hohen Aufwand Abstand genommen wurde.
Bundesweit kam es im Jahr 1998 in strafgerichtlichen Verfahren wegen betrügeri -
scher Krida nach § 156 StGB zu 39 Verurteilungen, wegen Schädigung fremder
Gläubiger nach § 157 StGB und wegen Begünstigung eines Gläubigers nach § 158
StGB zu 8 Verurteilungen (die Zahl der Verurteilungen nach diesen beiden strafba -
ren Tatbeständen wird statistisch nur gemeinsam erhoben) und wegen fahrlässiger
Krida nach § 159 StGB zu 1.690 Verurteilungen.
Zahlen für 1999 liegen dem Bundesministerium für Justiz noch nicht vor.
Zu 3 und 4:
Seit dem Inkrafttreten des Unternehmensreorganisationsgesetzes (URG) am 1.Ok -
tober 1997 wurden bis zum Stichtag 1. Juli 1999 vier Anträge auf Einleitung eines
Reorganisationsverfahrens gestellt. Drei Anträge wurden in Niederösterreich und ei -
ner in der Steiermark gestellt. Informationen, um welche Branchen es sich gehan -
delt hat, liegen dem Bundesministerium für Justiz nicht vor.
Von diesen vier Anträgen auf Einleitung des Reorganisationsverfahrens wurden drei
- nach Verbesserungsversuchen - zurückgewiesen, über das Vermögen eines An -
tragstellers wurde ein Konkursverfahren eröffnet.
Zu 5:
Nein. Anhaltspunkte dafür gibt es nicht, weil bislang von den Gerichten keine Ko -
stenvorschüsse auferlegt wurden.
Die Analyse der Ursachen, warum das Verfahren selbst von der Wirtschaft noch
nicht im erhofften Ausmaß in Anspruch genommen wird, ist noch nicht abgeschlos -
sen. Es darf hiebei jedoch nicht übersehen werden, dass die Bestimmungen des
URG, insbesondere die Kennzahlen des § 22
URG und die damit verbundenen Haf -
tungsbestimmungen, dazu geführt haben, dass die Unternehmer sich verstärkt um
die außergerichtliche Sanierung bemühen.
Zu 6 und 11:
Ziel des URG ist, dass die Unternehmer auf betriebswirtschaftliche Probleme recht -
zeitig reagieren. Die Bedeutung des URG darf deshalb nicht allein an der Anzahl der
Reorganisationsverfahren gemessen werden, weil die Ziele des URG vor allem
dann erreicht werden, wenn die Unternehmer zu einer rechtzeitigen - außergerichtli -
chen - Bereinigung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten veranlasst werden. Dies ist,
wie mir wiederholt von Praktikern bestätigt wurde, der Fall. Unter diesem Gesichts -
punkt kann man daher dem URG einen Erfolg nicht absprechen.
Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass das URG auch in der internationalen
Literatur Anerkennung gefunden hat. So führt zum Beispiel Prof. Dr. Meinhard
Heinze, Universität Bonn, aus, dass man „bei einer Würdigung der neueren österrei -
chischen und deutschen Gesetzgebung vor dem Hintergrund der Reformbestrebun -
gen in allen europäischen Industrienationen feststellen muss, dass allein das öster -
reichische URG in der Lage erscheint, der massenweisen Vernichtung von Werten
zu Lasten der Gesamtwirtschaft bei Unternehmenszusammenbrüchen effektiv ent -
gegenzuwirken.“ (Wirtschaftspolitische Blätter 1999, Heft 4, 5 367ff).
Zu 7:
Das Bundesministerium für Justiz beabsichtigt vorerst keine Initiative zur Änderung
des URG zu ergreifen, zumal sich die materiellen Bestimmungen offenbar bewährt
haben. Was das im URG enthaltene Reorganisationsverfahren betrifft, so ist der
Zeitraum noch zu kurz, um einen Änderungsbedarf beurteilen zu können.
Zu 8 und 9:
Das Verfahren nach Chapter 11 des US Code of Bankruptcy ist in seinen Grundzü -
gen nicht mit dem Reorganisationsverfahren nach dem URG, sondern mit dem Aus -
gleichsverfahren vergleichbar, das dem Schuldner ebenfalls die Erhaltung des Un -
ternehmens ermöglicht. Eine zusätzliche Einführung entsprechender Bestimmungen
(auch) in das URG würde zu unnötigen Doppelgleisigkeiten ähnlicher Verfahren füh -
ren.
Zu 10:
Durch die im URG enthaltenen Haftungsbestimmungen wird in zweckmäßiger Weise
Druck auf die verantwortlichen Organe
ausgeübt, die „Alarmsignale“ im Sinne der
Kennzahlen des § 22 Abs. 1 Z 1 URG zu beachten und bei deren Eintritt unverzüg -
lich zu reagieren. Letztlich soll dadurch die Zahl der Insolvenzen, die mit erheblichen
Nachteilen für die Gläubiger und einer volkswirtschaftlich schädlichen Kapitalver -
nichtung verbunden sind, zurückgedrängt werden.
Strafbestimmungen enthält das Unternehmensreorganisationsgesetz nicht.