6351/AB XX.GP
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 6708/J betreffend die
Liberalisierung des Gasmarktes in Österreich, welche die Abgeordneten Oberhaidinger und
Genossen am 16. Juli 1999 an mich richteten, stelle ich fest:
Antwort zu den Punkten 1 und 2 der Anfrage:
Gegenstand einer parlamentarischen Anfrage kann nur eine Angelegenheit der Vollziehung
aus dem Zuständigkeitsbereich der Bundesregierung bzw. eines ihrer Mitglieder sein. Beim
Abschluß von privatrechtlichen Verträgen zwischen Gasunternehmungen handelt es sich
jedoch um Angelegenheiten, die die Geschäftspolitik von Unternehmen betreffen, auf die der
Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten keinen Einfluß zu nehmen hat.
Genehmigungspflichtig sind nach den für die Gaswirtschaft gegenwärtig geltenden
gesetzlichen Bestimmungen lediglich Verträge, die die Einfuhr von Gas auf festen
Leitungswegen zum Gegenstand haben. Insoweit sogenannte ,,Take - or - pay - Klauseln“
allen falls Gegenstand dieser Importlieferverträge sind, die gemäß § 10
Energiewirtschaftsgesetz der Genehmigung des Bundesministers für wirtschaftliche
Angelegenheiten bedürfen, ist eine
Beantwortung dieser Frage deswegen nicht möglich, da
im Hinblick auf die geringe Zahl der importierenden Unternehmen in Österreich
Rückschlüsse auf Tatsachen möglich wären, deren Geheimhaltung im Interesse der Parteien
(importierende Unternehmen) geboten ist. Die Beantwortung dieser Frage könnte daher eine
Verletzung des im Art. 20 Abs. 3 B - VG normierten Gebots der Amtsverschwiegenheit zur
Folge haben.
Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:
Bezüglich der Kenndaten der österreichischen Gaswirtschaft sowie Umsatz und Größe der
tätigen Unternehmen verweise ich auf die veröffentlichten Geschäftsberichte der
gegenständlichen Unternehmen.
Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:
Da die economies of scale von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich sind und diese
Angaben dem Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten nicht vorliegen, kann
diese Frage nicht beantwortet werden.
Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:
Prinzipiell könnten alle in der EU tätigen Unternehmungen der Erdgaswirtschaft sofort
Erdgas nach Österreich liefern.
Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:
Die Beantwortung dieser Frage ist nicht möglich, da firmeninteme Geschäftspolitiken und die
damit im Zusammenhang stehenden Zahlen keine
Angelegenheit der Vollziehung darstellen.
Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:
Es gibt in Österreich keine Unternehmen, die 25 Mrd. m3 Erdgas verbrauchen. Der gesamte
österreichische Erdgaseinsatz betrug 1998 7,36 Mrd. m3.
Antwort zu Punkt 8 der Anfrage:
Da die Mitgliedstaaten der EU derzeit noch mit den Umsetzungsarbeiten zur
Erdgasbinnenmarkt - Richtlinie befaßt sind - diese müssen bis zum 10. August 2000
abgeschlossen sein -, können bis dato noch keine präzisen Angaben zu den jeweiligen
Marktöffnungsgraden gemacht werden. Das Vereinigte Königreich und Deutschland haben
sich bereits für eine 100 prozentige Marktöffnung ausgesprochen.
Antwort zu Punkt 9 der Anfrage:
Es bestehen in Österreich keine gesetzlichen Verpflichtungen zur Erdgas - Vorratshaltung. Der
Notversorgungsplan der österreichischen Erdgaswirtschaft basiert auf freiwilligen
Vereinbarungen der Unternehmen. Da es für österreichische Firmen keine gesetzlichen
Vorschriften zur Pflichtbevorratung von Erdgas gibt, können solche im Sinne des
Gleichheitsgrundsatzes auch ausländischen Unternehmen nicht auferlegt werden.
Antwort zu Punkt 10 der Anfrage:
Zuwendungen für unrentabel werdende Investitionen sind in der Erdgasbinnenmarkt -
Richtlinie der EU nicht vorgesehen.
Antwort zu den Punkten 11 bis 13 der Anfrage:
Die Verweigerung der Durchleitung wird zwischen den Vertragsparteien vertraglich
durchgeführt werden. Im GWG - Entwurf
sind die Verweigerung des Netzzuganges, die
Ausnahmen von der Verpflichtung zur Gewährung des Netzzuganges und die
Streitbeilegungsverfahren genau festgelegt. Da diese Bestimmungen für alle Verträge und
Unternehmungen gelten sollen, kann keine Gefahr für die Verletzung des
Gleichheitsgrundsatzes bestehen.
Antwort zu Punkt 14 der Anfrage:
Artikel 21 Abs. 2 der Richtlinie 98/30/EG betreffend gemeinsame Vorschriften für den
Erdgasbinnenmarkt schreibt vor, daß die Mitgliedstaaten eine von den Parteien unabhängige
zuständige Stelle, die für die umgehende Beilegung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit
Netzzugangsverhandlungen zuständig zeichnet, benennen. Gefordert wird daher lediglich,
daß die zuständige Stelle von den Parteien unabhängig zu sein hat, um unsachliche
Entscheidungen, die auf Grund einer Abhängigkeit von den Parteien gefällt werden,
hintanzuhalten. Für die Beurteilung, ob die benannte Stelle diesen Voraussetzungen
entspricht, sind die dieser Stelle gegenüber den Parteien zukommende Position, das
anzuwendende Verfahren und der den Parteien hiebei eingeräumte Rechtsschutz
heranzuziehen.
Schon die Stellung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten als oberstes
Organ im Sinne des Art. 20 B - VG schließt dessen Abhängigkeit von den Parteien aus. Den
Anforderungen des Art. 21 Abs. 2 der zitierten Richtlinie wird auch bereits dadurch
entsprochen, daß die anzuwendenden Verfahrensvorschriften, die auch das Recht der Parteien
auf Ablehnung von befangenen Organen im Einzelfall vorsehen, ebenso wie die Anwendung
des Grundsatzes der Rechtsstaatlichkeit der höchstgerichtlichen Kontrolle unterliegen.
Die Unabhängigkeit der streitschlichtenden Stelle wird im übrigen bereits durch Art. 25 Abs.
2 der zitierten Richtlinie relativiert, da die Entscheidung des Bundesministers für
wirtschaftliche Angelegenheiten auf Genehmigung einer zeitlichen Ausnahme von der
Verpflichtung zur Gewährung des Netzzuganges der Europäischen Kommission vorzulegen
ist und durch deren Entscheidung geändert oder aufgehoben werden kann.