683/AB
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 787/J-NR/1996, betreffend Innovationspolitik der Europäischen Union, die die Abgeordneten Dr. KARLSSON und Genossen am 14. Juni 1996 an
mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
1. Welche Stellungnahme halten Sie in Bezug auf das Grünbuch und werden Sie in Bezug auf das fünfte Rahmenprogramm abgeben, um die soziale Dimension und die Bürger beteiligung im Innovationsprozeß der Europäischen Union zu stärken?
Antwort:
In meinem Schreiben vorn 27. März 1996 an das für Forschung und Bildung zuständige Mitglied der Europäischen Kommission, Frau Cresson, betonte ich, daß Innovation eine Voraussetzung für die Sicherung von Beschäftigung und Wohlstand in Europa ist. In diesem Sinne bedankte ich mich bei Frau Cresson für die Initiative der Europäischen Kommission, dieses Grünbuch zur Innovation in die europaweite Diskussion gebracht zu haben.
Im Rahmen der in Wien angehaltenen Grünbuch-Konferenz im April dieses Jahres wies ich auf einige Schwachstellen des Grünbuches hin, die im Zusammenhang mit der Bürgerbeteiligung sowie den beschäftigungspolitischen Auswirkungen von Innovation stellen. Auch wenn im Grünbuch dem Thema Innovation und Beschäftigung ein eigener Abschnitt gewidmet wurde, sollten die beschäftigungspolitischen Konsequenzen inovativer Prozesse noch deutlicher hervorgehoben werden. Es geht dabei darum, den Zusammenhang zwischen Technologie, Innovation und Beschäftigung besser zu verdeutlichen.
Die Einbeziehung von Bürgern und Bürgerinnen in den Innovationsprozeß wird zwar im Grünbuch mehrmals angeführt. Ich meine aber, daß die breite Beteiligung insbesondere von Beschäftigten als Kriterium in die Förderprogramme auf nationaler und Gemeinschaftsebene aufgenommen werden sollte: Etwa in der Form, daß die Kosten für die Beratung des Betriebsrates oder der Beschäftigten im Zusammenhang mit Innovationsvorhaben und -projekten als förderbar anerkannt werden, insbesondere dann, wenn es sich um organisatorische und strukturelle Innovation handelt. Im übrigen wird diesen Überlegungen im Rahmen des österreichischen Innovations- und Technologiefonds bereits Rechnung getragen.
Innovation ist ohne Forschung auf lange Sicht nicht möglich. Aus diesem Grund besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Grünbuch zur Innovation und dem nun beginnenden Nachdenken über das künftige fünfte Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung.
Forschung dient keinem Selbstzweck, sondern ist stets übergeordneten Zielen und Bedürfnissenverpflichtet. Unter dem Eindruck der europaweiten Anstrengungen, beschäftigungspolitische Maßnahmen zu setzen - ich erinnere unter anderem an Kommissionspräsident Santers "Vertrauenspakt für Beschäftigung" - und im Einklang mit den darin enthaltenen forschungspolitischen Überlegungen trete ich dafür ein, das fünfte Rahmenprogramm auf solche Forschungsbereiche zu konzentrieren, die unmittelbare, drängende und für die Bürger Europas transparente Problemstellungen von europäischer Dimension zum Gegenstand haben.
Insgesamt scheint mir die Diskussion, die wir augenblicklich in Europa über Forschung, Innovation, Technologie, Bildung und Beschäftigung führen, in die richtige Richtung zu weisen. Österreich ist in dieser Diskussion, gerade was sozialpolitische Fragen anlangt, mit deutlicher Stimme zu hören. Ich plädiere für eine umfassende Sichtweise und für die Beteiligung möglichst aller Bürger und Bürgerinnen an diesem Prozeß.
2. Welche österreichischen Pro Projekte wurden im Rahmen des vierten Rahmen- programmes gefördert und in welcher Höhe?
Antwort:
In der ersten Ausschreibungsrunde des vierten Rahmenprogramms wurden österreichische Projekte in der Gesamthöhe von rund 787 Mio ATS gefördert. Die Fördersumme verteilt sich auf insgesamt 296 österreichische Projekte.
Die Analyse der österreichischen Projektbeteiligung an der ersten Ausschreibung ergibt, daß quantitativ die größte österreichische Teilnahme bei den spezifischen Programmen Nicht-nukleare Energien (58 Projekte), Biomedizin (45), Telematik (33) sowie Umwelt (29) zu verzeichnen ist. Mit Blick auf den Typus der österreichischen Forschungseinrichtungen ist zu sagen, daß etwas weniger als die Hälfte aller österreichischen Teilnehmer aus den Universitäten oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen stammen und etwa ein Drittel aus der Wirtschaft.
Die österreichische Beteiligung am vierten Rahmenprogramm stellt angesichts dieser Zahlen einen großen Erfolg dar, und ich hoffe, daß sich die positive Entwicklung bei den nächsten Ausschreibungen im vierten Rahmenprogramm fortsetzt.
3. Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um die Einb)eziehung der österreichischen Bevölkerung in die lnnovationspolitik der Europäischen Union zu gewährleisten?
Antwort:
Die Einbeziehung der österreichischen Bevölkerung in die europäische Innovationspolitik nur möglich, wenn wir uns die spezifische Situation Österreichs in der Europäischen Union vergegenwärtigen.
In Österreich haben wir überwiegend kleine und mittlere Unternehmen mit relativ geringen
Ressourcen für Forschung und innovative Entwicklung. Es ist mir ein besonderes Anliegen, die Einbindung der österreichischen KMU in die europäische Forschungs- und Innovationspolitik
zu verbessern. Aus diesem Grund schlage ich unseren europäischen Partnern für das fünfte Rahmenprogramm vor, Maßnahmen zu verabschieden, die solche Forschungsprojekte künftig bevorzugt, an denen sich KMU beteiligen (Bonussystem).
Eine wesentliche Voraussetzung für die aktive Beteiligung der österreichischen Bevölkerung am Innovationsprozeß ist die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, der Aus- und Weiterbildung verstärktes Augenmerk zu schenken. Um die Bereitschaft zum lebensbegleitenden Lernen der österreichischen Gesellschaft zu fördern, werde ich auf nationaler und europäischer Ebene dafür eintreten, die Infrastruktur im Bildungsbereich weiter zu verbessern (Stichworte: Sprachkurse, Austauschprogramme, Umgang mit und Anwendung von multimedialer Technik etc.).Darüber hinaus kommt der Koordination unserer österreichischen Anstrengungen in der Innovationspolitik zwischen Bund, Ländern und Gemeinden einerseits und der Europäischen Union andererseits wachsende Bedeutung zu. Ich betone nachdrücklich, daß wir nur dann die österreichischen lnnovationsleistungen verbessern können, wenn wir alle gemeinsam in gegenseitiger Abstimmung und in enger Kooperation miteinander vorgehen. Dabei ist es mir ein besonderes Anliegen, die Zusammenarbeit nicht nur zwischen den öffentlichen Trägern der Innovationspolitik, sondern auch zwischen den Forschern und der Wirtschaft weiter zu intensivieren.