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Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Höchtl und Kollegen haben
am 31. Jänner 1996 unter der Nr. 50/J an mich eine schriftliche
parlamentarische Anfrage betreffend Entschließungsantrag des
Nationalrats vom 14 . Juli 1994 "Maßnahmen im Zusammenhang mit
Sekten, pseudoreligiösen Gruppierungen, Vereinigungen und orga-
nisationen sowie destruktiven Kulten" gerichtet , die folgenden
Wortlaut hat:
"1. Hat die Bundesregierung zum genannten Problemkreis eine
Arbeitsgruppe eingesetzt?
2 . Haben Sie die Herausgabe einer Aufklärungsbroschüre veran-
laßt?
3 . Haben Sie mit den betroffenen Ministerien Aufklärungsaktio-
nen an Schulen, Familienberatungs- und Erwachsenenbildungs-
einrichtungen sowie bei Eltern- und Familienorganisationen
unterstützt?
4 . Wurden bestehende Selbsthilfegruppen für ßetroffene und Aus-
steiger sowie bestehende Beratungseinrichtungen gefördert?
5. Wurden die derzeitigen strafrechtlichen Bestimmungen auf
ihre Wirksamkeit gegen Sekten überprüft?
6 . Hat der Bundesminister für Inneres der Bundesregierung be-
reits die in einer parlamentarischen Anfragenbeantwortung
für Ende 1993 angekündigten Ergebnisse der Arbeitsgruppe
zur Überarbeitung des Vereinsgesetzes mitgeteilt?"
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Die Koordination der Arbeitsgruppe "Sekten" , die sich aus Ver-
tretern der Bundesministerien für Jugend und Familie bzw Unter-
richt und kulturelle Angelegenheiten, der Erzdiözese und des
Evangelischen Pfarramtes Wien, der "Gesellschaft gegen Sekten-
und Kultgefahren" , des Stadtschulrats sowie der Universität
Wien zusammensetzt, obliegt dem Bundesministerium für Unter-
richt und kulturelle Angelegenheiten.
Zu Frage 2 :
Diese Aufgabe obliegt dem Bundesministerium für Jugend und
Familie. Wie mir mitgeteilt worden ist, wird an der Erstellung
allgemeiner Informationsmaterialien gearbeitet.
Zu Frage 3 :
Vom Bundesministerium für Unterricht und kulturelle
Angelegenheiten wurde die Broschüre "Die Welt ist nicht nur
schwarz und weiß; Anleitungen zu ideologiekritischem Denken,
Ideologiekritik als Bildungsaufgabe" von Sedlak/Dippelreiter,
Pädagogischer Verlag Eugen Ketterl 1994 , die sich mit der Pro-
blematik der ideologischen Indoktrination durch Sekten befaßt,
herausgegeben und an Beratungsstellen und Schulen weitergege-
ben. Weiters fördert, wie mir mitgeteilt wird, das Bundesmini-
sterium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten die Tätig-
keit der ''Gesellschaft gegen Sekten- und Kultgefahren" seit
vielen Jahren.
Im Bereich der Familienberatungsstellen ist die Durchführung
einer Erhebung, in welchem Umfang die Beratungsstellen von
betroffenen Angehörigen von Sektenmitgliedern in Anspruch ge-
nommen werden, geplant. Ziel dieser Umfrage ist es, jenen Be-
ratungsstellen, die häufig zu dieser Thematik frequentiert
werden, spezielle Unterstützung in Form von Informations- und
Schulungsmaßnahmen zukommen zu lassen.
Zu Frage 4 :
Nach den mir zur Verfügung stehenden Informationen fördert das
Bundeskanzleramt weder einschlägige Selbsthilfegruppen noch Be-
ratungseinrichtungen. Wie mir allerdings vom Bundesministerium
für Jugend und Familie mitgeteilt wurde, betreibt die "Gesell-
schaft gegen Sekten- und Kultgefahren" eine Beratungsstelle in
Wien, die seit Bestehen dieser Institution (1987) vom Bundes-
ministerium für Jugend und Familie gefördert wird.
Zu Frage 5:
Das Bundesministerium für Justiz hat - wie mir mitgeteilt
wird - aufgrund des Entschließungsantrages vom 14. Juli 1994
den bestehenden Katalog gerichtlicher Straftatbestände in diese
Richtung untersucht und dabei festgestellt, daß grundsätzlich
ausreichende Möglichkeiten bestehen, um in Betracht kommende
Handlungen von erheblichem sozialem Störwert erfassen und
ahnden zu können. Als relevante Strafbestimmungen kommen in
diesem Zusammenhang insbesondere in Betracht:
- Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB, wenn jemand mit Gewalt
oder durch gefährliche Drohung z.B. zur Mitgliedschaft
oder zum Verbleib in einer Sekte oder pseudoreligiösen
Vereinigung veranlaßt wird;
- Freiheitsentziehung nach § 99 StGB durch Gefangenhalten
oder andere Beeinträchtigungen der persönlichen Freiheit;
- Entziehung eines Minderjährigen aus der Macht des Erzie-
hungsberechtigten nach § 195 StGB, wobei zur zwangsweisen
Rückholung eines Minderjährigen geeignete außerstrafrecht-
liche (zivil- und jugendwohlfahrtsrechtliche) Maßnahmen zur
Verfügung stehen;
- die Strafbestimmungen des Sexualstrafrechts nach §§ 201 ff
StGB , die zum Tragen kommen könnten , wenn in manchen Sekten
das "totale Ausleben von Sexualität" gefordert wird ;
- die Anstiftung eines Sektenmitglieds zur Verwirklichung
eines bestimmten strafgerichtlichen oder verwaltungsstraf-
rechtlichen Tatbestands ;
- Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze nach § 281 StGB
sowie Aufforderung zu mit Strafe bedrohten Handlungen und
Gutheißung mit Strafe bedrohter Handlungen nach § 282 StGB ,
sofern solche Äußerungen in einem Druckwerk , im Rundfunk
oder sonst auf eine Weise erfolgen , daß sie einer breiten
Öffentlichkeit zugänglich werden.
Zu Frage 6 :
Laut Auskunft des Bundesministeriums für Inneres hat die
Tätigkeit der angesprochenen Arbeitsgruppe zwar bereits
Ergebnisse gezeitigt , die als Grundlage für die Ausarbeitung
eines Entwurfs eines neuen Vereinsgesetzes geeignet sind. Im
Zuge dieser Tätigkeiten haben sich jedoch die Voraussetzungen
insofern geändert , als bei der Erstellung des Begutachtungsent-
wurfs nunmehr auch auf die Beratungen über den Entwurf einer
Verordnung des Rates der Europäischen Gemeinschaften über das
Statut des Europäischen Vereins Rücksicht zu nehmen ist.