736/AB
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Josef Cap und Genossen haben an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend nationalsozialistische Umtriebe des Gerd Honsik in Spanien, gerichtet und folgende Fragen gestellt:
'l. Beabsichtigt das Bundesministerium für Justiz bzw. die dem Bundesministerium für Justiz beigeordneten Strafverfolgungsbehörden aufgrund der Ausgabe der Hetzschrift "Halt" Nr. 80 März/April 1996 Strafverfahren gegen Gerd Honsik wegen § 3 g Verbotsgesetz (nationalsozialistische Betätigung) und § 297 StGB (Verleumdung zum Nachteil des Atha Athanasiadis) einzuleiten?
2. Wird die österreichische Strafverfolgungsbehörde bei den zuständigen Gerichten den Antrag auf Auslieferung des Gerd Honsik aus Spanien stellen?
3. Welche Maßnahmen wird der Bundesminister für Justiz - allenfalls in Zusammenarbeit mit seinem Ressortkollegen in Spanien - ergreifen, um eine weitere Verbreitung des Hetzblattes "Halt" in Österreich, aber auch in Spanien, zu verhindern?"
Ich beantworte diese Fragen wie folgt:
Zu 1:
Die Staatsanwaltschaft Wien hat im Zusammenhang mit dem Inhalt der Ausgabe Nr. 80 von "HALT' am 17.5.1996 beim Untersuchungsrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien die Führung von Vorerhebungen gegen Gerd Honsik wegen des Verdachtes nach § 3 g VerbotsG und eines anderen Deliktes beantragt. Die Führung von Vorerhebungen - auch wegen § 297 StGB gegen Honsik hat die Staatsanwaltschaft Wien bisher nicht beantragt, weil die Ergebnisse der Erhebungen zu den gegen einen Journalisten erhobenen Anschuldigungen noch nicht vorliegen. Sollte sich aber die Unrichtigkeit der diesbezüglichen Darstellung Honsiks ergeben, wird die Staatsanwaltschaft Wien die Führung von Vorerhebungen gegen Honsik auch wegen § 297 Abs. 1 StGB beantragen.
Zu 2,
Erst nach Abschluß der gegen Gerd Honsik wegen des Verdachtes nach § 3g VerbotsG eingeleiteten neuen Vorerhebungen kann beurteilt werden, ob ein weiteres österreichisches Auslieferungsersuchen an Spanien zielführend und aussichtsreich erscheint. Zwischenzeitig wurden auch die spanischen Behörden auf diplomatischem Weg bereits um Auskunft ersucht, ob auf Grund der geänderten spanischen Rechtslage einem abermaligen österreichischen Auslieferungsersuchen auch im Hinblick auf das gegen Gerd Honsik ergangene Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 5. 5. 1992 entsprochen werden könnte.
Zu 3:
Die Druckschrift "Halt" wird wie andere gleichartige Presseerzeugnisse von den staatsanwaltschaftlichen Behörden, soweit ihnen die einzelnen Nummern zur Kenntnis gelangen, eingehend geprüft. Soferne Medieninhaltsdelikte vorliegen, wird gegen die medienrechtlich Verantwortlichen ein Strafverfahren eingeleitet und, soferne die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind, auch mit Beschlagnahme und Einziehung vorgegangen. Freilich sind auf Grund des verfassungsrechtlich verankerten Verbotes jeder Art von Vorzensur eine strafrechtliche Prüfung und allfällige Konsequenzen erst nach dem Erscheinen eines Mediums möglich.
Das vielfach beklagte Fehlen ausreichend wirksamer Instrumente im Bereich der grenzüberschreitenden Verfolgung neonazistischer Straftaten hat mich veranlaßt,
mich im Rahmen der "Dritten Säule" der Europäischen Union mit Nachdruck für das Zustandekommen einer gemeinsamen Maßnahme einzusetzen, die den Mitgliedstaaten eine substantielle Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit auf diesem Gebiet, insbesondere im Bereich der Rechtshilfe und Auslieferung, verbindlich vorschreibt.
Nach längeren, schwierigen Beratungen hat der Rat der Innen- und Justizminister auf seiner Tagung vom 19. und 20. März 1996 politisches Einvernehmen über den Inhalt dieses Instruments erzielt. Die Beschlußfassung erfolgte nunmehr bei der Ratstagung vom. 15., 16. Juli 1996; die Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften steht noch aus.
Die beschlossene gemeinsame Maßnahme verpflichtet die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, zur Verbesserung der Rechtshilfe bestimmte Verhaltensweisen entweder unter Strafdrohung zu stellen oder vom Grundsatz der beiderseitigen Strafbarkeit abzugehen. Es handelt sich dabei um
* die öffentliche Aufstachelung zu Diskriminierung, Gewalt oder Rassenhaß gegenüber Gruppen oder Einzelpersonen anderer Hautfarbe, Rasse, Religion oder nationaler oder ethnischer Herkunft;
* die öffentliche Rechtfertigung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder von Menschenrechtsverletzungen zu rassistischen oder fremdenfeindlichen Zwecken;
* die Leugnung des Holocaust;
* die Weitergabe und Verbreitung von rassistischen Schriften, Bildern und sonstigem Material dieser Art in der Öffentlichkeit sowie um
* die aktive Beteiligung an Vereinigungen, bei denen es zu Diskriminierung, Gewalt, Rassenhaß, ethnischem oder religiösem Haß kommt.
Die Mitgliedstaaten verpflichten sich in dieser gemeinsamen Maßnahme ferner, im Rahmen der Rechtshilfe Schriften, Bilder und sonstige Materialien mit rassistischen oder fremdenfeindlichen Inhalten zu beschlagnahmen und einzuziehen sowie die oben erwähnten Betätigungen nicht als politische Vergehen einzustufen, bei denen die Rechtshilfe abgelehnt werden kann. Weiters sollen die Mitgliedstaaten Informationen austauschen, die eine Strafverfolgung und die Einziehung von Schriften udgl. in diesem Bereich erleichtern.
Ich bin zuversichtlich, daß rassistische, fremdenfeindliche und dem Verbotsgesetz zu subsumierende Aktivitäten in einem "Europa der offenen Grenzen" auf wirksamere Weise als bisher bekämpft und verfolgt werden können, sobald die Mitgliedstaaten der EU ihre Verpflichtungen aus dieser gemeinsamen Maßnahme in das innerstaatliche Recht umsetzen. Ich werde zur gegebenen Zeit die Strafverfolgungsbehörden über die auf Grund dieses neuen Instruments erweiterten Möglichkeiten informieren.