802/AB

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Ewald Stadler, Dr. Harald Ofner

haben an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend den Versuch des Bundeskanz-

lers, auf das laufende Strafverfahren gegen den lnnenminister Einfluß zu nehmen,

gerichtet und folgende Fragen gestellt:

 

''1. Können Sie ausschließen, daß die öffentlich vom Bundeskanzler ausgedrückte

Erwartung einer EinstelIung der Ermittlungen gegen lnnenminister Dr. Einem

von den mit dem Strafverfahren befaßten Justizorganen als Aufforderung be-

trachtet wird, in diesem Sinn vorzugehen ?

 

2. Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um den zuständigen Richtern und

Staatsanwälten ein von diesen ''Erwartungen'' unabhängiges Vorgehen zu er-

mögIichen ?

 

3. Sind in dieser Strafsache bereits Weisungen erteilt worden? Wenn ja, wie lau-

ten sie und zu weIchen Verzögerungen des Verfahrens haben sie bisher ge-

führt ?

 

4. Werden Sie - um den Verdacht politischer Einflußnahme zu vermeiden - dafür

sorgen, daß die Staatsanwaltschaft in dieser Angelegenheit weisungsfrei vor-

gehen kann? Wenn nein, warum nicht ?''

lch beantworte diese Fragen wie folgt:

 

Zu 1 und 2:

lch schließe es aus, daß sich die mit der Strafsache gegen den Bundesminister für

lnneres Dr. Caspar Einem befaßten Justizorgane bei ihrem Vorgehen von anderen

als rein sachlichen Überlegungen haben leiten lassen. Maßnahmen, den zuständi-

gen Richtern und Staatsanwälten ein unabhängiges Vorgehen zu ermöglichen, wa-

ren daher nicht geboten.

 

Zu 3:

ln dem gegen Bundesminister Dr. Einem zu AZ 8 St 122.123/95 der Staatsanwalt-

schaft Wien geführten Verfahren hat die Oberstaatsanwaltschaft Wien am

24. Juni 1996 hinsichtlich des Faktums ERNK-Büro folgende Weisung zur Sachbe-

handlung gemäß § 29 Abs. 1 StaatsanwaItschaftsgesetz erteilt:

 

''Das im Bericht vom 17. Mai 1 996, 8 St 122123/95-26, enthaltene Erledigungsvor-

haben wird nicht genehmigt.

 

Vielmehr wird in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Justiz (Erlaß vom

24. Juni 1996, GZ 1055/40-lV.3/1 996) ersucht (§ 29 Abs. 1 StAG), die Anzeige ge-

gen Dr. Caspar Einem wegen § 302 Abs. 1 StGB (Faktum. ERNK-Büro) gemäß § 90

Abs. 1 StPO zurückzulegen (FakteneinstelIung).''

 

lch verweise in diesem Zusammenhang auch auf meine Antwort vom 26. Juni 1996

auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten zum Nationalrat Paul Kiss und Kolle-

gen, Zahl 509/J-NR/1996. Sonstige Weisungen zur Sachbehandlung sind in dem

Verfahren nicht ergangen.

 

Zu 4:

Mit Erlaß des Bundesministeriums für Justiz vom 1 . August 1996 wurde in Überein-

stimmung mit der Oberstaatsanwaltschaft Wien das Vorhaben der Staatsanwalt-

schaft Wien vom 17. Juli 1996, in dem gegen Bundesminister Dr. Einem wegen des

Vorwurfes, er habe die Unterdrückung einer Karteikarte mit ihn seIbst betreffenden

sicherheitsbehördlichen Vormerkungen durch Beamte der EBT veranlaßt, geführten

Verfahren beim Untersuchungsrichter die Erklärung nach § 90 Abs. 1 StPO abzuge-

ben und hinsichtlich der übrigen, in der Sachverhaltsdarstellung des Parlaments-

klubs der Freiheitlichen Partei Österreichs vom 10. August 1995 enthaltenen Vor-

würfe, die Anzeige gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückzulegen, zur Kenntnis genom-

men. lm Hinblick auf die übereinstimmende Beurteilung der Sache durch die staats-

anwaltschaftlichen Behörden und das Bundesministerium für Justiz hat sich die Fra-

ge der Erteilung einer Weisung nicht gestellt.