810/AB
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr.
788/J betreffend Innovationspolitik der Europäischen Union,
welche die Abgeordneten Irmtraut Karlsson und Genossen am
14. 6. 1996 an mich richteten und aus Gründen der besseren Über-
sichtlichkeit in Kopie beigelegt ist, stelle ich fest :
Antwort zu den Punkten 1 und 3 der Anfrage :
Das Grünbuch zur Innovation wurde seitens der EU-Kommission ver-
öffentlicht, um in Europa einen breit angelegten Diskussions-
prozeß zum Thema Innovation zu initiieren. In den Mitgliedstaaten
erfolgte eine sehr breite Streuung und Einbindung vieler Institu-
tionen und Organisationen, politischer Entscheidungsträger, Un-
ternehmen und Forschungseinrichtungen. Diese Einrichtungen, aber
auch Privatpersonen wurden ''eingeladen'' , zu diesem Grünbuch, das
als ''Diskussionsunterlage'' zu verstehen ist, Stellung zu nehmen
und diese der EU-Kommission, GD XIII/D ( INNOVATIONS-Programm ) , zu
übermitteln.
Weiters wurden in den Mitgliedstaaten Konferenzen organisiert , um
zusätzliche Meinungen und Beiträge zu diesem Thema zu erzielen.
Mit dieser Vorgangsweise sollte erreicht werden, daß einerseits
die Innovationsdebatte einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich
und die Bedeutung von Innovation bewußt gemacht wird und anderer-
seits der EU-Kommission ( und in der Folge den Entscheidungs-
trägern auf europäischer Ebene ) ein breites Spektrum an Stellung-
nahmen zukommt . Seitens der EU-Kommission werden diese viel-
zähligen Beiträge und Anregungen nunmehr zusammengefaßt und
sollen in einen konzertierten Aktionsplan ( mit konkreten Maß-
nahmen auf europäischer Ebene, aber auch mit Hinweisen, was
zweckmäßiger auf Ebene der Mitgliedstaaten geschehen soll ) mün-
den.
In Österreich wurde diese Konferenz im April mit großem Erfolg
und mit reger Beteiligung von Vertretern der unterschiedlichsten
Institutionen abgehalten. Das Bundesministerium für wirtschaft-
liche Angelegenheiten, das österreichischerseits für das INNO-
VATIONS-Programm ( GD XIII/D ) zuständig ist , hat sowohl - im Rah-
men der für dieses INNOVATIONS-Programm eingerichteten Fach-
kommission - an der Vorbereitung der Konferenz als auch an der
Konferenz selbst maßgeblich mitgewirkt .
Als Wirtschaftsminister begrüße ich die Grünbuchinitiative außer-
ordentlich, insbesonders die weite Definition des Innovations-
begriffes und den breiten Innovationsansatz ( damit zunehmende
Berücksichtigung der organisatorischen, partizipatorischen,
qualifikatorischen und kulturellen Fragen ) , was ja auch in der
zusammenfassenden Darstellung der Abschlußsitzung der Konferenz
seitens des Vertreters meines Hauses zum Ausdruck gebracht wurde.
Weiters wurde in den österreichischen Stellungnahmen betont , daß
den Aspekten Umwelt, Sozialverträglichkeit und Mitbestimmung in
dem zusammenfassenden Bericht ( ''Weißbuch zur Innovation'' ) der EU
entsprechende Bedeutung beigemessen werden soll . Explizit wurde
es begrüßt , daß die Einbeziehung der Beschäftigten/Mitarbeiter im
Innovationsprozeß im Grünbuch angeführt ist . Österreichischer-
seits wurde aber hingewiesen, daß die breite Einbeziehung der
Mitarbeiter in die Programme auf nationaler und Gemeinschafts-
ebene als Kriterium aufgenommen werden sollen. In diesem Zu-
sammenhang möchte ich auf die im ITF eingerichtete Arbeitsgruppe
''ArbeitnehmerInneneinbindung in Innovationsprozesse `` hinweisen
( unter der gemeinsamen Federführung des Bundesministeriums für
wirtschaftliche Angelegenheiten und des Bundesministeriums für
Wissenschaft , Verkehr und Kunst ) , die bereits einen ersten Zwi-
schenbericht ausgearbeitet hat ( dieser liegt bei ) . Als erstes
Ergebnis dieser Arbeitsgruppe wurde in den neuen Förderschwer-
punkten des ITF , nämlich Technologietransfer und Technologien für
die Informationsgesellschaft , die Beratung der Beschäftigten in
Zusammenhang mit Innovationsvorhaben und -proj ekten ( insbeson-
ders , wenn es um organisatorische und strukturelle Innovationen
geht ) als förderbar anerkannt .
Im Hinblick darauf , daß Österreich eine klein- und mittelbetrieb-
liche Struktur aufweist , wurde auch in den Stellungnahmen zum
Grünbuch hervorgehoben, daß künftige Förderprogramme auf europäi-
scher Ebene ( im besonderen das 5 . F&E-Rahmenprogramm ) die Betei-
ligung von kleinen und mittleren Betrieben nicht nur erleichtern,
sondern auch unterstützen . Es sollte schon bei der Programmer-
stellung durch die Mitwirkung der KMU sichergestellt werden, daß
die Programme den Bedürfnissen der KMU Rechnung tragen.
Österreich hat weiters gefordert , daß die beschäftigungspoliti-
schen Auswirkungen von neuen Technologien und Innovationen auch
in den Maßnahmen deutlicher berücksichtigt werden, als das im
Grünbuch der Fall ist . Es sollte dem Thema '' Innovation und Be-
schäftigung '' im Maßnahmenteil ein entsprechender Abschnitt gewid-
met werden.
Ich betrachte die Grünbuchdebatte als einen Prozeß, der jetzt auf
der Ebene der Mitgliedstaaten und auf europäischer Ebene fortge-
setzt werden muß. Als Aufgabe des Bundesministeriums für wirt-
schaftliche Angelegenheiten sehe ich es - basierend auf den Er-
gebnissen der Auswertung der europäischen Grünbuchdiskussion und
den auf nationaler Ebene gemachten Vorschlägen und Überle-
gungen - , einen konkreten Aktionsplan zu erarbeiten.
Dieser Prozeß fällt auch zusammen mit der Finalisierung des Tech-
nologiepolitischen Konzeptes der Bundesregierung. Im vorliegenden
Expertenentwurf zum Technologiekonzept ( das als Strategiepapier
anzusehen ist ) spielen die soziale und ökologische Ausrichtung
der Technologiepolitik eine gleichrangige Rolle mit den traditio-
nellen ökonomischen Zielsetzungen. Gleichzeitig wird dort an
mehreren Stellen eine Beteiligung der Öffentlichkeit , ''proze-
durale Rationalität'' , Technologiefolgenabschätzung und laufende
Evaluierung von Zielen, Programmen und Institutionen der Techno-
logiepolitik als notwendig erachtet. Als Hauptstrategien zur
Erfüllung der sozialen, ökonomischen und ökologischen Ziele der
Technologiepolitik sind deren Diffusionsorientierung , eine
Missionsorientierung sowie eine Infrastrukturorientierung gefor-
dert . Das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten
wird daher die Ausarbeitung der zu treffenden Maßnahmen mit den
Grünbuchempfehlungen verknüpfen und einen konzertierten Maßnah-
menkatalog erarbeiten. Dazu soll ein möglichst breiter Kreis an
Experten eingebunden werden. Der Frage der Mitbestimmung und der
Bürgereinbindung soll dabei entsprechendes Gewicht beigemessen
werden. Schließlich kann ein innovatives Umfeld und damit eine
'' Innovationskultur'' nur dann erzielt werden, wenn Innovation und
Technologie in der Öffentlichkeit '' thematisiert'' wird, wenn das
kreative und innovative Potential der Bevölkerung in den Schulen,
in den Unternehmen, in der Forschung und Entwicklung , aber auch
auf der Ebene der politischen Entscheidungsträger aktiviert und
gefördert wird.
Zur Stellungnahme zum 5 . Rahmenprogramm möchte ich hinweisen, daß
derzeit unter dem Vorsitz des Bundesministers für Wissenschaft,
Verkehr und Kunst die österreichische Grundsatzposition erarbei-
tet wird. Neben den österreichischen Delegierten zu den einzelnen
Programmen sind vor allem Vertreter aus Wirtschaft und Wissen-
schaft sowie die Interessenvertretungen in diesen Prozeß einge-
bunden. Das Wirtschaftsministerium hat in seiner Stellungnahme
betont, daß dem Innovationsmoment im 5 . Rahmenprogramm besonderes
Gewicht beizumessen und die Beteiligung von kleinen und mittleren
Unternehmen zu forcieren ist . Der vorliegende Entwurf der öster-
reichischen Grundsatzposition sieht weiters die langfristige
Verbesserung der Beschäftigungsentwicklung und die Aspekte der
Nachhaltigkeit und der Technologieakzeptanz als wichtige Ziel-
setzungen im 5 . Rahmenprogramm an.
Antwort zu Punkt 2 der Anfrage :
Die bisherige Beteiligung Österreichs am 4 . EU-FTE-Rahmenprogramm
hat die Erwartungen, die aufgrund des EU-Beitritts Österreichs
entstanden sind , bei weitem übertroffen. Mit Stand vom 15.1.1996
wurden insgesamt 293 Projekte mit österreichischer Beteiligung
finanziert . ECU 51,9 Mio. ( etwa öS 684 Mio. ) sind zur Auszahlung
an österreichische Unternehmen und Forschungseinrichtungen vor-
gesehen. Europaweit wurden von insgesamt 13.436 eingereichten
Projektvorschlägen - davon 1.410 ( = 10 , 5 % ) mit österreichischer
Beteiligung - 2.634 Projektvorschläge zur Förderung ausgewählt.
Davon sind - wie bereits erwähnt - 293 ( 21,2 % ! ) solche mit
österreichischer Beteiligung.
Was mich als Wirtschaftsminister besonders freut, ist die ver-
stärkte Teilnahme von österreichischen Unternehmen, vor allem
KMU, an den Projekten.
Beilagen wurden nicht gescannt !!!