82/AB

 

 

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Partik-Pable und Genossen haben an mich

eine schriftliche Anfrage, betreffend Unzulänglichkeiten im Strafvollzug, gerichtet

und folgende Fragen gestelIt:

 

1 . Warum sind in einigen Haftanstalten die Werkstätten für die Häftlinge ge-

schlossen und werden nicht entsprechend genutzt?

 

2. Warum sind die Werkstätten häufig unterbesetzt, obwohl es genügend Häft-

linge gäbe, die darin arbeiten könnten?

 

3. Wenn es für die Resozialisierung eines Häftlings wichtig ist, einer geregelten

Arbeit nachzugehen, warum gibt es dann in den Haftanstalten ein so spärli-

ches Angebot an Beschäftigung für die Häftlinge?

 

4. Warum wird die Arbeitszeit in der Anstalt nicht den Arbeitszeiten in der freien

Wirtschaft angeglichen?

 

5. Ein großer Teil der psychisch kranken Häftlinge, die normalerweise aufgrund

ihrer Gefährlichkeit im abgesicherten Pavillon 23 untergebracht sein sollten,

sind in andere Gebäude ausgelagert und können sich völlig ungehindert be-

wegen.

Wie begründen bzw. verantworten Sie diesen Umstand?

 

6. Warum sind diese psychisch schwer kranken und gefährlichen Häftlinge nicht

im Sicherheitspavillon 23, für den sie vorgesehen waren, untergebracht?,'

 

lch beantworte diese Fragen wie folgt:

 

Zu 1 :

lm Laufe des Jahres 1995 waren in den österreichischen Justizanstalten 20 Arbeits-

betriebe oder Werkstätten für drei Monate oder länger geschlossen. Die von den Ju-

stizanstalten berichteten Gründe dafür waren - unter Einschlu ß von Meh rfachnen-

nungen - in sechs Fällen Bauarbeiten, in acht Fällen der Mangel an für diese Arbei-

ten geeigneten lnsassen, in sieben Fällen Personalknappheit, insbesondere hervor-

gerufen durch Kürzung von Überstunden, und schließlich in einem Fall der Mangel

an Arbeitsaufträgen. Dazu muß festgehalten werden, daß die Gesamtzahl der Ar-

beitsbetriebe und Werkstätten in den österreichischen Justizanstalten rund 400 be-

trägt. Somit waren im Jahr 1995 nur 5 % der Werkstätten aus den dargestellten

Gründen für mehr aIs drei Monate geschlossen.

 

Zu kurzfristigen Schließungen von Werkstätten kommt es dann, wenn Personal vor-

übergehend für andere Aufgaben, wie etwa Eskorten oder Vorführungen, herange-

zogen werden muß. ln solchen FälIen wird auf jenes Personal zurückgegriffen, des-

sen vorübergehende Abziehung die Sicherheit des Anstaltsbetriebs nicht gefährdet,

vornehmlich also Beamte aus den Verwaltungsbereichen und Betrieben.

 

Zu 2 und 3:

Das Arbeitsangebot in den rund 400 Arbeitsbetrieben, Werkstätten, Unternehmerbe-

trieben und landwirtschaftlichen Betrieben mit rund 4.000 Arbeitsplätzen bietet den

Strafgefangenen im Regelfall ausreichend Möglichkeit zur Beschäftigung. Der Be-

schäftigungsgrad der Strafgefangenen liegt seit Jahren bei etwa 80 %. Die Erfah-

rung aus jenen Jahren, in denen durch eine Verminderung des lnsassenstandes ge-

radezu ein Arbeitskräftemangel entstand, hat gezeigt, daß ein Beschäftigungsgrad

von mehr als 85 % realistischerweise nicht erreicht werden kann. Die Gründe dafür

liegen etwa in der bei einem Teil der Strafgefangenen bestehenden Arbeitsunfähig-

keit, beispielsweise infoIge Krankheit oder Drogensucht, oder in der Notwendigkeit

zur Durchführung von Überstellungen. Weiters darf nicht übersehen werden, daß

die Mehrzahl der lnsassen keine qualifizierte Berufsausbildung aufweist, für die - wie

im sonstigen Wirtschaftsleben - das Angebot an sinnvollen Arbeitsverrichtungen be-

grenzt ist. Hinzu kommt schließlich, daß gerade größere Unternehmerbetriebe in ih-

rer Auslastung sehr empfindlich auf Konjunkturschwankungen, aber auch auf ein zu-

nehmendes Angebot an billigen Arbeitskräften in anderen Staaten reagieren und

aus Wettbewerbsgründen zu Rationalisierungen gezwungen sind, was einerseits zu

einer Verringerung der Arbeitsplätze und andererseits zu höheren Qualifikationsan-

forderungen an die Arbeitskräfte führt.

 

Zu 4:

Bei der Arbeitszeit der lnsassen in den Arbeitsbetrieben der Justizanstalten mu ß be-

dacht werden, daß die normale tägliche Dienstzeit eines Justizwachebea.mten den

Rahmen für das Offenhalten der Betriebe darstellt, zumaI ein Schichtdienst von Ju-

stizwachebeamten im Bereich der Arbeitsbetriebe aus budgetären Gründen nicht in

Betracht kommt. ln dieser Dienstzeit müssen aber auch die Begleitung der lnsassen

zu und von den Betrieben sowie sonstige Aktivitäten im StrafvolIzug, wie etwa Besu-

che bei sozialen oder psychologischen Diensten oder bei Ärzten oder Vorführungen

zu Gerichten oder Behörden, bewerksteIIigt werden. Ungeachtet dessen ist die

durchschnittliche Betriebsarbeitszeit in den Justizanstalten mit rund 32 Stunden pro

Woche nicht so weit von der Arbeitszeit im sonstigen Wirtschaftsleben entfernt. Ein

Heranführen der Betriebsarbeitszeit an eine 40 Stunden-Woche wäre demgegen-

über mit ei nem unvertretbaren Mehraufwand an Personal und Kosten verbunden.

 

Zu 5 und 6:

lm Jahr 1995 und in den ersten eineinhaIb Monaten des Jahres 1996 (bis

14.2.1996) wurden

14 psychisch kranke lnsassen gemäß § 71 Abs. 2 StVG,

7 lnsassen gemäß § 429 Abs. 4 StPO und

1 lnsasse gemäß § 21 Abs. 1 StGB

in verschiedenen Pavillons des Psychiatrischen Krankenhauses der Stadt Wien

(außerhalb des PaviIlons 23) angehalten. Aufgrund der geringen Belagskapazität

des PavilIon 23 mit 18 Betten ist es nämIich nicht mögIich, alle psychisch kranken

Häftlinge (Untergebrachten) in dieser Station anzuhalten. ln all diesen Fällen wurde

allerdings eine Bewachung gestelIt.

 

 

Das Bundesministerium für Justiz führt jedoch seit längerem mit der Stadt Wien Ver-

 

handlungen über eine Erweiterung der Belagsplätze im Pavillon 23.