829/AB

 

 

ANFRAGEBEANTWORTUNG

 

 

Gemäß Art.52 Abs.1 B-VG un § 90 erster Satz des Geschäftsordnungsgesetzes 1975 ist der Nationalrat befugt , die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen. §90 zweiter Satz Des Geschäftsordungsgesetzes 1975 präzisiert die Gegenstände der Vollziehung also die Gegenstände des Fragerechtes unter Verwendung des Wortlautes des § 2 Abs 3 des Bundesministeriengesetzes 1973. Demgemäß sind darunter zu verstehen: Regierungsakte, Angelegenheiten der behördlichen Verwaltung oder der Verwaltung des Bundes als Träger von Privatrechten.

 

Für den Umfang der Pflicht zur Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage ist daher vor allem von Bedeutung, ob die Frage einen Gegenstand der Vollziehung betrifft.

 

Das in Art.52 Abs. 1 B-VG niedergelegte Frachtrecht und die im korrespondierende Informationspflicht sollen die Volksvertretung in die Lage versetzen , sich ein Urteil darüber zu bilden, ob die Regierungsgeschäfte den von der Volksvertretung beschlossenen Gesetzen gemäß desgleichen aber, ob sie darüberhinaus auch den politischen Intentionen der Volksvertretung entsprechend geführt werden. Sie finden daher ihre Grenze in den Ingerenzmöglichkeiten, über die Bundesregierung und ihre einzelnen Mitglieder in Ihrem jeweiligen Wirkungsbereich verfügen.

 

Eine parlamentarische Anfrage im Zusammenhang mit einem im Eigentum des Bundes stehenden Unternehmen ist damit soweit vom Interpellationsrecht gem.Art.52 Abs.1 B-VG ( Vollziehung des Bundes) erfaßt, als in den Organen dieser Unternehmen Verwaltungsorgane tätig werden. Konsequenterweise unterliegen daher auch nur die Handlungen von Verwaltungsorganen in den Organen von Unternehmen der parlamentarischen Interpellation.

 

Nicht vom Interpellationsrecht umfaßt sind jedoch Handlungen, die von geschäftsführenden Unternehmungsorganen selbst gesetzt werden.

 

Ihre Fragen 1 bis 27 beziehen sich aber ausschließlich auf Handlungen von Unternehmensorganen mir al Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst kommt dabei praktisch keine Eingriffsmöglichkeit zu.

Ich habe daher Ihre Anfrage an den Vorstand der Öterreichischen Bundesbahnen weitergeleitet, dessen Stellungnahme ich ihnen in der Beilage zur Kenntnis bringen darf. Allerdings darf ich der Vollständigkeit halber noch darauf hinweisen, daß das Bundesministerium für Wissenschaft Verkehr und Kunst selbst bei den österreichischen Bundesbahnen gemeinwirtschaftliche Leistungen in der Höhe von ca 8 Mrd S aus sozialen und ökologischen Gründen in form von Tarifermäßigungen z.B. für Pendler,Schüler, Senioren, Behinderte und für gefährliche Güter, Recyclinggüter sowie für den kombinierten Verkehr bestellt, Anschlußbahnen fördert und die meisten Kosten der Infrastruktur in der Höhe von ca 25 Mrd S trägt.

 

Zu einzelnen Fragen möchte ich - in Ergänzung der Stelungnahme der Österreichischen Bundesbahnen folgendes anmerken:

 

Zu Frage  7:

Ist ihnen bekannt, daß die sog. Behindertenabteile von Rollstuhlbenutzerinneen nicht benutzt werden können, da diese einerseits viel zu klein sind, um mit dem Rollstuhl hineinzukommen, bzw. es auch in diesen Waggons keine Möglichkeit der Toilettenbenutzung gibt?

Wenn ja, Was wurde unternommen um diese Abteile für Rollstuhlbenutzerinnen benutzbar zu machen?

Wenn nein, Was gedenken Sie zu tun?

 

Abgesehen von Detailmodifikationen an Fahrzeugen ( Versetzen von Griffstangen, Aufstiegen u. dgl.) war eine der wesentlichsten Maßnahmen fahrzeugtechnischer Art zugunsten der Beförderung von Rollstuhlbenutzern dei Beschaffung von insgesamt 33 Reisezugwagen der Baureihe 82-91 ( eisenbahnrechtliche Genehmigung 1991 bzw. 1993).

 

Diese besitzen und diese wurde im Zuge der behördlichen Erprobung der ggst Fahrzeuge auch überprüft - sowohl ausreichende Stellflächen für max. zwei Rollstühle als auch ausreichnede lichte Türweiten und entsprechnde behindertengerechte Toiletten. Im übrigen wird darauf hingewiesen, daß diese Wagen im internationalen Verkehr eingesetztsind und auch dem Standard gleichwertiger Fahrzeuge ausländischer Bahnunternehmungen entsprechen.

 

Zu Frage 8:

Seit 1992 gibt es mechanische Hebelifte.

Welche Bahnhöfe sind bereits mit mechanischen Hebeliften ausgestattet?

Auf welchen Bahnhöfen gibt es noch keine mechanischen Hebelifte?

 

 

Die aktuelle mListe der mit Rollstuhlhubliften ausgestatteten Bahnhöfe sind dem Behindertenführer der ÖBB zu entnehmen. Die Hublifte wurden 1995 behördlich zugelassenund zwar in Summe knapp über 100 Stück.

 

Zu Frage 17

Ist daran gedacht, in Eil- und Regionalzügen mechanische Einstiegshilfen mitzuführen, damit ein Ein- und Aussteigen an unbesetzten Bahnhöfen möglich ist?

Wenn ja, ab wann werden diese mitgeführt?

Wenn nein, Welche Alternativen schlagen sie vor und bis wann werden diese umgesetzt?

 

Die Einrichtung Fahrzeuggebuindener mechanischer Einstiegshilfen wurde Europaweit in einigen Fahrzeugen erprobt, lediglich aus Schweden ist eine Stückzahlenmäßige bedeutende Realisierung bekannt. Aus mannigfaltigenm technischen Gründen vertreten mittlerweile fast alle europäischen Bahnunternehmen im Fernverkehr die Philisophie der ortsfesten ( dem jeweiligen Bahnhof zugeordneten) Hubhilfen. Im Nahverkehr der Vollbahn ist lediglich von der DB ( vom Neubau-Doppelstock-Steuerwagen) der serienmäßige Einbau von Rollstuihlhebeeinrichtungen bekannt.

 

Eine Realisierung fahrzeuggebundener mechanischer Einstiegshilfen in Bestandsfahrzeugen des Regionalverkehrs ist aus technischen Gründen nahezu unmöglich. Leider treten aus Kostengründen die ÖBB auch beim Nievau von Fahrzeugen, wo dies technisch möglich wäre, zur Zeit einer solchen Einrichtung nicht näher.

 

Zu Frage 24:

Neben den oben genannten Gefahrenquellen im Bahnhofsbereich gibt es auch in den Zügen enorme Hindernisse. So wurden auf Personennahverkehrsstrecken Triebwagen in Betrieb genommen, die zum Öffnen bzw. Schließen der Einstiegstüren Sensortasten haben. Blinde und schwerst sehbehinderte Personen bekommen bei diesen Tasten keine Rückmeldung, ob sie gedrückt wurden oder nicht, bzw. ob die Tür geöffnet oder geschlossen wurde.

Warum wurde das System der Sensorentasten bei den Waggontüren eingebaut, obwohl es in der ÖNORM 1600 unter Punkt 3.3.3.6 heißt: Sensorentasten sind nicht zulässig?

 

Die angesprochenen Sensorentasten finden mittlerweile europaweit in Reisezugwagen des Fernverkehrs wie auch Fahrzeugen des Personennahverkehrs Anwendung und stellen eine günstige technische Lösung hinsichtlich Verschleiß, Vandalismus und betrieblicher Zuverlässigkeit dar.

Es ist davon auszugehen, daß die Vereinheitlichung der technischen Lösung spätestens nach einer gewissen Gewöhnungszeit in Summe auch Sehbehinderten zugute kommt.

Die angesprochenen Sensortasten sind in Österreich seit Ende der 80er Jahre eingeführt, während die angesprochene Norm - richtig zitiert mit ÖNORM B 1600, dem Stand 1.9.94 entspricht- und der zitierte Punkt 3.3.3.6 lediglich Aufzüge betrifft.

 

Zu Frage 25:

 

Der Stufen- bzw abgang wird in den meißten Waggons durch dasschließen der Waggontür nicht abgedeckt. Diese künstliche Fallgrube wurde bereits vielen Menschen zum Verhängnis und stellt eine Gefahrenquelle dar, die ohne großen Aufwand durch eien Abdeckung, die an der Wagfgontür angebracht ist, ausgeschaltet werden kann.

Warum ist diese seit Jahren bekannte Gefahrenquelle bis heute nicht behoben?

Bis wann werden diese Abdeckungen an allen Waggontürenangebracht sein?

 

Die angesprochenen Abdeckungen des Einstiegsbereiches von Waggontüren sind im Vollbahnbereich lediglich von der über dreißig Jahre alten Triebwagenbaureihe 4030 bekannt. Die Forderung nach Leichtbau der Türen, Dichtheit, der automatischen Türüberwachung beim Schließvorgang sowie viele Anforderungen an moderne Waggontüren sprechen europaweit gegen eine Vollständige Abdeckung der Stufen in den Einstiegsbereichen.

 

Eine unvertretbare Gefährdung von Fahrgästen erscheint zumindest in Relation zu den statistisch erwiesenen Unfallhäufigkeiten beim Einstiegsvorgang selbst v.a. deshalb nicht gegeben zu sein, weil ein Daueraufenthalt im Einstiegsbereich auch aus vielen anderen Gründen im Regelfall nicht vorgesehen ist.

 

Abgesehen von den Nahverkehrsbetrieben ist daher kein europäisches Bahnunternehmen bekannt, das angesichts der vielen Randbedingungen der internationalen technischen Verträglichkeit eine Abdeckung des Einstiegsbereiches betreibt.

Abhilfe wird vielmehr in einer guten optischen Kennzeichnung sowie standardisierter Gestaltung der Griffstangen gesucht.

 

Zu Frage 27:

Sin auch Ihnen Fälle bekannt, wo Menschen zu Schaden kamen oder getötet wurden, weil sie aufgrund der fehlenden seitenselektiven Türsteuerung auf der falschen Seite ausstiegen, sich verletzten oder von einem herannahenden Zug getötet wurden?

 

Der in der Stellungnahme der ÖBB angegebene Unfall ist auch der Obersten Eisenbahnbehörde bekannt. Andere Unfallmeldungen sind in meinem Haus nicht bekannt.

 

Zu den Fragen 28,29 und 30:

Eine barrierefreie Benutzung des öffentlichen Personennah- und fernverkehrs setzt voraus, daß nur mehr neue Waggons in Betrieb genommen werden dürfen, die nicht nur im Waggoninneren zur Gänze barrierenfrei adaptiert sind, sondern zusätzlich durch wagengebundene Einstiegshilfen barrierefrei zugänglich sind.

Werden Sie sich dafür einsetzen, daß diese Forderungen umgestzt werden?

Wenn ja,          bis wann werden allle Züge, sowie der Bahnhofsbereich für alle( auch für                                behinderte Menschen) barrierefrei benutzbar sein?

Wenn nein,       Warum nicht?

 

Werden Sie sich in Ihren Bereichen dafür einsetzen, daß behinderte Menschen nicht mehr diskriminiert werden, indem sie die Schaffung eunes Behindertengleichstellugngsgesetzes unterstützen?

Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um diskriminierung an behinderten Menschen in Ihren Bereichen nicht mehr zuzulassen?

 

Selbstverständlich werde ich die mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausnützen, um eine Gleichstellung von behinderten Menschen in meinem Verantwortungsbereich soweit als möglich und sinnvoll anzustreben. Allerdings ist aus wirtschaftlichen Gründen nur eine schrittweise Verbesserung möglich. Ich darf Ihnen aber nochmals versichern, daß Ihre Anliegen von mir jede mögliche Unterstützung erhalten werden.

 

Wien, am 24.7.1996

Der Bundesminister

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