84/AB
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Petrovic, Freundinnen und Freunde
haben an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend Tierquälerei, gerichtet und fol-
gende Fragen gestellt:
''1 . lst das Kupieren von Schwänzen und Ohren bei Hunden lhrer Meinung nach
eine Mißhandlung?
Wenn ja, wie begründen Sie die Tatsache, daß es in Österreich erlaubt ist?
Wenn nein, warum ist dann zumindest das Kupieren der Ohren in Deutsch-
land verboten?
2. Welche Möglichkeiten sehen Sie, diese tierquälerischen Handlungen auch in
Österreich zu verbieten bzw. zu ahnden?''
lch beantworte diese Fragen wie folgt:
Zu 1 :
Unter einer "rohen MißhandIung'' nach § 222 Abs. 1 StGB ist ein erheblicher Angriff
auf den Körper eines Tieres zu verstehen, bei dem aus dem Ausmaß und der lnten-
sität der gegen das Tier gesetzten Handlung und der ihm zugefügten Schmerzen in
Verbindung mit dem Fehlen eines vernünftigen und berechtigten Zweckes auf eine
gefühllose Gesinnung des Täters geschlossen werden kann (39 BlgNR Xll. GP,
19 f.). Die Mißhandlung muß somit von einer gewissen Erheblichkeit sein und auf
einem Mangel an Mitgefühl des Täters mit dem Tier beruhen (Pallin im Wiener Kom-
mentar Rz 10 zu § 222).
Die Grenze zwischen erlaubter und verbotener (erheblicher)Tiermißhandlung läßt
sich nur durch Beurteilung der Sozialadäquanz der Tat ziehen (Pallin a.a.O.). Richt-
schnur für sozialadäquates Verhalten biIden in erster Linie die Regelungen der Lan-
destierschutzgesetze und der dazu ergangenen Verordnungen, die nähere Bestim-
mungen über die Vornahme bestimmter Eingriffe an Haustieren, teilweise auch aus-
drückliche Regelungen über die Vornahme von Ohren- und Schwanzkürzungen bei
Hunden enthalten. Soweit derartige Eingriffe durch die Landestierschutzgesetze
ausdrücklich zugelassen sind und im Einzelfall auch die dafür vorgesehenen Bedin-
gungen eingehalten werden, sind diese Eingriffe als sozialadäquat und daher grund-
sätzlich nicht als rechtswidrig im Si nn des § 222 StGB anzusehen. Bei Nichteinhal-
tung der landesgesetzlichen Vorschriften kann das Kürzen der Ohren und des
Schwanzes bei Hunden hingegen im EinzelfaIl durchaus eine Mi ßhandlung im Sinn
des § 222 Abs. 1 StGB darstellen, sofern dies für das Tier mit Schmerzen oder einer
nachhaltigen Beeinträchtigung des Wohlbefindens verbunden ist.
Soweit mir bekannt ist, basiert die deutsche RegeIung auf dem Europäischen Über-
einkommen zum Schutz von Haustieren (Nr. 125 vom 13.11. 987), dem Österreich
bislang nicht beigetreten ist.
Zu 2:
Ein ausdrückliches Verbot des Kupierens von Hundeohren bzw. -schwänzen könnte
aufgrund der bestehenden Kompetenzlage im Bereich des Tierschutzes nur durch
die einzeInen Landesgesetzgeber erfolgen. Die Zuständigkeit des Bundes be-
schränkt sich im wesentlichen auf die gerichtliche Strafbestimmung gegen Tierquä-
lerei nach § 222 StGB, die jedoch - wie bereits zu Frage 1 ausgeführt - nur im Zu-
sammenhang mit den bestehenden RegeIungen über die Behandlung und Haltung
von Tieren in den Materiengesetzen zu sehen ist. Solange einzelne Landesgesetze
derartige Eingriffe - unter bestimmten Voraussetzungen - ausdrücklich zulassen,
kann ein im Einklang mit der landesgesetzlichen Regelung durchgeführter Eingriff
auch nicht als Tierquälerei nach § 222 StGB verfolgt werden.