848/AB

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 745/J-NR/1996, betreffend Abschluß eines Assoziationsvertrages mit Euratom im Bereich der reaktorrelevanten Kernfusionsforschung, die die Abgeordneten ANSCHOBER, Freundinnen und Freunde am 13.  Juni 1996 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

In der Präambel der Anfrage ist zutreffend ausgeführt, daß die Fusionsforschung von vielen grundsätzlichen physikalischen, technischen, werkstoff- sowie strahlenspezifischen und sozioökonomischen Problemen geprägt ist.  Dies bedeutet, daß die Fusionsforschung im derzeitigen Stadium noch sehr deutlich im Bereich der Grundlagenforschung gelegen ist., wenn auch das langfristige Ziel des europäischen Fusionsprogrammes, das nach Einschätzung des Bundesministeriums für Wissenschaft, Verkehr und Kunst sicher nicht vor dem Jahr 2050 erreicht werden wird, in der Entwicklung des Prototyps eines Fusions-Reaktors besteht.  Die -gegenwärtige Fusionsforschung aufgrund dieses langfristigen Zieles vollständig abzulehnen, wäre wohl unangemessen.

Ebenfalls zutreffend ist die Feststellung, daß im Bereich der Energieforschung Entwicklungsarbeiten zur Energieeinsparung bzw.  Effizienzsteigerung und Forschungen zur Nutzung eriieuerbarer Energiequellen prioritär zu behandeln sind.  Wie mannigfach gezeigt und berichtet, hat mein Ressort gerade diesen Bereich seit 1974 prioritär gefördert und es kann mit Stolz vermerkt werden, daß lange Jahre gerade Österreich die höchsten perzentuellen Aufwendungen für Biomasseforschung innerhalb aller Mitgliedsstaaten der Internationalen Energieagentur tätigte.

Auch wenn nach heutigem Stand des Wissens bei einer allfälligen energetischen Nutzung der Fusionseiiergie ebenfalls mit Risken und ökologischen Problemen zu rechnen ist, muß eine verantwortungsvolle und zukunftsorientlerte Energieversorgungspolitik dieser Option zumindest solange ihr Augenmerk zuwenden, bis deren Realisierbarkeit und deren ökonomische und ökologische Auswirkungen eindeutig abschätzbar und mit anderen Energietechnologien seriös vergleichbar sind.  In diesem Sinne hat das Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst bereits bisher die Fusionsforschung in Österreich in bescheidenem Ausmaß finanziert.

1          Aufgrund der weitreichenden Bedeutung der Frage des Einstiegs Österreichs in die umstrittene EU-Kernfusionsforschung wurde am 5. Oktober 1995 im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst ein Hearing durchgeführt.  Dabei wurden eine Reihe von relevanten Fragen im Bereich der Forschungspolitik, der Fitiaiizierung, der Rechts- bzw.  Organisationssituation, der Kostenentwiciduxig sowie fachlich-wisseiiscliaftliciter Natur erörtert.  Nach allgemeiner Einschätzung gab es nur in wenigen Punkten einheitliche Meinungen unter den Anwesenden.  Gerade aus politischer Sicht scheint Bedarf für eine weiterführende öffentliche Diskussion gegeben.  Zuletzt verdichten sich jedoch Informationen, wonach der Abschluß des Vertrages unmittelbar bevorstehe.  Wann wird darüber entschieden, ob es zum Abschluß eines Assoziationsvertrages Österreichs mit der EU zwecks Beteiligung am Euratom­Fussionsforschungsprogramm kommt?

 

Antwort:

 

Nicht zuletzt zur Klärung von Fragen, die anläßlich des öffentlichen Hearings am 5. Oktober 1995 im Bundesiiiinisterium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst aufgeworfen worden waren, wurden Gespräche zwischen der ÖAW und den zuständigen Beamten der EU-Kommission gef'ührt.  Die Ergebnisse dieser Gespräche liegen nun in Form des Entwurfs eines Assoziationsabkommens zwischen der ÖAW und der EU-Kommission vor.  Die endgültige Entscheidung über den Abschluß - bzw. den Zeitpunkt des Abschlusses - obliegt den genannten Vertragspartnern.

 

2.         Für welche Laufzeit würde dieser Assoziationsvertrag abgeschlossen, bzw. wie wurde eine Entscheidungsründung über eine eventuelle Fortführung des Vertrages für das Folgerahmenprogramm ablaufen?

 

Antwort,

 

Der- Entwurf des Fusions-Assoziationsvertrages sieht eine Laufzeit von 1996 bis 1998, also bis zum Ende des 4. Ralimenprogrammes der EU, vor.  Eine automatische Verlängerung des Vertrages ist nicht vorgesehen und der Abschluß eines neuen Vertrages ist nach Durchführung einer kritischen Evaluation neuerlich zu beraten.

 

3.         Immer wieder wird in der Öffentlichkeit behauptet, der Abschluß des Assoziationsvertrages sei schon deshalb erforderlich, da nur damit Rückflüsse des österreichischen Fixbeitrages in Höhe von rund 80 Mio iiS jährlich aus dem Rahmenprogramm Kernfusionsforschung der EU (840 MECU) ermöglicht wurden.  Ist es nicht vielmehr korrekt zu behaupten, dieser Fixbeitrag sei grundsätzlich und ohne Rückflußoption zu leisten, und nur im Falle eines Assoziationsvertragsabschusses könnten Rückflüsse aus der EU zu 25-45 lukriert werden, soferne zuvor die restlichen 55-75 "/o in Form von Projekten seitens Österreichs zusätzlich zum Fixbeitrag bereitgestellt würden?

 

Antwort',

 

-Österreichs finanzieller Beitrag zum Gemeinschaftshaushalt, aus dem auch die gemeinschaftlichen Aufwendungen für die europäische Fusionsforschung beglichen werden, ist grundsätzlich unabhängig von einer allfälligen Einbindung österreichischer Wissenschafter oder Forschungseinrichtungen in das Europäische Fusionsprogramm.

 

Aus dem Gemeinschaftshaushalt werden die einzelnen nationalen Fusionsforschungsprogramme kofinanziert.  Eine derartige Kofinanzierung setzt jedoch die Einbindung der nationalen Fusionsforschungsaktivitäten in das gesamteuropäische Fusionsprogramm voraus. Übersteigen die bisherigen nationalen Aktivitäten den Umfang einzelner spezifischer Projekte, ist der Abschluß eines Assoziationsvertrages die zweckmäßigste Form der Einbindung der nationalen Aktivitäten in das Europäische Fusionsprogramm.

 

Sofern es sich bei jenen Aktivitäten, die in das Europäische Fusionsprogramm eingebunden werden, um bereits laufende Projekte - bzw. um die Fortsetzung derselben - handelt, kann der Kofiiianzierungsbeitrag aus dem Gemeinschaftshaushalt auch als "Rückfluß" gesehen werden, da in diesem Falle eine Verringerung der nationalen Finanzierungserfordernisse eintritt.

4.         Aus den Beilagen bzw. dein Protokoll des Heariiigs vom 5. Oktober 1995 geht hervor, daß ein derartiger Assoziationsvertrag zukünftig eine österreichische Keritfusiotisforscituiig mit einem Kosteiivolumeit von 364 Millionen öS in 3 Jahren (exci. 25,3 % EU-Rückfluß), mit durchschnittlich 80 Beschäftigten pro

bzw. zumindest 56 zusätzlich Beschäftigten im Bereich der Kernfusion bedeuten würde.  Käme dies, gemessen am bisherigen Forschungsvolumen von rund 5-10 Millionen öS pro Jahr einer deutlichen Intensivierung der Keriiftisioiisforscliting in Österreich gleich?

5.         Wie ist es möglich, daß ein österreichischen Nettoanteil an Fusionsprojekten im Rahmen eines Assoziationsvertrages im Ausmaß von rund 90 Millionen öS pro Jahr im Vergleich zu den bisher knapp zweistelligen Millionenbeträgen keinen zusätzlichen öffentlichen Finanzierungsaufwand bedeuten würde, wie dies im Rahmen des Hearings behauptet wurde?

6.         Wie würden nach Abschluß eines Assoziationsvertrages mit der EU im Bereich Kernfusioitsforscliuiig die 80 bzw. 50 zusätzlich Beschäftigten finanziert werden?  In welchen anderen Forschungsbereichen würden damit personelle Kapazitäten in welchem Umfang abgezogen werden müssen?

7.         In welchem Ausmaß würden durch den Abschluß eines Assoziationsvertrages und der Folgedurchführung von österreichischen Kernfusions-

 

Forschungsprojekten Zusatzkosten entstehen, die nicht direkt projektspezifisch anrechenbar wären (also in den 364 Mio öS nicht enthalten sind), etwa im Bereich der Verwaltung oder der Errichtung diverser Anlagen, und in welchem Ausmaß wäre hier eine EU-Beteiligung vorgesehen?

 

Antwort:

Die anläßlich des Hearing am 5. Oktober 1995 genannten dreistelligen Millionenbeträge für Fusionsforschung in Österreich sind aus Sicht des Bundesministeriums für Wissenschaft, Verkehr und Kunst ebenso wenig nachvollziehbar, wie die Möglichkeit der Schaffung 50 zusätzlicher Arbeitsplätze im Bereich der Kernfusionsforschung bei Abschluß eines Assoziationsvertrages.

Die nunmehr erzielten Vereinbarungen sind als Maximalrahmen zu verstehen, dessen Ausschöpfung die Vorlage und Bewilligung konkreter Projekte erfordert.

Unter Berücksichtigung der Limitierung des Beitrags des Bundesministeriums für

 

Wissenschaft, Verkehr und Kunst von öS 5 Mio. pro Jahr in Form der Bundesbudgets für

 

1996 und 1997, ist eine substantielle Ausweitung der österreichischen

Fusionsforschungsaktivitäten kaum zu erwarten.  Vollständigkeitshalber sei angemerkt, daß die Kofinanzierungsbeiträge der EU-Kommission - wenn auch in bescheidenem Ausmaß - zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen herangezogen werden könnten.  Die Entscheidung über die Verwendung dieser Mittel obliegt allerdings der ÖAW und den mit ihr assoziierten Forschungseinrichtungen bzw. den im Assoziationsvertrag vorgesehenen Organen.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, daß Österreich im Jahre 1995 seitens --der öffentlichen Hand öS 332,1 Mio. für Energieforschung ausgegeben hat und von diesen nur öS 15,2 Mio. für Fusionsforschung gewidmet waren (IEA-Statisitk).  Demgegenüber hat Österreich für die Bereiche Energieeinsparung, erneuerbare Energieträger, wie Biomasse, Sonne, Wind- und Wasserkraft, rund 80 % der Ausgaben getätigt.

Bei Abschluß eines Assoziationsvertrags besteht daher weder die Gefahr einer Einschränkung anderer Forschungsprogramme noch einer Änderung der Ausrichtung der österreichischen Energieforschung oder Energiepolitik (siehe Beilage).

Vollständigkeitshalber sei ergänzt, daß der Abschluß des Assoziationsvertrages zwischen der ÖAW und der EU-Kommission keinerlei finanzielle oder personelle Implikationen für die Bundesverwaltung bzw. für das Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst mit sich brächte.

8.         In einem Brief des Herrn Bundeskanzlers vom 21.  Juni 1994 an Anti-Atom­International ist unter Beantwortung der Frage 4 auf den Seite[) 3 ff. zu lesen, daß es alleine Sache Österreichs sei, über eine Teilnahme an diesen EU­Nuklearforschungsprogrammen zu entscheiden. Österreich stehe es frei, in bestimmten Programmen aktiver zu sein - etwa im Bereich effiziente Energienutzung oder erneuerbare Energieträger - bzw. in anderen Bereichen wie der Nuklearenergie grundsätzlich nicht mitzuarbeiten, womit eine sehr eindeutig ablehnende Haltung suggeriert wird.  Stünde der Abschluß des

 

Assoziationsvertrages im Widerspruch zu dieser Position?

9.         Stünde ein allfälliger Abschluß eines derartigen Assoziationsvertrages in politischem Widerspruch zur Aussage des Herrn Bundeskanzlers, der anläßlich der Beantwortung der Grünen Dringlichen parlamentarischen Anfrage im April 1993, Frage 19, beziiglicli der österreichischen Beteiligung der EU-

Fusionsforschung den damaligen Wissenschaftsminister zitierend sagte, es könne nicht nachvollzogen werden, daß in für die Errichtung von Fusionsreaktoren relevanten Bereichen geforscht werden solle?

10.       Würde ein Kernfusions-Assoziationsvertrag im geplanten Umfang einen politischen Widerspruch zum Positionspapier der iisterreichischen Bundesregierung zu EURATOM, das vor dem Beitritt Österreichs herausgegeben wurde darstellen, in dem es auf Seite 8 ff. unter Punkt

9.         Nuklearforscliung heißt, daß die Finanzierung des Fusions­Rahmenprogrammes zwar mitzutragen sei, aber Österreich bemüht sein werde, im Rahmen der gemeinschaftlichen wie nationalen Forschungspolitik insbesondere den Bereich der effizienten Energienutzung und der erneuerbaren Energieträger zu forcieren?

11.       Im EU-Weißbuch der Bundesregierung aus 1994 werden auf den Seiten 81 ff. unter Punkt IV.l. die Entwicklungen in der Forschungs- und Technologiepolitik dargestellt.  Unter 1.5.2. werden die thematischen Schwerpunkte angeführt, in denen Österreich besonderes Interesse an einer engen Abstimmung mit der EU hat, dabei werden konkret 9 Technologiebereiche (Erneuerbare Energien, Informationstechnologie etc.), nicht aber die Kernfusion angeführt.  Wie wäre also eine enge Kooperation im Bereich der Fusionstechnologie, wie dies aus dem Assoziationsvertrag zweifellos resultieren wurde, erklärbar und vor allem mit den von der Bundesregierung genannten Schwerpunkten aus 1994 vereinbar?

12.       In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage 1530/J, XVIII. GP, der Grünen, führt der Herr Bundeskanzler zu Frage 6 aus, daß im Bereich der Kernfüsion in Österreich nur jenes Know-How aufgebaut werde, das für Österreich unbedingt erforderlich sei.  Würde der Abschluß des

 

Assoziationsvertrag Österreichs mit der EU im Bereich Kernfusionsforschung bei einem Volumen von 364 Millionen öS und 80 Beschäftigten tatsächlich noch im Bereich des für Österreich unbedingt erforderlichen liegen?

 

Antwort

 

Die Tatsache. daß es Österreich freistellt, sich im Rahmen der EU-Forschung und

insbesondere des 4. Rahmenprogramms an bestimmten Programmen aktiver zu beteiligen und -in anderen Bereichen wenig oder nicht mitzuarbeiten, impliziert keinesfalls eine grundsätzliche und vollständ ige Ablehnung des Europäischen Fusionsprogramms.

Die österreichische Mitwirkung an der EU-Forschung zeigt deutlich, daß eine prioritäre Beteiligung an Projekten der nichtnuklearen Forschung gegeben ist.  Auch die Priorität der Förderung der Forschung im Bereich der rationellen Energienutzung und erneuerbarer Energieträger wurde und wird seitens der österreichischen Vertreter in den EU-Gremien immer wieder unterstrichen und eingefordert.

Eine aktive österreichische Mitwirkung ist jedoch auch in Bereichen gefordert, denen Österreich kritisch gegenübersteht, insbesondere um ökologischen und sozioökonomischen Aspekten dieser Forschungsbereiche entsprechende Aufmerksamkeit zu sichern.  Ich verweise darauf daß beim Forschungsministerrat im Oktober 1995 nicht zuletzt wegen der nachdrücklichen Unterstützung durch Österreich eine umfassende Evaluation der Europäischen Fusionsforschung - unter Einschluß ökologischer und sozialökonomischer Aspekte - beschlossen wurde.  Die österreichische Delegation im Beratenden Ausschuß für das Fusionsprogramm, um ein weiteres Beispiel zu nennen, hat die Bedeutung dieser Aspekte bereits im Zusammenhang mit der Diskussion des SEAFP-Berichts (Sicherheits- und Umweltaspekte der Fusionsenergie) nachdrücklich vertreten und wird dies auch in Zukunft tun.

Unter diesem Aspekt bietet eine Einbindung österreichischer Wissenschafter und Forschungseinrichtung in das Europäische Fusionsprogramm, nicht zuletzt durch die eingehendere Kenntnis, verbesserte Möglichkeiten zur Information und somit zur Formulierung österreichischer Positionen.

13.       Im Protokoll der 177.  Nationalratssitzung, XVIII.  GP, Seite 2101, ist die Aussage Ihres Vorgängers, BM Busek nachzulesen, wonach eine Teilnahme an Kernfusionsreaktoren von den Voraussetzungen in Österreich her nicht nur politisch, sondern auch grundsätzlich nicht in Frage komme, außer in einem marginalen Bereich der Forschung.  Nun ist die Fusionsforschung der EU aufgrund der wenig ausgereiften Technologie teils noch im Stadium der Grundlagenforschung, jedoch von der Zielsetzung - der Errichtung eines Fusionsreaktors - her eindeutig reaktorrelevant.  Wie würden Sie eine von Ihrem Vorgänger abweichende Position in dieser Frage, die Grundlage für die Unterzeichnung eines Assoziationsvertrages sein dürfte, begründen?

 

Antwort:

 

Wie den bisherigen Darlegungen klar zu entnehmen ist, setzt der Abschluß eines Assoziationsvertrages im Bereich der Fusionsforschung zwischen der ÖAW und der EU­Kommission weder eine Änderung der österreichischen Energieforschungspolitik voraus, noch wird die vom Anfragesteller postulierte Positionsänderung daraus resultieren.

 

Nicht zuletzt, um diesbezüglich jedes Mißverständnis auszuschließen, habe ich meine Zustimmung zum Abschluß dieses Assoziationsvertrages, um die mich der Präsident der ÖAW unbeschadet deren Autonomie ersucht hat, an die Bedingung geknüpft, daß die Akademie der Wissenschaften als Vertragspartner auf die Kernenergiepolitik der Bundesregierung Bedacht nimmt und Forschungsaktivitäten bzw. -vorhaben unterläßt, die mit dieser Kernenergiepolitik in Widerspruch stehen.

 

14.       Nach Aussagen der zuständigen EU-Vertreter ist die EU-Fusionsforschung dahingehend zielorientiert, langfristig den sogenannten "ITER"-Fusionsreaktor zu errichten.  Nun gab es Ende 1995 verstärkt Zweifel einzelner Mitgliedstaaten an diesem Projekt, bzw. den Vorschlag, diese Pläne grundsätzlich auf die Sinnhaftigkeit zu überprüfen, was den deutschen Forschungsminister Rüttgers zur Frage veranlaßte, ob das Projekt nun sterben würde.  Sehen Sie die Schwierigkeiten innerhalb der EU über die Fortführung des ITER-Projektes als mit der Sinnhaftigkeit der österreichischen reaktororientierten Fusionsforschung im Rahmen des Assoziationsvertrages in Verbindung stehend, bzw. wäre der Abschluß eines derartigen Vertrages Oberhaupt empfehlenswert, wenn das Zielprojekt zumindest nicht definitiv realisierbar erscheint?

15.       Im Zusammenhang mit dem möglichen Kernfusionsassoziationsvertrag wird immer wieder argumentiert, ein Nicht-Abschluß sei ein Angriff auf die Freiheit

--         der Wissenschaft in Österreich.  Könnte nicht die Beibehaltung des bisherigen österreichischen Kernfusions-Forschungsvolumens als die größere

 

wissenschaftliche Freiheit angesehen werden, da in diesem Fall weder finanzielle, noch personelle Ressourcen als auch die generelle Projektorientierung nicht in -. dein Ausmaß eine Bindung und Unflexibilität darstellen würden, wie dies durch Abschluß des Vertrages die Folge wäre?

 

Antwort:

 

Zunächst ist festzuhalten, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht über die Europäische

 

Fusionsforschung an sich zu entscheiden war, sondern lediglich darüber, ob es österreichischen

 

Wissenschaftlern und Forschungseinrichtungen ermöglicht werden soll - unter klar definierten

 

Bedingungen - am laufenden Europäischen Fusionsprogramm teilzunehmen.

 

Es sei daran erinnert, daß das 4. Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung - und damit das spezifische Programm "Kontrollierte Kernfusion" - bis Ende 1998 läuft, Auch die ITER-EDA (Engineering Design Activity) soll 1998 abgeschlossen werden.  Somit wird 1998/99 auf europäischer Ebene sowohl über das Europäische Fusionsprogramm als auch über die Fortführung des ITER-Projekts zu entscheiden sein.  Dafür wird u.a. die bereits erwähnte Evaluation des Europäischen Fusionsprogramms wesentliche Entscheidungsgrundlagen liefern.

Unter diesen Gesichtspunkten ergab sich daher kein Grund, dem Wunsch der ÖAW, einen Assoziationsvertrag mit einer Laufzeit bis 1998 abzuschließen, ablehnend gegenüberzustehen.  In diesem Zusammenhang weise ich ausdrücklich darauf hin, daß ich eindeutig klargestellt habe, daß mit der Zustimmung zum Abschluß dieses Assoziationsvertrages keinerlei Präjudiz bezüglich einer allfälligen Verlängerung der Laufzeit oder Fortsetzung verbunden ist.

 

16.       Wann wird darüber entschieden, ob zusätzliche Verträge im Kernfusionsbereich mit der EU, etwa für JET, NET oder ITER abgeschlossen werden?

Antwort:

 

Die Vertragspartner der ITER-EDA sind EURATOM., die USA, Japan und die Russische Föderation.  Somit stellt sich die Frage eines Vertragsabschlusses bezüglich ITER nicht.

 

Ein Beitritt der ÖAW zum JET- bzw.  NET-Vertrag unterliegt der autonomen Entscheidung der ÖAW.  Angesichts des im vorliegenden Entwurf des Assoziationsvertrages skizzierten Forschungsprogramms gehe ich davon aus, daß sich ein Beitritt sowohl zum JET- als auch zum NET-Vertrag als zweckmäßig erweisen wird, auch wenn dies während des Hearings im Oktober 1995 noch in Abrede gestellt wurde.

 

17.       Welche über die aus der Mitgliedschaft erwachsenden Kosten für- das 4. Rahmenprogramm und die aus dein Assoziationsvertrag potentiell entstehenden Kosten würde der Abschluß.jedes dieser- Zusatzverträge an direkten und indirekten Kosten pro Jahr zur Folge haben?

 

Antwort:

 

Die Teilnahme an den NEI'-Aktivitäteii ist kostenlos, während der Beitrag zum JET-Programm

gemäß dem Anteil Österreichs am EU-Fuisionforschungsprogramm im Rahmen seines Asso-

ziationsvertrages berechnet wird für die Jahre 1997 und 1998 könnten dafür jeweils ca. öS1 Mio.erforderlich sein, die aus dem Bundeszuschuß an die ÖAW in höhe von öS 5 Mio. aufgebracht werden müssen. Es wird nochmals darauf hingewiesen, daß vom Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst keine weiteren über die Butgetbeschlüsse 1996/97 hinausgehenden Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden.

 

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