860/AB
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr.Partik-Pable, Scheibner und Kollegen haben am 13.06.1996 unter der Nr. 727/J-NR/1996 an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage gerichtet betreffend "Verwendung von Zivildienern in landwirtschaftlichen Einrichtungen", die folgenden Wortlaut hat:
1. Wurde Herrn D. ein Zivildiener zugewiesen, weil sein Sohn zu diesem Zeitpunkt seinen Grundwehrdienst abgeleistet hat?
2. Handelt es sich hierbei um einen Einzelfall?
3. Erfüllt der Betrieb von Herrn D. die Anforderungen des ZDG um .einen Zivildiener zugewiesen zu bekommen?
4. Wurde im Prüfungsverfahren auf die Bestimmungen des 5 8 Abs. 5 Rücksicht genommen?
5. Wenn ja, warum kam es dennoch zu einer Zuweisung?
6. Ist es Ihrer Ansicht nach grundsätzlich sinnvoll, junge Staats-
-- bürger zum Grundwehrdienst einzuziehen und für die Dauer dessen an deren Stelle in erwerbstüchtigen Betrieben Zivildiener einzusetzen?
7. Welche Übereinkommen bestehen zwischen dem BMI und dem BMLV, um Fälle zu prüfen, bei denen im Gegensatz zum geschilderten Fall, ein im elterlichen oder eigenen Betrieb dringend notwendiger Wehrpflichtiger eingezogen wird und an seiner Stelle ein Zivildiener zugewiesen wird?
8. Ist es bereits zu solchen Fällen - wie in Frage 7 beschrieben gekommen?
9. Welche Maßnahmen sind Ihrer Ansicht nach notwendig, um solche Fälle - wie in Frage 7 beschrieben - zu verhindern?"
Die Frage des Einsatzes von Zivildienstleistenden in der landwirtschaftlichen Betriebshilfe wurde anläßlich der Einfügung der taxativen Aufzählung der Dienstleistungsgebiete für Zivildienstpflichtige in S 3 Abs. 2 ZDG durch die Novelle 1988, BGBl. Nr. 598/88, ausführlich diskutiert. Die Beratungen des Innenausschusses haben damals erkennen lassen, daß die Leistung von Sozialhilfe durch Zivildienstpflichtige in einem bäuerlichen Anwesen dann zu erfolgen hat, wenn wirtschaftliche Gründe es nicht erlauben, die für die Fortführung des Betriebes erforderlichen Arbeitskräfte aufzunehmen. Dabei kommt es auf eine Gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen Situation des jeweiligen Betriebes an, nicht aber darauf, ob der Betriebsführer allenfalls auch einer anderen Erwerbstätigkeit nachgeht. Die Prüfung der Voraussetzung beim jeweiligen Einsatzbetrieb erfolgt durch die zuständige Landwirtschaftskammer.
Zu Frage 1 bis 3:
Der Betriebshelferdienst der Landwirtschaftskammer für Vorarlberg wurde im Jahr 1982 durch Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg als Zivildiensteinrichtung vorerst mit 5 Zivildienstplätzen anerkannt. Zivildienstpflichtige leisten bei dieser Einrichtung Tätigkeiten zur "Aushilfe in landwirtschaftlichen Betrieben, in denen soziale Härtefälle vorliegen". Im Jahr 1994 wurde das Platzangebot auf 20 Plätze erhöht.
Aufgrund der jährlichen Bedarfsanmeldungen des Rechtsträgers an mein Ressort werden der Einrichtung Zivildienstpflichtige mit entsprechenden landwirtschaftlichen Kenntnissen zugewiesen. Die Landwirtschaftskammer Vorarlberg teilt die Zivildienstpflichtigen den einzelnen Betrieben zu.
Laut Auskunft des Rechtsträgers vom 12. Juli 1996 werden Betriebe ausgewählt, die aus sozialen Gründen (z.B. Krankheit, Unfall und Todesfall des Betriebsführers) oder aus wirtschaftlichen Gründen (z.B. hohe Verschuldung des Betriebes durch Rückzahlungsraten infolge-von Baumaßnahmen) den Einsatz von Zivildienstpflichtigen erfordern.
Wie der Rechtsträger weiters mitteilte, wird der in der Anfrage erwähnte Betrieb vom Sohn des Betriebsführers geführt, weil dieser in seinem Futtermittelbetrieb, in dem sonst nur seine Tochter ..und ein LKW-Fahrer beschäftigt sind, unentbehrlich ist. Der Betriebsführer bemühte sich im Hinblick auf einen Investitionskredit von 2,5 Millionen Schilling zur Errichtung von Stallgebäuden um die Befreiung seinen Sohnes vom Präsenzdienst, dies allerdings ohne Erfolg. Der Betriebshelferdienst konnte keine qualifizierte Fachkraft vermitteln. Auch eine Rückfrage beim Arbeitsmarktservice ergab, daß kein landwirtschaftlicher Facharbeiter arbeitssuchend
gemeldet war. Um die Fortführung des landwirtschaftlichen Betriebes
Überhaupt zu ermöglichen, teilte die Landwirtschaftskammer nach
Einberufung des Sohnes des Betriebsführers dem Hof einen Zivil-
dienstpflichtigen zu.
Zu Frage 4 und 5:
Die Zuweisung von Zivildienstpflichtigen zum Einsatz in der landwirtschaftlichen Betriebshilfe erfolgt dann, wenn keine geeigneten Arbeitskräfte den Ausfall landwirtschaftlicher Betriebsführer wettmachen können. Wie sich aus der Antwort auf die Fragen 1 bis 3 ergibt, ist der Bestimmung des 5 8 Abs. 5 ZDG entsprochen worden.
Zu Frage 6:
Ob und wann ein junger Mann Grundwehrdienst leistet, fällt nicht in die Vollziehung meines Ressorts. Es ist aber sinnvoll, Zivildienstpflichtige in der landwirtschaftlichen Betriebshilfe einzusetzen, wenn der Betriebsführer zum Grundwehrdienst herangezogen wird. Dadurch wird einerseits die Leistung des Grundwehrdienstes für Jungbauern möglich, andererseits wird Zivildienstpflichtigen mit landwirtschaftlicher Ausbildung ein ihren Fähigkeiten entsprechender Zivildienstplatz geboten. Die in der landwirtschaftlichen Betriebshilfe entspricht den in S 3 Abs. 1 ZDG geforderten Belastungen.
Zu Frage 7:
Es bestehen keine Übereinkommen zwischen meinem Ressort und dem Bundesministerium für Landesverteidigung, um Fälle zu prüfen, bei denen Wehrpflichtige aus der Landwirtschaft einberufen werden und Zivildienstpflichtige dem betroffenen Hof zugeteilt werden. Diese Zuteilung erfolgt in allen Fällen durch den jeweiligen Rechtsträger, der die Notwendigkeit eines solchen Einsatzes prüft. Nach den mir zur Verfügung stehenden Unterlagen bestand auch im geschilderten Fall eine entsprechende Notwendigkeit.
Zu Frage 8:
Seit 1983 haben beim Betriebshelferdienst der Landwirtschaftskammer für Vorarlberg 170 Zivildienstpflichtige den ordentlichen Zivildienst geleistet. Außer in dem in der Anfrage erwähnten Fall war nur in einem weiteren Fall die Zuteilung eines Zivildienstpflichtigen während der Präsenzdienstleistung des Betriebsführers erforderlich geworden.
Zu Frage 9:
Da der Einsatz von Zivildienstpflichtigen bei Einberufung eines landwirtschaftlichen Betriebsführers nur in unvermeidlichen Einzelfällen erfolgt, sind keine Maßnahmen in dieser Hinsicht erforderlich.