862/AB
Die Abgeordneten zum Nationalrat Anschober, Freundinnen und Freunde haben am 18. Juni 1996 unter der Nr. 847/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Disziplinar fahren gegen Beamte gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
1. Wieviele Disziplinarverfahren wurden gegen österreichische Beamte jeweils in den Jahren 1990 bis 1995 eingeleitet?
2. In wievielen Fällen wurden gegen diese eingeleiteten Disziplinarverfahren Einsprüche erhoben?
3. In wievielen dieser Fälle wurde den Einsprüchen stattgegeben?
4. In wievielen Fällen kam es zu disziplinarrechtlichen Maßnahmen?
5. In wievielen Fällen kam es davon zu Suspendierungen?
6. In wievielen Fällen kam es davon jeweils zu Entlassungen?
7. In wievielen Fällen kam es zu sonstigen Disziplinarmaßnahmen?
8. Wieviele dieser Disziplinarverfahren wurden in den Einzelnen jeweils wegen Vorwürfen im Bereich von Polizeiübergriffen einerseits, sowie andererseits auf Grund des Vorwurfs rechtsradikaler Betätigung eingeleitet?
9. In wievielen Fällen kam es wegen dieser zwei Deliktgruppen jeweils in den Einzeljahren zu disziplinären Maßnahmen?
10. InwievielenEinzelfällenkamesindenEinzeljahrenaufGrunddieserbeidenDeliktgruppen jeweils zu Entlassungen sowie zu Dienstsuspendierungen?
11. Welchen Reformbedarf sehen Sie selbst beim derzeit gültigen Disziplinarrecht?
12. Erachten Sie das Recht, zwei Mitglieder der Disziplinarkommission ablehnen zu können, für zeitgemäß? Wenn ja, warum? Wenn nein, weiche konkreten Änderungen befürworten Sie?
13. Erachten Sie die notwendige Einstimmigkeit bei Lehrerentlassungen für zeitgemäß und gerecht? Wenn ja, warum? Wenn nein, welche konkreten Reformvorhaben beabsichtigen Sie?
14. Welche konkreten Reformmaßnahmen im Bereich des Disziplinarrechtes werden Sie in welchem konkreten Zeitraum vorlegen?"
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Einleitend ist folgendes zu bemerken:
Gemäß § 96 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, in der geltenden Fassung, sind Disziplinarbehörden 1. Instanz die Dienstbehörden und die Disziplinarkommission. Die Beantwortung der Fragen 1 bis 1 0 kann daher nur für den Ressortbereich des Bundeskanzleramtes erfolgen.
Zu Frage 1:
Im Bereich des Bundeskanzleramts wurden in den Jahren 1990 bis 1995 sechs Disziplinarverfahren eingeleitet, wovon zwei Verfahren aufgrund einer Änderung des Bundesministeriengesetzes 1986 im Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz weitergeführt wurden.
Zu den Fragen 2 und 3:
In keinem Fall, da gemäß § 123 Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 gegen die Einleitung des Disziplinarverfahrens kein Rechtsmittel zulässig ist. In zwei Fällen wurde allerdings das außerordentliche Rechtsmittel einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ergriffen. Diese sind derzeit noch beim Verwaltungsgerichtshof anhängig.
Zu den Fragen 4 sowie 6 und 7:
Es kam in nur einem Fall zur Disziplinarstrafe der Entlassung. Drei Verfahren sind noch nicht abgeschlossen.
Zu Frage 5:
In keinem Fall.
Zu den Fragen 8 bis 9 und 1 0:
Wegen des Vorwurfs rechtsradikaler Betätigung wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet, das noch nicht beendet wurde.
Zu Frage 1 1:
Einleitend weise ich darauf hin, daß derzeit eine im Bundeskanzleramt eingerichtete Arbeitsgruppe Vorschläge für eine Reform des Disziplinarrechts ausarbeitet. Unvorgreiflich der Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe lassen aber aus meiner Sicht vor allem die überlange Verfahrensdauer bei Disziplinarverfahren und die Frage der einheitlichen Spruchpraxis der Disziplinarbehörden bei der schwerwiegendsten Disziplinarstrafe der Entlassung eine grundlegende Reform des Disziplinarrechts angezeigt erscheinen.
Zu Frage 12:
Diese Frage geht davon aus, daß dem Beschuldigten das Ablehnungsrecht gegenüber zwei Mitgliedem der Disziplinarkommission zustünde. Tatsächlich ist aber dieses Ablehnungsrecht seit 1977 auf nur mehr ein Mitglied des Disziplinarsenats eingeschränkt. Dennoch erachte ich dieses ohne Angabe von Gründen bestehende Ablehnungsrecht als nicht gerechtfertigt, weil zusätzlich die Mitwirkung eines befangenen Senatsmitglieds als Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht werden kann, wenn sachliche Bedenken gegen eine Entscheidung bestehen.
Zu den Fragen 13 und 14:
Für- den Ausspruch der Disziplinarstrafe der Entlassung gilt seit der Beamten-DienstrechtsgesetzNovelle 1990 das Einstimmigkeitsprinzip nur mehr in der 1. Instanz, im Rechtsmittelverfahren dagegen das Mehrstimmigkeitsprinzip. Ich beabsichtige, diese Frage gemeinsam mit anderen Reformvorschlägen der eingesetzten Arbeitsgruppe zur Reform des Disziplinarrechts in die für Anfang Oktober 1996 bereits anberaumten Gespräche mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst einzubringen.
bringen.