883/AB

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Helmut Haigermoser und Kollegen haben am 10.  Juli 1996 unter der Nr. 1006/J-NR/1996 an mich eine schriftliche Anfrage betreffend die Ortsnamensgebung in Südtirol gerichtet, welche den folgenden Wortlaut hat:

 

1.       Aus welchen Gründes sind die bisherigen Versuche einer Lösung der Ortsnamensfrage gescheitert?

 

2.       Welche diplomatischen Aktivitäten werden Sie setzen, um die genannten Relikte aus faschistischer Zeit endlich zu beseitigen?

 

3.       Bis wann rechnen Sie mit einem erfolgreichen Abschluß dieser Bemühungen?"

 

Ich beehre mich, diese Anfrage wie folgt zu beantworten:

 

ad 1) :

 

Eine Lösung der Frage der Ortsnamensgebung in Südtirol ("Toponomastik") kann nur auf der Grundlage des Pariser Abkommens und des Autonomiestatuts sowie im Einvernehmen zwischen den Sprachgruppen erfolgen.  Von Südtiroler Seite wurden wiederholt Versuche unternommen, in dieser juristisch und politisch komplexen Angelegenheit zu einer einvernehmlichen Regelung zu kommen.  Ein konkreter Vorschlag zielt etwa darauf ab, im Bereich der sogenannten "Mikro-Toponomastik" (lokale geographische Bezeichnungen wie z.B. Weiler, Bäche etc.) den Gemeinden die Kompetenz zur Namensgebung zu übertragen (womit wohl im Alltag meist Oberhaupt nicht benutzte italienische Bezeichnungen teilweise fallen würden) und nur für die wichtigeren Orts- und Geländebezeichnungen ("Makro-Toponomastik") zweisprachige Ortsnamen durch Landesgesetz gemäß Art. 8 Autonomiestatut verbindlich festzulegen.  Derartige Vorstöße haben bisher allerdings keine Zustimmung der italienischen Seite gefunden.

 

ad 2):

 

Die Südtiroler Volkspartei ist laufend in der

 

Toponomastikfrage engagiert.  Es müßte allerdings zunächst mit den italienischen Koalitionspartnern in der Südtiroler Landesregierung und in weiterer Folge mit den zuständigen römischen Stellen zu einer Verständigung kommen, was bisher nicht gelungen ist.

Österreichischerseits wird diese Frage im Kontext der allgemeinen Südtirolpolitik aufmerksam verfolgt und die Bundesregierung wird jede einvernehmlich erzielte Lösung unterstützen, die auch den diesbezüglichen Anliegen der deutschsprachigen Volksgruppe in Südtirol entspricht.

 

ad 3) :

 

Angesichts der bisherigen Erfahrungen ist kaum damit zu rechnen, daß es in der Ortsnamenfrage in naher Zukunft zu der von Südtiroler Seite angestrebten Regelung kommen kann.