890/AB

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Anna Huber und Genossen haben am 27.  Juni 1996 unter der Nr. 857/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend eine mögliche Gesundheitsgefährdung durch das Pescizid "Benlate" gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:

 

 

 

l.     Wie hoch ist der jährliche Verbrauch an "Benlate in Österreich?

 

2.    Ist eine Überprüfung von "Benlate" durch das Bundes sterium für Gesundheit und Konsumentenschutz hinsichtlich möglicher Schädigungen der Gesundheit angesichts der neuen Erkenntnisse in den USA geplant?

 

3.    Ist daran gedacht, "Benlate" in Österreich zu verbieten?

 

4.    Halten Sie "Benlate" zum jetzigen Zeitpunkt und mit dem derzeitigen Wissensstand für gesundheitlich völlig unbedenklich?"

 

 

 

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

 

 

Zu Frage 1:

 

 

Gemäß § 20 Abs. 1 des Pflanzenschutz--Mittelgesetzes (PMG),

 

BGBl.Nr. 476/1990, hat der Zulassungsinhaber bis längstens 3 Monate nach Ablauf jedes Kalenderjahres dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft die Menge des Wirkstoffes bekanntzugeben, die mit dem den Wirkstoff enthaltenden, zugelassenen Pflanzenschutzmittel in diesem Kalenderjahr im Bundesgebiet in Verkehr gebracht worden ist.

Ich verweise daher auf die diesbezüglichen Ausführungen des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft in der Beantwortung der an ihn gerichteten Anfrage Nr. 901/J.

 

Zu den Fragen 2 bis 4:

Der Wirkstoff Benomyl wurde von mehreren nationalen Behörden (Großbritannien, Deutschland) bzw. von internationalen Fachgremien (WHO - JMPR, WHO - IPCS) hinsichtlich der toxischen/ökologischen Auswirkungen bzw. nur auf einen möglichen Zusammenhang mit Augenmißbildungen bei neugeborenen Kindern bewertet.

Nachstehende Bewertungen liegen vor:

 

1.    ein Antwortschreiben des britischen "Advisory Committee on Pesticides (ACP)" vom 4.3.1993, das auf die Ergebnisse einer Studie über Benomyl an der Universität von Kalifornien betreffend Testung der Wirkungsmechanismen von Benomyl bei hohen Dosen (an Versuchstieren) und unter erschwerten experimentellen Bedingungen Bezug nimmt und in der Bewertung feststellt, daß auch diese Studienergebnisse einen klaren Sicherheitsbereich für die Geburtsschäden ergeben haben und bestätigt, daß auch weiterhin keine Besorgnis hinsichtlich einer weiteren Verwendung von Benomyl in Großbritannien vorliegt;

 

2.    ein Antwortschreiben der zuständigen britischen Gesundheitsbehörden an das deutsche Bundesministerium für Gesundheit vom 4.10.1993 , in den geäußert wird, daß mögliche Verursacher für die Augenmißbildungen ein genetischer Defekt oder eine Virusinfektion während der Schwangerschaft sein könnten, aber "even gross misuse of benomyl would not lead to the very high doses introduced directly into the stomach what have been shown to cause eye defects in laboratory animals";

 

3.    eine Stellungnahme des deutschen Bundesgesundheitsamtes in Berlin vom 4.2.1993, mit der in Bezug auf einen Zeitungsartikel über die Geburt einer erhöhten Anzahl von Kindern mit schweren Augenmißbildungen- in bestimmten Regionen von England und Wales auf mögliche Ursachen eingegangen wird, im Zusammenhang aber mit vorliegenden Tierversuchsergebnissen zu Benomyl und ihrer Bewertung durch die WHO-JMPR 1983 - Festlegung eines ADI-Wertes für Benomyl von 0,02 mg/kg Körpergewicht /Tag - festgestellt wird, daß "bei der Risikoabschätzung für Verbraucher und Anwender nach herkömmlichen Bewertungsmaßstäben eine ausreichende Sicherheit abgeleitet werden kann";

 

4.    eine vom Fachgremium der WHO-JMPR neuerlich durchgeführte toxikologische Bewertung von Benomyl (und Carbendaz im) unter Einbeziehung auch der neuen Untersuchungsergebnisse; dieser Report wurde 1995 veröffentlicht und - als Ergebnis der Bewertung aller Daten - der ADI-Wert für Benomyl von 0,02 mg/kg Körpergewicht/Tag (1983) auf 0,1 mg/kg Körpergewicht/Tag erhöht;

 

5.    eine vom WHO-IPCS (International Programm on Chemical Safety) vorgenommene und 1993 veröffentlichte umfassende Bewertung (135 Seiten) - Ausgabe "Environmental Health Criteria No. 148 - von Benomyl (und Carbendazim).  Als die im Gegenstand besonders relevante Schlußfolgerung sei hieraus zitiert:Given the current exposures and the low rate of,. dermal absorption of these two compounds, it is unlikely that they would cause systemic -.oxicity either in the general population or in occupationally exposed subjects";

 

6.    zwei schriftliche Anfragen von Abgeordneten des Europäischen Parlaments an die Europäische Kommission (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, C 219 vom 8.8.1994, und C 225 vom 12.9.1994) betreffend Benomyl und einen möglichen Zug a mit dem Auftreten von Anophtalmien bei Kindern.  Die Europäische Kommission wurde ersucht mitzuteilen, ob und wann sie sich mit dieser Frage beschäftigt hat, und, wenn ja, mit welchem Ergebnis.  Sie hat in ihren Beantwortungen u.a. mitgeteilt, daß sie die Mitgliedstaaten im Ständigen Pflanzengesundheitsausschuß am 13.2.1993 über mögliche Maßnahmen im Zusammenhang mit Benomyl konsultiert hat; die Mitgliedstaaten hielten ihre einzelstaatlichen Bewertungen für ausreichend und schlugen außer einer weiteren genauen Untersuchung keine besonderen Maßnahmen vor bzw. hielten es nicht für notwendig, mehr vorzuschlagen als eine weitere Beobachtung der Angelegenheit;

 

7.    ein Statement des britischen "Advisory Committee on Pesticides (ACP)" vom 4.7.1996, in dem dieses Komitee mit Bezug auf das amerikanische Gerichtsverfahren in Miami feststellt, daß es die zwei neuen in-vitro Studien, die im (amerikanischen) Verfahren von den Rechtsanwälten der Klägerin vorgelegt worden waren, ebenfalls bewertet hat und keine Änderung seiner früheren Empfehlung für erforderlich erachtet und daß die Verwendung von Benomyl entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen sicher ist; es gebe keine Besorgnis hinsichtlich der weiteren Verwendung von Benomyl in Großbritannien.

 

Zusätzlich zu den unter 1.-7. angeführten Bewertungen sei festgestellt, daß in der Europäischen Union der Wirkstoff Benomyl in der ersten Liste der Wirkstoffe, Verordnung (EWG) Nr. 3600/92, - eine Verordnung für die EU-weite Aufarbeitung von Wirkstoffen nach der Richtlinie 91/414/EWG über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln - aufscheint, das.. für seine Gesamtbewertung vorgelegte äußerst umfangreiche Dossier von Deutschland als Rapporteur bis Oktober/November 1996 nach dem neuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse begutachtet werden wird und über Sitzungen des Ständigen Pflanzengesundheitsausschusses in der Folge dann eine für die gesamte Europäische Union neueste umfassendste wissenschaftliche Bewertung einschließlich der neuen

Erkenntnisse in den USA vorliegen wird.  Es erscheint zielführend, diesbezügliche Ergebnisse abzuwarten. Österreich ist - wie auch alle anderen Mitgliedstaaten aufgefordert, die Beratungen in Form eines Peer-Reviews aller Angaben, Unterlagen und Bewertungen zu Benomyl mitzutragen bzw. in eventuell vorgelagerten Expertensitzungen sein Expertenwissen einzubringen wie auch die anschließende gemeinsame Entscheidung der Europäischen Kommission und der Mitgliedstaten u.a. betreffend einen EU-weiten vereinheitlichten Kennzeichnungsumfang für Benomyl als Bestandteil von Pflanzenschutzmitteln national umzusetzen.