906/AB

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1068/J-NR/1996, betreffend soziale Aspekte der

 

Vergabekriterien bei Studienbeihilfen, die die Abgeordneten DDr. NIEDERWIESER und

 

Genossen am 11.Juli 1996 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

 

Die soziale Bedürftigkeit ist sowohl Voraussetzung für die Zuerkennung der Studienbeihilfe als auch Grundlage für die Bemessung der Höhe der jeweils zuerkannten Studienbeihilfe. Sie berücksichtigt nicht nur die Höhe des Einkommens, sondern auch dessen Art und Zusammensetzung sowie die familiäre Situation des Studienbeihilfenbeziehers.

Anknüpfungspunkt ist der Einkommensbegriff im Sinne des § 2 Abs.2 des Einkommensteuergesetzes 1988.  Da in diesem steuerlichen Einkommen zahlreiche subventionspolitischen und rechnungstechnischen Komponenten enthalten sind, sieht das Studienförderungsgesetz eine Reihe von Hinzurechnungsbeträgen vor.  Diese bezwecken, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des jeweiligen Einkommensbeziehers dadurch zu erfassen, daß auch steuerfreie Gehaltsbestandteile sowie steuerrechtlich privilegierte, gewinnmindernde Ausgaben dem Einkommen hinzuzurechnen sind.

Im Anschluß an die Einkommensteuerreform durch das ESTG 1988 wurde im Zuge einer Novelle das damals geltende Studienförderungsgesetz 1983 an die neuen steuerrechtlichen Bestimmungen angepaßt.  Zur Vorbereitung dieser Novelle wurde eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung, des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Sport und des Bundesministeriums für Finanzen sowie aus Fachleuten aller Sozialpartner eingesetzt, welche nach ausführlicher Diskussion gemeinsam zu einvernehmlichen Vorschlägen über die Neugestaltung des Einkommensbegriffes im Studienförderungsgesetz kamen.

Hauptziel dieser Vorschläge war wie oben bereits dargestellt - unter Ausschaltung aller förderungspolitischen Aspekte aus dem steuerrechtlichen Einkommensbegriff ein für das Studienförderungsgesetz aussagekräftiges Einkommen im Sinne der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Studierenden bzw. seiner Eltern herauszuschälen.

Dieses Ziel ist legistisch folgendermaßen umgesetzt: -

1 . Ausgangspunkt ist das Einkommen gemäß § 2 Abs.2 ESTG 1988.

2.         Hinzugerechnet werden sämtliche steuerfreien Bezüge, soweit es sich um wiederkehrende Leistungen handelt, welche die Finanzkraft des Einkommensbeziehers erhöhen.

3 .        Hinzugerechnet werden sämtliche im Zuge des Veranlagungsverfahrens abgezogenen Beträge, die im Steuerrecht aus subventionspolitischen Gründen einkommensmindernd wirken (etwa ein Investitionsfreibetrag, Verlustabzug, Veräußerungsgewinn usw.).

4.         Hinzugerechnet werden bei pauschalierten Einkommensermittlungen (etwa Land- und Forstwirtschaft oder Gewerbebetrieb) 10 % dieses Einkommenspauschales.

5 .        Zum Ausgleich der steuerlichen Gestaltungsfreiheit, die Einkommensbeziehern im Rahmen der Veranlagung ermöglicht ist, sind Freibeträge vorgesehen, welche das für die Studienbeihilfe maßgebliche Einkommen von nichtselbständig Erwerbstätigen je nach dem Umfeld mindern, ob ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder nur teilweise Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen werden.

 

Zur Berücksichtigung der sozialen Bedürftigkeit ist darüberhinaus ein differenziertes System an Freibeträgen für sonstige unterhaltsberechtigte Familienangehöriger je nach Alter und individuel-

Zur Berücksichtigung der sozialen Bedürftigkeit ist darüberhinaus ein differenziertes System an Freibeträgen für sonstige unterhaltsberechtigte Familienangehörige je nach Alter und individueller Situation innerhalb des Haushaltes eingerichtet.

Innerhalb der gesamten Zahl der Studierenden läßt sich aufgrund der statistischen Vertungen feststellen, daß sich Studienbeihilfenbezieher stark von Studierenden, welche keinen Anspruch auf Studienbeihilfe haben, in Bezug auf ihre soziale Herkunft unterscheiden.

Die folgenden Daten beruhen auf einer repräsentativen Befragung der Studierenden im Wintersemester 1993/94, deren Ergebnisse vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst 1995 unter dem Titel "Materialien zur sozialen Lage der Studierenden" veröffentlicht worden sind.

Unter den Studienbeihilfenbeziehern sind Kinder von Arbeitern dreimal so häufig und Kinder von Landwirten vier mal so häufig vertreten wie unter den Nichtbeihilfenbeziehern. Stark unterrepräsentiert in der Gruppe der Beihilfenbezieher sind dagegen Kinder von Freiberuflern und leitenden Angestellten.

 

            Vaterberuf       alle Studierenden          Studienbeihilfen-           Nicht-

                                   bezieher           Beihilfenbezieher

 

            Freiberufler      8,7 %   0,5 %   10,2%

 

            Selbständige     13.0%  14,1%   12,8%

 

            Landwirte         3,4 %   9,8 %   2,20/0

 

            leitende Beamte            12,8%   9,1 %   13,5%

 

            nicht leitende Beamte    12,3%   13,9%   12,0%

            leitende Angestellte       23,4%   12,1%   25,5%

 

            nicht leitende Angestellte          17,3%   19,6%   16,9%

 

            Arbeiter           9,1 %   21,0%   6,9 %

 

            Insgesamt         100%   100%   100%

            n          1,833    289       1,543

 

Noch stärker als bei der Differenzierung durch den Beruf des Vaters zeigt sich das Wirksameren der Studienbeihilfe bei der Verteilung des Elterneinkommens. 1993 hatten nur 3 % der Eltern von Beihilfenbeziehern ein durchschnittliches Monatseinkommen von mehr als 40.000 S. Fast die Hälfte aller Eltern von Studienbeihilfenbeziehern haben aufgrund des Ergebnisses dieser Studie ein Monatseinkommen von weniger als 20.000 S.

 

            Elterneinkommen          alle Studierenden          Studien-            Nicht-

                                   beihilfenbezieher           Beihilfenbezieher

 

            unter 10.000 ÖS           3,3 %   9,2 %   2,1 %

 

            10.000-20.000 ÖS         16,8%   38,1%   12,3%

 

            20.001-30.000 ÖS         27,7%   35,4%   26,1@ %

 

            30.001-40.000 ÖS         21,8%   14,2%   23,3%

 

            40.001-50.000 ÖS         14,2%   2,3 %   16,7%

 

            mehr als 50.000 ÖS      16,2%   0,8 %   19,5%

 

            Insgesamt         100%   100%   100%

            n =       1,426    246       1@.191

 

Diese statistischen Ergebnisse belegen die Effizienz des derzeitigen Studienbeihilfensystems, bei der besonderen Förderung von Studierenden aus einkommen sschwachen Schichten.

 

1.         Verfügt das Bundesministerium über Daten zur sozialen Verteilung von Stipendien?

 

Antwort:

 

Nach jedem Semester erstellt die Studienbeihilfenbehörde eine ausführliche Statistik über die Anträge und Bewilligungen der Studienbeihilfen, wobei u.a. auch eine Aufgliederung nach" sozialer Herkunft der Studierenden erfolgt.

 

2.         Nach welchen Kriterien sind diese Daten hinsichtlich der beruflichen und sozialen Stellung der Eltern aufgegliedert?

 

Antwort:

Die Aufgliederung erfolgt nach der Einkommensart des Vaters (der Mutter) nach den Typen: öffentlich Bedienstete, Angestellte, Arbeiter, Pensionisten, Land- und Forstwirte, Selbständige einschließlich Gewerbetreibende.

3.         Weiche zusammenfassende Ergebnisse lassen sich hinsichtlich der in der Einleitung aufgezeigten Problematik aus den vorhandenen Daten ableiten?

Antwort:

 

Unter Berücksichtigung der oben dargestellter Ergebnisse der Auswertung ergibt sich, daß die von der Studienförderung angepeilten Zwecke erreicht werden.

 

4.         Sofern die vorhandenen Daten für eine Antwort auf die soziale Verteilungswirkung von Stipendien nicht ausreichend sind - werden Sie eine detaillierte Studie dazu in Auftrag geben?

 

Antwort:

 

Die vorhandenen Daten erscheinen ausreichend.  Zielführender als eine Studie erscheint es, für die Vorbereitung einer künftigen Novelle eine Arbeitsgruppe aus Experten der Sozialpartner und der beteiligten Ministerien einzusetzen.

 

--5.  Wieviele Studierende beziehen die Höchststudienbeihilfe (gegenwärtig oder falls nicht

verfügbar):     Daten 1995)?

 

Antwort:

 

Im Bereich des Bundesministeriums für Wissenschaft, Verkehr und Kunst gab es im Wintersemester 1995/96 insgesamt 8.431 Studierende, welche die Höchststudienbeihilfe bezogen (39,1 % aller Beihilfenbezieher).  Bei diesen Antragstellern kam es zu keiner Kürzung durch das elterliche Einkommen.

 

6.         Wie verteilen sich die Bezieher der Höchststudienbeihilfe nach ihrer sozialen Herkunft (bitte absolute Zahlen und Prozentanteile)?

 

Antwort:

Unter Berücksichtigung der sozialen Herkunft (Beruf des Vaters bzw. der Mutter) ergab sich unter allen Beihilfenbeziehern des Wintersemesters 1995/96 folgende Verteilung bei den Beziehern einer Höchststudienbeihilfe:

 

öffentlich Bedienstete: 330 (4,7 % aller Höchststudienbeihilfenbezieher)

Angestellte:      839 (11,9 %)

Arbeiter: 931 (13,3 %)

Land- und Forstwirte: 1 636 (23,3 %)

nicht zugeordnete Selbständige: 456 (6,5 %)

Pensionisten:     1 552 (22,1 %)

 

Selbständige:     1 120 (15,9 %)

Sonstige: 149 (2,1 %)

 

7.         Welche Möglichkeiten einer gerechten Einkommensberechnung bei der Studienförderung sehen Sie?

 

Antwort:

 

Die scheinbare ungleiche Verteilung der Höchststudienbeihilfen zwischen den verschiedenen Berufsgruppen, wie sie sich aus der Aufstellung unter Punkt 6 ergibt, sagt weniger über die Wirksamkeit der Studienförderung als über die soziale Herkunft der Studierenden an den -Hochschulen insgesamt aus.  Aussagekräftiger für die Wirksamkeit des Studienförderungssystems sind die in der Einleitung dargestellten Tabellen über die Relation der Studienbeihilfenbezieher und Nichtbeihilfenbezieher gegenüber der Gesamtzahl der Studierenden im Hinblick auf Einkommen und soziale Herkunft. Diese weisen nach, daß die Studienförderung ihrem Ziel, zu einer sozial gerechten Bemessung der staatlichen finanziellen Unterstützung beizutragen, sehr nahe kommt.