943/AB

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag.  Doris Kammerlander und Freunde haben am 12.  Juli 1996 unter der Nummer 1190/J-NR/1996 an mich eine schriftliche Anfrage betreffend Wirt­schafts- und Währungsunion gerichtet, welche folgenden Wortlaut hat:

 

1.    Wird der Eintritt in die Währungsunion einer Volksabstimmung unterzogen?  Wenn ja, wann?  Wenn nein, warum nicht?

 

2.    EU-Kommissar Fischler betont, "es sei klar, daß die Währungsunion etwas kosten werde, letztlich wäre sie aber eine politische Frage." Warum wurden die Österreicherinnen und Österreicher nicht über die Kosten der Währungsunion informierte

 

3a)  In welcher Weise wird die Defizitreduktion rascher in Schuldenabbau umgesetzt werden?

3b)  Wird der Inhalt des "Blauen Briefes" veröffentlicht?  Wenn nein, warum nicht?

3c)  Wieviel muß Österreich zusätzlich zu den im Konvergenzprogramm vorgeschlagenen Maßnahmen einsparen, um die von der EU geforderten Auflagen zu erfüllen (in Mrd. öS fdr Bundessektor, Länder und Gemeinden)?

3d)  Warum wurden die Österreicherinnen und Österreicher über die zusätzlichen Belastungen nicht umgehend informiert?

 

4.    Finanzminister Klima hat angekündigt, den Schuldenstand über das vorgelegte Konvergenzprogramm hinaus durch Privatisierungen, durch Verkauf von Forderungen der Republik Österreich sowie durch eine Ausgliederung der Gebührenhaushalte zu reduzieren. 4a) Wie hoch ist der geschätzte Erlös dieser Maßnahmen (in Mrd. öS für jede Maßnahme)? 4b) In welcher Weise wird sichergestellt, daß trotz des Zeitdrucks bei der geplanten Veräuße­rung von Staatsvermögen der bestmögliche Marktpreis erzielt wird? 4c) In welcher Weise reduziert sich durch diese Maßnahmen der Schuldenstand Österreichs? 4d) Erhöht sich durch diese Maßnahmen der Vermögensstand Österreichs? 4e) Gibt es Zusagen seitens der EU, daß die oben erwähnten Maßnahmen ausreichen werden, um die Konvergenzkriterien für die Währungsunion zu erfüllen? 4f) Können in den nächsten Jahren weitere Privatisierungen ausgeschlossen werden?

 

5.    Die Vorhersagen der Grünen, es werde im Zusammenhang mit der Erfüllung der Konver­genzkriterien in den nächsten Jahren zu massiven Privatisierungen kommen, wurden seitens der Bundesregierung wiederholt zurückgewiesen.  Auch im Konvergenzprogramm der Bundesregierung scheinen sie nicht auf.

 

5a)  Warum wurde in der öffentlichen Debatte über die Währungsunion auf diese Kosten nicht hingewiesen?

 

5b)  In welcher Form kommt der Erlös aus dem Verkauf von Staatseigentum der Bevölkerung zugute?

 

5c)  Wird der Erlös aus dem Verkauf von Staatseigentum in eine Beschäftigungsoffensive um­gesetzt?

 

6.    Sind außer den von Finanzminister Klima im Rahmen des Finanzministerrates am 8. Juli d.J. angekündigten Maßnahmen weitere Einsparungsmaßnahmen vorgesehen?

 

7.    Können für die Jahre 1996 bis 1999 weitere Sparpakete und Sozialabaumaßnahmen zur Erreichung der Konvergenzkriterien ausgeschlossen werden?

 

8.    Wird Österreich als Mitglied der Währungsunion gezwungen sein, Budgetdefizit und Staatsverschuldung noch weiter zu reduzieren?

 

 

zu Frage 1

 

Die Schaffung der Wirtschafts- und Währungsunion ist Bestandteil des Vertrags von Maastricht (Art.B EU-V und Art.3a EG-V).  Dieser stellte bereits zum Zeitpunkt der Volks­abstimmung über den österreichischen EU-Beitritt geltendes Gemeinschaftsrecht dar.  In der Volksabstimmung erfolgte daher mit der Zustimmung zum Beitritt zur Europäischen Union gleichzeitig auch die Zustimmung zur Teilnahme an der Wirtschafts- und Währungsunion.  Eine gesonderte Abstimmung ist daher nicht erforderlich.

 

zu Frage 2

 

Die direkten Kosten der Währungsunion betreffen hauptsächlich Umstellungskosten im Bankbereich, wie etwa das Drucken neuer Banknoten und das Prägen neuer Münzen, die Er­stellung neuer Softwareprogramme, Umstellungen bei Geldausgabeautomaten und ähnliches.  Diese Einmalkosten, die die Staatsbürger jedoch nicht urmittelbar betreffen, werden derzeit auf ca. 5 Mrd.  S geschätzt.

 

Zu den Fragen 3, 4, 5, 6 und 7:

 

Nach Berechnungen des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung reichen die vom Nationalrat bereits beschlossenen Konsolidierungsmaßnahmen, welche auch von den Ländern und Gemeinden in ihrem Bereich umgesetzt werden, aus, um im Jahr 1997 für das Finanzie­rungsdefizit aller öffentlichen Haushalte den Konvergenzwert von 3% des Bruttoinlandpro­dukts zu erreichen.  Aufgrund der sehr niedrigen nominellen Wachstumsrate des Bruttoinlandsproduktes nimmt allerdings die Finanzschuldenquote der öffentlichen Haushalte trotz der Konsolidierungsmaßnahmen noch geringfügig zu.  Um eine Reduktion der Schuldenquote

 

schon 1997 zu erzielen, müssen daher zusätzliche vermögensbezogene Einzelmaßnahmen getroffen werden.

 

Die strikte Einhaltung der Konvergenzkriterien bleibt auch nach 1997 Ziel der Budgetpolitik.  In der Vereinbarung der beiden Koalitionspartner wurde festgehalten, daß globale Maßnah­men, insbesondere eine Zurücknahme der Ausgabendynamik, dazu beitragen sollen.  Daneben sollen weitere stukturelle Reformen die Budgetkonsolidierung nachhaltig absichern.

 

Die genaue Darstellung der Maßnahmen wird im Rahmen der Vorlage der Budgetprogramme der Bundesregierung für die Jahre 1996 bis 2000 erfolgen.

 

Der von Ihnen zitierte sogenannte "Blaue Brief" wird nach seiner Publikation durch die EU dem Nationalrat übermittelt werden.

 

zu Frage 8

 

Budgetkonsolidierung ist kein Selbstzweck.  Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte ist unumgänglich geworden, um die rapide wachsende Zinsenlast einzudämmen und damit die Rahmenbedingungen für Wachstum und Beschäftigung zu verbessern.  Die Zinsen für die Staatsschulden betrugen im Jahr 1995 bereits 91 Mrd S (d.s. 13% der gesamten Ausgaben des Bundes bzw. beinahe 4% des Bruttoinlandsproduktes).  Es soll also verhindert werden, daß produktive Ausgaben des Staates, wie Investitionen in die Infrastruktur und die Förderung gesellschaftlich wichtiger Aufgaben, durch unverhältnismäßig hohe Rückzahlungsverpflich­tungen beeinträchtigt werden.