960/AB
ANFRAGEBEANTWORTUNG
Zum Motiventeil:
Von einem Kapuutsparen der ÖBB kann im Zusammenhang mit Österreichs Verkehrspolitik und der hohen Zahlungen des Bundes für Infrastruktur und gemeinwirtschaftliche Leistungen keinesfalls gesprochen werden, zumal die ÖBB seit Ihrer Ausgliederung Gewinne erwirtschaften. Dem erklärten Willen der Parlamentsparteien und den EU vorgaben entsprechend wurde mit dem Bundesbahngesetz 1992 vielmehr die kaufmännische Eigenständigkeit der ÖBB mit allen daraus resultierenden Konsequenzen festgelegt. Während die ÖBB damit im Absatzbereich nach kaufmännischen Grundsätzen zu agieren und grundsätzlich für die Gestaltung dese Mangements selbst Sorge zu tragen hat, wird die Vorhaltung der Infrastruktur nach wie vor durch den Bund finanziert.
Die Finanzierung gemeinwirtschaftlicher Leistungen erfolgt derzeit noch zum überwiegenden Teil durch den Bund, wird aber im zunehmenden Maße durch Verkehrsdienstverträge der Länder entsprechend der EU-Verordnung 1893/91 ergänzt. Zum Zeitpunkt der Beantwortung der Anfrage waren solche Verkehrsdienstverträge zwischen der ÖBB und den Bundesländern Burgenland, Vorarlberg, Niederösterreich bereits abgeschlossen, die Vertragsunterzeichnung für Wien und Steiermark befindet sich in Vorbereitung.
Die Leistungsbestellung durch die regionalen Gebietskörperschaften ( Behörden) ist bereits durch die zitierte EU- Verordnung al innerstaatliches Recht auch ohne eigene nationale Norm anzuwenden.
Zu Ihren Fragen darf ich wie folgt Stellung nehmen:
Zu den Fragen 1 und 4:
Wie lautet die Rechtsmeinung des Verkehrsministeriums bzgl. Finanzierung des Regionalverkehrs? Sieht das Verkehrsministerium eine Verantwortung der Bundesländer auf Mitfinanzierung? Wenn ja, in welcher Größenordnung?
Wäre es nicht sinnvoll, diese Verhandlungen von den Betroffenen abzuziehen und auf politischer Ebene zwischen Verkehrsministerium und Ländern durchzuführen?
Wie ich bereits im Motiventeil und auch schon mehrfach in anderen Anfragen ausgeführt habe, ist es im Regionalverkehr entsprechend den EU- Verordnungen 1191/69 und 1893/91 Sache der betreffenden Regionen ( Länder), unter Berücksichtigung landesplanerischer Faktoren eine ausreichende Verkehrsbedienung sicherzustellen und mit dem betreffenden Verkehrsunternehmen Verträge über Verkehrsdienste abzuschließen. Daraus ergiebt sich neben den gemeinwirtschaftlichen Leistungsbestellungen des Bundes eine Verantwortung der Länder, deren Zahlungshöhe von den Verkehrswünschen und den Preisverhandlungen mit den Verkehrsunternehmen abhängig ist.
Aus diesen Gründen wäre eine direkte Verhandlung zwischen dem Verkehrsministerium und den Ländern im Bereich der Absatzfinanzierung weder Sinnvoll noch den EU-Normen entsprechend, da das Verkehrsministerium keine Verkehrsleistungen erbringt.
Zu Frage 2:
Wie lauten die aktuellen Forderungen der ÖBB bezüglich der einzelnen Bundesländer?’
Diese Frage betrifft nicht meinen Vollzugsbereich sondern den Stand der Verhandlungen zwischen ÖBB und Länder.
Zu Frage 3:
Wie lautet der aktuelle Verhandlungsstand?
Mit den Bundesländern Niederösterreich, Burgenland und Vorarlberg konnten die ÖBB bereits eine Einigung über die Finanzierung des regionalen Nahverkehrs erzielen.
Die Verhandlungen mit den Bundesländern Wien, Oberösterreich, Salzburg und Steiermark über die Finanzierung des regionalen Nahverkehrs verlaufen derzeit mit positiver Erwartungshaltung, so daß mit einem Abschluß von Verträgen über Verkehrsdienste - zumindest für Teilbereiche - in absehbarer Zeit gerechnet werden kann.
Mit den Bundesländern Tirol und Kärnten wurde trotz intensiver Bemühungen der ÖBB keine konkrete Gesprächsbasis über die Finanzierung des regionalen Nahverkehrs - auch nicht für Teilbereiche - gefunden.
Zu den Fragen 5,6, und 7:
Sieht der Verkehrsminister aufgrund der verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten des ÖBB-Gesetzes in diesem Zusammenhang eine Novellierungsnotwendigkeit des Gesetzes in Richtung Präzisierung?
Wenn nein, wie und in welchem Zeitraum soll es zu Verhandlungserfolgen kommen’?
Wenn ja, welche Entwürfe einer Novellierung des ÖBB-Gesetzes schlägt das Verkehrsministerium vor?
Die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Bundesbahngesetz 1992 legt keine ausschließliche Bestellfunktion des Verkehrsministers sondern die Formalerfordernisse bei Bestellung derartiger Leistungen durch den Verkehrsminister ( mehrjähriger Bestellrahmen) fest. Im Lichte der EU-Verordnunges ist daher aus meiner Sicht auch keine andere Interpretationsmöglichkeit zulässig.
Wie ich in der Beantwortung der schriftlichen Anfrage Nr.902/J bereits ausgeführt habe, wird ungeachtet dessen durch mein Ressort im Wege eines konzipierten Nahverkehrsgesetzes die Rechtslage nochmals darzulegen sein.
Wien, am 27.8.1996
Der Bundesminister