962/AB
Die Abgeordneten zum Nationalrat Rudolf ANSCHOBER, Freundinnen und Freunde haben am 12. Juli 1996 unter der Nr. 1149/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend "Polizeiübergriff am 23.5.19960 gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
111) Wie lautet der Polizeibericht über nachstehend mit Datum, Opfer und Ortsangabe bezeichneten Vorfall?
2) Wurde gegen in diesen Vorfall verwickelte Beamte Strafanzeige erstattet? -
3) Falls Strafverfahren gegen in den Vorfall verwickelte Beamte stattfanden, wie endeten diese Verfahren in erster, wie in zweiter Instanz?
4) Falls es rechtskräftige Verurteilungen von in diese Verfahren verwickelte Beamte gab, welche dienstrechtlichen Konsequenzen wurden gezogen?
5) Falls es zu Versetzungen von Beamten kam, in welche Kommissariate bzw. Gendarmerieposten erfolgten diese?
6) Wurden gegen den Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Strafanzeige gegen die Polizeibeamten strafrechtliche Schritte eingeleitet?
7) Bejahendenfalls: Nach welchen Bestimmungen des Strafgesetzbuches wurden strafrechtliche Schritte gegen den Beschwerdeführer eingeleitet?
8) Wurde gegen einen der beschuldigten Beamten bereits einmal ein Disziplinarverfahren eingeleitet?
Wenn ja, warum und wie endete dies?
9) Wann nach der Festnahme wurde eine Vertrauensperson, wann ein Rechtsbeistand verständigt?
10) wann konnte die Vertrauensperson, wann der Rechtsbeistand mit dem Betroffenen erstmals Kontakt aufnehmen (genauer Zeitpunkt)?
Grundsätzlich halte ich fest, daß zu dem angegebenen Vorfallstag 23.5.1996 - keine entsprechende Amtshandlung ermittelt werden konnte.
Um künftig zeitaufwendige Nachforschungen hintanzuhalten, wären exakte Zeitangaben von Vorteil.
Bei der bezugshabenden Amtshandlung handelt es sich vermutlich um jene vom 23.4.199-5,
Im einzelnen führe ich nach den mir vorliegenden Informationen aus:
Zu Frage-1:
Am 23.4.1995 um 21.30 Uhr zeigte eine im Hause Mommsengasse 12 in Wien 4., wohnhafte Frau bei der BPD Wien an, daß ihre Wohnungsnachbarin Frau E.W. Gegenstände (darunter Weinflaschen) aus dem Fenster auf die Straße werfe.
Nach dem Eintreffen zweier Beamter an der genannten Adresse teilte ihnen die Frau mit, sie habe sich, nachdem sie den oben erwähnten Vorfall wahrgenommen hatte, zur Wohnung der Frau W. begeben und vor der Wohnungstüre versucht, sie durch Zureden zu beruhigen. Dieses Unterfangen sei jedoch fruchtlos geblieben, weil sie von der Wohnungsinhaberin anscheinend nicht erkannt worden sei. Da Frau W. in psychiatrischer Behandlung stehe und ständig über finanzielle und gesundheitliche Probleme klage, hege die Nachbarin die Befürchtung, daß sie sich aus dem Fenster stürzen werde.
Angesichts der gegebenen Sachlage forderten die beiden Beamten Frau W., die unverständliche und gebetsähnliche Wortfetzen murmelte, zunächst mehrmals auf, die Wohnungstüre zu öffnen. Da sowohl der Umstand, daß den Beamten der Zutritt zur Wohnung beharrlich verwehrt wurde, als auch die Schilderungen der Nachbarin zur Annahme berechtigten, daß das Verhalten der Frau W. den Tatbestand einer Selbst- und Fremdgefährdung im Sinne der Bestimmungen der §§ 9 Abs. 3 Ziffer 1 UbG und 46 SPG erfülle, sahen sich die Sicherheitswachebeamten veranlaßt, umgehend die Wohnungstüre durch Feuerwehrmänner öffnen und ein Sprungtuch bereitstellen zu lassen.
Nach dem Betreten der Wohnung begann Frau W., die einen sehr verwirrten Eindruck machte und die einschreitenden Beamten offenbar nicht als solche erkannte, diese wüst zu beschimpfen und aus der Wohnung zu drängen. In der Folge sprang sie auf den Couchtisch, streckte die Arme in Richtung Plafond, betete und schlug zwischendurch heftig um sich. Während dieses tobenden Verhaltens brach die Tischplatte, wodurch die Frau auf den Fußboden und auf Teile des geborstenen Tischgerüstes fiel. Bis zum Eintreffen der zwischenzeitlich verständigten Rettung gebärdete sich Frau W. gegenüber den Beamten weiterhin aggressiv, indem sie mehrmals versuchte, diese mit den Füßen zu treten bzw. auf sie einzuschlagen, sodaß ihr letztlich Handfesseln angelegt werden mußten.
Anschließend wurde die Frau mit der Rettung in das psychiatrische Krankenhaus der Stadt Wien "Baumgartner Höhe" eingeliefert, wobei sie während des Transportes nicht von ihrem aggressiven Verhalten abließ und mehrmals versuchte, von der Bahre zu springen. Anläßlich der folgenden ärztlichen Untersuchung klagte sie über Druck und Bewegungsschmerzen im Bereich des rechten Knies, woraufhin sie in das Wilhelminenspital überstellt wurde. Dort gab sie an, von Polizisten getreten worden zu sein und seither Schmerzen im Unterschenkelbereich zu verspüren.
Zu dieser Anschuldigung ist anzumerken, daß Frau W. nach ihrem Sturz vom Couchtisch zwar Schmerzen im Bereich des Beines erwähnte, jedoch aufgrund des äußeren Anscheines und insbesondere in Anbetracht ihres renitenten Vorgehens das Vorliegen einer Verletzung zum damaligen Zeitpunkt nicht festgestellt werden konnte. Jedenfalls ergaben sich keine Anhaltspunkte dahingehend, daß die in Redestehende Verletzung von den Beamten verursacht worden wäre. Vielmehr wurde die gegenständliche Amtshandlung in Übereinstimmung mit den einschlägigen Rechtsvorschriften unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Befugnisausübung geführt.
zu Frage 2 und 3:
Der Aktenvorgang wurde der StA-Wien zur strafrechtlichen Beurteilung vorgelegt. Bislang sind von der Staatsanwaltschaft keine die Verletzung der E.W. betreffende Aufträge erteilt worden.
zu Frage 4 und 5L
Bislang gibt es keine rechtskräftigen Verurteilungen und keine dienstrechtlichen Konsequenzen.
Zu Frage 6:
Nein.
Zu Frage 7:
Entfällt im Hinblick auf die Beantwortung der Frage 6.
Zu Frage 8:
Gegen keinen der beiden Beamten wurde jemals ein Disziplinarverfahren eingeleitet.
Zu Frage 9 und 10:
Das Verhalten der E.W. im Anlaßfall war dergestalt - "tobende Psychose", sie erkannte die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht als solche -, daß sie vernünftigen Argumenten in keiner Weise zugänglich war.
Aus diesem Grunde war eine Information hinsichtlich des Rechtes der Beiziehung eines Rechtsbeistandes bzw. einer Vertrauensperson nicht möglich.