99/AB

 

 

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Pumberger, Dr. Povysil,

Dr. Partik-Pable, Dr. Preisinger haben am 30. Jänner 1996 unter

der Nr. 16/J an mich beiliegende schriftliche parlamentarische

Anfrage betreffend Tuberkulosegefahr in der Bundeshauptstadt

gerichtet.

 

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

 

Zu den Fragen 1 und 3:

 

In den vom Bundesministerium für Gesundheit und

Konsumentenschutz veröffentlichten Tuberkulosestatistiken

werden nur die medizinisch relevanten Fälle von

ansteckungsfähiger Tuberkulose erfaßt. Die Tuberkuloseberichte

der Länder enthalten demgegenüber sämtliche bekanntgewordenen

Fälle von Tuberkulose, d.h. beispielsweise auch solche, die

erst nach dem Tod eines Menschen festgestellt werden und mit

dem Tod in keinem Zusammenhang stehen.

Zu Frage 2:

 

 

Erkrankungsfälle Todesfälle

 

1990 1991 1992 1993 1994 1990 1991 1992 1993 1994

TBCpulmonal 1.408 1.275 1.200 1.139 1.088 74 74 75 67 70

TBCexrapulmonal 113 151 154 128 176 11 15 13 9 12

gesamt: 1.521 1.426 1.354 1.267 1.264 85 89 88 76 82

 

 

Zu den Fragen 4 bis 6:

 

Die Meldungen werden von meinem Ministerium selbstverständlich

kontrolliert (Durchsicht auf Vollständigkeit und Widersprüche) ,

gegebenenfalls sind auch Rückfragen beim meldenden Arzt

erforderlich. Bei Unvollständigkeit oder Unklarheiten wird das

Meldeblatt an die Bezirksverwaltungsbehörde zur Korrektur oder

Ergänzung retourniert. Eine Notwendigkeit zu zusätzlichen

Überprüfungen sehe ich nicht.

 

Zu den Fragen 7 und 8:

 

Eine Ansteckung mit Tuberkulose erfolgt überwiegend von Mensch

zu Mensch durch Tröpfcheninfektion bei langem intensiven

Kontakt ( z.B. Wohnen im gemeinsamen Haushalt) . Aus diesem Grund

ist durch den in Frage 7 behaupteten Sachverhalt eine

Ansteckungsgefahr realistischerweise nicht gegeben.

 

Überdies ist es Angelegenheit der Wiener Verkehrsbetriebe,

dafür Sorge zu tragen, daß ein unbefugtes Öffnen der

abgestellten Zugsgarnituren bzw. ein Verweilen darin nach

Betriebsschluß nicht möglich ist.

Zu den Fragen 9 und 10:

 

In Wien werden seit 1942 systematisch und gezielt

Reihenuntersuchungen auf Vorliegen einer Tuberkulose

durchgeführt. Bei Personengruppen mit erhöhtem

Erkrankungsrisiko werden ohnehin regelmäßig

Reihenuntersuchungen durchgeführt.

 

Im übrigen sind von Tuberkulose v.a. Personen höherer

Altersgruppen betroffen. Dabei besteht aber zumeist eine

Grundkrankheit, sodaß die Tuberkulose nicht als Todesursache

anzusehen ist. Die Tuberkulose wird in diesen Fällen erst kurz

vor dem Tod oder bei der Obduktion festgestellt (siehe auch die

Antwort zu den Fragen 1 und 3 ) . Handlungsbedarf im Sinne

zusätzlicher Vorsorgemaßnahmen sehe ich daher nicht.

 

Zu den Fragen 11 und 12:

 

§ 5 Abs. 1 und 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz und § 4 der

Verordnung über die ärztliche Untersuchung von Ausländern

hinsichtlich der Infektionsfreiheit idF der Verordnung BGBl.Nr.

672/1992 stellen aus meiner Sicht im gegebenen Zusammenhang

ausreichende rechtliche Regelungen dar.

 

Zu den Fragen 13 und 14:

 

Personen, die in Lebensmittelbetrieben (beispielsweise

Gasthäuser, Betriebsküchen, Molkereien, Käsereien,

Schlachthäuser) beschäftigt sind, werden nach dem

Bazillenausscheidergesetz BGBl.Nr. 153/1945 i.d.F. 131/1964,

regelmäßig kontrolliert; dieses Gesetz gilt auch für

Fleischuntersuchungsorgane ( § 7 des Fleischuntersuchungsge-

setzes, BGBl.Nr. 522/1982 ) .

 

Weiters regelt die Milchhygieneverordnung, BGBl .Nr. 897/1993 ,

daß der Geschäftsführer oder Inhaber eines Milchbearbeitungs-

oder -verarbeitungsbetriebes Personen, die Rohmilch oder

Erzeugnisse daraus kontaminieren könnten, solange von der

Behandlung mit diesen Lebensmitteln ausschließen muß, bis

nachgewiesen ist , daß kein Risiko einer Kontamination mehr

besteht. Ähnliche Hygienevorschriften bestehen im bereits

erwähnten Fleischuntersuchungsgesetz und in einigen

Verordnungen nach dem Fleischuntersuchungsgesetz für Personen

in Schlachthöfen, Fleischbearbeitungs- und

-verarbeitungsbetrieben.

 

So bestimmt § 7 ( 8 ) der Frischfleisch-Hygieneverordnung,

BGBl .Nr. 396/1994 , daß Personen in Schlachtbetrieben,

Frischfleisch-Bearbeitungsbetrieben und Kühlhäusern, die das

Fleisch mit Krankheitskeimen verunreinigen können, bei der

Fleischbearbeitung nicht mitwirken dürfen.

 

Ähnliche Hygieneanforderungen gelten für das Betriebspersonal

von Betrieben, die Fleischerzeugnisse oder andere Erzeugnisse

tierischen Ursprungs verarbeiten ( Anhang A, Kapitel 17 , lit. b

der Fleischverarbeitungs-Hygieneverordnung, BGBl . Nr. 397/1994 ) .

 

Weiters wird darauf hingewiesen, daß die Tuberkulose bei Rin-

dern - durch die Milch früher Hauptinfektionsquelle der

Bevölkerung - mittels intracutanem Allergietest erfolgreich

bekämpft wird . Dabei werden im Zuge periodischer Untersuchungen

auf Tbc österreichweit pro Jahr rund 600.000 Rinder getestet .

Die Reagenten werden ausgemerzt und die betroffenen Betriebe

sowie Kontaktbestände zweimal nachuntersucht .

Rinder, die in Drittländer exportiert bzw. innergemein-

schaftlich in andere Mitgliedstaaten verbracht werden, sind

einer Einzeltieruntersuchung auf Tbc zu unterziehen. Bei

Feststellung von Reagenten werden die Herkunftsbetriebe

allenfalls - wie bereits dargestellt - zum Schutz der

menschlichen Gesundheit saniert.

 

Wird anläßlich der Schlachttier- und Fleischuntersuchung bei

einem Tier ein Tbc-Verdacht festgestellt, so erfolgt eine

Untersuchung des Herkunftsbetriebes nach den dargestellten

Verfahren.

 

Überdies arbeitet mein Ressort derzeit einen Entwurf für eine

Lebensmittelhygieneverordnung aus, die für alle Betriebe gelten

soll, die Lebensmittel in Verkehr bringen. Dabei soll u. a.

festgelegt werden, daß Personen, die bekanntermaßen oder

vermutlich an einer Krankheit leiden oder Träger von

Ansteckungsstoffen sind, die durch Lebensmittel übertragen

werden können, nicht in Bereichen, in denen Lebensmittel

behandelt werden, arbeiten dürfen, sofern auch nur die

geringste Möglichkeit besteht, daß Lebensmittel direkt oder

indirekt mit pathogenen Mikroorganismen kontaminiert werden.

 

Damit wird dem Betriebsinhaber bzw. Verantwortlichen die

Verpflichtung zur Eigenkontrolle auferlegt.

 

Die Einhaltung dieser Auflage wird vom Landeshauptmann als

zuständiger Lebensmittelaufsichtsbehörde zu überwachen sein.

 

Zu den Fragen 15 und 16 :

 

Eine Übertragung von Tuberkelbazillen über Badewasser ist nicht

möglich.

Zu den Fragen 17 und 18 :

 

Von einer Einstellung der BCG-lmpfung kann keine Rede sein. An

Stelle der generellen BCG-Impfung aller Neugeborenen wird seit

1989 eine gezielte BCG-Impfung bei Personen mit erhöhtem

Tuberkuloseansteckungsrisiko empfohlen. Entsprechend den

Impfempfehlungen des obersten Sanitätsrates sind dies Kinder,

deren Eltern aus einem Land mit hoher Tuberkuloseinzidenz

stammen oder längere Zeit dort gelebt haben, sowie Kinder, die

in engem Kontakt ( Haushalt ) mit aktiv Tuberkulosekranken leben.

 

Auch in anderen europäischen Staaten, wie z .B. in Deutschland,

der Schweiz , Großbritannien, Schweden u. a. wird eine BCG-

Impfung generell nicht empfohlen.

Eine konsequente Impfung der genannten "Risikokinder"

entsprechend den derzeit gültigen Impfempfehlungen des obersten

Sanitätsrates ist Angelegenheit des Landes Wien.

 

 

Zu den Fragen 19 und 20 :

 

Entsprechend den Empfehlungen des Obersten Sanitätsrates sind

u. a. auch Flüchtlinge und Asylanten auf Tuberkulose zu

untersuchen. Die Erlassung von Verordnungen nach § 23

Tuberkulosegesetz ist allerdings Sache der Landeshauptleute.

 

Zu den Fragen 21 bis 23 :

 

Nachdem bereits mehrmals zwischen Beamten meines Ministeriums

und Ländervertretern Maßnahmen zur Bekämpfung der Tuberkulose

diskutiert wurden, nehme ich an, daß nunmehr Verordnungen der

Landeshauptmänner gemäß § 23 Tuberkulosegesetz erlassen werden.

Ein erster entsprechender Entwurf wurde bereits vom Amt der

Niederösterreichischen Landesregierung dem

Begutachtungsverfahren zugeleitet.

Die in Frage 22 angesprochenen gezielten Reihenuntersuchungen

für bestimmte Personengruppen werden dabei der entsprechenden

Empfehlung des obersten Sanitätsrates folgen.

 

Zu Frage 24 :

 

Eine BCG-Pflichtimpfung hat es in Österreich nie gegeben. Seit

1989 ist eine generelle Impfung aller Säuglinge vom Obersten

Sanitätsrat nicht mehr empfohlen. Diese Impfung wird lediglich

für Kinder mit erhöhtem Tuberkuloseansteckungsrisiko empfohlen

( siehe Beantwortung der Fragen 17 und 18 ) .