13/ABPR XX.GP
ANFRAGEBEANTWORTUNG
zur Anfrage 11020.0040/5-97 der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und
Freunde an den Präsidenten des Nationalrates betreffend „Abstimm-Mörder“
im Parlament
Die Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde haben am 11. Juli 1997
unter Bezugnahme auf eine Äußerung des Herrn Dr. Friedrich Romig bei
einer Veranstaltung am 28. Mai - die laut APA nachstehenden Wortlaut
hatte:
„Der Nationalsozialismus unterscheidet sich von unserer Demokratie
dadurch, daß wir die Schreibtischtäter á la Eichmann ausgetauscht haben
gegen die Abstimm-Mörder auf den Parlamentsbänken, mit dem Erfolg, daß
wir zehnmal mehr Kinder umbringen als Hitler im Jahresdurchschnitt Juden
umgebracht hat, das darf doch nicht wahr sein, das kann doch nicht das
Wesen der Demokratie ausmachen. Tatsächlich ist es so, daß wir in
Österreich ungefähr 100.000 Kinder jedes Jahr umbringen. Und das völlig
legal, während Hitler illegal die Juden umbringen ließ“
- an den Präsidenten des Nationalrates eine schriftliche Anfrage
gerichtet, die wie folgt lautete:
„1. Sind Ihnen die Äußerungen des Herrn Romig bekannt und wie beurteilen
Sie diese Äußerungen?
2. Welche Maßnahmen können Sie sich vorstellen, um im konkreten Fall
bzw. allgemein dafür Sorge zu tragen, daß die Spielregeln demokrati-
scher Diskussion und Kultur nicht nur von den ParlamentarierInnen
und PolitikerInnen, sondern auch von anderen Exponenten der Öffent-
lichkeit bzw. der veröffentlichten
Meinung beachtet werden?“
Ich beehre mich, diese Anfrage folgendermaßen zu beantworten:
ad 1:
Die Äußerungen des Herrn Dr. Friedrich Romig sind mir bekannt, weil
darüber in der APA vom 28. Mai 1997 berichtet wurde.
ad 2:
In Beantwortung dieser Frage möchte ich zunächst feststellen, daß das
Prinzip der freien Meinungsäußerung ein Grundprinzip einer freien,
pluralistischen und demokratischen Gesellschaft ist.
Es versteht sich von selbst, daß dieses Prinzip nicht restriktiv, sondern
extensiv angewendet werden muß, daß der „Freiheit des Andersdenkenden“
besondere Bedeutung zukommt und daß die Grenzen der Meinungsäußerung
nicht subjektiv, sondern nur durch das Gesetz und in weiterer Folge durch
das Gericht gezogen werden dürfen.
Sollte eine Äußerung einen strafrechtlichen Tatbestand erfüllen, dann ist
es Angelegenheit der ordentlichen Gerichte, für entsprechende Sanktionen
bzw. für die Einhaltung der bestehenden Rechtsordnung zu sorgen.
In jenen Fällen, wo zwar ein strafrechtlicher Tatbestand allenfalls nicht
erfüllt ist, aber die „Spielregeln demokratischer Diskussion“ in
eklatanter Weise überschritten werden, wie z.B. beim völlig absurden
Vergleich des österreichischen Gesetzgebers („Abstimm-Mörder“) mit der
Vernichtungspolitik Hitlers gegenüber den Juden, ist es die Pflicht aller
überzeugten Demokraten, solchen Äußerungen mit Entschiedenheit
entgegenzutreten und die Ungeheuerlichkeit einer solchen Aussage zu
entlarven (was im konkreten Fall auch von mehreren Parlamentariern getan
wurde).
"Besondere Maßnahmen“ des Präsidenten des Nationalrates kann ich keine
anbieten, weil es dafür keine gesetzlichen Grundlagen gibt.