17/ABPR XX.GP

 

ANFRAGEBEANTWORTUNG

Die Abgeordneten Dr. Graf und Kollegen haben am 6. Oktober 1997 folgende Fragen be-

treffend die objektive Richterbestellung beim Verfassungsgerichtshof an den Präsidenten

des Nationalrates gerichtet:

1. Wann wird die derzeit vakante, auf Vorschlag des Nationalrates nachzubesetzende

Stelle eines Mitgliedes des Verfassungsgerichtshofes ausgeschrieben werden?

2. Werden Sie dafür sorgen, daß bezüglich der vakanten Richterstelle im Nationalrat

ebenso wie anläßlich der letzten Nachbesetzung im Bundesrat ein Hearing stattfinden

soll?

Wenn nein, warum nicht und welche andere Verfahren werden Sie treffen, um im

Nationalrat eine objektive und nachvollziehbare Entscheidung zu gewährleisten?

3. Sind Sie der Auffassung, daß ein Hearing der Bewerber als Entscheidungshilfe für ein

objektives nachvollziehbares Verfahren sinnvoll wäre?

Wenn nein, warum nicht?

4. Werden Sie dafür eintreten, daß bei der Nachbesetzung von Richterstellen beim Vor-

fassungsgerichtshof künftig ein Hearing für die Vorschlagsberechtigten (Bundes

regierung, Nationalrat, Bundesrat) zwingend vorzusehen ist?

Wenn nein, warum nicht?

5. Ist Ihnen bekannt, daß eine Absprache zwischen den Koalitionsparteien über die

Nachbesetzung von Richterstellen beim Verfassungsgerichtshof besteht?

Wenn ja, was ist der Inhalt dieser Vereinbarung?

6. Können Sie ausschließen, daß eine derartige Absprache bei der bevorstehenden

Nachbesetzungsentscheidung Anwendung finden wird?

Wenn ja, inwiefern?

Die einzelnen Fragen beantworte ich wie folgt:

Zu den Fragen 1. bis 4.:

Die Antwort auf die Fragen 1. bis 4. ergibt sich aus den Beratungen in der Präsidialkonferenz

des Nationalrates vom 25. September. Das Protokoll jenes Teiles der Präsidialsitzung, aus

dem sich ergibt, daß die öffentliche Ausschreibung ohne Verzug (nach meinen Intentionen

innerhalb der nächsten 8 Tage) durchgeführt wird und daß auch die Durchführung eines

Kandidatenhearings in Aussicht genommen ist, hat folgenden Wortlaut:

„VII. VORSCHLAG FÜR DIE ERNENNUNG EINES MITGLIEDES DES VERFASSUNGS-

GERICHTSHOFES

Der Bundeskanzler hat mit Zuschrift vom 15.d.M. mitgeteilt, daß das Mitglied des Verfas-

sungsgerichtshofes Rechtsanwalt Hon.Prof. Dr. Rudolf Machacek am 28. Dezember 1997

das 70. Lebensjahr vollenden und somit gemäß Art. 147 Abs. 6 B-VG mit Ende des Jahres

1997 aus dem Verfassungsgerichtshof ausscheiden wird, weshalb für die Ernennung eines

Nachfolgers ein Vorschlag des Nationalrates zeitgerecht zu erstatten sein wird.

1. Der Präsident kündigt an, eine öffentliche Ausschreibung entsprechend § 1 Abs. 2 VfGG

idf BGBl.Nr. 469/95 ohne Verzug durchzuführen.

2. Zur Vorbereitung der vom Plenum des Nationalrates zu treffenden Entscheidung wird ein

Kandidaten-Hearing in Aussicht genommen.

2.1. Die diese Anhörung durchführende Personengruppe besteht aus Abgeordneten, die von

den Fraktionen im Verhältnis 8:6:5:1:1 nominiert werden.

2.2. Das Gremium soll unter dem Vorsitz des Obmannes des Veffassungsausschusses ste-

hen und bei seinen Beratungen die Geschäftsordnung des Nationalrates sinngemäß anwen-

den.“

Zu den Fragen 5. und 6.:

Die Frage, ob zwei oder mehrere Parlamentsfraktionen untereinander Absprachen treffen

(oder auch keine Absprachen treffen), zählt nicht zum Verantwortungsbereich des Prä-

sidenten des Nationalrates. Ich möchte aber betonen, daß die definitive Entscheidung hin-

sichtlich des erwähnten Besetzungsvorschlages für ein Mitglied des Verfassungsgerichts-

hofes in der Hand der Mitglieder des Nationalrates liegt. Die Bereitschaft aller Fraktionen des

Nationalrates, nach der öffentlichen Ausschreibung ein Kandidatenhearing durchzuführen,

kann meines Erachtens nur so verstanden werden, daß alle Fraktionen daran interessiert

sind, den bestmöglichen Bewerber oder die bestmögliche Bewerberin für diese Funktion zu

eruieren und ich begrüße diese Absicht.