32/ABPR XX.GP

 

ANFRAGEBEANTWORTUNG

Die Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen haben am 3. Juni 1998 an den

Präsidenten des Nationalrates die schriftliche Anfrage Nr. 33/JPR betreffend Pfändung der

Bezüge von Abgeordneten gerichtet, die folgende Fragen enthält:

1) Wann ist der erste Antrag auf Pfändung der Abgeordnetenbezüge des Abgeordneten

Rosenstingl in der Parlamentsdirektion eingelangt und auf welchen Betrag lautete die

Forderung?

2) Welche Veranlassungen hat die Parlamentsdirektion daraufhin getroffen?

3) Welche Personen waren mit dem Vorgang befaßt und welche Personen wurden davon

informiert?

4) Wann wurde der Präsident des Nationalrates davon informiert?

5) Weshalb wurde die Präsidialkonferenz oder zumindest der Klubobmann der Fraktion

des Abgeordneten nicht sofort informiert?

6) Sind weitere Anträge auf Pfändung der Abgeordnetenbezüge des Abgeordneten

Rosenstingl in der Parlamentsdirektion eingelangt?

Wenn ja, wann sind sie eingelangt und auf welchen Betrag lauteten die einzelnen For -

derungen?

7) Welche Veranlassungen hat die Parlamentsdirektion daraufhin getroffen?

8) Welche Personen waren mit den Vorgängen befaßt und welche Personen wurden

davon informiert?

9) Wann wurde der Präsident des Nationalrates davon informiert?

10) Weshalb wurde die Präsidialkonferenz oder zumindest der Klubobmann der Fraktion

des Abgeordneten nicht sofort informiert?

11) Wie viele Anträge auf Pfändung von Abgeordneten sind in den letzten 10 Jahren ein -

gelangt?

12) Wie viele Abgeordnete waren davon betroffen?

13) Wie verteilen sich die Anträge auf die einzelnen Fraktionen?

14) Auf welchen Betrag lauteten die einzelnen Forderungen und welche Gründe waren im

einzelnen für die Anträge auf Pfändung maßgebend?

15) Wann wurde in diesen Fällen jeweils der Präsident des Nationalrates informiert?

16) Wurde in diesen Fällen die Präsidialkonferenz oder zumindest der Klubobmann der

Fraktion des Abgeordneten informiert?

Wenn ja, wann?

Wenn nein, warum nicht?

17) Halten Sie die Vorgangsweise, die Pfändung von Abgeordnetenbezügen nicht zumin -

dest dem Klubobmann der betreffenden Fraktion bekanntzugeben speziell vor dem

Hintergrund der jüngsten Ereignisse sinnvoll?

Wenn ja, auf Grund welcher Erwägungen?

Wenn nein, welche Veranlassungen werden Sie zur Änderung der bisherigen Vor -

gangsweise treffen?

18) Teilen Sie die Einschätzung, daß die bisherige Vorgangsweise selbst unter Berück -

sichtigung der berechtigten Interessen der Schuldner keinesfalls als Beitrag zur Scha -

densminimierung angesehen werden kann sondern tendenziell eher eine Schadens -

vergrößerung begünstigt?

Wenn ja, welche konkreten Veranlassungen werden Sie auf Grund dieser Beurteilung

treffen?

Wenn nein, warum nicht?”

Bevor ich auf einzelne Fragen eingehe, darf ich mitteilen, daß ich in der Präsidialsitzung vom

13. Mai aus Anlaß der "Causa Rosenstingl” meine Rechtsauffassung und die Ver -

waltungspraxis im Zusammenhang mit Exekutionen auf Bezüge von Parlamentariern dar -

gelegt habe. Im Präsidialsitzungsprotokoll der Präsidialsitzung vom 13. Mai wird dazu aus -

geführt:

“II. VERWALTUNGSPRAXIS IM ZUSAMMENHANG MIT EXEKUTIONEN AUF

BEZÜGE VON PARLAMENTARIERN

Der Präsident informiert die Mitglieder der Präsidialkonferenz über die Ver -

waltungspraxis im Zusammenhang mit Exekutionen auf Bezüge von Parlamentariern

und weist insbesondere darauf hin, daß ihm Daten über personenbezogene An -

gelegenheiten von Abgeordneten des Nationalrates, Mitgliedern des Bundesrates und

Mitgliedern des Europäischen Parlaments nur so weit zur Kenntnis gebracht werden,

als es zur Wahrnehmung gesetzmäßiger Aufgaben notwendig ist, wenn er um

Weisung gebeten wird, wenn eine parlamentarische Anfrage an ihn gerichtet wird oder

es einen ähnlichen triftigen Grund gibt.

In der Causa Rosenstingl gab es Exekutionsanträge des Gerichtes seit 1997. Diese

wurden von der Parlamentsdirektion an das Bundespensionsamt zur weiteren Ver -

anlassung weitergeleitet.

Aus den Mitteilungen des Exekutionsgerichtes betreffend bewilligte Exekutionsanträge

(die bekanntlich zu keiner Strafanzeige von Seiten des Exekutionsgerichtes führten)

war auch für die Parlamentsdirektion der Verdacht auf eine strafbare Handlung nicht

erkennbar.

Der Präsident des Nationalrates wurde von der Parlamentsdirektion am 8. Mai 1998

über die bezügerechtlichen und immunitätsrechtlichen Aspekte der Causa Rosenstingl

(erstmals) in Kenntnis gesetzt.

Der Präsident des Nationalrates betont in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit,

um die Wahrung personenbezogener Daten von Mitgliedern des Nationalrates, des

Bundesrates und des Europäischen Parlaments auf der Basis der gesetzlichen Vor -

schriften bemüht zu sein.

Die Rechtsauffassung des Präsidenten in dieser Angelegenheit wird von allen Mit -

gliedern der Präsidialkonferenz geteilt.

Die geschilderte Vorgangsweise im konkreten Fall wird von allen Mitgliedern der

Präsidialkonferenz - mit Ausnahme des gf. Klubobmanns der Freiheitlichen Mag.

Stadler - als sachgerecht zur Kenntnis genommen.”

Aus diesen Ausführungen ergibt sich, daß die dargestellte Rechtsauffassung in dieser An -

gelegenheit von sämtlichen Mitgliedern der Präsidialkonferenz geteilt wurde und daß die

Darlegungen über die Vorgangsweise im konkreten Fall von allen drei Präsidenten des

Nationalrates und von vier der fünf Klubvorsitzenden "als sachgerecht zur Kenntnis ge -

nommen” wurden. Ich sehe mich daher nicht in der Lage, von der am 13. Mai 1998 dar -

gelegten Rechtsauffassung abzuweichen und die Frage des Datenschutzes bei der

Pfändung von Bezügen von Mitgliedern des Nationalrates heute anders zu beurteilen als am

13. Mai 1998. Ich darf noch ergänzend darauf hinweisen, daß der Präsident des National -

rates - entgegen einer gelegentlich geäußerten Auffassung - auch nicht der "Dienstgeber”

oder Vorgesetzte der Abgeordneten ist, sondern die in der Bundesverfassung und in einer

Reihe von Bundesgesetzen angeführten Aufgaben wahrzunehmen hat. Schließlich darf ich

auch darauf hinweisen, daß die Bewilligung eines Pfändungsantrages durch eine gerichtliche

Entscheidung erfolgt, wobei dem Gericht bei der Entscheidung über einen Pfändungsantrag

Unterlagen zur Verfügung stehen, die der Parlamentsdirektion - sobald diese über einen

diesbezüglichen Beschluß des Exekutionsgerichtes informiert wird - nicht vorliegen. Es kann

daher der Parlamentsdirektion bzw. den mit dieser Materie befaßten Mitarbeitern der Par -

lamentsdirektion in keiner Weise ein Vorwurf gemacht werden, wenn sie davon ausgehen,

daß im Zusammenhang mit einer Pfändung allenfalls notwendige gerichtliche oder behörd -

liche Schritte (wie z.B. Erstattung einer Strafanzeige nach § 84 StPO) von dem mit dem

Pfändungsantrag befaßten Gericht und nicht von der Parlamentsdirektion wahrzunehmen

sind.

Vor diesem Hintergrund beantworte ich die einzelnen Fragen wie folgt:

ad 1:

Der erste Exekutionsbewilligungsbeschluß betreffend den Abgeordneten Rosenstingl als

Schuldner wurde vom Gericht direkt dem Bundespensionsamt als bezugsauszahlende Stelle

übermittelt und langte bei diesem am 29. August 1997 ein. Der Parlamentsdirektion wurde

dieser Exekutionsbewilligungsbeschluß mit Schreiben des Bundespensionsamtes vom 2.

September 1997, in der Parlamentsdirektion eingelangt am 3. September 19971 mitgeteilt.

Die Höhe des Betrages1 für den die Exekution bewilligt worden war, kann aus Gründen des

Datenschutzes nicht beantwortet werden, da es sich um ein personenbezogenes Datum

handelt (vgl. die bei Matzka, Datenschutzrecht für die Praxis, wiedergegebene Judikatur und

Literatur; Kommentar zu § 11 5. 6f; demgemäß sind z.B. Einkommensdaten sowie die Bonität

schutzwürdige personenbezogene Daten).

ad 2:

Bei der Parlamentsdirektion einlangende Exekutionsbewilligungen werden an das Bun -

despensionsamt zur weiteren Veranlassung weitergeleitet. Es ist jedoch darauf hinzuweisen,

daß nicht jede Exekutionsbewilligung an die Parlamentsdirektion gelangt, sondern daß die

Gerichte in manchen Fällen die Exekutionsbeschlüsse direkt an das Bundespensionsamt

richten. Das Bundespensionsamt veranlaßt als bezugsauszahlende Stelle die Einbehaltung

der betroffenen Bezugsteile.

ad 3:

Im Bereich der Parlamentsdirektion waren die zuständigen Mitarbeiter der Abteilung RL.5 mit

dem Vorgang befaßt.

ad 4:

Nach ständiger Verwaltungspraxis der Parlamentsdirektion wird der Präsident über Daten

betreffend Personalangelegenheiten der Mitglieder des Nationalrates, des Bundesrates und

des EP grundsätzlich nur dann informiert, wenn dafür wichtige Gründe, wie z.B. die Wahr -

nehmung geschäftsordnungsmäßiger Aufgaben, vorliegen (siehe den oben zitierten Auszug

aus dem Präsidialprotokoll). Im gegenständlichen Fall wurde der Präsident des Nationalrates

- wie in solchen Fällen üblich - nicht verständigt.

ad 5:

Der Präsident des Nationalrates ist weder durch die Geschäftsordnung noch durch das Be -

zügegesetz noch durch irgendein anderes Gesetz ermächtigt (geschweige denn verpflichtet),

die Präsidialkonferenz oder die Klubvorsitzenden von einer gegen einen Abgeordneten be -

willigten Bezugsexekution zu informieren.

ad 6:

Es darf auf die im Präsidialprotokoll vom 13. Mai festgehaltene Rechtsauffassung zur Frage

der Veröffentlichung dieser Daten verwiesen werden.

ad 7:

Siehe die Beantwortung zu Frage 2.

ad 8:

Im Bereich der Parlamentsdirektion waren mit diesen Vorgängen die zuständigen Mitarbeiter

der Abteilung RL.5 befaßt.

ad 9:

Der Präsident des Nationalrates wurde von der Parlamentsdirektion erstmals am 8. Mai 1998

(der Tag, an dem die Staatsanwaltschaft ihren Antrag auf Voruntersuchung stellte) über die

bezügerechtlichen und immunitätsrechtlichen Aspekte der Causa Rosenstingl in Kenntnis

gesetzt. In dieser schriftlichen Information wurde hinsichtlich des Faktums der Bezugs -

pfändung nur der monatliche Gesamtbetrag angegeben, der vom Bezug des Abgeordneten

aufgrund der bewilligten Gehaltsexekutionen abgezogen wird. Eine nähere Aufgliederung

(etwa nach Gläubigerfirmen) erfolgte nicht.

ad 10:

Siehe die Beantwortung zu Frage 5.

ad 11 bis 14:

Hinsichtlich der Exekution von Abgeordnetenbezügen galt ursprünglich die Regelung des §

22 Bezügegesetz, wonach Bezüge exekutionsfrei waren. Bis zu diesem Zeitpunkt war daher

eine Exekution von Abgeordnetenbezügen ausgeschlossen. Der Gesetzgeber hat bei der

Änderung dieser Rechtslage nicht erkennen lassen, daß es seine Absicht ist, die nunmehr

geschaffene Möglichkeit der Pfändung von Bezügen eines Abgeordneten mit der Aufhebung

des Datenschutzes in Bezug auf diese Vorgangsweise zu verbinden.

Über die Anzahl der Exekutionsanträge werden in der Parlamentsdirektion keine Auf -

zeichnungen geführt, weil die diesbezüglichen Beschlüsse des Exekutionsgerichtes ja nur an

das Bundespensionsamt weiterzuleiten sind und sich keine weiteren Verwaltungsabläufe in

der Parlamentsdirektion daran knüpfen. Außerdem gibt es Exekutionsanträge in

Bagatellangelegenheiten (wie z.B. bei nicht bezahlten Strafmandaten etc.).

ad 15:

Der Präsident wurde in der Causa Rosenstingl am 8. Mai 1998 informiert. In allen anderen

Fällen wurde er nicht informiert (siehe auch die Ausführungen in der Präsidialkonferenz des

Nationalrates).

ad 16:

Nein. Siehe im übrigen die Beantwortung zu Frage 5.

ad 17:

Grundlage einer gesetzmäßigen Verwaltung kann nicht sein, was man "vor dem Hintergrund

der jüngsten Ereignisse”, also vor dem Hintergrund der Causa Rosenstingl im nachhinein für

sinnvoll hält, sondern Grundlage einer gesetzmäßigen Verwaltung muß die Einhaltung der

vom Nationalrat beschlossenen Rechtsvorschriften sein.

ad 18:

Ich teile diese Einschätzung in keiner Weise und beantworte die Fragen, welche konkreten

Veranlassungen ich treffen werde, wie folgt:

Ich werde weiterhin die bestehenden Rechtsvorschriften beachten und mich auch von der

Tatsache leiten lassen, daß die in der Präsidialsitzung vom 13. Mai dargelegte Rechts -

auffassung einhellig gebilligt wurde.

Abschließend möchte ich zu der Begründung der vorliegenden Anfrage, in der es wörtlich

heißt, “das Verhalten der Parlamentsdirektion” habe “eine weitere Ausweitung des

Schuldenstandes und eine Vergrößerung der Zahl der Gläubiger, die nunmehr mit massiven

finanziellen Verlusten zu rechnen haben" ermöglicht, feststellen, daß ich diesen Vorwurf mit

aller Entschiedenheit zurückweise.