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Die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen haben am 28. Oktober an den
Präsidenten des Nationalrates die nachstehenden Anfragen gerichtet:
1. Wieviele Opfer des Nationalsozialismus haben bisher einen Antrag
beim Nationalfonds gestellt?
2. Wieviele Anträge wurden bisher positiv erledigt im Sinne, daß der
Fonds eine Leistung erbracht hat?
3. Wieviele Anträge wurden bisher positiv erledigt im Sinne, daß der
Fonds entschieden hat, eine Leistung zu erbringen, dies jedoch noch
nicht getan hat?
4. Wieviele Anträge wurden bisher abgelehnt?
5. Wie hoch ist die Zahl der Leistungsberechtigten im Sinne der Bundes-
gesetze Nr. 432 und Nr. 433, die 1945, unmittelbar nach Kriegsende
noch am Leben waren?
6. Wie hoch ist die Zahl der Leistungsberechtigten im Sinne der Bundes-
gesetze Nr. 432 und Nr. 433, die derzeit noch am Leben sind?
7. Wie hoch schätzen Sie die Zahl der Leistungsberechtigten im Sinne
der Bundesgesetze Nr. 432 und Nr. 433, die derzeit monatlich
verstirbt?
8. Welche Anstrengungen unternehmen Sie, um möglichst alle Opfer des
Nationalsozialismus, über eine eventuelle Leistungsberechtigung zu
informieren und ihnen den Zugang tatsächlich so leicht, "rasch und
unbürokratisch" wie möglich zu gestalten?
9. Gibt es Bestrebungen von Ihrer Seite, jene Personen zu suchen, die
vermutlich leistungsberechtigt sind, sich jedoch bisher ni cht gemel-
det haben? In welcher Weise, dem Bestreben der Republik Österreich
entsprechend, die Mitverantwortung am Leid der 0pfer anzuerkennen,
geht demnach die Republik Österreich auf die betroffenen Personen
zu, sucht diese und recherchiert wo immer dies möglich scheint, um
Betroffene ausfindig zu machen?
10. Sind Ihnen Fälle bekannt, wo die mit der Umsetzung des Gesetzes be-
faßten österreichischen Behörden nicht zu Ihrer vollen Zufriedenheit
miteinander und mit den Betroffenen kooperiert haben? Liegen Be-
schwerden dahingehend vor und wie lauten diese?
11. Was unternehmen Sie, um Vorfälle mangelnder Kooperation zu verhin-
dern und welche Konsequenzen hat dies für die betroffenen Behörden-
vertreter oder in anderer Weise für die Republik Österreich tätigen
Personen? Wie lautet der Bericht?
Einleitend möchte ich festhalten, daß ich die Fragen, soweit sie sich
neben dem Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für
Opfer des Nationalsozialismus auch auf das Bundesgesetz, mit dem das
Opferfürsorgegesetz und das Bundesgesetz betreffend Änderung und Ergän-
zung des Kleinrentnergesetzes geändert werden, BGBl .Nr. 433/1995, be-
ziehen, nur hinsichtlich des erstzitierten Gesetzes beantworten kann, da
das zweitgenannte in den Vollziehungsbereich des Bundesministers für
Arbeit und Soziales fällt.
Ich beantworte die Anfragen wie folgt:
ad 1)
26.037 Adressen von Antragstellern wurden bis Ende Oktober 1996 im Büro
des Nationalfonds vorgemerkt. (Damit ist jedoch nicht gesagt, daß es sich
in allen Fällen um Opfer des Nationalsozialismus im Sinne des Gesetzes
vom 27. April 1995 handelt. )
ad 2)
Seit Aufnahme der Tätigkeit des Nationalfonds im September 1995 wurden
insgesamt 8884 Auszahlungen vorgenommen.
ad 3)
Im Falle einer positiven Entscheidung folgt unmmittelbar darauf die
Durchführung der Auszahlung.
ad 4)
Bi sher wurden 527 Anträge abgelehnt, weil diese nicht die gesetzlichen
Voraussetzungen des Bundesgesetzes über den Nationalfonds der Republik
Österreich für Opfer des Nationalsozialismus erfüllten.
ad 5)
Die Zahl der Leistungsberechtigten, die im Jahre 1945 Leistungen auf
Grund des im Jahr 1995 vom Nationalrat verabschiedeten Bundesgesetzes
erhalten hätten, kann heute nicht mehr seriös ermittelt werden.
ad 6)
Die Anzahl der Leistungsberechtigten kann derzeit noch nicht ganz exakt
beziffert werden. Einerseits langen noch Anträge beim Büro des Natio-
nalfonds ein und andererseits kann noch nicht beurteilt werden, wieviele
der nunmehr im Computer erfaßten Antragsteller (siehe Frage 1) tat-
sächlich die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen. Es gibt aber
Schätzungen, wonach die Zahl der vom Nationalfondsgesetz erfaßten Per-
sonen nicht über 27000 liegen dürfte.
ad 7)
Auf weniger als 20.
ad 8) und 9)
Die Information über den Nationalfonds erfolgte und erfolgt mittels ver-
schiedener Bekanntmachungen in inländischen sowie ausländischen Medien.
Darüber hinaus besteht eine enge Zusammenarbeit mit den österreichischen
Vertretungsbehörden im Ausland, aufgrund deren Mitarbeit eine große
Anzahl von Antragstellern ermittelt werden konnte. Auf diese Weise war es
möglich, Betroffene in insgesamt 56 Ländern zu erreichen.
Weiters benützt die Generalsekretärin bei Auslandsreisen jede Gelegen-
heit , um auf den Nationalfonds aufmerksam zu machen.
In persönlichen Gesprächen haben sich insgesamt 4000 Personen direkt an
den Nationalfonds gewandt. Hiebei wurden die einzelnen Personen nicht nur
beim Ausfüllen der Fragebögen unterstützt, sondern es wurde das erste Mal
ein Gespräch über die Schrecken der Herrschaft des Nationalsozialismus
angeboten.
ad 10)
Grundsätzlich kann die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und
Behörden als sehr gut bezeichnet werden. Vorübergehende Koordinations-
probleme mit dem Stadt- und Landesarchiv Wien konnten in der Zwischenzeit
geklärt werden. Die unbürokratische Unterstützung der Magistratsabteilung
8 ist zu einer großen Hilfe bei der Bearbeitung von Anträgen geworden.
ad 11)
Eine Antwort auf diese Frage erübrigt sich im Hinblick auf die Beant-
wortung der Frage 10) .
Aus den bisherigen Erfahrungen läßt sich sagen, daß dieses Bundesgesetz
und die Tätigkeit des Fonds äußerst positive Wirkungen erzielt haben.
Auch die Zusammenarbeit mit den Mitgliedern des Kuratoriums funktioniert
sehr gut.
Ganz besonders hervorzuheben sind die Reaktionen der Betroffenen, denen
die Geste der Anerkennung oft weitaus wichtiger erscheint al s die mate-
rielle Zuwendung. In vielen Fällen konnte aber diese finanzielle Geste
eine Erleichterung der konkreten Lebenssituation herbeiführen.
Abschließend darf ich zwei Zitate aus Briefen Betroffener anführen, die
in ihrem Wortlaut für sich stehen :
" Ich danke Ihnen von ganzem Herzen nicht nur für diese in meinem hohen
Alter so wichtige geldliche Hilfe, sondern auch für die guten, lieben und
verständnisvollen Worte Ihres Briefes. Es gibt mir das Gefühl des 'Noch-
Dazu-Gehörens' zu der unersetzbaren Heimat. "
". . . will ich mich bei Ihnen für den Ausdruck des Mitgefühls für die
Flüchtlinge und alle anderen Opfer der Nazis bedanken. Es hat wie eine
heilende Salbe auf die alte Wunde gewirkt. Ich habe die Heimatstadt, die
Alpen und auch das Volk geliebt. Nun brauche ich mich dieser Liebe nicht
mehr zu schämen. "