1005 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP
Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales
über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Schaffung der Möglichkeit eines Zwischenverdienstes im Arbeitslosenversicherungsgesetz (Teilarbeitslosigkeit) [491/A(E)]
Die Abgeordneten Dr. Volker Kier, Mag. Helmut Peter und Genossen haben diesen Entschließungsantrag am 12. Juni 1997 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„Sowohl auf europäischer als auch auf innerstaatlicher Ebene besteht Einigkeit darüber, daß Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse zunehmen werden und auch zunehmen sollen. Dennoch sind bis heute in Österreich ,Förderungsinstrumente‘ nur in sehr bescheidenem Ausmaß vorgesehen. Die Möglichkeit der Teilzeitkarenz und der Gleitpension sind erste, aber ungenügende Schitte in die als notwendig erkannte Richtung. ,Sonderteilzeitmodelle‘ dieser Art werden allerdings auf Dauer nicht ausreichen. Viele Menschen scheuen in Österreich unter anderem auch deshalb vor der Annahme eines Teilzeitjobs zurück, weil mit dieser Entscheidung eine Reihe von negativen Folgewirkungen verbunden ist.
Anerkannte Sozialwissenschafter befürchten in diesem Zusammenhang auf Grund der erwarteten Zunahme von Teilzeitbeschäftigungsformen eine Verschärfung des wie folgt umschriebenen Problems: ,Wer etwa zwei Teilzeitbeschäftigungen ausgeübt hat und eine dieser Beschäftigungen verliert, kann kein Arbeitslosengeld beanspruchen, wenn das Einkommen bei der verbleibenden Beschäftigung oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze bleibt. Ein allfälliger späterer Verlust auch dieses Arbeitsplatzes führt dann zu einem besonders niedrigen Arbeitslosengeld. Umgekehrt ist es im Falle einer bestehenden Arbeitslosigkeit äußerst unattraktiv, einen Teilzeitarbeitsplatz anzunehmen, da eine Entlohnung aus einer Teilzeitbeschäftigung meist geringer ist als das zustehende Arbeitslosengeld.‘
In diesem Zusammenhang bezeichnete der Chef des AMS, Herbert Buchinger, in einem Zeitungsinterview den vollständigen Verlust des Arbeitslosengeldes bei einem Zuverdienst über der Geringfügigkeitsgrenze als ,die unsinnigste Regelung, die mir vorgekommen ist‘. (Standard 23. 4. 1997, S 18) Buchinger weiter: ,Es gibt nur einen Ausweg … Man müßte nur für die Zeit, in der dazuverdient wird, etwas vom Arbeitslosengeld abziehen‘. Die Regelung von Teilarbeitslosigkeit durch Einführung eines Zwischenverdienstmodells erscheint daher dringend geboten.
Nach dem Schweizer Arbeitslosenrecht gibt es die Möglichkeit der Teilarbeitslosigkeit, wenn man eine Teilzeitbeschäftigung hat, aber eine Vollzeit- oder eine weitere Teilbeschäftigung sucht. Wer eine in der Terminologie des Arbeitslosenversicherungsrechtes ,nicht zumutbare‘ Beschäftigung annimmt, kann einen Zwischenverdienst beziehen, ohne den Anspruch auf Arbeitslosengeld zu verlieren. Gleichzeitig muß der Arbeitslose weiterhin seine Bemühungen, eine zumutbare Beschäftigung zu finden, nachweisen, da ansonsten das Arbeitslosengeld gestrichen werden kann.
Da sich das Arbeitslosengeld auf einen bestimmten je nach Versicherungsgruppe und den unterschiedlichen Prozentsatz des in der Lohnklasse zugrunde gelegten Entgeltes beläuft und bezüglich der Höhe der zu erwartenden Zahlungen im Falle einer Zwischenverdiensttätigkeit nicht auf die Höhe des Arbeitslosengeldes abgestellt wird, sondern die Differenz zum (höheren) versicherten Verdienst auszugleichen ist, kommen Versicherte, die eine Zwischenverdiensttätigkeit ausüben, per Saldo zu einem sich aus Arbeitentgelt und Versicherungsleistung zusammensetzenden höheren Einkommen, als wenn sie nur Arbeitslosengeld beziehen würden. Dieses faktisch höhere Einkommen bei Ausübung einer Zwischentätigkeit würde neben dem Erwerb neuer Beitragszeiten (zugunsten einer allfälligen späteren Periode erneuter Arbeitslosigkeit) Versicherte zur Aufnahme solcher Tätigkeiten motivieren, wodurch vor allem auch das Entstehen von Langzeitarbeitslosigkeit reduziert werden könnte.
Die Vorteile der Annahme des Zwischenverdienstes nach Schweizer Recht bestehen somit sowohl für die Betroffenen als auch für die Versicherung in mehreren Punkten; bespielhaft seien nur zwei Eckpunkte angeführt:
c Die Arbeitslosenversicherung wird tendentiell entlastet.
c Arbeitslose können über die Zwischenverdienstmöglichkeit ohne finanzielle Risiken einfacher als bisher Kontakte mit potentiellen Arbeitgebern knüpfen.“
Der Ausschuß für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag [491/A(E)] in seiner Sitzung am 2. Dezember 1997 in Verhandlung genommen.
Berichterstatter im Ausschuß war der Abgeordnete Dr. Volker Kier.
An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Gottfried Feurstein, Karl Öllinger, Dr. Volker Kier, Franz Hums, Mag. Herbert Haupt, Edith Haller, Sigisbert Dolinschek sowie die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch.
Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.
Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Ausschuß für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.
Wien, 1997 12 02
Sophie Bauer Annemarie Reitsamer
Berichterstatterin Obfrau