1032 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Ausgedruckt am 11. 12. 1997

Regierungsvorlage


Bundesgesetz, mit dem integrierten Vertriebenen aus Bosnien und Herzegowina das weitere Aufenthaltsrecht gesichert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

§ 1. (1) Fremde, denen auf Grund der Verordnung BGBl. Nr. 299/1996 ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zukam oder die auf Grund der Verordnung BGBl. II Nr. 215/1997 zum Aufenthalt berechtigt sind, ist – sofern sie vor dem 1. Oktober 1997 nach Österreich eingereist sind, sich hier ständig aufhalten und die Voraussetzungen der §§ 5 bis 16 des Fremdengesetzes 1997 (FrG), BGBl. I Nr. 75/1997, bei ihnen bis auf weiteres gesichert scheinen – für die Niederlassung auf Dauer auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung (§ 23 FrG) zu erteilen und zwar, wenn

           1. für sie eine Sicherungsbescheinigung oder Beschäftigungsbewilligung ausgestellt wurde oder sie über eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein verfügen oder eine vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975) ausgenommene unselbstän­dige Erwerbstätigkeit ausüben oder im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung stehen oder erlaubt selbständig erwerbstätig sind, eine Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck;

           2. sie Angehörige eines Fremden gemäß Z 1 im Sinne des § 47 Abs. 3 FrG sind, eine Nieder­lassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck, ausgenommen Erwerbstätigkeit;

           3. sie keine Erwerbsabsicht haben, eine Niederlassungsbewilligung für Private.

(2) Fremde gemäß Abs. 1, die für den weiteren Aufenthalt gemäß § 7 Abs. 4 FrG eine Aufenthalts­erlaubnis benötigen, können diese im Inland beantragen.

§ 2. (1) Der Nachweis eines Rechtsanspruches auf eine für Inländer ortsübliche Unterkunft gilt für Fremde gemäß § 1 als erbracht, solange sie die ihnen am 1. Jänner 1998 zur Verfügung stehende Unter­kunft bewohnen. Fremde, denen eine weitere Niederlassungsbewilligung gemäß § 1 Abs. 1 erteilt wird, sind mit der Erteilung auf Dauer niedergelassen.

(2) Der Zeitraum des § 21 Abs. 4 und des § 24 Z 1 FrG beginnt bei Fremden gemäß § 1 Abs. 1 mit der Erteilung der weiteren Niederlassungsbewilligung zu laufen.

§ 3. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit ..... 1998 in Kraft.

(2) Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Inneres betraut.

Vorblatt

Problem:

Mit dem Auslaufen der Regelungen über das vorübergehende Aufenthaltsrecht der Vertriebenen aus Bosnien und Herzegowina würden integrierte Vertriebene mangels vorhandenen „Quotenplatzes“ das Aufenthaltsrecht in Österreich verlieren.

Ziel:

Quotenunabhängige Überleitung des Aufenthaltes solcher Fremden in das Regime des Fremdengesetzes 1997.

Inhalt:

Integrierte Vertriebene, die in Österreich auf Dauer niedergelassen sind, sollen für den weiteren Auf­enthalt lediglich einer weiteren Niederlassungsbewilligung bedürfen.

Alternative:

Umsetzung des Zieles im Rahmen einer Novelle des Fremdengesetzes 1997 oder Beendigung des Auf­enthaltes solcher Fremden.

Kosten:

Keine zusätzlichen Kosten. Bund und Länder werden sich dadurch, daß diese Fremden selbst­erhaltungsfähig gestellt werden, erhebliche Mittel ersparen.

EU-Konformität:

Da eine Einfügung in das System des Fremdengesetzes 1997 erfolgt, entspricht die Regelung den Vor­gaben des Unionsrechtes und des Schengener Vertragswerkes.

Erläuterungen


Allgemeiner Teil

Die erfolgreichen Integrationsbemühungen des Bundes und der Länder im Rahmen der sogenannten „Bosnieraktion“ haben dazu geführt, daß eine große Zahl dieser Fremden, die 1992 und danach in Österreich vorübergehend aufgenommen wurden, in der Zwischenzeit Beschäftigung und Existenz­sicherung gefunden haben. Es wäre nun aus sozialpolitischen und aus integrationspolitischen Gründen nicht sinnvoll, den Aufenthalt dieser Fremden zu beenden, die bisher ein vorübergehendes Aufenthalts­recht hatten und sich in der Zeit der Gültigkeit dieses vorübergehenden Aufenthaltsrechts in Österreich integrieren konnten.

Für diesen Personenkreis ist daher die Möglichkeit des weiteren Verbleibs in Österreich sicherzustellen. Ihnen und ihren Familien soll die Möglichkeit weiteren Aufenthaltes geschaffen werden, indem sie in das Regime der Aufenthaltstitel des Fremdengesetzes 1997 überführt werden. Damit kann für eine wesent­liche Kostenreduktion im Bereich der Unterstützungsaktion für Kriegsvertriebene aus Bosnien und Herzegowina Sorge getragen werden.

Kompetenzrechtliche Grundlage:

Für die Regelung der gesamten Materie werden die durchwegs im Gesetzgebungsbereich des Bundes liegenden Kompetenztatbestände „Ein- und Auswanderungswesen“ (Art. 10 Abs. 1 Z 3 B-VG) und Fremdenpolizei (Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG) in Anspruch genommen.

Besonderer Teil

Zu § 1:

Das Aufenthaltsrecht für diesen Kreis von Fremden wurde durch Verordnung der Bundesregierung eingeräumt und zwischenzeitig mehrere Male verlängert. Bei der letzten Verlängerung wurde ent­sprechend der Entwicklung in Bosnien und Herzegowina der Kreis der aufenthaltsberechtigten Personen eingeschränkt und darüber hinaus in Aussicht genommen, die Regelung über das vorübergehende Aufenthaltsrecht mit Sommer des nächsten Jahres endgültig auslaufen zu lassen.

Nun gibt es eine größere Zahl von Staatsangehörigen von Bosnien und Herzegowina, die sich mittlerweile in Österreich in der Form integrieren konnten, daß sie hier Beschäftigung und Existenzsicherung gefunden haben. Sie hätten damit alle Voraussetzungen für die Erteilung einer „normalen“ Aufenthalts­bewilligung erfüllt, haben diesbezügliche Anträge in vielen Fällen auch eingebracht, sie haben aber deshalb bislang keine Aufenthaltsbewilligungen erhalten, da in den jeweiligen Bundesländern die Quoten für die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen erschöpft waren. Um sicherzustellen, daß diese Fremden vom Regelungsgehalt der Norm umfaßt sind und um Mißbrauchsgefahr hintanzuhalten, wurde der 1. Oktober 1997 als Stichtag gewählt.

Da das Fremdengesetz 1997 die Möglichkeit der Antragstellung im Inland und die Möglichkeit der Erteilung von quotenfreien Erstbewilligungen im Gesetz selbst klar und taxativ umschreibt und da weiters keiner dieser Ausnahmetatbestände auf die genannte Personengruppe anwendbar ist, ist eine sonder­gesetzliche Lösung des Problems erforderlich. Hiefür sollen diese Fremden in das Aufenthaltsrecht übergeführt werden, wenngleich die Kriegsvertriebenen aus Bosnien-Herzegowina lediglich „temporarily protected“ im Sinne der Europäischen Union waren. Demnach ist ihnen auf Antrag – quotenfrei – eine weitere Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck zu erteilen, sofern sie die sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllen. Mit dem Hinweis auf § 23 soll sichergestellt werden, daß auch § 23 Abs. 4 von der Bestimmung erfaßt ist; die erste weitere Nieder­lassungsbewilligung ist für die Gültigkeitsdauer von zwei Jahren zu erteilen. Damit kann vermieden werden, daß diese Fremden die rechtliche Möglichkeit verlieren, weiterhin ihrer (selbständigen oder unselbständigen) Erwerbstätigkeit nachzugehen. Jenen Fremden, die ihr Familienleben in Österreich fortsetzen (Z 2) oder als Private (Z 3) hier leben, wird auf Antrag die entsprechende weitere Niederlassungsbewilligung erteilt werden. Abs. 2 normiert die Überleitung jener Fremden, die die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen, aber auf Grund ihres Aufenthaltszwecks eine Aufenthaltserlaubnis (§ 7 Abs. 4 FrG) benötigen.

Die Regelung leistet einen wesentlichen Beitrag dazu, die Unterstützungsaktion für Kriegsvertriebene aus Bosnien und Herzegowina wie geplant zu Ende führen zu können. Damit wird auch gesichert, daß die finanziellen Aufwendungen, die dem Bund und den Ländern aus dieser Unterstützungsaktion erwachsen, im Laufe des Jahres 1998 auslaufen können.

Fremde, die zwar vom Anwendungsbereich des § 1 erfaßt sind, aber in keine der in Abs. 1 Z 1 bis 3 oder Abs. 2 genannten Gruppen fallen, haben das Bundesgebiet mit Auslaufen der Verordnung BGBl. II Nr. 215/1997, also spätestens mit 31. Juli 1998 zu verlassen, es sei denn, sie können auf Grund eigenen Antrages ihren weiteren Aufenthalt gemäß der Bestimmungen des FrG 1997 regeln oder es wird ihnen von Amts wegen eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis gemäß § 10 Abs. 4 FrG erteilt.


Zu § 2:

Für das Erfordernis des Nachweises eines Rechtsanspruches auf eine für Inländer ortsübliche Unterkunft wurde eine Übergangsregelung geschaffen. Der letzte Satz in Abs. 1 normiert, daß die Fremden, denen eine weitere Niederlassungsbewilligung gemäß § 1 erteilt wird, ab diesem Zeitpunkt nicht mehr „temporarily protected“, sondern auf Dauer niedergelassen sind. Die für den Erwerb einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung maßgebliche Fünfjahresfrist beginnt mit der Erteilung der weiteren Niederlassungsbewilligung zu laufen.