1047 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP
Bericht
des Gleichbehandlungsausschusses
über die Regierungsvorlage (842 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz geändert wird
Im Hinblick auf die nach wie vor bestehenden Benachteiligungen von Frauen im Berufsleben ist es erforderlich, auch in den Bundesländern Beratungseinrichtungen in Fragen der Gleichbehandlung einzurichten, damit die betroffenen Frauen wirkungsvoll bei der Durchsetzung des rechtlichen Anspruches auf Gleichbehandlung unterstützt werden können. Durch die Einrichtung der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen und ihrer Stellvertreterin in Wien ist eine derartige Beratung und Unterstützung nur für die Region Wien und Umland im erforderlichen Ausmaß sichergestellt. Ein entsprechendes Beratungs- und Unterstützungsangebot für die Frauen in den anderen Bundesländern kann durch eine einzige Beratungsstelle in Wien mit Zuständigkeit für ganz Österreich nicht sichergestellt werden. Insbesondere ist eine wirkungsvolle Beratung der betroffenen Frauen in der Regel erst durch persönliche Gespräche möglich. Weiters erweisen sich Kenntnisse der besonderen Betriebsstrukturen in den einzelnen Bundesländern für eine sachgerechte Beratung in Fragen der Gleichbehandlung als besonders nützlich.
Diesen Erfordernissen kann durch die Einrichtung von Regionalbüros der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen in den Bundesländern Rechnung getragen werden. Jedes Regionalbüro soll unter der Leitung einer Regionalanwältin stehen. Zur Unterstützung der Regionalanwältin wird ihr eine Sekretärin beigegeben. Fachlich unterstehen die Regionalbüros der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen. Aufgabe der Regionalbüros ist die Beratung, Unterstützung und Begleitung beruflich benachteiligter Frauen in den betreffenden Bundesländern.
Die Einrichtung der Regionalbüros und die Festlegung ihres örtlichen und fachlichen Wirkungsbereiches soll durch Verordnung des Bundeskanzlers erfolgen.
Es ist geplant, zunächst nur ein Regionalbüro einzurichten, und zwar im Hinblick auf die große Entfernung zu Wien in einem westlichen Bundesland.
Die Einrichtung der weiteren Regionalbüros erfolgt im Rahmen der zur Verfügung stehenden Planstellen und Budgetmittel.
Die weiteren Änderungen des Entwurfes betreffen die Einführung eines Anspruches auf Ersatz der Fahrt- und Aufenthaltskosten für Auskunftspersonen, eine Klarstellung betreffend den Tatbestand der Diskriminierung durch sexuelle Belästigung durch einen Dritten sowie verfahrensrechtliche Fragen.
Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung der Regelungen des Entwurfes gründet sich auf den Kompetenztatbestand „Arbeitsrecht“ (Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG) sowie auf Art. 12 Abs. 1 Z 6 B-VG („Arbeitsrecht sowie Arbeiter- und Angestelltenschutz, soweit es sich um land- und forstwirtschaftliche Arbeitnehmer handelt“).
Der Gleichbehandlungsausschuß hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 14. Jänner 1998 in Verhandlung genommen.
An der Debatte beteiligten sich im Anschluß an die Ausführungen der Berichterstatterin die Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl, Mag. Doris Kammerlander, Edith Haller, Elfriede Madl, Maria Schaffenrath, Heidrun Silhavy, Rosemarie Bauer, Anna Elisabeth Aumayr, Mag. Gisela Wurm und Inge Jäger sowie die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer.
Im Zuge der Debatte brachten die Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac und Rosemarie Bauer einen Abänderungsantrag betreffend § 3 Abs. 3 sowie § 21 Abs. 4 und 5 ein. Dieser war wie folgt begründet:
„Zu Z 1 (§ 3 Abs. 3):
Die Änderungen in Z 3 und Z 5 erfolgen auf Grund der geänderten Bezeichnung der Industriellenvereinigung und des Bundesministers.“
Weiters brachten die Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander, Dr. Elisabeth Hlavac, Rosemarie Bauer und Maria Schaffenrath einen Abänderungsantrag betreffend § 3a Abs. 2a und 3a mit folgender Begründung ein:
„Die in der Regierungsvorlage vorgesehene Einrichtung von Regional-Gleichbehandlungsanwaltschaften ist begrüßenswert, deren Kompetenzen sind allerdings erschreckend eng. Nicht nur ist ihnen die Einleitung eines Verfahrens gemäß §§ 5, 6 oder 6a Gleichbehandlungsgesetz überhaupt verwehrt, sondern auch ihre sonstigen Kompetenzen können (im Rahmen des § 3a Abs. 3a) per Verordnung vom Bundeskanzler festgelegt werden. Dies ist nicht einsichtig. Wenigstens die in § 3a Abs. 3a der Regierungsvorlage aufgezählten ,Maximalkompetenzen‘ – die, wie eben dargelegt, sowieso schon beschnittene sind – sollen nicht noch weiter durch Verordnung eingeschränkt werden können. Andernfalls muß man die Sinnhaftigkeit der Einrichtung von Regionalanwältinnen überhaupt bezweifeln.“
Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung der oberwähnten Abänderungsanträge teils einstimmig und teils mit Stimmenmehrheit angenommen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gleichbehandlungsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 1998 01 14
Hannelore Buder Dr. Elisabeth Hlavac
Berichterstatterin Obfrau
Anlage
Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Bundesgesetz über die Gleichbehandlung von Frau und Mann im Arbeitsleben (Gleichbehandlungsgesetz), BGBl. Nr. 108/1979, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 833/1992, wird wie folgt geändert:
1. Im § 2 Abs. 1a erhält die bisherige Z 2 die Ziffernbezeichnung „3.“; als neue Z 2 wird eingefügt:
„2. durch Dritte sexuell belästigt wird oder“
2. Im § 2a Abs. 7 wird der Ausdruck „§ 2 Abs. 1a Z 2“ durch den Ausdruck „§ 2 Abs. 1a Z 3“ ersetzt.
3. § 3 lautet:
„§ 3. (1) Beim Bundeskanzleramt ist eine Gleichbehandlungskommission einzurichten.
(2) Die Kommission hat aus dem Vorsitzenden und zehn weiteren Mitgliedern zu bestehen. Den Vorsitz hat der Bundeskanzler oder ein von ihm nach Anhörung der in Abs. 3 Z 1 bis 4 genannten Interessenvertretungen betrauter Bediensteter des Bundes zu führen.
(3) Der Kommission haben als weitere Mitglieder anzugehören:
1. zwei Mitglieder, die von der Wirtschaftskammer Österreich entsendet werden;
2. zwei Mitglieder, die von der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte entsendet werden;
3. zwei Mitglieder, die von der Vereinigung der Österreichischen Industrie entsendet werden;
4. zwei Mitglieder, die vom Österreichischen Gewerkschaftsbund entsendet werden;
5. ein Mitglied, das vom Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales bestellt wird;
6. ein Mitglied, das vom Bundeskanzler bestellt wird.
(4) Bilden Förderungsrichtlinien oder Förderungsmaßnahmen (§ 2b) eines Bundesministeriums den Gegenstand der Beratungen der Kommission, so hat dieser als weiteres Mitglied ein Vertreter des betreffenden Bundesministeriums anzugehören.
(5) Für jedes der in Abs. 3 genannten Mitglieder ist mindestens ein Ersatzmitglied zu entsenden bzw. zu bestellen. Die Funktionsdauer der Mitglieder und deren Ersatzmitglieder beträgt vier Jahre. Wiederentsendung bzw. Wiederbestellung sind zulässig. Bei Verzicht, Widerruf der Entsendung oder Bestellung, grober Verletzung oder Vernachlässigung der Pflichten sind die Mitglieder bzw. Ersatzmitglieder vom Bundeskanzler vor Ablauf der Funktionsdauer von ihrer Funktion zu entheben. Im Bedarfsfalle ist die Kommission durch Neuentsendungen bzw. Neubestellungen für den Rest der Funktionsdauer zu ergänzen. Wird das Entsendungsrecht bzw. das Bestellungsrecht nicht binnen zwei Monaten nach Aufforderung ausgeübt, so hat der Bundeskanzler die betreffenden Mitglieder bzw. Ersatzmitglieder zu bestellen.
(6) Die im Abs. 3 Z 1 bis 4 genannten Mitglieder und deren Ersatzmitglieder haben vor Antritt ihrer Funktion dem Vorsitzenden die gewissenhafte und unparteiische Ausübung ihrer Tätigkeit zu geloben.
(7) Jede der in Abs. 3 Z 1 bis 4 genannten Interessenvertretungen soll zumindest eine Frau als Mitglied entsenden. Bei der Entsendung der Ersatzmitglieder sollen von jeder Interessenvertretung mindestens 50% Frauen berücksichtigt werden.“
4. § 3a Abs. 1 lautet:
„(1) Die Anwältin für Gleichbehandlungsfragen und ihre Stellvertreterin sind vom Bundeskanzler nach Anhörung der in § 3 Abs. 3 Z 1 bis 4 genannten Interessenvertretungen für unbestimmte Zeit auf Widerruf zu bestellen. Der Bundeskanzler hat Bedienstete aus dem Personalstand des Bundeskanzleramtes mit dieser Funktion zu betrauen.“
5. Im § 3a wird nach Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:
„(2a) Wenn es zur Verbesserung der Beratung und Unterstützung von Personen in Fragen der Gleichbehandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes erforderlich ist, kann der Bundeskanzler in den Ländern Regionalbüros der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen durch Verordnung einrichten und Regionalanwältinnen (allenfalls Stellvertreterinnen) zu Leiterinnen der Regionalbüros bestellen. In der Verordnung ist der jeweilige örtliche Wirkungsbereich der Regionalbüros festzulegen. Im Rahmen dieses Wirkungsbereiches kann die Regionalanwältin (Stellvertreterin) zum Zweck der Erfüllung der Aufgaben Sprechstunden und Sprechtage abhalten.“
6. Im § 3a wird nach Abs. 3 folgender Abs. 3a eingefügt:
„(3a) Die Regionalbüros gemäß Abs. 2a haben folgenden sachlichen Wirkungsbereich:
1. die Beratung und Unterstützung von Personen, die sich im Sinne dieses Gesetzes diskriminiert fühlen;
2. die Einholung von schriftlichen Stellungnahmen und weiteren Auskünften gemäß Abs. 3, wobei die Auskunftspflicht auch gegenüber der Regionalanwältin (Stellvertreterin) besteht;
3. die Durchführung von Ermittlungstätigkeiten gemäß Abs. 5 im Auftrag der Gleichbehandlungskommission;
4. die Antragstellung an die Bezirksverwaltungsbehörden gemäß § 10d;
5. die Mitwirkung an der Erstellung der Berichte an den Nationalrat gemäß § 10a.“
7. Dem § 3a wird folgender Abs. 7 angefügt:
„(7) Die Anwältin für Gleichbehandlungsfragen (Stellvertreterin) und die Regionalanwältinnen (Stellvertreterinnen) – diese jedoch nur in den ihren Wirkungsbereich betreffenden Angelegenheiten – sind berechtigt, an den Sitzungen der Gleichbehandlungskommission und ihrer Arbeitsausschüsse teilzunehmen. Ihnen ist auf Verlangen das Wort zu erteilen.“
8. § 7 Abs. 4 erster Satz lautet:
„Die Sitzungen der Kommission sind vertraulich und nicht öffentlich.“
9. Dem § 7 wird folgender Abs. 6 angefügt:
„(6) Personen, die der Ladung zur Auskunftserteilung vor der Kommission nachkommen, haben auf Antrag Anspruch auf Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Befragung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden. Die Höhe des Kostenersatzes bestimmt sich nach den für Zeugen geltenden Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes 1975. Die Geltendmachung des Kostenersatzes ist von Gebühren und Bundesverwaltungsabgaben befreit.“
10. § 10b lautet:
„§ 10b. (1) Ansprüche nach § 2a Abs. 1, 5 und 7 sind binnen sechs Monaten gerichtlich geltend zu machen. Die Frist zur Geltendmachung der Ansprüche nach § 2a Abs. 1 oder 5 beginnt mit der Ablehnung der Bewerbung oder Beförderung. Eine Kündigung oder Entlassung gemäß § 2a Abs. 8 ist binnen 14 Tagen ab ihrem Zugang beim Gericht anzufechten. Für Ansprüche nach § 2a Abs. 2, 3, 4 und 6 gilt die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 1486 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, soweit für diese Ansprüche durch Kollektivverträge, die nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 833/1992 abgeschlossen wurden, nicht anderes bestimmt wird.
(2) Die Einbringung des Antrages auf Prüfung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes bewirkt die Hemmung der Fristen zur gerichtlichen Geltendmachung.
(3) Übermittelt die Kommission dem Arbeitgeber schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung der Gleichbehandlung (§ 6 Abs. 2) und kommt der Arbeitgeber diesem Auftrag innerhalb eines Monats nicht nach, so hat dies die Geschäftsführung der Kommission dem Arbeitnehmer unverzüglich und nachweislich mitzuteilen; die Monatsfrist verlängert sich im Fall der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes bei der Festsetzung des Entgelts (§ 2 Abs. 1 Z 2) bis zum Ende des Entgeltzeitraumes. Die Zustellung der Mitteilung der Geschäftsführung der Kommission beendet die Hemmung der Fristen zur gerichtlichen Geltendmachung.
(4) Wird dem Arbeitnehmer nachweislich
1. ein Beschluß der Kommission, in dem festgestellt wird, daß keine Diskriminierung im Einzelfall (§ 6) vorliegt, oder
2. ein Schreiben der Geschäftsführung der Kommission, aus dem hervorgeht, daß die Voraussetzungen für die Prüfung einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes im Einzelfall (§ 6) nicht bzw. nicht mehr vorliegen,
zugestellt, beendet die Zustellung ebenfalls die Hemmung der Fristen zur gerichtlichen Geltendmachung.“
11. (Grundsatzbestimmung) Im § 12 Abs. 1a erhält die bisherige Z 2 die Ziffernbezeichnung „3.“; als neue Z 2 wird eingefügt:
„2. durch Dritte sexuell belästigt wird oder“
12. (Grundsatzbestimmung) Im § 13 Abs. 7 wird der Ausdruck „§ 12 Abs. 1a Z 2“ durch den Ausdruck „§ 12 Abs. 1a Z 3“ ersetzt.
13. Dem § 21 werden folgende Abs. 4 und 5 angefügt:
„(4) § 2 Abs. 1a, § 2a Abs. 7, § 3, § 3a Abs. 1, 2a, 3a und 7 sowie § 7 Abs. 4 und 6 sowie § 10b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/1998 treten mit 1. Mai 1998 in Kraft. Die zu diesem Zeitpunkt bestellten Mitglieder der Gleichbehandlungskommission und deren Ersatzmitglieder gelten gemäß § 3 dieser Fassung bis zum Ablauf des 30. Juni 1999 bestellt.
(5) § 12 Abs. 1a und § 13 Abs. 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/1998 treten gegenüber den Ländern mit 1. Mai 1998 in Kraft. Die Ausführungsgesetze sind binnen sechs Monaten nach diesem Tag zu erlassen.“